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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 342/03
Verkündet am:
19. September 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB §§ 138 Aa, 622 Abs. 6
"Mitarbeitermodell"
a) In den Personengesellschaften und der GmbH sind Regelungen, die einem
Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen
Grund aus der Gesellschaft auszuschließen ("Hinauskündigungsklauseln"),
grundsätzlich nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
b) Dieser Grundsatz steht einem sog. Mitarbeitermodell nicht entgegen, bei
dem einem verdienten Mitarbeiter des Gesellschaftsunternehmens
- unentgeltlich oder gegen Zahlung eines Betrages in Höhe nur des Nennwerts - eine Minderheitsbeteiligung eingeräumt wird, die er bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen zurückzuübertragen hat.
c) Diese Regelung ist keine unzulässige Kündigungserschwerung im Sinne der
zu § 622 Abs. 6 BGB entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze.
d) Auch die Beschränkung der dem Mitarbeiter bei der Rückübertragung des
Gesellschaftsanteils zu zahlenden Abfindung auf den Betrag, den er für den
Erwerb des Anteils gezahlt hat, und damit sein Ausschluss von etwaigen
zwischenzeitlichen Wertsteigerungen ist grundsätzlich zulässig.
BGH, Urteil vom 19. September 2005 - II ZR 342/03 - OLG Celle
LG Hannover
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 19. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Dr. Strohn und
Dr. Reichart
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 15. Oktober 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte war Arbeitnehmerin der klagenden GmbH. Mehrheitsgesellschafter ist der Unternehmensgründer J. S.. Im Jahre 1982 entschloss sich S.,
Mitarbeiter des Unternehmens als Gesellschafter zu beteiligen. Dazu übertrug
er u.a. der Beklagten einen Geschäftsanteil im Nominalwert von 2.000,00 DM
gegen Zahlung eines gleich hohen Betrages. Nach einer Kapitalerhöhung im
Jahre 1985 überließ er der Beklagten einen weiteren Geschäftsanteil im Nominalwert von 2.000,00 DM, diesmal unentgeltlich. Die Beklagte erklärte sich in
beiden Fällen zur Rückübertragung der Anteile im Falle eines Ausscheidens
aus den Diensten der GmbH bereit und gab dazu aufschiebend bedingte Rückabtretungsangebote ab. Als Gegenleistung sollte sie bei der Rückabtretung
dasjenige erhalten, was sie für die Anteile gezahlt hatte.
-3-
Am 23. Januar 1990 wurde der Gesellschaftsvertrag der GmbH - mit der
Stimme der Beklagten - neu gefasst. In § 9 des Vertrages heißt es seitdem:
"1.
Eine Abtretung von Geschäftsanteilen ist nur an den Gesellschafter
J. S. oder an dessen Rechtsnachfolger oder an einen von J. S. oder
dessen Rechtsnachfolger zu benennenden Dritten zulässig, soweit
es sich nicht um Abtretungen seitens des Gesellschafters J. S. oder
dessen Rechtsnachfolger handelt. Verpfändungen sind unzulässig.
2.
Soweit ein Gesellschafter aus den Diensten der Gesellschaft ausscheidet - und zwar gleich aus welchen Gründen -, ist er - im Todesfall sein Erbe - verpflichtet, sämtliche Geschäftsanteile dem Gesellschafter J. S. oder seinem Rechtsnachfolger oder einem von
diesem zu bestimmenden Dritten abzutreten. Die Verpflichtung ist
unverzüglich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - im Fall
einer Kündigung nach deren Zugang unbeschadet dagegen etwa
erhobener Einwendungen zu erfüllen.
3.
pp.
4.
Das Entgelt für die Abtretung besteht in allen Fällen in Höhe desjenigen Betrages, den der Gesellschafter für den oder die abzutretenden Geschäftsanteile selbst gezahlt hat."
Im Zuge einer weiteren Kapitalerhöhung übernahm die Beklagte am
2. Mai 1990 unentgeltlich einen weiteren Geschäftsanteil im Nominalwert von
20.000,00 DM.
-4-
Am 19. Oktober 2000 beendete die Beklagte aus gesundheitlichen Gründen das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Daraufhin erklärte S. die Annahme
der Rückabtretungsangebote aus 1982 und 1985 und zahlte der Beklagten
4.000,00 DM als Abfindung. Mit der Klage verlangt die Klägerin, handelnd aus
eigenem und aus abgetretenem Recht des J. S., die Rückabtretung auch des
Geschäftsanteils über nominal 20.000,00 DM und die Rückzahlung der hinsichtlich des Anteilserwerbs aus 1985 irrtümlich gezahlten 2.000,00 DM.
Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Dagegen richtet sich die
von dem Berufungsgericht (GmbHR 2003, 1428) zugelassene Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die in dem Gesellschaftsvertrag
vereinbarte Pflicht der Beklagten, ihre Geschäftsanteile bei Beendigung des
Arbeitsverhältnisses an den Mehrheitsgesellschafter zurückzuübertragen, verstoße weder gegen § 138 BGB noch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. In dem "Mitarbeitermodell" der Klägerin hielten die einzelnen Mitarbeiter
ihre Gesellschaftsanteile treuhandähnlich. Der zulässige Satzungszweck - die
Erhaltung und Vermehrung des Gesellschaftsvermögens für künftige Generationen von Mitarbeiter-Gesellschaftern sowie eine Teilhabe am Erfolg des Unternehmens - könne nur erreicht werden, wenn die Geschäftsanteile - unabhängig
von ihrem tatsächlichen Wert - zu den Bedingungen zurückübertragen würden,
zu denen ihre Überlassung erfolgt sei. Der Anspruch auf Rückzahlung der irrtümlich gezahlten Abfindung von 2.000,00 DM folge aus § 812 BGB.
-5-
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die zunächst einzelvertraglich und dann in dem Gesellschaftsvertrag in der Fassung
vom 23. Januar 1990 vereinbarte Pflicht der Beklagten zur Rückübertragung
der Geschäftsanteile im Falle der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der
Klägerin wirksam ist.
a) Ohne Erfolg beruft sich die Revision dazu auf die Rechtsprechung des
Senats zu den sog. Hinauskündigungsklauseln. Danach sind in den Personengesellschaften und der GmbH gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem
Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus
der Gesellschaft auszuschließen, grundsätzlich wegen Verstoßes gegen die
guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (BGHZ 81, 263, 266 ff.; 105, 213,
216 f.; 112, 103, 107 f.; Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903, 904;
v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706). Der davon betroffene Gesellschafter ist schutzwürdig. Die freie Ausschließungsmöglichkeit kann von ihm als
Disziplinierungsmittel empfunden werden, das ihn daran hindert, von seinen
Mitgliedschaftsrechten nach eigener Entscheidung Gebrauch zu machen und
seine Mitgliedschaftspflichten zu erfüllen ("Damoklesschwert").
Dieser Grundsatz gilt - wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat aber nicht ausnahmslos. Eine an keine Voraussetzungen geknüpfte Hinauskündigungsklausel oder eine vergleichbare schuldrechtliche Regelung ist wirksam, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist. So hat
der Senat freie Ausschließungsrechte als wirksam angesehen, wenn der ausschließungsberechtigte Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche
Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft
-6-
übernimmt und der Partnerin eine Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung einräumt (BGHZ 112, 103), wenn eine Praxisgemeinschaft von Ärzten einen neuen Gesellschafter aufnimmt und sich dabei eine zeitlich begrenzte Prüfungsmöglichkeit vorbehalten will (Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004,
903) oder wenn die Gesellschaftsbeteiligung nur als Annex zu einem Kooperationsvertrag der Gesellschafter anzusehen ist und sichergestellt werden soll,
dass der Gesellschaft nur die Partner des Kooperationsvertrages angehören
(Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706). Keine Bedenken hatte der
Senat auch gegen eine Satzungsklausel, nach der in einer GmbH, in der alle
Gesellschafter persönlich mitarbeiten, ein Geschäftsanteil eingezogen werden
kann, wenn der betreffende Gesellschafter nicht mehr in dem Gesellschaftsunternehmen tätig ist (Urt. v. 20. Juni 1983 - II ZR 237/82, WM 1983, 956; im Ergebnis ebenso der Prozesskostenhilfe-Beschluss des Senats vom 7. Oktober
1996 - II ZR 238/95, bei Goette, DStR 1997, 336).
In diesem Sinn hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tage in der Sache
II ZR 173/04 entschieden, dass im Rahmen eines "Managermodells" der Geschäftsführer einer GmbH wirksam verpflichtet werden kann, seinen ihm mit
Rücksicht auf seine Geschäftsführerstellung überlassenen Geschäftsanteil nach
Beendigung
seiner
Geschäftsführertätigkeit
zurückzugeben
(ebenso
Habersack, ZGR 2005, 451, 461 ff.; Kowalski/Bormann, GmbHR 2004, 1438,
1440 f.; Sosnitza, DStR 2005, 72, 74 f.; Bütter/Tonner, BB 2005, 283, 285 f.;
zuvor schon Schäfer/Hillesheim, DStR 2003, 2122; Goette, DStR 1997, 337;
Wiedemann,
Gesellschaftsrecht
II
§8
IV
3c,
S. 753;
Ulmer
in
Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 34 Rdn. 42; Westermann in Scholz,
GmbHG 9. Aufl. § 34 Rdn. 16; aA Binz/Sorg, GmbHR 2005, 893; Piehler in FS
Rheinisches Notariat 1998, S. 321, 326 ff.; gegen einen Abfindungsausschluss
Schröder, GmbHR 2003, 1430, 1431). Das muss für das von der Klägerin be-
-7-
triebene "Mitarbeitermodell" erst recht gelten. Denn hier liegt schon keine freie
Hinauskündigungsmöglichkeit in der oben beschriebenen Art vor. Der Mehrheitsgesellschafter S. kann die Gesellschafterstellungen der MitarbeiterGesellschafter nicht ohne sachlichen Grund beenden. Der Verlust der Gesellschafterstellung ist vielmehr an eine objektive Voraussetzung gebunden, nämlich an den Verlust des Arbeitsplatzes, und insoweit besteht keine Möglichkeit
zu einem willkürlichen Handeln der Klägerin. Die Klägerin hatte zuletzt 24 Mitarbeiter, fällt also in den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes.
Dann aber kann sie nicht ohne Grund Arbeitnehmer entlassen. Sie muss dafür
einen Kündigungsgrund i.S. des § 1 KSchG geltend machen können. Das gilt
auch in Bezug auf die Beklagte. Dass die Beklagte zu den leitenden Angestellten i.S. des § 14 Abs. 2 KSchG gehörte, bei denen der Arbeitgeber nach §§ 14,
9 Abs. 1 Satz 2 KSchG eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses erzwingen
kann, ist nicht ersichtlich. Ihre Stellung als Prokuristin reichte dafür nicht aus.
Vielmehr hätte sie die Befugnis zur selbständigen Einstellung oder Entlassung
von Arbeitnehmern haben müssen, was nach dem Vortrag der Parteien fern
liegt.
b) Die Vereinbarung einer Pflicht zur Rückübertragung des Geschäftsanteils bei Ende des Arbeitsverhältnisses ist auch nicht wegen Verstoßes gegen
den Gleichbehandlungsgrundsatz unwirksam. Abgesehen davon, daß die Beklagte sich auf eine etwaige Nichtigkeit mit Rücksicht darauf nicht berufen könnte, dass der neu gefasste Gesellschaftsvertrag seit mehr als drei Jahren im
Handelsregister eingetragen ist (§ 242 Abs. 2 AktG analog, vgl. BGHZ 144, 365
ff. m. w. Nachw.) und ein Verstoß gegen diesen Grundsatz ohnehin nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen würde, ist ihr schon im Ansatzpunkt nicht
zu folgen. Die Regelung enthält keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot. Die von dem Landgericht zu Unrecht verneinte Ungleichbehandlung be-
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ruht auf einem sachlichen, sie rechtfertigenden Grund. Herr S. hat die Gesellschaft - zusammen mit seiner Ehefrau, die zu 10 % beteiligt ist - gegründet und
das erforderliche Kapital aufgebracht. Die Mitarbeiter-Gesellschafter haben dagegen in die Gesellschaft kein Kapital eingelegt, sondern allenfalls an S. einen
Kaufpreis für ihre Anteile bezahlt. Bei dieser Sachlage bestehen keine Bedenken gegen eine Regelung, wonach nur die Mitarbeiter-Gesellschafter und nicht
auch S. bei Beendigung ihrer Tätigkeit für die Beklagte zur Rückgabe ihrer Geschäftsanteile verpflichtet sind.
c) Die Rückübertragungsklausel in der Satzung der Klägerin ist auch
nicht nach §§ 134, 622 Abs. 6 BGB nichtig. Auch darauf hätte sich die Beklagte
nur mit der Anfechtungsklage berufen können. Jedenfalls erfüllt die Regelung
aber auch nicht die Voraussetzungen einer nach § 622 Abs. 6 BGB unzulässigen Kündigungsbeschränkung.
Zwar wird dem Arbeitnehmer dadurch die Entscheidung, seinen Arbeitsvertrag zu kündigen, insofern erschwert, als er dann auch seine Gesellschafterstellung aufgeben muss. Das Bundesarbeitsgericht hat aus dem Verbot des
§ 622 Abs. 6 BGB, für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer eine längere Frist zu vereinbaren als für die Kündigung durch den
Arbeitgeber, den allgemeinen Grundsatz hergeleitet, es sei unzulässig, durch
vertragliche Absprachen eine ungleiche Kündigungslage zum Nachteil einer der
Parteien des Arbeitsverhältnisses, vor allem des Arbeitnehmers, zu schaffen,
insbesondere einen einseitigen Vermögensnachteil des Arbeitnehmers für den
Fall einer von ihm erklärten Kündigung zu vereinbaren (BAG DB 1956, 503,
504; 1971, 1068; 1990, 434). Damit soll die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers in Bezug auf die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses geschützt
werden. Der Arbeitnehmer soll die Freiheit behalten, unter Beachtung der gel-
-9-
tenden Kündigungsfrist und ohne Diskriminierung im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu beenden und sich einer anderen Tätigkeit
zuzuwenden.
Dieser Grundsatz schließt allerdings eine für den Arbeitnehmer ungünstige Reflexwirkung seiner Kündigung nicht aus. Entscheidend ist eine Würdigung der Gesamtumstände unter Beachtung des Gebots der Verhältnismäßigkeit (ebenso BAG MDR 2001, 1301 für die vergleichbare Rechtslage nach
§ 5 BBiG). Danach ist die Verknüpfung der Beendigung - und damit auch der
Kündigung - des Arbeitsvertrages mit dem Wegfall der Gesellschafterstellung
im Rahmen des bei der Klägerin praktizierten "Mitarbeitermodells" nicht zu beanstanden.
Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung verdienter Mitarbeiter hat nach
dem Unternehmenskonzept der Klägerin die Funktion, diese Mitarbeiter stärker
an das Unternehmen zu binden, ihre Motivation zu steigern und zugleich einen
Anreiz für die übrigen Mitarbeiter zu schaffen, durch entsprechend loyales Verhalten ebenfalls in den Genuss einer Gesellschaftsbeteiligung zu kommen, die
nicht nur zu einer Aufwertung ihrer Stellung im Unternehmen führt, sondern ihnen auch die Aussicht auf Auszahlung einer zusätzlichen Vergütung in Gestalt
der Gewinnanteile verschafft. So sind an die Beklagte in den Jahren 1990 bis
2001 Gewinnanteile i.H.v. durchschnittlich 26.250,00 DM ausgeschüttet worden.
Die einer Tantiemeregelung ähnelnde Gestaltung steht im Vordergrund
des Modells. Denn die Möglichkeiten des Mitarbeiters, in der Gesellschafterversammlung seine Vorstellungen gegen den Willen des Mehrheitsgesellschafters
S. durchzusetzen, sind weniger bedeutsam. Von dem Stammkapital der
Klägerin
i.H.v.
zuletzt
600.000,00 DM
hielten
S.
und
seine
Ehefrau
- 10 -
321.000,00 DM, das sind 53,5 %. Das übrige Kapital war auf - einschließlich der
Beklagten, welche 4 % des Stammkapitals hielt - 12 Mitarbeiter-Gesellschafter
aufgeteilt. Das finanzielle Risiko der Mitarbeiter-Gesellschafter ist noch dadurch
gemindert, dass sie für den Erwerb ihres Geschäftsanteils - soweit er ihnen
nicht wie im Falle der Beklagten unentgeltlich übertragen wird - allenfalls den
Nennwert zahlen müssen, während der Verkehrswert erheblich höher ist.
Im Ergebnis haben die Mitarbeiter danach eine treuhänderähnliche Stellung, deren wirtschaftlicher Wert - bei denkbar geringem eigenen Risiko - in
dem erheblichen Gewinnausschüttungspotential während der Dauer der dienstvertraglichen Bindung an die Klägerin liegt. Mit deren Beendigung ist es selbstverständlich, daß die weitere Beteiligung an der Gesellschaft ihren rechtfertigenden Sinn - Bindung an das Unternehmen, Motivationssteigerung und Belohnung für geleistete Dienste - verliert. Nur durch die Rückübertragung wird dem
Mehrheitsgesellschafter zudem die Möglichkeit eröffnet, andere verdiente Mitarbeiter mit Geschäftsanteilen auszustatten und das in der Satzung niedergelegte Mitarbeitermodell weiterhin durchzuführen. Dagegen führte eine Teilhabe
an dem künftigen Wertzuwachs des Gesellschaftsvermögens ohne die weitere
Mitarbeit zu einem unverdienten Vermögensvorteil des ausgeschiedenen Mitarbeiters.
2. Auch die in § 9 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Abfindungsbeschränkung auf den Betrag, den der Mitarbeiter für den Erwerb seines
Geschäftsanteils gezahlt hat, ist wirksam.
a) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, sei es durch
Einziehung seines Geschäftsanteils, sei es durch Ausschließung, sei es - wie
hier - als Folge einer satzungsgemäßen Abtretungspflicht, hat er allerdings
grundsätzlich einen Anspruch auf Abfindung in Höhe des Verkehrswerts seines
- 11 -
Geschäftsanteils (BGHZ 9, 157, 168; 16, 317, 322; 116, 359, 364 ff.; Sen.Urt. v.
7. Dezember 2001 - II ZR 348/99, ZIP 2002, 258, 259). Die Abfindung kann ihm
von der Gesellschaft oder - wie hier - von dem den Anteil übernehmenden Mitgesellschafter zu zahlen sein. Dieser Grundsatz gilt aber nicht ausnahmslos. So
kann der Abfindungsanspruch in der Satzung beschränkt werden, soweit dadurch nicht von vornherein ein grobes Missverhältnis zu dem wahren Wert der
Gesellschaftsbeteiligung entsteht (BGHZ 116, 359, 375 f.; Urt. v. 9. Januar
1989 - II ZR 83/88, ZIP 1989, 770, 771 f.). Dabei sind das Interesse der verbleibenden Gesellschafter an dem Fortbestand des Gesellschaftsunternehmens
und das Interesse des ausscheidenden Gesellschafters an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung seiner Beteiligung gegeneinander abzuwägen.
Der bloße Umstand, dass der ausscheidende Gesellschafter - wie hier die Beklagte - den Geschäftsanteil geschenkt bekommen hat, reicht allerdings grundsätzlich als Rechtfertigung für eine Abfindungsbeschränkung nicht aus, weil
nach der Rechtsprechung des Senats auch eine auf dem Wege der Schenkung
der Beteiligung in die Gesellschaft aufgenommene Person kein Gesellschafter
"zweiter Klasse" ist (Sen.Urt. v. 9. Januar 1989 - II ZR 83/88, ZIP 1989, 770,
772).
Zu einem solchen Gesellschafter „minderen Rechts“ wird indessen der
Mitarbeiter nicht, der im Rahmen eines Mitarbeitermodells, wie es hier praktiziert worden ist, darauf verwiesen wird, bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft nur Anspruch auf eine Abfindung in Höhe des von ihm
selbst aufgewandten Betrages - und ohne Beteiligung am Verlust - zu erhalten
(vgl. schon BGH, Beschl. v. 7. Oktober 1996 - II ZR 238/95, zitiert bei Goette,
DStR 1997, 336). Eine derartige Abfindungsbeschränkung ist vielmehr sachlich
gerechtfertigt, weil andernfalls nur die erste Generation von MitarbeiterGesellschaftern in den Genuß der Vorteile dieser Vertragsgestaltung gelangte,
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mit deren Ausscheiden unter Zahlung einer Abfindung zum Verkehrswert aber
die für die weitere Durchführbarkeit des Modells erforderliche finanzielle Grundlage zerstört wäre. Hat er den Anteil unentgeltlich erhalten, kann damit eine Abfindung auch ganz entfallen.
b) Der Einwand der Revision, die Beklagte müsse wenigstens an den
nicht ausgeschütteten Gewinnen aus der Zeit ihrer Unternehmenszugehörigkeit
beteiligt werden, bleibt schon deswegen ohne Erfolg, weil bereits die Grundvoraussetzung nicht festgestellt worden ist, dass es in der fraglichen Zeit überhaupt zu Gewinnthesaurierungen gekommen und der Beklagten damit ein Teil
des ihr nach dem verabredeten Mitarbeitermodell zustehenden Gewinns vorenthalten worden ist.
3. Damit steht zugleich fest, dass auch die Klage auf Rückzahlung der für
den zweiten Geschäftsanteil irrtümlich gezahlten Abfindung aus § 812 Abs. 1
Satz 1, Alt. 1, § 398 BGB begründet ist.
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4. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da auch bei einer erneuten Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit neuen Erkenntnissen nicht
zu rechnen ist.
Goette
Münke
RiBGH Dr. Kurzwelly kann
wegen Urlaubs nicht
unterschreiben.
Goette
Strohn
Reichart