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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 320/12
Verkündet am:
19. November 2013
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann
und den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart
sowie den Richter Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 19. September 2012 im
Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers mit den Hauptanträgen (Berufungsanträge zu 1 und 2) zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärungen vom 25. Juli 2001 (Anlage K 2) und vom 12. September 2001 (Anlage K 3) als atypisch stiller Gesellschafter an der beklagten Aktiengesellschaft im Rahmen des Beteiligungsprogramms „Classic“ mit einer „Einmaleinlage“ in Höhe von jeweils DM 40.000 zuzüglich eines Agios. Der Kläger zahlte die Beteiligungssummen zuzüglich Agio
-3-
und erhielt Ausschüttungen in Höhe von 23.505,05 €. Mit Schreiben seiner anwaltlichen Bevollmächtigten vom 17. November 2010 (Anlage K 6) erklärte der
Kläger die außerordentliche Kündigung der Beteiligung, vorsorglich deren Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz sowie die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und verlangte im Wege des Schadensersatzes Rückzahlung der
auf die Beteiligung geleisteten Zahlungen abzüglich erhaltener Ausschüttungen.
2
Seine auf Zahlung von 19.852,51 € nebst Zinsen sowie auf die Feststellung, dass der Beklagten keinerlei Ansprüche aus den atypisch stillen Beteiligungsverträgen mehr zustehen, hilfsweise auf die Berechnung und Zahlung
eines Auseinandersetzungsguthabens gerichtete Klage hat das Landgericht
abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom
Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt,
verfolgt der Kläger sein Klagebegehren nach den Hauptanträgen weiter.
Entscheidungsgründe:
3
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit die Berufung des Klägers mit den in der Berufungsinstanz gestellten
Hauptanträgen zurückgewiesen worden ist.
4
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Der Kläger könne gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche auf
Rückabwicklung seiner atypisch stillen Gesellschaftsbeteiligung nicht mit Erfolg
geltend machen. Im vorliegenden Fall einer mehrgliedrigen atypischen stillen
Gesellschaft fänden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung
-4-
mit der Folge, dass der Kläger gegen die Beklagte bei Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses „ex nunc“ nur einen Anspruch auf ein Abfindungsguthaben
habe.
6
Es läge hier keine Konstruktion mit immer wieder neuen jeweils zweigliedrigen stillen Gesellschaften mit jeweiligen neuen einzelnen Anlegern vor.
Der vorliegende Vertrag regele vielmehr eine Beteiligung an einer mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft dergestalt, dass zwischen den einzelnen stillen
Gesellschaftern untereinander und dem Geschäftsinhaber insgesamt nur eine
einzige atypisch stille Gesellschaft bestehe. Soweit der Bundesgerichtshof eine
Ausnahme von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft für die zweigliedrige stille Gesellschaft zugelassen habe, sei maßgeblich darauf abgestellt
worden, dass die Rechtsbeziehung auf eine zweiseitige beschränkt sei, es somit an einer „vielschichtigeren Interessenlage“ fehle. Das sei bei der vorliegenden Konstruktion, bei der eine Nähe zur Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorliege, anders. Die Beteiligungsbeträge der stillen Gesellschafter bildeten u.a. das Vermögen des Handelsgeschäfts, aus dem zwangsläufig im Falle der Rückabwicklung der Beteiligung die
Rückzahlung der Einlage zu erfolgen habe. Es bestehe daher die Gefahr eines
„Windhundrennens“ der stillen Gesellschafter und deshalb sei der einzelne Gesellschafter auf seinen Abfindungsanspruch zu verweisen.
7
II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsgericht hat
zwar rechtsfehlerfrei angenommen, dass zwischen den Parteien kein bloß
zweigliedriges Gesellschaftsverhältnis zustande gekommen ist, sondern der
Kläger einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft beigetreten ist, bei der nach Invollzugsetzung für den Fall etwaiger anfänglicher Mängel die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung
finden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schließt die Anwen-
-5-
dung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einen Anspruch des Klägers
auf Ersatz von Vermögensschäden, die ihm - nach seinem Vorbringen - durch
pflichtwidriges Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen im Zusammenhang mit seinem Beitritt zur Gesellschaft entstanden sind, jedoch nicht von
vornherein aus. Auch bei Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kann der Anleger, der sich an einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft
beteiligt hat, unter Anrechnung des ihm bei Beendigung seines (fehlerhaften)
Gesellschaftsverhältnisses gegebenenfalls zustehenden Abfindungsanspruchs
von dem Geschäftsinhaber Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens
verlangen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung etwaiger Abfindungsoder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter nicht
gefährdet ist.
8
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind die Grundsätze
über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf typische oder atypische stille Gesellschaften anwendbar (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP
2005, 254, 255; Urteil vom 23. Juli 2013 - II ZR 143/12 Rn. 17 mwN). Dem steht
nicht entgegen, dass bei der stillen Gesellschaft kein Gesamthandsvermögen
besteht (BGH, Urteil vom 29. November 1952 - II ZR 15/52, BGHZ 8, 157,
166 f.; Urteil vom 25. November 1976 - II ZR 187/75, WM 1977, 196, 197; Urteil
vom 22. Oktober 1990 - II ZR 247/89, NJW-RR 1991, 613, 614; Beschluss vom
21. September 2009 - II ZR 250/07, ZIP 2009, 2155 Rn. 6 mwN). Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft beruht vielmehr allgemein
darauf, dass es zu unerträglichen Ergebnissen führen würde, eine auf Dauer
angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft, für welche die Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen,
die Gewinnchancen genutzt und gemeinschaftlich das Risiko getragen haben,
mit rückwirkender Kraft aufzuheben und damit so zu behandeln, als ob sie niemals bestanden hätte. Ein - bereits durch Zahlung der Einlage (BGH, Urteil vom
-6-
29. November 2004 - II ZR 67/03, ZIP 2005, 254, 255; Urteil vom 23. Juli 2013
- II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761 Rn. 17) - in Vollzug gesetztes fehlerhaftes Gesellschaftsverhältnis ist daher unabhängig von der individuellen Gestaltung des
Einzelfalls regelmäßig nicht von Anfang an nichtig, sondern wegen etwaiger
anfänglicher Mängel nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar. Das gilt auch
für die (atypische wie typische) stille Gesellschaft. Sie ist ebenfalls eine echte
Risikogemeinschaft mit einer meist auf lange Zeit vereinbarten Teilung des Gewinns und Verlusts des Unternehmens, zu dem auch der stille Gesellschafter
seinen Beitrag erbracht hat. Die Gesichtspunkte, die für die Anwendung der
Regeln der fehlerhaften Gesellschaft sprechen, treffen daher im Grundsatz
gleichermaßen zu (BGH, Urteil vom 29. Juni 1970 - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5,
8 f.).
9
Die rechtliche Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft findet nur da
ihre Grenze, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder besonders
schutzbedürftiger Personen entgegenstehen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1970
- II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 9; Urteil vom 25. März 1974 - II ZR 63/72, BGHZ
62, 234, 241). Selbst der Umstand, dass ein stiller Gesellschafter durch betrügerisches Verhalten des Geschäftsinhabers zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags bestimmt worden ist, rechtfertigt es aber nicht, die durch die Invollzugsetzung des Gesellschaftsverhältnisses geschaffenen Rechtstatsachen
rückwirkend zu beseitigen und statt des Gesellschaftsrechts die allgemeinen
Regeln des bürgerlichen Rechts zur Anwendung zu bringen (vgl. BGH, Urteil
vom 12. Mai 1954 - II ZR 167/53, BGHZ 13, 320, 323; Urteil vom 29. Juni 1992
- II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1554). Der Schutz des Betrogenen wird
dadurch hinreichend gewahrt, dass die arglistige Täuschung für ihn einen wichtigen Grund zur Kündigung der Gesellschaft bildet (BGH, Urteil vom 29. Juni
1970 - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 10).
-7-
10
2. Der Senat ist zunächst auch bei Ansprüchen wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten beim Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags davon ausgegangen, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft eine rückwirkende Auflösung des Vertragsverhältnisses verbieten und bis
zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses der Durchsetzung eines auf
Rückgewähr der Einlage gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden entgegenstehen (BGH, Urteil vom 24. Mai 1993
- II ZR 136/92, ZIP 1993, 1089, 1090 f.). Später hat er angenommen, dass jedenfalls ein solcher Schadensersatzanspruch mit dem Begehren, den stillen
Gesellschafter so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet, in einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft nicht den Beschränkungen nach den Grundsätzen der fehlerhaften
Gesellschaft unterliegt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004,
1706, 1707; Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095,
2098; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil
vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757).
11
Zur Begründung hat er auf die Besonderheiten der stillen Gesellschaft (in
dem damaligen Anlagemodell) im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft in
der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft abgestellt. Wer einer solchen Publikumsgesellschaft beitrete, um
sein Vermögen anzulegen, könne bei einer mangelhaften Aufklärung über die
Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden
könne. Der einzelne Gesellschafter habe auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten, trete insoweit auch nicht in Erscheinung und sei im Gegenteil bei seinem eigenen Eintritt in die Gesellschaft
regelmäßig selbst getäuscht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß aufgeklärt
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worden. Wohl aber habe der eintretende Gesellschafter Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel seines Beitritts verantwortlich seien (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706,
1707 f.).
12
Bei der stillen Gesellschaft (nach dem damaligen Anlagemodell) trete der
Anleger dagegen nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft bei, sondern
bilde mit der von dem Initiator des Anlageprojekts gegründeten Aktiengesellschaft eine neue - stille - Gesellschaft. Dabei beschränkten sich seine Rechtsbeziehungen allein auf diese Aktiengesellschaft. Sie schulde ihm bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben. Zugleich
hafte sie ihm nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei Vertragsschluss, jeweils i.V.m. § 31 BGB und ggf. § 278 BGB, auf
Schadensersatz. Anders als bei einer Publikumsgesellschaft richteten sich der
Auseinandersetzungs- und der Schadensersatzanspruch gegen dieselbe Person. Nicht eine solche Gesellschaft sei Adressat des gesellschaftsrechtlichen
Rückabwicklungsanspruchs, sondern ausschließlich die als Inhaberin des Handelsgewerbes i.S. des § 230 HGB auftretende Aktiengesellschaft, mit der allein
der stille Gesellschaftsvertrag zustande gekommen sei und die zugleich im Wege des Schadensersatzes verpflichtet sei, etwaige Minderungen der gesellschaftsrechtlichen Einlage auszugleichen. Dann aber könne der Schadensersatzanspruch nicht nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft beschränkt sein. Auch der Schutz der Gläubiger gebiete eine solche Beschränkung nicht, schon weil es bei der stillen Gesellschaft an einem durch Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften geschützten Gesellschaftsvermögen fehle (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706,
1707 f.). Dass es bei einer Vielzahl stiller Gesellschafter mit gleichartigen Schadensersatzansprüchen zu einem Gläubigerwettlauf kommen könne, rechtfertige
-9-
- wie auch sonst bei einer Gläubigerkonkurrenz z.B. gegenüber einem prospektverantwortlichen
Gründungsgesellschafter - keine andere Beurteilung
(BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095, 2098).
Demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der
Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht habe, dürfe es nicht zugutekommen, dass er gleichzeitig auch an dem
mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt sei
(BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil
vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757).
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3. Dabei hat der Senat allerdings offen gelassen, ob die Beschränkungen
eines auf Rückabwicklung gerichteten Schadensersatzanspruchs nach den
Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft auch dann wegfallen, wenn es sich
nicht um eine zweigliedrige stille Gesellschaft, sondern um den Beitritt zu einer
mehrgliedrigen stillen Gesellschaft handelt. Diese Frage ist nunmehr dahingehend zu entscheiden, dass bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft jedenfalls in der im vorliegenden Fall gegebenen Ausgestaltung die Grundsätze über
die fehlerhafte Gesellschaft mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass der Kläger von der Beklagten nicht im Wege des Schadensersatzes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens die Rückabwicklung seiner Beteiligung
durch Rückgewähr seiner Einlage verlangen kann. Er hat vielmehr einen Anspruch auf ein (etwaiges) Abfindungsguthaben nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und ergänzend, je nach Vermögenslage des Handelsbetriebs
und der Höhe der - hypothetischen - Abfindungsansprüche der übrigen stillen
Gesellschafter, einen Anspruch auf Ersatz seines durch den Abfindungsanspruch nicht ausgeglichenen Schadens.
- 10 -
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a) Im vorliegenden Fall richten sich die Rechtsbeziehungen zwischen
dem Kläger und der Beklagten sowie den übrigen stillen Gesellschaftern nach
dem im Emissionsprospekt (Anlage K 1) abgedruckten atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV). Nach der von der Beklagten verwendeten,
vom Kläger unterzeichneten „Beitrittserklärung (Zeichnungsschein) als atypisch
stiller Gesellschafter“ erklärt der Beitretende, dass für seine Beteiligung der im
Prospekt abgedruckte atypisch stille Gesellschaftsvertrag gilt (Anlage K 2 und
3). In der Beitrittserklärung ist ferner vorgesehen, dass der „Antrag“ des Beitretenden vom Vorstand der Beklagten angenommen wird. Durch den von allen
stillen Gesellschaftern mit ihrer Beitrittserklärung als verbindlich anerkannten
stillen Gesellschaftsvertrag ist somit durch vertragliche Vereinbarung ein Gesellschaftsverhältnis zwischen allen stillen Gesellschaftern und der Beklagten
zustande gekommen. Der Beitritt des einzelnen stillen Gesellschafters zu dieser
Gesellschaft ist dabei, wie bei Publikumsgesellschaften üblich (vgl. BGH, Urteil
vom 17. November 1975 - II ZR 120/74, WM 1976, 15 f.; Urteil vom 14. November 1977 - II ZR 95/76, WM 1978, 136, 137), in der Weise erfolgt, dass die Beklagte die dazu erforderlichen Willenserklärungen auch im Namen der bereits
beigetretenen stillen Gesellschafter abgegeben hat. Die insoweit erforderliche
Ermächtigung der Beklagten ergibt sich daraus, dass sich die stillen Gesellschafter durch Unterzeichnung der Beitrittserklärung in Verbindung mit § 1 Nr. 3
GV ausdrücklich damit einverstanden erklärt haben, dass sich weitere atypisch
stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe der Beklagten beteiligen.
15
Durch den Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags ist eine sog.
mehrgliedrige stille Gesellschaft begründet worden. Dies folgt schon aus der
Bestimmung des § 1 Nr. 2 GV. Dort wird die Vereinbarung, dass sich die Anleger am Handelsgewerbe der Beklagten als atypisch stille Gesellschafter beteiligen, ausdrücklich dahingehend erläutert, dass die Gesellschafter an Gewinn
und Verlust sowie an den stillen Reserven der Vermögenssubstanz beteiligt
- 11 -
sind und die einem Kommanditisten vergleichbaren Mitwirkungsrechte haben
(§ 1 Nr. 2 Satz 2 GV), dass sie zusammen mit dem Geschäftsinhaber eine sogenannte mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft bilden (§ 1 Nr. 2 Satz 3 GV)
und dass mehrgliedrig heißt, dass nur eine atypisch stille Gesellschaft zwischen
dem Geschäftsinhaber und allen atypisch stillen Gesellschaftern besteht (§ 1
Nr. 2 Satz 4 GV). Dass es sich nicht um (mehrere) bloß zweiseitige stille Gesellschaftsverhältnisse jeweils zwischen der Beklagten und den einzelnen stillen
Gesellschaftern handelt, ergibt sich auch daraus, dass nach § 6 GV Gesellschafterbeschlüsse in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Beschlussverfahren gefasst werden und nach § 15 Nr. 1 GV die Kündigung eines
stillen Gesellschafters nicht die Auflösung der stillen Gesellschaft insgesamt,
sondern lediglich das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters zur Folge
hat.
16
Das vorliegend vereinbarte stille Gesellschaftsverhältnis zwischen der
Beklagten und allen stillen Gesellschaftern ist ferner dadurch gekennzeichnet,
dass nach § 5 Nr. 1 Satz 1 GV die Geschäftsführung zwar allein der Beklagten
als Geschäftsinhaberin zusteht, sie aber nur zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte befugt ist, die zum laufenden Betrieb gehören. Über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehende Maßnahmen darf die Beklagte nur mit Zustimmungsbeschluss der atypisch stillen Gesellschafter vornehmen (§ 5 Nr. 1 letzter
Satz GV). Gesellschafterbeschlüsse bedürfen entweder der einfachen Mehrheit
der abgegebenen und vertretenen Stimmen (§ 6 Nr. 1 GV) oder - etwa bei Änderung des Gesellschaftsvertrags - einer Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen (§ 6 Nr. 2 GV). Gesellschafterversammlungen werden mindestens einmal jährlich zur Mitteilung und Genehmigung des Jahresabschlusses
vom Geschäftsinhaber einberufen oder finden statt, wenn das Interesse der
Gesellschaft dies erfordert oder wenn stille Gesellschafter, die zusammen mehr
als 25 Prozent des stillen Gesellschaftskapitals repräsentieren, eine Gesell-
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schafterversammlung unter schriftlicher Angabe von Gründen hierfür verlangen
(§ 7 Nr. 1 Satz 2 GV).
17
Im Rahmen der Gewinn- und Verlustbeteiligung ist vereinbart, dass die
Beklagte als Geschäftsbesorgungsvergütung einen ergebnisunabhängigen
Vorabgewinn in Höhe von 0,75 Prozent p.a. auf das gezeichnete atypisch stille
Gesellschaftskapital erhält (§ 10 Nr. 1 GV). Ferner steht ihr ein weiterer Vorabgewinn in Höhe von bis zu 10 Prozent zu, sobald die Gewinn- und Verlustkonten der atypisch stillen Gesellschafter ausgeglichen sind. Die atypisch stillen
Gesellschafter sind an dem nach Maßgabe von § 12 GV zu berechnenden
Steuerbilanzgewinn entsprechend dem Verhältnis ihrer eingezahlten Einlage
zur Summe der eingezahlten Einlagen sämtlicher atypisch stiller Gesellschafter
zuzüglich des voll eingezahlten Grundkapitals der Beklagten zum Zeitpunkt des
Abschlusses des stillen Gesellschaftsvertrags beteiligt. Am Steuerbilanzverlust
nimmt der atypisch stille Gesellschafter entsprechend dem Verhältnis seiner
eingezahlten Einlage zur Summe der eingezahlten Einlagen sämtlicher atypisch
stiller Gesellschafter bis zur Höhe seiner Einlage teil. Eine Beteiligung der Beklagten am Verlust erfolgt nicht (§ 10 Nr. 2 b Satz 2 GV). Soweit ein Bilanzverlust durch verlustbeteiligte atypisch stille Einlagen nicht gedeckt werden kann,
wird dieser zur Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen zu Lasten aller atypisch
stillen Gesellschafter vorgetragen (§ 10 Nr. 2 c Satz 2 GV).
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Die Beteiligung der stillen Gesellschafter am Vermögen ist nach § 9
Nr. 1, § 16 GV dahingehend geregelt, dass sie im Falle ihres Ausscheidens
oder bei Liquidation des Unternehmens der Beklagten entsprechend dem Verhältnis ihrer erbrachten Kapitalbeteiligung zu den Einlagen der anderen stillen
Gesellschafter und dem voll eingezahlten Grundkapital des Geschäftsinhabers
„einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu dem Unternehmen der Beklagten gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der bilanzierten Wirt-
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schaftsgüter (stille Reserven = Substanzwert des Unternehmens)“ erhalten.
Grundlage der Bestimmung des den atypisch stillen Gesellschaftern bei Beendigung der Gesellschaft zustehenden Abfindungsguthabens ist der Auseinandersetzungswert für das gesamte Unternehmen der Beklagten, der die Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters an dem seit seinem Beitritt gebildeten
Vermögen einschließlich der stillen Reserven in der Beklagten sowie seinen
Anteil am Ertrags- und Substanzwert (Geschäftswert) als Differenz zwischen
den Anfangs- und Endwerten berücksichtigt, § 16 Nr. 1 GV (zum Auseinandersetzungsanspruch des atypisch stillen Gesellschafters nach dem tatsächlichen
Geschäftswert vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1995 - II ZR 132/94, WM 1995,
1277, 1278).
19
b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass bei der vorliegenden Gestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses die Grundsätze
über die fehlerhafte Gesellschaft der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs des stillen Gesellschafters entgegenstehen, wenn der Ersatz des
entstandenen Schadens im Wege der Rückabwicklung der Beteiligung erfolgen
soll.
20
aa) Anders als bei den Anlagemodellen, die den Senatsentscheidungen
aus den Jahren 2004 und 2005 zugrunde lagen, besteht bei der vorliegenden
Gestaltung nicht lediglich eine Vielzahl voneinander unabhängiger, bloß zweigliedriger stiller Gesellschaftsverhältnisse zwischen den jeweiligen Anlegern
und der Beklagten. Durch den von allen stillen Gesellschaftern mit ihrer jeweiligen Beitrittserklärung als verbindlich anerkannten stillen Gesellschaftsvertrag ist
vielmehr durch vertragliche Vereinbarung ein Gesellschaftsverhältnis zwischen
allen stillen Gesellschaftern und der Beklagten zustande gekommen. Aus den
Regelungen in § 1 Nr. 2 GV sowie insbesondere in den §§ 6 und 7 GV über
Gesellschafterbeschlüsse und die Gesellschafterversammlung und in § 15 Nr. 1
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GV über die Wirkung einer Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch
einen stillen Gesellschafter ergibt sich eindeutig, dass sich die mit der Abgabe
der Beitrittserklärung begründete Rechtsbeziehung nicht auf ein nur zweiseitiges stilles Gesellschaftsverhältnis zwischen dem jeweiligen Anleger und der
Beklagten beschränkt, sondern der stille Gesellschafter einer aus der Beklagten
und allen stillen Gesellschaftern bestehenden Publikumsgesellschaft beitritt.
21
bb) Auf diese - zulässige (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994
- II ZR 32/94, BGHZ 127, 176, 179) - Gestaltung eines einheitlichen Gesellschaftsverhältnisses zwischen dem Geschäftsinhaber und mehreren stillen Gesellschaftern sind schon wegen des schutzwürdigen Bestandsinteresses der
Beteiligten grundsätzlich die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft anzuwenden. Die aus der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern bestehende (stille)
Gesellschaft ist nicht nur durch die Zahlung der Einlagen der stillen Gesellschafter in Vollzug gesetzt worden. Nach § 7 Nr. 1 Satz 1 GV ist ferner mindestens einmal jährlich ein Beschluss über die Genehmigung des Jahresabschlusses zu fassen. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung richtet sich dabei gemäß
§ 10 GV nach dem Verhältnis der Einlage des einzelnen stillen Gesellschafters
zu den Einlagen sämtlicher stiller Gesellschafter. Es widerspräche dem Charakter der vorliegenden Gestaltung als einer auf Dauer angelegten und tatsächlich
vollzogenen Leistungsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft, für welche die
Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und gemeinschaftlich das Risiko getragen haben, wenn Maßnahmen, die
nach Invollzugsetzung der Gesellschaft auf der Grundlage des zum jeweiligen
Zeitpunkt maßgeblichen Gesellschafterbestands getroffen worden sind, mit
rückwirkender Kraft geändert werden müssten, weil ein einzelner (oder mehrere) Anleger im Wege eines Schadensersatzanspruches die Rückgängigmachung seiner Beteiligung begehrt, so wie hier der Kläger mit seiner im Juli 2011
eingereichten Klage fast 10 Jahre nach seinem Beitritt zur Gesellschaft.
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cc) Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft ist
nicht nur im Verhältnis zu der aus der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft, sondern auch in Bezug auf den aus dem Beitrittsvertrag hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte geboten, mit dem der Kläger so gestellt werden will, als habe er sich nicht als stiller
Gesellschafter beteiligt (gegen einen Rückabwicklungsanspruch bei der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft mit teils unterschiedlicher Begründung
und unter unterschiedlichen Voraussetzungen
auch MünchKommHGB/K.
Schmidt, 3. Aufl., § 230 Rn. 133 ff.; Westermann, Handbuch Personengesellschaften, Rn. 221b ff.; ders., VGR 2009, 145, 165 f.; Wälzholz, DStR 2003,
1533, 1535; Hey, NZG 2004, 1097, 1098; Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189, 192;
Bayer/Riedel, NJW 2003, 2567, 2572 Fn. 56; für eine Beschränkung des Ersatzanspruchs auf das „Eigenvermögen“ des Geschäftsinhabers Konzen, Festschrift H. P. Westermann, 2008, S. 1133, 1153 f.; gegen eine Differenzierung
zwischen Schadensersatzansprüchen und anderen Nichtigkeitsfolgen Schäfer,
ZHR 2006, 373, 391 ff., der sich allerdings grundsätzlich gegen die Anwendung
der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft wendet;
vgl. ferner MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rn. 359 f.; Schäfer
in Großkommentar/HGB, 5. Aufl., § 105 Rn. 329 f.; Soergel/Hadding/Kießling,
BGB, 13. Aufl., § 705 Rn. 92; zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften
Gesellschaft auf Anleger, die bis zur Eintragung als Kommanditisten im Handelsregister als atypische stille Gesellschafter unter entsprechender Anwendung der Regelungen des Kommanditgesellschaftsvertrags beteiligt sein sollten, vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, ZIP 2013, 1533 Rn. 29).
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Zwar ist auch bei der vorliegenden Gestaltung wie bei bloß zweiseitigen
stillen Gesellschaftsverhältnissen die Beklagte als Inhaberin des Handelsgewerbes i.S. des § 230 HGB und nicht die aus allen stillen Gesellschaftern und
der Beklagten bestehende Gesellschaft rechtlich Adressatin des nach Beendi-
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gung des fehlerhaften Gesellschaftsverhältnisses gegebenen Abfindungs- oder
Auseinandersetzungsanspruchs. Bei einer isolierten Betrachtung, die allein auf
die rechtliche Trennung zwischen der nach außen handelnden Beklagten und
der lediglich als Innengesellschaft bestehenden (stillen) Gesellschaft zwischen
der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern abstellt, bliebe jedoch unberücksichtigt, dass die Regelungen über den Bestand der einzelnen Beteiligungen
einschließlich der Rechtsfolgen ihrer Beendigung im Gesellschaftsvertrag der
aus allen stillen Gesellschaftern und der Beklagten bestehenden Gesellschaft
vereinbart und die Bestimmungen über Auseinandersetzung und Abfindung
beim Ausscheiden eines stillen Gesellschafters mit Blick auf die Gesamtheit
aller stillen Gesellschafter getroffen sind. Auch im Hinblick auf die Vermögenszuordnung würde eine auf bloße Rechtsbeziehungen jeweils zwischen den einzelnen stillen Gesellschaftern und der Beklagten bezogene Betrachtungsweise
den wirtschaftlichen Gegebenheiten der vorliegenden Gestaltung nicht gerecht.
Zwar sind die Einlagezahlungen der stillen Gesellschafter nach der Mittelverwendungskontrolle durch die Treuhänderin (§ 5 Nr. 2 GV) in das Vermögen der
Beklagten übergegangen und verfügt die aus der Beklagten und allen stillen
Gesellschaftern bestehende Gesellschaft als solche folglich über kein Gesellschaftsvermögen. Als Schuldnerin der im atypisch stillen Gesellschaftsvertrag
geregelten Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüche kommt demgemäß auch nur die Beklagte in Betracht. Gleichwohl ist das rechtlich der Beklagten zustehende stille Gesellschaftskapital bei einer wirtschaftlichen Betrachtung
der aus der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern gebildeten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung zuzuordnen. In diesem Gebilde hat die Beklagte
eine der einer Komplementärin einer Kommanditgesellschaft vergleichbare Stellung inne, die stillen Gesellschafter sind Kommanditisten gleichgestellt. Die Beklagte erhält eine ergebnisunabhängige Geschäftsbesorgungsvergütung und
gegebenenfalls einen Vorabgewinn von bis zu 10 Prozent; am Verlust ist sie
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nicht beteiligt. Bei einem Grundkapital der Ende 1998 als GmbH gegründeten,
Anfang 2000 in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Beklagten in Höhe von
767.000 €, dessen Erhöhung auf 5 Mio. € der Beklagten nach § 1 Nr. 3 GV vorbehalten ist, und einem stillen Gesellschaftskapital von bis zu 250 Mio. DM (§ 4
Nr. 1 GV) tragen somit im Wesentlichen die stillen Gesellschafter das wirtschaftliche Risiko des von der Beklagten geführten Unternehmens.
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Wegen der Verzahnung der einzelnen Beteiligungen sowohl miteinander
als auch mit dem rechtlich der Beklagten zustehenden Vermögen einschließlich
des durch die Einlagen der stillen Gesellschafter eingeworbenen Kapitals, die
hier durch die zwischen der Beklagten und allen stillen Gesellschaftern gebildete (Innen)Gesellschaft bewirkt wird, unterscheidet sich die vorliegende Konstellation auch von der Inanspruchnahme von Initiatoren, Gründungsgesellschaftern oder sonstigen Personen, die für Mängel des Beitritts eines (stillen) Gesellschafters zu einer (stillen) Gesellschaft verantwortlich sind. In diesen Fällen
sind die Vermögenmassen, aus denen mit gegen diese Personen gerichteten
Schadensersatzansprüchen Befriedigung begehrt wird, rechtlich und wirtschaftlich selbstständig und unterliegen keiner der vorliegenden Gestaltung vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen Bindung unter Einbeziehung sämtlicher
Anleger. Die gesellschaftsrechtliche Verknüpfung der Rechtsbeziehungen aller
stillen Gesellschafter zu der Beklagten und zueinander lässt es auch nicht zu, in
dem Umstand, dass es bei einer gehäuften Inanspruchnahme der Beklagten
durch stille Gesellschafter zu einem Gläubigerwettlauf kommen kann, lediglich
eine bei jeder Gläubigerkonkurrenz mögliche Folge zu sehen. Bei einer wie hier
durch tatsächliche Invollzugsetzung einer fehlerhaften Gesellschaft bewirkten
gesellschaftsrechtlichen Bindung gebietet es schon die gesellschafterliche
Treuepflicht, dass jedenfalls die gesellschaftsrechtlichen Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüche der einzelnen (ggf. fehlerhaft) Beigetretenen nur
im Wege einer geordneten Auseinandersetzung geltend gemacht werden kön-
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nen. Aus diesem Grunde kann nach der Rechtsprechung des Senats sogar
dann eine Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters zur Zahlung seiner Einlage trotz arglistiger Täuschung bestehen, wenn die Gesellschaft nach Aufdeckung des Betrugs abgewickelt wird, weil die Erfüllung der Einlagepflicht in einem solchen Fall der einheitlichen Verteilung der Vermögensverluste aller getäuschten Gesellschafter dient (BGH, Urteil vom 6. Februar 1958 - II ZR 210/56,
BGHZ 26, 330, 336).
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4. Aus den soeben genannten Gründen führt die Anwendung der
Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zwar dazu, dass ein Anleger bei einer
Gestaltung wie der vorliegenden nicht im Wege des Schadensersatzes Rückgängigmachung seiner Beteiligung verlangen kann. Er ist allerdings - auch unabhängig von einer (fehlerhaft) vereinbarten Befristung - berechtigt, das stille
Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den (behaupteten) Vertragsmangel
durch sofort wirksame Kündigung nach § 234 Abs. 1 HGB, § 723 BGB mit der
Folge zu beenden, dass ihm gegebenenfalls ein nach den gesellschaftsvertraglichen Regeln zu berechnender Abfindungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil
vom 3. Juli 2013 - II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761 Rn. 23 mwN). Dabei ist ein etwaiger auf einer Pflichtverletzung des Geschäftsinhabers bei dem Beitritt des
stillen Gesellschafters beruhender Schadensersatzanspruch dergestalt zu berücksichtigen, dass sich der geschädigte Anleger seinen Abfindungsanspruch
anrechnen lassen muss und daher allenfalls Ersatz eines den Abfindungsanspruch übersteigenden Schadens verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom
29. Juni 1970 - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 10).
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Bei der hier gegebenen mehrgliedrigen stillen Gesellschaft ist wegen des
oben dargelegten vorrangigen Interesses der Mitgesellschafter an einer geordneten Abwicklung die weitere Einschränkung geboten, dass ein über den nach
gesellschaftsrechtlichen Regeln zu berechnenden Abfindungsanspruch hinaus-
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gehender Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters die gleichmäßige Befriedigung der Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährden darf. Solange eine Schmälerung solcher Ansprüche anderer Anleger droht, ist der einzelne Anleger an der Durchsetzung eines auf Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Beitritt gestützten Schadensersatzanspruchs gegen den Geschäftsinhaber gehindert (vgl.
dazu Konzen, Festschrift H.P. Westermann, 2008, S. 1133, 1153 f.). Eine solche Gefährdung des schutzwürdigen Interesses der übrigen Anleger an einer
geordneten Abwicklung droht nicht, wenn und soweit das Vermögen des Geschäftsinhabers im Zeitpunkt der Entscheidung über den Schadensersatzanspruch eines einzelnen Anlegers sowohl die zu diesem Zeitpunkt bestehenden
(hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche aller stillen
Gesellschafter als auch den Schadensersatzanspruch des betreffenden Anlegers deckt. Das ist der Fall, wenn bei einer auf diesen Zeitpunkt bezogenen
fiktiven Auseinandersetzungsrechnung der gesamten mehrgliedrigen stillen Gesellschaft das Vermögen des Geschäftsinhabers ausreichen würde, um die
(hier gemäß § 16 GV zu berechnenden hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche aller stillen Gesellschafter vollständig sowie den
auf die den eigenen Abfindungsanspruch übersteigende Ersatzleistung gerichteten Schadensersatzanspruch des klagenden Anlegers (hier ggf. aus dem der
Beklagten gemäß § 16 Nr. 1 a letzter Absatz GV nach dem Verhältnis ihres eingezahlten Grundkapitals zum stillen Gesellschaftskapital zustehenden Anteil am
Auseinandersetzungswert ihres gesamten Unternehmens) ganz oder teilweise
zu befriedigen. Ist dies nicht der Fall, kommt gleichwohl zumindest eine Feststellung des Schadensersatzanspruchs dem Grund und der Höhe nach in Betracht, da hierdurch die (hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der anderen stillen Gesellschafter nicht gefährdet werden.
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Ist die Gesellschaft zwischen allen stillen Gesellschaftern tatsächlich
aufgelöst und bestehen nach Beendigung der Auseinandersetzung zwischen
dem Geschäftsherrn und allen stillen Gesellschaftern keine Auseinandersetzungsansprüche mehr, so stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft
einem verbleibenden, ggf. dem Grunde und dem Betrag nach bereits festgestellten Schadensersatzanspruch eines geschädigten Anlegers gleichfalls nicht
mehr entgegen. In dem zuletzt genannten Fall mag es zwar zu einem „Wettlauf“
zwischen geschädigten Anlegern mit ihren gegen den Geschäftsinhaber gerichteten Schadensersatzansprüchen kommen. Die Mitgesellschafter stehen sich
dabei jedoch nicht als solche, sondern lediglich als wie auch sonst miteinander
konkurrierende Gläubiger eines Schuldners gegenüber. Aus diesem Grunde
genügt es für den Wegfall des sich aus den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ergebenden Hindernisses auch, wenn das verbleibende Vermögen
des Geschäftsinhabers im Zeitpunkt der Entscheidung über den gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruch neben diesem die (bestehenden und hypothetischen) Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter deckt. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass es auch ausreicht, um vergleichbare Schadensersatzansprüche anderer (getäuschter) stiller
Gesellschafter zu befriedigen.
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5. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger nach diesen
Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht, hat das
Berufungsgericht von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt aus nicht geprüft. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Abweisung der Klage
nach dem Hauptbegehren daher keinen Bestand haben. Sie stellt sich auch
nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
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Da in der Erklärung eines Gesellschafters, seinen Beitritt mit rückwirkender Kraft beseitigen zu wollen, in der Regel sein Wille zum Ausdruck kommt, die
Bindung an die Gesellschaft und die Mitgesellschafter jedenfalls mit sofortiger
Wirkung zu beenden (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1974 - II ZR 27/73,
BGHZ 63, 338, 344 f.; Urteil vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, BGHZ
153, 214, 223), kann auch im vorliegenden Fall von einer Kündigung des (stillen) Gesellschaftsverhältnisses durch den Kläger ausgegangen werden. Dass
der Kläger seinen Schadensersatzanspruch nicht unter Anrechnung eines etwaigen Abfindungsguthabens berechnet hat, rechtfertigt eine (vollständige) Abweisung der Klage nicht, weil der Geschädigte nicht ohne weiteres an eine von ihm
ursprünglich gewählte Art der Schadensberechnung gebunden ist (vgl. BGH,
Urteil vom 18. Oktober 2011 - VI ZR 17/11, NJW 2012, 50 Rn. 4 mwN) und dem
Kläger daher Gelegenheit gegeben werden muss, sein Klagevorbringen an die
in den Vorinstanzen nicht erörterten, oben dargelegten rechtlichen Vorgaben
anzupassen. Für die Berechnung seines etwaigen Abfindungsanspruchs, dem
die nur den weitergehenden Schadensersatzanspruch betreffende, auf die Sicherung ungeschmälerter eventueller Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der anderen stillen Gesellschafter gerichtete Sperre nicht entgegenstünde, ist der Kläger zudem auf die Mitwirkung der Beklagten angewiesen, die
gemäß § 16 Nr. 1 Buchst. g GV mit der Ermittlung des Abfindungsguthabens
einen Wirtschaftsprüfer zu beauftragen hat.
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Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts
und des Vorbringens der Parteien kann auch nicht angenommen werden, dass
einem über einen Abfindungsanspruch hinausgehenden Schadensersatzbegehren des Klägers zur Sicherung etwaiger Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der Mitgesellschafter der Erfolg zu versagen wäre. Ob und in
welcher Höhe solche (hypothetischen) Ansprüche der anderen stillen Gesellschafter bestehen und aus dem Vermögen der Beklagten befriedigt werden
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können, steht nicht fest und müsste gegebenenfalls die Beklagte darlegen und
beweisen, wenn sie sich einem Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber darauf berufen wollte, dieser sei wegen einer Gefährdung der Abfindungsund Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter zumindest gegenwärtig nicht oder nicht in voller Höhe durchsetzbar. Im Übrigen wäre
selbst für den Fall des Bestehens eines solchen Hindernisses das auf Zahlung
eines bestimmten Schadensersatzbetrages gerichtete Leistungsbegehren des
Klägers dahin auszulegen, dass jedenfalls die Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs in dieser Höhe begehrt wird. Sofern die sonstigen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gegeben sind, stünde der Umstand, dass das Vermögen der Beklagten im Zeitpunkt der Entscheidung zur Befriedigung etwaiger (hypothetischer) Abfindungsoder Auseinandersetzungsansprüche und des Schadensersatzanspruchs nicht
ausreichte, wie unter II. 4. ausgeführt, einer Feststellung seines Bestehens
nicht entgegen.
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6. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, soweit die Berufung des Klägers mit dem Hauptbegehren zurückgewiesen worden ist (§ 562
Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die bislang offen gebliebenen Feststellungen zu
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den tatsächlichen Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs treffen kann.
Bergmann
Strohn
Reichart
Caliebe
Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 23.04.2012 - 35 O 15133/11 OLG München, Entscheidung vom 19.09.2012 - 7 U 2261/12 -