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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 312/11
Verkündet am:
18. Oktober 2012
Bott
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BBodSchG § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt
Der Beginn der Verjährung des bodenschutzrechlichen Ausgleichsanspruchs
nach § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG setzt die Beendigung der gesamten im Einzelfall erforderlichen beziehungsweise angeordneten Maßnahmen
voraus.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 312/11 - OLG Bremen
LG Bremen
- 2 -
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Seiters und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil
des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 24. März 2011 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsrechtszugs haben der Kläger 6 %
und die Beklagte 94 % zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Der Kläger macht als Eigentümer eines Grundstücks gegen die Beklagte
Ausgleichsansprüche nach § 24 Abs. 2 Satz 1 und 2 BBodSchG geltend. Die
betroffene Liegenschaft hatte er von 1958 bis 1988 an die Beklagte vermietet,
die dort eine Tankstelle betrieb.
2
Im Jahr 2003 wurde eine durch Vergaserkraftstoff verursachte Kontamination des Bodens und eine Benzolbelastung des Grundwassers festgestellt.
Nachdem der Kläger zur näheren Bestimmung der Belastung und der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen ein Gutachten eingeholt hatte, dessen Kosten
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Gegenstand eines früheren Rechtsstreits zwischen den Parteien waren (BGH,
Urteil vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 52/07, BGHZ 178, 137), gab der bremische
Senator für Bau, Umwelt und Verkehr dem Kläger mit Bescheid vom 17. Mai
2004 auf, eine Grundwassersanierung vorzunehmen. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch, über den bislang nicht abschließend entschieden ist. In den
Jahren 2004 bis Ende 2007 ließ der Kläger auf dem Grundstück Grundwassersanierungsarbeiten durchführen. Den hierfür und für Kontrollmessungen angefallenen finanziellen Aufwand verlangt er von der Beklagten ersetzt. Ferner fordert er Erstattung des für den Erlass der behördlichen Sanierungsanordnung in
Rechnung gestellten Betrags und der für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsverfahren entstandenen Kosten. Die Beklagte bestreitet die Notwendigkeit
der einzelnen Aufwendungen und erhebt die Einrede der Verjährung.
3
Die zuletzt auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 77.406,44 €
und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Ausgleich aller weiteren Kosten für die
Sanierung und Untersuchung des betroffenen Grundstücks gerichtete Klage hat
das Landgericht wegen eines Teilbetrags von 35.772,81 € abgewiesen, die
Klage im Übrigen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Klageabweisung auf die Kosten für die Sanierungsanordnung sowie
die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe im Verwaltungsverfahren (3.018,25 €)
reduziert. Die Berufung der Beklagten, mit der sie die Klageabweisung wegen
weiterer 15.096,78 € gefordert hat, ist erfolglos geblieben. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen beide Parteien ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.
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Entscheidungsgründe
4
Die Revisionen sind zulässig, bleiben in der Sache jedoch ohne Erfolg.
A.
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Nach Auffassung des Berufungsgerichts (NZM 2011, 745) hat der Kläger
gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Ausgleich aller durch
die Grundwassersanierung auf seinem Grundstück angefallenen Kosten, soweit
diese nach § 24 Abs. 2 BBodSchG auszugleichen sind. Die von der Beklagten
erhobene Einrede der Verjährung greife insoweit nicht durch. Die Frist für die
Verjährung der Ansprüche des Klägers beginne im Falle der vorliegend einschlägigen zweiten Alternative des § 24 Abs. 2 Satz 4 BBodSchG erst nach
Beendigung der gesamten Maßnahmen, die der Verpflichtete zur Sanierung
des Grundwassers oder Bodens habe durchführen müssen. Für dieses Ergebnis spreche bereits der Wortlaut der Regelung, nach der von der Beendigung
der Maßnahmen im Plural die Rede sei. Dieser Formulierung lasse sich gerade
nicht entnehmen, dass bereits nach Durchführung einer Teilmaßnahme, die zur
Sanierung des Bodens oder des Grundwassers erforderlich sei, die Verjährung
eines entsprechenden Teilkostenanspruchs beginne. Auch die teleologische
Auslegung spreche für dieses Verständnis. Der Zweck des Ausgleichsanspruchs nach § 24 Abs. 2 BBodSchG sei insbesondere, einen Rückgriff gegen
den früheren Verursacher der Altlast zu ermöglichen. Die Zweckerreichung solle nicht durch zu enge Verjährungsregelungen behindert werden. Dies ergebe
sich zum einen daraus, dass der Gesetzgeber bereits bei Einführung des Ausgleichsanspruchs eine eigenständige Regelung über Verjährungsbeginn und
-dauer getroffen habe und zum anderen aus der mit Gesetz vom 9. Dezember
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2004 erfolgten Ergänzung, in der klargestellt worden sei, dass die kurze mietrechtliche Verjährungsfrist auf den Ausgleichsanspruch nicht anzuwenden sei.
6
Unbegründet sei die Klage, soweit der Kläger Ersatz der im Verwaltungsverfahren angefallenen Rechtsanwaltskosten und der vom Senator für
Bau, Umwelt und Verkehr berechneten Gebühr verlange. Diese Positionen fielen nicht unter den Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG. Die
Rechtsanwaltsgebühren stellten keine Maßnahme zur Abwehr eines Schadens
an einem Schutzgut des Bundes-Bodenschutzgesetzes dar. Gleiches gelte für
die Gebührenrechnung der Behörde. Eine etwaige Ersatzpflicht der Beklagten
nach § 683 BGB scheitere an ihrer insofern durchgreifenden Verjährungseinrede.
B.
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Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
I. Revision der Beklagten
8
1.
Wie auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, ist sie als frühere Betreiberin
der Tankstelle auf dem betroffenen Grundstück dem Kläger gemäß § 24 Abs. 2
Satz 1 und 2 BBodSchG zum vollständigen Ausgleich der für die Sanierung des
Bodens und des Grundwassers notwendigen Aufwendungen verpflichtet.
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9
2.
Mit Recht hat das Berufungsgericht die gegen die auf dieser Anspruchs-
grundlage beruhenden Forderungen gerichtete Verjährungseinrede der Beklagten für nicht durchgreifend erachtet. Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 BBodSchG beträgt die Verjährungsfrist für den Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 Satz 1
BBodSchG drei Jahre. Die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB ist, wie
der Bundesgerichtshof in dem dieselben Parteien betreffenden Urteil vom
1. Oktober 2008 (XII ZR 52/07, BGHZ 178, 137) entschieden hat und inzwischen auch in § 24 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BBodSchG ausdrücklich geregelt
ist, auf den bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht anwendbar.
Führt, wie hier, nicht die Behörde, sondern der Verpflichtete selbst die Sanierungsmaßnahmen durch, beginnt die Verjährung seines Ausgleichsanspruchs
gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG "nach Beendigung der Maßnahmen". Das Berufungsgericht hat diese Regelung zutreffend dahin ausgelegt,
dass entscheidend nicht die Beendigung der einzelnen unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen ist. Vielmehr sind die Maßnahmen im Sinne des § 24
Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG erst beendet, wenn der nach dem BundesBodenschutzgesetz geforderte Zustand hergestellt ist beziehungsweise alle
dem Verpflichteten abverlangten Maßnahmen zur Sanierung oder Vorsorge
gegenüber schädlichen Bodenveränderungen durchgeführt sind.
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a) Es ist umstritten, ob es bei einer Sanierung in mehreren Schritten oder
einer langjährigen Grundwasserreinigung für den Verjährungsbeginn des bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt.
BBodSchG auf die Beendigung der einzelnen Maßnahme oder den Abschluss
aller Maßnahmen ankommt. Nach Auffassung von Versteyl (Versteyl/Sondermann, Bundes-Bodenschutzgesetz, 2. Aufl., § 24 Rn. 35) und Bickel (BundesBodenschutzgesetz, 4. Aufl., § 24 Rn. 21 f) beginnt die Verjährung in diesen
Fällen schrittweise mit Abnahme der einzelnen Maßnahmen gemäß § 640
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Abs. 1 BGB oder einer Fertigstellungsbescheinigung gemäß der - inzwischen
durch das Forderungssicherungsgesetz vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I
S. 2022) wieder aufgehobenen - Vorschrift des § 641a BGB beziehungsweise
mit Erteilung von Jahresrechnungen. Demgegenüber wird in der Rechtsprechung und Literatur überwiegend auf den Abschluss aller notwendigen Sanierungsmaßnahmen abgestellt (LG Düsseldorf, Urteil vom 11. Februar 2011 - 1 O
20/07, juris Rn. 129 f; LG Bielefeld, Urteil vom 21. Mai 2010 - 8 O 465/07, juris
Rn. 110; Frenz, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 24 Rn. 42; Hilf in Giesberts/
Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Edition 24, Stand 1. Juli 2012, BBodSchG
§ 24 Rn. 47; Landel/Vogg/Wüterich, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 24 Rn. 27;
Schoeneck in Sanden/Schoeneck, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 24 Rn. 32;
Vierhaus, NWVBl. 2009, 419, 423 ff; Wagner/Vierhaus in Fluck/Fischer/
Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 24
BBodSchG, Rn. 150, Stand Oktober 2004), wobei nachfolgende Kontroll- und
Überwachungsmaßnahmen nicht mehr maßgeblich sind (Hilf; Landel/Vogg/
Wüterich; Schoeneck; Vierhaus und Wagner/Vierhaus jew. aaO).
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b) Der Senat hält mit dem Berufungsgericht die letztgenannte Auffassung
für überzeugender.
12
aa) (1) Allerdings ist, wie der Beklagten zuzugeben ist, entgegen der Ansicht der Vorinstanz (so auch LG Düsseldorf aaO Rn. 129) der Verwendung der
Pluralform des Worts "Maßnahme" in § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG
noch kein hinreichend deutlicher Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass für
den Beginn der Verjährung der Abschluss der gesamten Arbeiten notwendig ist.
Vielmehr lässt sich der - nicht eindeutige - Gesetzeswortlaut sowohl dahin auslegen, dass die Verjährung nach Beendigung "aller" Maßnahmen beginnt, als
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auch dahin, dass die Frist nach Beendigung "der jeweiligen" Maßnahmen zu
laufen anfängt.
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(2) Im Ausgangspunkt ist der Revision auch einzuräumen, dass ein Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB, dessen Satz 2 nach § 24 Abs. 2
Satz 2, letzter Halbsatz BBodSchG entsprechend anwendbar ist, nach gefestigter Rechtsprechung bereits in dem Augenblick entsteht und zu verjähren beginnt, in dem die Gesamtschuld begründet wird (z.B. BGH, Versäumnisurteil
vom 18. Juni 2009 - VII ZR 167/08, BGHZ 181, 310 Rn. 12 mwN). Auf den bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruch übertragen, würde dies bedeuten,
dass dessen Verjährung (spätestens) in dem Augenblick zu laufen begänne, in
dem der Ausgleichsgläubiger seinem Vertragspartner, der die notwendigen
Maßnahmen ausführt, zur Leistung des dafür geschuldeten Entgelts verpflichtet
ist, mithin bei Werkverträgen in der Regel mit der Abnahme (§ 641 Abs. 1
BGB). Jedoch sind die Grundsätze des § 426 Abs. 1 BGB nicht insgesamt auf
die Ausgleichsforderung nach § 24 Abs. 2 BBodSchG übertragbar. Vielmehr
handelt es sich hierbei um einen eigenständigen Anspruch, dem im Außenverhältnis gerade keine Gesamtschuld zugrunde liegt und der den Besonderheiten
der bodenschutzrechtlichen Sanierungsverpflichtung mehrerer Störer Rechnung
trägt. Dass sich der Ausgleichsanspruch nicht nach den Regeln des Gesamtschuldnerausgleichs gemäß § 426 BGB richtet, wird dadurch gestützt, dass
§ 24 Abs. 2 Satz 2, letzter Halbsatz BBodSchG nicht § 426 BGB insgesamt als
entsprechend anwendbar bestimmt, sondern nur dessen Satz 2. Diese Bestimmung enthält lediglich eine Regelung für die Sondersituation des Ausfalls eines
von mehreren Gesamtschuldnern. Dies lässt den Umkehrschluss zu, dass die
allgemeinen Grundsätze des Gesamtschuldnerausgleichs nicht auf die boden-
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schutzrechtliche Ausgleichsforderung anzuwenden sind. Da dieser Anspruch
seiner Rechtsnatur nach eigenständig ist, kann § 24 Abs. 2 Satz 4 BBodSchG
entgegen der Ansicht der Revision auch nicht als eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift gegenüber den für den Gesamtschuldnerausgleich bestehenden Regelungen angesehen werden.
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(3) Im Ergebnis unbehelflich ist der Hinweis der Revision darauf, dass in
der Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf des BundesBodenschutzgesetzes ausgeführt ist, die Verjährung des Anspruchs werde "in
Anlehnung an § 852 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs" geregelt (BTDrucks. 13/6701, S. 46 zu § 25 Abs. 3 Satz 3, 4 und 5 BBodSchGE = § 24 Abs.
2 Satz 3, 4 und 5 BBodSchG). Zwar gilt (auch) für deliktische Schadensersatzansprüche der Grundsatz der Schadenseinheit, wonach der Anspruch einheitlich auch für die erst in Zukunft fällig werdenden Beträge zu verjähren beginnt,
sobald ein erster Teilbetrag durch Leistungsklage geltend gemacht werden
kann und mit späteren Schäden zu rechnen ist (vgl. nur BGH, Urteil vom
27. November 1990 - VI ZR 2/90, NJW 1991, 973; s. allgemein zum Grundsatz
der Schadenseinheit BGH, Urteile vom 7. Februar 2008 - IX ZR 198/06, WM
2008, 1612 Rn. 31; vom 21. Februar 2002 - IX ZR 127/00, WM 2002, 1078,
1080 jew. mwN und vom 14. März 1968 - VII ZR 77/65, BGHZ 50, 21, 23 f).
Auch der Eintritt späterer, unvorhersehbarer Schäden hat lediglich zur Folge,
dass die hieraus erwachsenen Ersatzansprüche gesondert verjähren (vgl. hierzu z.B. BGH, Urteil vom 16. November 1999 - VI ZR 37/99, NJW 2000, 861,
862 mwN), nicht aber, dass die Verjährung der zuvor fällig gewordenen Ansprüche (erneut) ab dem Zeitpunkt der Entstehung der späteren Forderungen
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zu laufen beginnt oder gar eine bereits eingetretene Verjährung wieder entfällt.
Die Ansprüche des Klägers wären teilweise verjährt, wenn diese Grundsätze
auf den bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruch übertragbar wären. Dies
ist aber nicht der Fall.
15
Auch insoweit kommt zum Tragen, dass der Ausgleichsanspruch über
einen eigenen Rechtscharakter verfügt. Er stellt keine Schadensersatzforderung dar, so dass die Grundsätze des Schadensersatzrechts nicht ohne weiteres auf § 24 Abs. 2 BBodSchG übertragbar sind. Vor allem aber ist der Verjährungsbeginn hinsichtlich seiner objektiven Voraussetzungen in § 24 Abs. 2
Satz 4 BBodSchG ausdrücklich abweichend von den für die Verjährung von
Schadensersatzansprüchen geltenden Bestimmungen geregelt worden. Maßgeblich ist danach in der hier vorliegenden Konstellation, dass nicht die Behörde, sondern der Ausgleichsberechtigte die Sanierung durchführen lässt, nicht,
wann sein Vermögen - etwa mit Werklohnforderungen - belastet ist, was mit
dem Verjährungsbeginn im Schadensersatzrecht vergleichbar wäre. Vielmehr
kommt es auf die Beendigung der Maßnahmen an, die unabhängig davon ist,
wann der Ausgleichsberechtigte seinen Gläubigern Zahlung schuldet. Hieraus
ergibt sich, dass sich die Bezugnahme auf § 852 Abs. 1 BGB in der Regierungsbegründung des Entwurfs des Bundes-Bodenschutzgesetzes lediglich auf
die seinerzeit gegenüber der allgemeinen Verjährungsfrist (§ 195 BGB a.F.)
kürzere Frist, auf die kumulativ zu den objektiven Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn hinzutretenden subjektiven Bedingungen sowie auf die von diesen unabhängige absolute Verjährungsfrist von 30 Jahren bezog.
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(4) Weiterhin lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten aus dem
Grundsatz, dass der Beginn der Verjährung nicht in der Hand des Berechtigten
liegen soll (vgl. dazu BGH, Versäumnisurteil vom 18. Juni 2009 - VII ZR 167/08,
BGHZ 181, 310 Rn. 15; Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, BGHZ 175,
161 Rn. 24), kein durchgreifendes Argument für die von ihr bevorzugte Auslegung des § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG ableiten. Zwar kann der Ausgleichsberechtigte, der die Sanierung selbst ausführen lässt, innerhalb des zeitlichen Spielraums, den ihm die Behörde zubilligt, steuern, wann die Maßnahmen durchgeführt und abgeschlossen werden. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht nur hinsichtlich des Abschlusses der gesamten Maßnahmen. Vielmehr kann der Ausgleichsberechtigte auch das Ende der einzelnen Sanierungsabschnitte beeinflussen, etwa indem er die Abnahme verzögert. Wäre die
Beendigung der jeweiligen Teilmaßnahmen nach § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt.
BBodSchG entscheidend, läge es somit ebenfalls in der Hand des Ausgleichsberechtigten, wann die Verjährung seiner Ausgleichsforderungen beginnt. Zwar
mag es einfacher sein, den Gesamtabschluss der Arbeiten zu steuern als die
Beendigung von Teilmaßnahmen. Insofern besteht aber allenfalls ein gradueller
Unterschied, der für die Auslegung des § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG
nicht ausschlaggebend ist.
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(5) Auch der Hinweis der Beklagten auf die Gesetzessystematik überzeugt nicht. Zu Unrecht meint sie, mit Rücksicht auf die in § 2 Abs. 7
BBodSchG enthaltene Legaldefinition der Sanierung hätte es für den Gesetzgeber nahe gelegen, in § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG auf die Beendigung der Sanierung abzustellen, wenn der Abschluss aller Arbeiten für den Beginn der Verjährung hätte maßgeblich sein sollen. Dies verkennt, dass § 24
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Abs. 2 Satz 4 BBodSchG nicht nur Kosten für die Bodensanierung erfasst. Die
Regelungen des § 24 Abs. 2 BBodSchG über den Kostenausgleich unter mehreren Verpflichteten knüpft an § 24 Abs. 1 BBodSchG an, der bestimmt, welche
Kosten von den zur Durchführung von Maßnahmen nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz Verpflichteten zu tragen sind. § 24 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG
nimmt unter anderem auf § 10 Abs. 1 BBodSchG Bezug. Diese Vorschrift wiederum bestimmt, dass die zuständige Behörde Anordnungen zur Erfüllung unter
anderem der sich aus § 7 BBodSchG ergebenden Verpflichtungen treffen kann.
§ 7 BBodSchG regelt die unter bestimmten Voraussetzungen eintretende Pflicht
von Grundstückseigentümern und -besitzern zu Vorsorgemaßnahmen gegenüber Veränderungen der Bodenbeschaffenheit. Diese Maßnahmen fallen nicht
unter den Begriff der Sanierung im Sinne des § 2 Abs. 7 BBodSchG. Hiervon
erfasst sind nur Maßnahmen, die der Beseitigung, Verminderung oder Eindämmung einer bereits eingetretenen nachteiligen Bodenveränderung dienen
(vgl. z.B. Frenz, BBodSchG, § 2 Rn. 105; Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG,
§ 2 Rn. 97; Sondermann/Hejma in Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl.,
§ 2 Rn. 78 f). Hiernach regelt § 24 BBodSchG nicht nur die Kosten für Sanierungs-, sondern auch für die davon zu unterscheidenden Vorsorgemaßnahmen.
Demnach wäre das Gesetz unvollständig, wenn in § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt.
BBodSchG auf die "Beendigung der Sanierung", statt auf die "Beendigung der
Maßnahmen" abgestellt worden wäre.
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(6) Nicht durchschlagend ist weiter das in den Vorinstanzen vorgebrachte
Argument der Beklagten, bei einer einheitlichen Verjährung der Ausgleichsansprüche könne es bei langandauernden Sanierungen zur Summierung hoher
Forderungen aus der Vergangenheit kommen, deren Berechtigung zunehmend
schwerer nachzuvollziehen sei. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass die
von der herrschenden Meinung für richtig gehaltene Auslegung des § 24 Abs. 2
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Satz 4, 2. Alt. BBodSchG diese Folge haben kann. Dies ist jedoch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bodenschutzrechts und dem Zweck des
Bundes-Bodenschutzgesetzes (siehe hierzu sogleich bb) hinzunehmen. Dessen
ungeachtet ist es in § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt. BBodSchG ohnehin angelegt,
dass es über einen langen Zeitraum zur Ansammlung beträchtlicher Ausgleichsforderungen kommen kann. Der Verjährungsbeginn hängt nicht nur von
der Beendigung der Maßnahmen ab, sondern kumulativ auch von der Kenntnis
des Gläubigers von der Person des Ersatzpflichtigen. Gerade bei der Sanierung
von Altlasten, deren Verursachung oftmals lange Zeit zurückliegt, kann die Ermittlung des Ersatzpflichtigen beträchtlich dauern und so ebenfalls zur Summierung hoher Regressansprüche nach § 24 Abs. 2 Satz 1 und 2 BBodSchG führen. Das Berufungsgericht hat überdies zu Recht ausgeführt, dass die von der
Beklagten aufgezeigten Schwierigkeiten in der Rechtswirklichkeit nicht unangemessen häufig auftreten werden, da die Ausgleichsberechtigten schon in
ihrem eigenen Interesse nicht übermäßig lang mit den Aufwendungen in Vorlage bleiben werden, die sie ersetzt verlangen können. Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass im Falle einer treuwidrigen
Verzögerung der Geltendmachung der Ersatzansprüche nach § 242 BGB der
Rechtsmissbrauch eingewandt werden kann.
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bb) Demgegenüber trägt die Auslegung des § 24 Abs. 2 Satz 4, 2. Alt.
BBodSchG, nach der für den Verjährungsbeginn die Beendigung der gesamten
im Einzelfall erforderlichen beziehungsweise angeordneten Maßnahmen entscheidend ist, den Besonderheiten der bodenschutzrechtlichen Sanierung beziehungsweise Vorsorge und somit dem Gesetzeszweck Rechnung.
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Steht, wie hier, eine Bodensanierung in Rede, erfordert dies in technischer Hinsicht ein komplexes Bündel verschiedenster Maßnahmen. Liegen der
Behörde Anhaltspunkte dafür vor, dass eine schädliche Bodenveränderung
oder Altlast vorliegt, soll sie zur Ermittlung des Sachverhalts die geeigneten
Maßnahmen ergreifen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG). Besteht aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, kann die zuständige Behörde anordnen, dass die in § 4
Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Verantwortlichen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchführen (§ 9 Abs. 2 Satz 1
BBodSchG). Bei Altlasten im Sinne des § 2 Abs. 5 BBodSchG sollen von einem
zur Sanierung Verpflichteten die notwendigen Sanierungsuntersuchungen sowie die Vorlage eines Sanierungsplans verlangt werden (§ 13 Abs. 1 Satz 1
BBodSchG). Dasselbe gilt für die Durchführung von Eigenkontrollmaßnahmen
(§ 15 Abs. 2 BBodSchG). Sodann sind die zur Sanierung notwendigen Arbeiten
vorzunehmen, wobei die Behörde gemäß § 10 Abs. 1, § 16 Abs. 1 BBodSchG
die hierzu erforderlichen Einzelanordnungen treffen kann (siehe zum Ganzen
BVerwGE 126, 1, 3; siehe auch BGH, Urteil vom 1. Oktober 2008 - XII ZR
52/07, BGHZ 178, 137 Rn. 31). Die Einzelmaßnahmen sind regelmäßig vielschichtig und hochkomplex (vgl. die Vielzahl der nach § 20 BBodSchG vor Erlass von Rechtsverordnungen zu beteiligenden Kreise). Insbesondere in den
Fällen sogenannter gestreckter Sanierungen, die bei den auch im vorliegenden
Sachverhalt in Rede stehenden Altlasten mit Boden- und Grundwasserverunreinigungen an der Tagesordnung sind (Vierhaus, NWVBl. 2009, 419, 423), ist
eine Vielzahl von unterschiedlichen Maßnahmen durchzuführen. Gleichwohl
handelt es sich um einen bodenschutzrechtlich einheitlich zu beurteilenden Gesamtvorgang, der dem Ziel dient, die durch die Bodenveränderung verursach-
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ten Gefahren, Nachteile und Belästigungen zu beseitigen (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1
BBodSchG). Die Maßnahmen laufen teilweise parallel und umfassen aufeinander aufbauende Gewerke und sonstige Leistungen (vgl. Vierhaus, aaO S. 424).
Vor allem aber ergibt sich die bodenschutzrechtliche Einheitlichkeit der Maßnahmen daraus, dass regelmäßig Sanierungspläne zu erstellen sind, §§ 13, 14
BBodSchG (vgl. Vierhaus aaO). Deren Zweck ist es sicherzustellen, dass die
verschiedenen (Teil-)Maßnahmen vollständig und aufeinander abgestimmt sind
und so die Sanierung zielgerichtet auf den beabsichtigten Erfolg und "aus einem Guss" durchgeführt wird. Zur Bewirkung dieses Erfolgs und damit zur einheitlichen Ausführung dieses Gesamtvorgangs ist im öffentlich-rechtlichen "Außenverhältnis" der Ausgleichsschuldner ebenso wie der Ausgleichsberechtigte
verpflichtet. Bei der von der Mindermeinung befürworteten Anknüpfung des Verjährungsbeginns für den Ausgleichsanspruch an den Abschluss der einzelnen
Teilmaßnahmen würde der Gesamtvorgang im Innenverhältnis der Verpflichteten entgegen diesem Ansatz systemwidrig in verschiedene Teilabschnitte aufgespaltet.
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Dabei kann es zudem zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den einzelnen Teilmaßnahmen kommen, insbesondere, soweit sie nicht nach § 640
Abs. 1 BGB abgenommen werden können, weil ihnen kein Werkvertrag zugrunde liegt (Vierhaus aaO). Dies ist etwa denkbar, wenn der Ausgleichsberechtigte Gegenstände erwirbt oder anmietet, die ein von ihm beauftragter
Werkunternehmer verwendet oder verarbeitet. Hierbei ist ungewiss, ob der Kauf
oder die Anmietung durch den Ausgleichsberechtigten eine eigene Teilmaßnahme darstellt oder ob sie der anschließenden Werkleistung zuzurechnen
sind.
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Schließlich widerspricht die Mindermeinung den Erfordernissen der Prozessökonomie. Bei der sich oftmals über viele Jahre erstreckenden Boden- und
Grundwassersanierung wäre der Ausgleichsberechtigte zur Vermeidung der
Verjährung seiner Ansprüche gezwungen, mehrere Prozesse zu führen (Vierhaus aaO, S. 423 f). Dies ist bei einem einheitlichen Verjährungsbeginn entbehrlich.
II. Revision des Klägers
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Unbegründet ist auch die Revision des Klägers.
1.
Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Kosten für die Inan-
spruchnahme anwaltlicher Unterstützung im Verwaltungsverfahren seien nicht
von dem Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Abs. 2 BBodSchG erfasst. Ergänzend zu der teleologisch ausgerichteten Begründung der Vorinstanz, diese Kosten seien nicht als eine Aufwendung zur Beseitigung der Gefahr für ein Schutzgut des Bundes-Bodenschutzgesetzes angefallen, ist folgender gesetzessystematischer Gesichtspunkt anzumerken:
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Der Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 Satz 1 und 2 BBodSchG bezieht sich nur auf die Kosten, für die der Ausgleichsberechtigte als Verpflichteter
gemäß § 24 Abs. 1 BBodSchG herangezogen werden kann. Nach dieser Bestimmung haben die Kosten der nach § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1, §§ 12, 13, 14
Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 BBodSchG angeordneten Maßnahmen die zu ihrer Durchführung Verpflichteten zu tragen. Die Tätigkeit von Anwälten im Verwaltungsverfahren, die der Kläger im Übrigen gerade zur Abwehr
der ihm auferlegten Maßnahmen eingeschaltet hat, sind jedoch nicht Teil der im
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Verfahren angeordneten Sanierungsmaßnahmen selbst. Hinsichtlich der Anwaltskosten kommen daher zugunsten des Ausgleichsberechtigten allenfalls
Ansprüche auf allgemeiner bürgerlich-rechtlicher Grundlage in Frage, etwa aus
§ 683 BGB. Insoweit greift im vorliegenden Fall jedoch, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und vom Kläger unbeanstandet ausgeführt hat, die Verjährungseinrede der Beklagten durch.
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2.
Die vorstehenden Erwägungen gelten grundsätzlich auch für die Gebüh-
renrechnung des Bausenators für die Sanierungsanordnung vom 17. Mai 2004.
Allerdings mag insoweit in Betracht gezogen werden, die behördliche Anordnung von bodenschutzrechtlichen Sanierungsmaßnahmen wegen ihres unmittelbaren Zusammenhangs mit diesen im Rechtssinn als Bestandteil der Maßnahmen selbst anzusehen. Dies kann jedoch auf sich beruhen. Denn wenn die
vom Kläger entrichteten Gebühren unter § 24 Abs. 1 BBodSchG fallen und damit von der Ausgleichforderung gemäß § 24 Abs. 2, Satz 1 und 2 BBodSchG
erfasst worden sein sollten, wäre der Anspruch verjährt. Ist die Sanierungsanordnung als Bestandteil von Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 1 BBodSchG zu
werten, handelt es sich um eine von der Behörde selbst ausgeführte (Teil-)
Maßnahme. Die Verjährung des Ausgleichsanspruchs wegen der hierfür angefallenen Kosten beginnt gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4, 1. Alt. BBodSchG mit deren
(zwangsweiser) Beitreibung oder mit der (freiwilligen) Zahlung (vgl. Bickel, Bundes-Bodenschutzgesetz, 4. Aufl., § 24 Rn. 20; Frenz, BBodSchG, § 24 Rn. 41;
Landel/Vogg/Wüterich, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 24 Rn. 26; Schoeneck in
Sanden/Schoeneck, Bundes-Bodenschutzgesetz, § 24 Rn. 32; Versteyl in Versteyl/Sondermann, Bundes-Bodenschutzgesetz, 2. Aufl., § 24 Rn. 35; Wagner/Vierhaus in Fluck/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht
und Bodenschutzrecht, § 24 BBodSchG, Rn. 149, Stand Oktober 2004). Dies
war im Jahr 2004 der Fall, so dass die 2009 erhobene Klage den Lauf der drei-
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jährigen Verjährungsfrist nach § 24 Abs. 2 Satz 3 BBodSchG nicht mehr rechtzeitig gehemmt hat.
Schlick
Herrmann
Seiters
Hucke
Remmert
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 08.10.2010 - 4 O 1078/09 OLG Bremen, Entscheidung vom 24.03.2011 - 5 U 32/10 -