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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 283/06
Verkündet am:
7. Januar 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ:
BGHR:
ja
ja
ja
AktG § 37 Abs. 1 Satz 3, 4; GG Art. 103 Abs. 1; InsO §§ 228, 258; ZPO §§ 265 Abs. 2, 286 A
a) Ein Insolvenzverwalter kann eine gemäß dem Insolvenzplan treuhänderisch an ihn abgetretene
Masseforderung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr als Partei kraft Amtes,
sondern nur aus eigenem Recht als Zessionar weiterverfolgen (im Anschluss an Sen.Urt. v.
15. Juni 1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f.).
b) Eine Bankbestätigung i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG muss zu dem - der Bank bekannten Zweck der Vorlage zum Handelsregister bestimmt sein und grundsätzlich erkennen lassen, dass
die (eingeforderten) Bareinlagen eines oder mehrerer bestimmter Inferenten zu endgültig freier
Verfügung des Vorstandes der Aktiengesellschaft auf das Bankkonto einbezahlt (worden) sind.
Auf die Gegenwarts- oder Vergangenheitsform der Bestätigung kommt es nicht an.
c) Eine den vorgenannten Erfordernissen entsprechende Bankbestätigung ist gemäß § 37 Abs. 1
Satz 4 AktG haftungsbegründend unrichtig, wenn bzw. soweit der bestätigte Einlagebetrag nach
den der Bank bekannten Umständen nicht oder nicht wirksam zu endgültig freier Verfügung des
Vorstandes geleistet worden und die Einlageschuld des oder der betreffenden Inferenten daher
nicht erfüllt ist. Das Gleiche gilt, wenn die Bank "Geldeingänge" aus nicht genannten Quellen als
zu freier Verfügung des Vorstandes stehend in dem Bewusstsein bestätigt, dass damit dem Registergericht der Nachweis einer ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung vorgespiegelt werden
soll.
d) Auf ein Bankkonto der Gesellschaft geleistete Zahlungen sind nicht schon dann der freien Verfügung des Vorstandes entzogen, wenn nicht er allein für das Konto zeichnungsberechtigt ist.
e) Ein erstinstanzlicher Beweisantritt der in erster Instanz obsiegenden Partei ist von dem Berufungsgericht auch ohne Wiederholung des Beweisangebots zu beachten.
BGH, Urteil vom 7. Januar 2008 - II ZR 283/06 - OLG München
LG München I
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 16. November 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der T.
AG (nachfolgend: Schuld-
nerin). Sie war eine von mehreren Tochtergesellschaften der W.
AG
(nachfolgend: W. AG) und wurde von dieser im November 1995 gegründet. Die
Beklagte (bzw. deren Rechtsvorgängerin) war die Hausbank der Schuldnerin.
Am 28. Mai 1996 beschloss die Hauptversammlung der Schuldnerin eine Erhöhung ihres Grundkapitals von 100.000,00 DM auf 12.550.000,00 DM durch Ausgabe von 249.000 Inhaber-Stammaktien zum Nennbetrag zu je 50,00 DM. Am
selben Tag wurde der Erhöhungsbeschluss zum Handelsregister angemeldet.
Durch weiteren Hauptversammlungsbeschluss vom 28. Februar 1997 wurde
-3-
der Kapitalerhöhungsbeschluss wiederholt. Am 15. Oktober 1997 zeichnete die
W. AG sämtliche neuen Aktien zu einem Ausgabebetrag von insgesamt
15.562.500,00 DM (62,50 DM je Aktie). Es war vorgesehen, die Aktien später
auf zahlreiche Anleger, die zunächst Aktienzertifikate der Schuldnerin erworben
hatten oder erwerben sollten, aufzuteilen. Unter dem 15. Dezember 1997 meldeten der Alleinvorstand M.
und der Aufsichtsratsvorsitzende D.
der Schuldnerin die Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister an;
sie erklärten dabei, dass der "Geldbetrag von 15.562.500,00 DM bei der Gesellschaft einbezahlt" wurde und "endgültig zur freien Verfügung des Vorstands
steht." Beigefügt war ein Schreiben der Beklagten an die Schuldnerin vom
15. Dezember 1997, das von dem Vorstandsmitglied K.
wie ihrer Angestellten B.
der Beklagten so-
unterzeichnet war und folgenden Inhalt hatte:
"Konto der Firma T.
Sehr geehrter Herr M.
AG Nr. - 820962
,
wunschgemäß bestätigen wir Ihnen, dass auf dem vorgenannten Konto ... seit Kontoeröffnung bis 15.12.1997 Geldeingänge über
DM 15.562.500 zu verzeichnen waren und diese Mittel dem Vorstand
endgültig zur freien Verfügung standen."
Seit 26. Februar 1997 hatte die Beklagte der Schuldnerin auf deren
2
Wunsch bereits mehrere Bestätigungen über die bisherigen Kontozuflüsse
übersandt, zuletzt am 20. November 1997 über ca. 31,5 Mio. DM, jeweils mit
dem Hinweis, dass "eine Prüfung der dem Mittelzufluss zugrunde liegenden
Beteiligungsverträge bzw. der Buchungsunterlagen sowie der Weiterverwendung der eingegangenen Mittel von uns nicht vorgenommen" wurde. Tatsächlich hatte das Konto am 15. Dezember 1997 nur noch ein Haben von ca.
50.000,00 DM, weil in der Zeit davor Beträge in zweistelliger Millionenhöhe insbesondere an andere Gesellschaften des W. Konzerns überwiesen worden waren.
-4-
3
Mit einem weiteren Schreiben vom 23. Januar 1998 bestätigte die Beklagte der Schuldnerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 15. Dezember 1997, dass auf dem vorgenannten Konto "Geldeingang bis 15.12.1997 über
DM 15.562.500 zu verzeichnen war und dieser Betrag dem Vorstand endgültig
zur freien Verfügung stand". Dieses Schreiben wurde ebenfalls dem Registergericht vorgelegt, das die Durchführung der Kapitalerhöhung am 25. März 1998
im Handelsregister eintrug.
4
Nach dem Vortrag der Beklagten waren auf dem genannten Konto seit
dessen Eröffnung Einzahlungen in einer den oben genannten Betrag weit übersteigenden Höhe eingegangen. Zeichnungsberechtigt für das Konto waren gemäß Vereinbarung mit der Beklagten - jeweils zu zweit handelnd - der Alleinvorstand M.
der Schuldnerin, ihr Aufsichtsratsvorsitzender D.
wie die Vorstandsmitglieder B.
5
und S.
so-
der W. AG.
Am 30. Juni 2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Am
13. Dezember 2002 beantragte er den Erlass eines Mahnbescheids gegen die
Beklagte über den Betrag von 7.956.979,90 € (= 15.562.500,00 DM) als Schadensersatz wegen Ausstellung falscher Bankbestätigungen gemäß §§ 188
Abs. 2, 37 Abs. 1 Satz 4 AktG. Am 6. Januar 2003 übersandte das Mahngericht
dem Kläger eine Abschrift des Widerspruchs der Beklagten vom 17. Dezember
2002. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2003, der am 4. Juli 2003 bei Gericht einging, begründete der Kläger den geltend gemachten Anspruch und wies darauf
hin, dass das Insolvenzverfahren inzwischen (am 25. Februar 2003) aufgehoben worden, er aber gemäß einem - von dem Insolvenzgericht rechtskräftig
bestätigten - Insolvenzplan "befugt und veranlasst" sei, die Ansprüche der
Schuldnerin gegenüber der Beklagten weiterzuverfolgen. Gemäß dem Insolvenzplan (§§ 207 ff. InsO) hat die Schuldnerin den streitigen Anspruch an den
-5-
Kläger "als Treuhänder" mit der Maßgabe abgetreten, hierauf eingehende Zahlungen der Beklagten nach den Regelungen des Insolvenzplans zu verteilen.
Während des Rechtsstreits in erster Instanz wurde am 1. Februar 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin erneut eröffnet und der
Kläger wiederum zum Insolvenzverwalter bestellt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr
- mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen - entsprochen. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der
Beklagten.
Entscheidungsgründe:
7
Die Revision führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung.
I.
8
Im Ergebnis ohne Erfolg bleibt allerdings die Revisionsrüge, das Berufungsgericht (ZIP 2007, 371) verkenne, dass die von dem Kläger "als Insolvenzverwalter" erhobene (und fortgeführte) Klage schon wegen "fehlender Aktivlegitimation" bzw. deshalb abzuweisen sei, weil die streitige Forderung aus
§ 37 Abs. 1 Satz 4 AktG - ihr Bestehen unterstellt - nach ihrer treuhänderischen
Abtretung an den Kläger im Außenverhältnis nicht mehr der Insolvenzschuldnerin, sondern dem Kläger in Person zustehe.
9
1. Richtig ist zwar, dass der Kläger mit der durch rechtskräftige Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 254 Abs. 1 InsO wirksam gewordenen (vgl.
Begr.RegE, InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 202; Hess, InsO § 228 Rdn. 3) Abtretung der streitigen Forderung an ihn als Treuhänder sowie mit Aufhebung des
-6-
Insolvenzverfahrens (§ 258 InsO) am 25. Februar 2003 sein Prozessführungsrecht als Insolvenzverwalter verloren hat, dieses vielmehr auf ihn persönlich
- als Treuhandzessionar - übergegangen ist (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992
- II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f.). § 265 Abs. 2 ZPO findet - unabhängig von der
Frage seiner Anwendbarkeit bei einer Rechtsnachfolge im Mahnverfahren vor
Abgabe gemäß § 696 Abs. 3 ZPO (vgl. dagegen BGH, Urt. v. 4. Februar 1975
- VII ZR 85/73, NJW 1975, 929; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 28. Aufl. § 265
Rdn. 11; a.A. Bork/Jacoby, JZ 2000, 135) - im hier gegebenen Fall der Aufhebung des Insolvenzverfahrens keine Anwendung (vgl. Senat aaO). Ebenso wenig greift hier § 259 Abs. 3 InsO ein, der einen Fortbestand der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters ausschließlich für anhängige Insolvenzanfechtungsprozesse bestimmt (vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO 12. Aufl. § 260
Rdn. 20). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Abtretung auch
nicht deshalb unwirksam, weil § 259 Abs. 1 InsO eine nur partielle Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis des Schuldners nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht vorsieht. Vielmehr kann gemäß § 228 InsO im gestaltenden
Teil des Insolvenzplans eine Forderungsübertragung vorgenommen und dadurch verhindert werden, dass der Schuldner insoweit seine Verfügungsbefugnis gemäß § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO wiedererlangt (vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht 2. Aufl. Rdn. 28.81; MünchKommInsO/Huber § 254 Rdn. 21).
10
Ist sonach der Kläger Inhaber der fraglichen Forderung geworden, woran
der fiduziarische Charakter der Abtretung und die im Insolvenzplan vorgesehene Nachtragsverteilung nichts ändern (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 aaO zu
I 2 b), hat er ein Prozessführungsrecht als Partei kraft Amtes hinsichtlich dieser
Forderung - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht dadurch
wiedererlangt, dass er am 1. Februar 2004 erneut zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Durch die erneute Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde die
Abtretung an den Kläger nicht gemäß § 255 Abs. 2 InsO hinfällig; die Vorschrift
-7-
gilt nicht bei Verfügungen über Massegegenstände (vgl. HeidelbergerKommInsO/Flessner 4. Aufl. § 255 Rdn. 3). Auch eine Einziehungsbefugnis des Klägers
als Insolvenzverwalter gemäß § 166 Abs. 2 InsO scheidet hier aus, weil es sich
nicht um eine Sicherungszession, sondern um eine im Insolvenzplan bestimmte
Inkassozession handelt. Ebenso wenig führt die Beendigung des Treuhandauftrags gemäß §§ 115, 116 InsO zu einem automatischen Rückfall des Treuguts
- hier der streitigen Forderung aus § 37 Abs. 1 S. 4 AktG - an die Schuldnerin
(vgl. Uhlenbruck/Berscheid, InsO §§ 115, 116 Rdn. 11).
11
2. All das führt aber nicht zur Abweisung der Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der Schuldnerin bzw. des Klägers als Insolvenzverwalter. Grundsätzlich ist zwar zwischen der Klage eines Insolvenzverwalters als Partei kraft
Amtes, die ein fremdes Recht - des Insolvenzschuldners - im eigenen Namen
geltend macht (vgl. BGHZ 88, 331, 334), und einer Klage derselben Person aus
eigenem Recht (auch als Zessionar) zu unterscheiden (vgl. BGHZ 78, 1, 6). Die
Parteibezeichnung ist jedoch auslegungsfähig (vgl. BGHZ 4, 328) und kann bei
ersichtlicher Unrichtigkeit von Amts wegen berichtigt werden (vgl. Sen.Urt. v.
12. Oktober 1987 - II ZR 21/87, ZIP 1988, 571, 574 m.w.Nachw.; Musielak/
Weth, ZPO 5. Aufl. § 50 Rdn. 7). So ist es auch hier.
12
Der Kläger hat bereits in seiner im Mahnverfahren eingereichten Anspruchsbegründung zum Ausdruck gebracht, dass er sein Prozessführungsrecht nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf die in dem Insolvenzplan
bestimmte Treuhandzession stütze. In seiner Eigenschaft als Treuhandzessionar war und ist der Kläger klagebefugt und aktivlegitimiert. In dieser Eigenschaft
ist er nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in den (damals noch im Mahnverfahren anhängigen) Rechtsstreit eingetreten, wobei hier dahinstehen kann,
ob es sich um einen Eintritt kraft Gesetzes (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 aaO
zu I 2 a a.E.: nach Rechtshängigkeit), oder um eine gewillkürte Parteiänderung
-8-
(vgl. BGHZ 155, 38, 45) handelt, die im Mahnverfahren vor Rechtshängigkeit
(§ 696 Abs. 3 ZPO) ohne Zustimmung der Gegenpartei möglich wäre (OLG
Celle NJW-RR 1998, 206; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl. vor § 688
Rdn. 3). Soweit der Kläger in dem Rechtsstreit gleichwohl "als Insolvenzverwalter" auftrat, ist das eine unschädliche Falschbezeichnung, die an seiner wahren
Berechtigung und Parteistellung als Treuhandzessionar nichts ändert. Auch
seine rechtsirrige Ansicht, trotz der von ihm dargelegten Änderung der Grundlagen seiner Parteistellung weiterhin "als Insolvenzverwalter" klagebefugt zu
sein, bindet das Gericht nicht, weil es sich insoweit um eine reine Rechtsfrage
handelt. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat in den Raum gestellte Möglichkeit einer Rückabtretung der streitigen Forderung an die Schuldnerin hätte gemäß § 265 Abs. 2
ZPO auf den Prozess und die Parteistellung des Klägers keinen Einfluss. Dementsprechend ist hier das Klagerubrum zu berichtigen. Dass der Kläger damit
für die Prozesskosten persönlich haftet und ggfs. auf einen Erstattungsanspruch gegen die Schuldnerin (§ 670 BGB) angewiesen ist, entspricht der ausdrücklichen Regelung im Insolvenzplan.
II.
13
Das angefochtene Urteil hält indes revisionsrechtlicher Nachprüfung
schon deshalb nicht stand, weil es, wie die Revision zu Recht rügt, auf der verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gewonnenen Überzeugung beruht, das ehemalige Vorstandsmitglied K.
der Beklagten habe
(ihr gemäß § 31 BGB zurechenbar) bei Abfassung der Schreiben vom
15. Dezember 1997 und vom 23. Januar 1998 gewusst, dass die "Haupttäter"
diese als Einzahlungsnachweis für die von der W. AG als Zeichnerin geschulde-
-9-
ten Einlagen dem Registergericht vorlegen und ihm damit eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung vorspiegeln wollten.
14
1. Das Berufungsgericht stützt seine Überzeugung insbesondere auf die
von dem Kläger in erster Instanz mit Schriftsatz vom 16. November 2005
(GA 85 ff.) vorgelegten Auszüge aus den Strafgerichtsakten bzw. auf die dortigen Protokolle über die Vernehmung der Zeugen S.
T.
und Staatsanwalt
. Die Beklagte habe dazu - trotz der den Parteien mitgeteilten "allge-
meinen Verfahrenshinweise" und trotz Aufforderung des Senatsvorsitzenden
vom 11. Juli 2006 - nichts Substantielles erwidert und jedenfalls in der Berufungsinstanz keinen Gegenbeweis angeboten oder als vom Landgericht übergangen gerügt (BU 9).
15
a) Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht den
- beweisbewehrten - Vortrag der Beklagten in ihrem erstinstanzlichen (von dem
Landgericht zur Erwiderung auf den Schriftsatz des Klägers vom 16. November
2005 nachgelassenen, GA I 88) Schriftsatz der Beklagten vom 13. Dezember
2005 (GA I 90, 94 ff.) außer Acht gelassen habe. Die Beklagte hat dort unter
Berufung auf ihr ehemaliges Vorstandsmitglied K.
als Zeugen Gegenbe-
weis dafür angetreten, dass ihm und damit ihr bei Ausstellung der beiden von
den Verantwortlichen der Schuldnerin gewünschten und vorformulierten Bankbestätigungen nicht bekannt gewesen sei, dass diese dem Registergericht vorgelegt werden sollten. Entsprechendes habe der Zeuge auch in einem anderen
Verfahren vor dem Landgericht München ausgesagt und darauf hingewiesen,
dass zur Vorlage bei dem Handelsregister bestimmte Bestätigungen üblicherweise eine entsprechende Zweckbestimmung ausgewiesen hätten.
16
b) Den beantragten Zeugenbeweis hätte das Berufungsgericht erheben
müssen. Einer zweitinstanzlichen Wiederholung des Beweisantritts bedurfte es
- 10 -
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, weil die Beklagte in erster
Instanz obsiegt hatte und dafür der Beweisantritt unerheblich war (vgl. BGH,
Urt. v. 5. November 1996 - VI ZR 343/95, NJW 1997, 528 f.; BVerfG NJW 1982,
1636; Musielak/Foerste, ZPO 5. Aufl. § 284 Rdn. 11). Ebenso wenig können die
von dem Berufungsgericht verwerteten Aussageprotokolle zur Ablehnung der
beantragten Zeugenvernehmung führen (vgl. BGHZ 7, 116, 122; Musielak/
Stadler aaO § 355 Rdn. 9 m.w.Nachw.), zumal die Beklagte eine gegenteilige
protokollierte Aussage des Zeugen K.
vorgelegt hat. Die "allgemeinen Ver-
fahrenshinweise" des Berufungsgerichts können an dem geltenden Verfahrensrecht nichts ändern; sie richten sich im Übrigen unter Bezugnahme auf § 520
Abs. 3 Satz 2 ZPO an den jeweiligen "Berufungsführer", betrafen die Beklagte
also ohnehin nicht. Die Aufforderung des Senatsvorsitzenden des Berufungsgerichts gegenüber der Beklagten zur Stellungnahme bezog sich in erster Linie
auf ein vom Kläger vorgelegtes Rechtsgutachten. Soweit daneben - unter Bezugnahme auf Großkomm.z.AktG/Röhricht Rdn. 26 "zu § 36 AktG" (gemeint:
§ 37 AktG) - eine Stellungnahme zu den "Kenntnissen" der Beklagten angeregt
wurde, betrifft das nicht die Frage der Zweckbestimmung der Bestätigungen.
Ein Verzicht der Beklagten auf ihren erstinstanzlichen Beweisantritt ist nicht
festgestellt.
17
2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen, von der
vorliegenden Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör
(Art. 103 Abs. 1 GG) unabhängigen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Vielmehr ist der von dem Berufungsgericht übergangene Beweisantritt objektiv entscheidungserheblich (vgl. zu diesem Erfordernis im Fall eines Verstoßes gegen
Art. 103 Abs. 1 GG BGH, Urt. v. 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003,
3205 f.).
- 11 -
18
a) Die Gewährleistungshaftung eines Kreditinstituts für die Richtigkeit einer von ihm erteilten Bestätigung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3, 4 AktG ist zwar im
Grundsatz verschuldensunabhängig (vgl. BGHZ 113, 335, 355; 119, 177, 180 f.;
Hüffer, AktG 7. Aufl. § 37 Rdn. 5 a; MünchKommAktG/Pentz 2. Aufl. § 37
Rdn. 41; Großkomm.z.AktG/Röhricht 4. Aufl., § 37 Rdn. 31), setzt aber - neben
weiteren noch zu erörternden Einschränkungen - zumindest voraus, dass die
Bestätigung zu dem - der Bank bekannten - Zweck ihrer Vorlage zum Handelsregister ausgestellt wird (vgl. BGHZ 113, 335 f., Leitsatz c; Sen.Urt. v.
16. Dezember 1996 - II ZR 200/95, ZIP 1997, 281 zu II). Das ergibt sich aus der
von § 37 Abs. 1 AktG vorausgesetzten Einbindung der Bank in die Registeranmeldung durch die in § 36 Abs. 1 und § 188 Abs. 1 AktG genannten Personen.
Andernfalls wäre die weitgehende, neben die Haftung der Anmelder bei der
Gründung (§§ 46, 48 AktG) tretende und der Höhe nach ihrer Haftung für fehlende Einlagen entsprechende (vgl. BGHZ 113, 335, 355) Gewährleistungshaftung der Bank nicht zu rechtfertigen.
19
b) Der zum Teil an § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG angelehnte Wortlaut der "Additionsbestätigungen" der Beklagten mag ein Indiz dafür sein, dass ihr deren
Zweckbestimmung bekannt war. Zwingend ist das aber nicht, weil es sich bei
der Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) um eine kleine Genossenschaftsbank handelte und die hier maßgeblichen Bestätigungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von den "Haupttätern" vorformuliert wurden. Jedenfalls machen das genannte Indiz und sonstige Indizien die Erhebung des von
der Beklagten angebotenen Gegenbeweises nicht entbehrlich (vgl. dazu BGH,
Urt. v. 19. März 2002 - XI ZR 193/01, NJW-RR 2002, 1073).
20
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage aber auch nicht aus
Rechtsgründen abweisungsreif.
- 12 -
21
a) Anders als die Revision meint, steht der Qualifizierung der Schreiben
der Beklagten vom 15. Dezember 1997 und vom 23. Januar 1998 als "Bankbestätigungen" i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3, 4 AktG nicht entgegen, dass sie
- abweichend vom Wortlaut der Vorschrift - nicht die aktuelle Verfügungsmacht
des Vorstandes über die eingezahlten Mittel bescheinigen, sondern in Vergangenheitsform abgefasst sind ("zur Verfügung standen"). Diese Formulierung
entspricht vielmehr dem gewandelten Verständnis der Erklärungen der Anmelder (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AktG) im Lichte der Rechtsprechung des Senats, die
dahin geht, dass die auf eine beschlossene Kapitalerhöhung einzuzahlenden
Beträge zwar zu endgültig freier Verfügung des Vorstandes ohne Rückfluss an
den Inferenten einbezahlt werden, nicht aber bis zur Registeranmeldung der
Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 188 AktG) unangetastet bleiben müssen
(vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.; 150, 197; Sen.Urt. v. 26. September 2005
- II ZR 380/03, ZIP 2005, 2012, 2014 zu II 2 a). Dementsprechend betrifft auch
eine im Präsens gefasste Erklärung der Anmelder (§ 188 Abs. 1, 2, § 37 Abs. 1
Satz 1 AktG) lediglich die Erfüllungswirkung der Einlagenzahlung in Bezug auf
die Einlageschuld (vgl. Sen.Urt. v. 26. September 2005 aaO m.w.Nachw.) und
hat den Sinngehalt, dass der gegenüber den Zeichnern eingeforderte Einlagebetrag zu freier Verfügung des Vorstandes einbezahlt und auch in der Folge
nicht an den Einleger zurückgezahlt worden ist (vgl. BGHZ 150, 197, 201).
22
aa) Eine in Vergangenheitsform gefasste Bankbestätigung i.S. von § 37
Abs. 1 Satz 3 AktG lag auch dem Senatsurteil vom 13. Juli 1992 (BGHZ 119,
177, 178) zugrunde und wurde von dem Senat dort als haftungsbegründend
unrichtig angesehen, weil die Einlageleistung sofort mit Gegenforderungen der
Bank verrechnet worden war und daher niemals zur freien Verfügung des Vorstandes gestanden hatte. Anders als dort sowie im Fall des Senatsurteils vom
18. Februar 1991 (BGHZ 113, 335, 338) fehlt allerdings im vorliegenden Fall in
den beiden Schreiben der Beklagten jeglicher Hinweis darauf, dass es sich um
- 13 -
Einlageleistungen und solche eines bestimmten Inferenten (hier der W. AG als
Zeichnerin) handeln sollte. Bestätigt wurden lediglich "Geldeingänge" auf dem
genannten
Konto
bis
15. Dezember
1997
in
Höhe
von
(insgesamt)
15.562.500,00 DM, die aus nicht genannten Quellen stammten. Offenbar handelte es sich, wie das Berufungsgericht lediglich andeutet (BU 3, 16), um Gelder von Kleinanlegern, welche zuvor Aktienzertifikate der Schuldnerin erworben
hatten (vgl. auch Sen.Urt. v. 26. September 2005 aaO S. 2014).
23
bb) Welchen Inhalt eine Bankbestätigung i.S. von § 37 Abs. 1 Satz 3
AktG haben muss, um als solche zu gelten, ergibt sich aus ihrer gesetzlich bestimmten Funktion, zum Nachweis der Erklärung der Anmelder (§ 37 Abs. 1
Satz 1 AktG, § 188 Abs. 2 AktG) über die ordnungsgemäße Einzahlung des
eingeforderten Bareinlagebetrags (§§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG) zu dienen
(§ 37 Abs. 1, Satz 2, 3 AktG) und damit insoweit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Registereintragung nachzuweisen (vgl. BGHZ 113, 335, 351 ff.;
119, 177, 188 f.). Dementsprechend hat der Senat (Urt. v. 16. Dezember 1996
- II ZR 200/95, ZIP 1997, 281) der Erklärung einer Bank über die Gutschrift einer "Kapitaleinlage" die (objektive) Qualität einer Bankbestätigung i.S. von § 37
Abs. 1 Satz 4 AktG abgesprochen, weil eine Leistung zu freier Verfügung der
Geschäftsleitung (§ 37 Abs. 1 Satz 3 AktG) nicht bestätigt worden war (zust.
Roth LM Nr. 4 zu § 57 GmbHG). Neben dieser - im vorliegenden Fall gegebenen - Voraussetzung muss eine Bankbestätigung, um den genannten Nachweiserfordernissen zu genügen, grundsätzlich erkennen lassen, dass es sich
um Einlageleistungen bestimmter Inferenten handelt, was allerdings im Kontext
mit den bei dem Registergericht einzureichenden Erklärungen und Unterlagen
der Anmelder (§ 188 Abs. 2, 3 Nr. 1 AktG) auch konkludent geschehen kann.
Das setzt dann aber voraus, dass der Bank nicht nur der Zweck ihrer Bestätigung zur Vorlage bei dem Registergericht, sondern der genannte Kontext bekannt ist, sie also weiß, dass mit ihrer Bestätigung der Nachweis der Einlagen-
- 14 -
zahlung eines bestimmten Inferenten (hier der W. AG) geführt werden soll und
es hierauf ankommt. Soweit das Berufungsgericht diese Voraussetzung hier für
gegeben hält und annimmt, die Beklagte habe dem Registergericht in kollusivem Zusammenwirken mit den "Haupttätern" das Vorhandensein des von der
W. AG geschuldeten Bareinlagebetrages auf dem Konto "vorspiegeln" wollen,
setzt sich sein o.g. Verfahrensfehler fort. Nach dem beweisbewehrten Vortrag
der Beklagten ist nicht auszuschließen, dass die "Haupttäter" die Beklagte als
gutgläubiges Werkzeug eingesetzt und die Bestätigungen so vorformuliert haben, dass sie von der Beklagten noch einigermaßen guten Gewissens unterzeichnet werden konnten, gleichwohl aber zu den Erklärungen der Anmelder
"passten".
24
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage auch nicht wegen bereits feststehender objektiver Richtigkeit der Bankbestätigungen der Beklagten
abweisungsreif.
25
aa) Die von einem Kreditinstitut in zumutbarer Weise zu erwartende Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit einer zur Vorlage bei dem Handelsregister
bestimmten Erklärung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 AktG erstreckt sich nicht nur
darauf, dass in Bezug auf die Einlageleistung keine Gegenrechte der Bank und
auch keine ihr aus der Kontoführung bekannten Rechte Dritter, z.B. aus Pfändung, bestehen (so Hüffer, AktG 7. Aufl. § 37 Rdn. 3 a m.w.Nachw.); sie muss
sich aber auf die zutreffende Angabe von Tatsachen beschränken, die dem
Kreditinstitut aufgrund seiner Funktion innerhalb des konkreten Kapitalaufbringungsvorgangs bekannt sind (vgl. Großkomm.z.AktG/Röhricht 4. Aufl. § 37
Rdn. 26;
ders.,
Festschrift
Boujong,
1996,
S. 457,
465 ff.;
ähnlich
MünchKommAktG/Pentz 2. Aufl. § 37 Rdn. 35). Das Kreditinstitut ist insoweit
Auskunftsstelle, nicht aber Garant für die ordnungsgemäße Erbringung der
Bareinlage (Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO). Soweit eine Bank eine Einlage-
- 15 -
leistung zu freier Verfügung des Vorstands bestätigt, bezieht sich das inhaltlich
darauf, dass nach ihrer Kenntnis keine der freien Verfügungsmacht des Vorstands entgegenstehenden Umstände vorliegen (vgl. MünchKommAktG/Pentz
aaO), was dann aber auch alle derartigen ihr bekannten Umstände umfasst, so
dass ihre Bestätigung je nach ihrem Kenntnisstand die gleiche oder auch eine
geringere inhaltliche Tragweite als die Erklärungen der Anmelder (§ 37 Abs. 1
Satz 1 AktG) haben kann (Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO § 37 Rdn. 27).
26
bb) Zu Recht beanstandet die Revision allerdings die Rechtsauffassung
des Berufungsgerichts, die Bestätigungen der Beklagten seien hinsichtlich der
angeblichen freien Verfügungsmacht des Vorstandes der Schuldnerin über die
eingezahlten Beträge schon deshalb unrichtig gewesen, weil nicht er allein und
zudem die beiden Vorstandsmitglieder der Muttergesellschaft W. AG für das
Bankkonto zeichnungsberechtigt gewesen seien. Diese - ausweislich der Unterschriftenkarte noch aus dem Gründungsstadium der Schuldnerin herrührenden - Zeichnungsmodalitäten konnten, wie das Berufungsgericht selbst feststellt, von dem Alleinvorstand der Schuldnerin jederzeit aufgehoben werden und
hinderten diesen nicht, über die jeweiligen Kontoguthaben unter Berufung auf
sein unbeschränkbares Alleinvertretungsrecht (§§ 78 Abs. 1, 82 Abs. 1 AktG)
oder auch zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden als Überwachungsorgan (§ 111 Abs. 1 AktG) zu verfügen. Aus der daneben bestehenden Zeichnungsbefugnis der beiden Vorstandsmitglieder der W. AG ergibt sich nicht eine
Mitberechtigung dieser Gesellschaft selbst (als Zeichnerin und Einlageschuldnerin) an dem Konto mit der Folge, dass von ihr oder für sie (von Dritten) gezahlte Einlagen in Wahrheit nicht aus ihrem Herrschafts- und Vermögensbereich ausgeschieden wären (vgl. zu diesem Erfordernis Großkomm.z.AktG/
Röhricht aaO § 36 Rdn. 56). Kontoinhaber war allein die Schuldnerin. Anders
als im Fall des Senatsurteils vom 16. Januar 2006 (BGHZ 166, 8, 16: CashPool) handelte es sich hier nicht um ein dinglich der Einlageschuldnerin zuge-
- 16 -
ordnetes Zentralkonto mit nur schuldrechtlich eingeräumter Möglichkeit der Belastung durch die Einlagegläubigerin. Ebenso wenig verlieh die bloße Zeichnungsberechtigung der beiden Vorstandsmitglieder der W. AG diesen im Verhältnis zu der Schuldnerin eine "Mitberechtigung" an dem Konto (vgl. dazu
MünchKommAktG/Pentz aaO § 37 Rdn. 36) zu beliebigen Verfügungen über
die eingezahlten Beträge ohne den Willen des Vorstands der Schuldnerin, wenn
nicht eine dahingehende Verfügungsmacht der beiden Vorstandsmitglieder der
W.-AG vereinbart war oder praktiziert wurde. Dass dies der Fall und der Beklagten bekannt war, ist nicht festgestellt.
27
Nach dem Senatsurteil vom 29. Januar 2001 (II ZR 183/00, ZIP 2001,
513 zur GmbH) ist selbst eine Zahlung auf ein eigenes, als Geschäftskonto der
Gesellschaft genutztes Konto des Inferenten eine Zahlung zu freier Verfügung
des Geschäftsführers, wenn das Guthaben tatsächlich für Gesellschaftszwecke
verwendet wird.
28
cc) Wie der Senat im Urteil vom 26. September 2005 (II ZR 380/03,
ZIP 2005, 2012, 2014 zu § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG) ausgeführt hat, waren die in
Vergangenheitsform gefassten "Additionsbestätigungen" der Beklagten als solche - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht bereits deshalb
haftungsbegründend falsch, weil die eingezahlten Beträge großenteils nicht
mehr auf dem Konto vorhanden waren. Entscheidendes Kriterium für die (objektive) Richtigkeit oder Unrichtigkeit von Erklärungen gemäß § 37 Abs. 1 AktG ist
vielmehr die Erfüllung der Einlageschuld (vgl. oben II 3 a). Das zeigt sich schon
daran, dass ein Kreditinstitut selbst im Fall wahrheitswidriger Bestätigung von
angeblich auf dem Gesellschaftskonto noch vorhandenen Einlagemitteln nicht
etwa schlechthin in Höhe der Differenz zu dem tatsächlichen Kontostand haftet,
wie das Berufungsgericht offenbar meint. Träfe das zu, müsste die Bank in entsprechendem Umfang auch dann haften, wenn das ordnungsgemäß aufge-
- 17 -
brachte Kapital zuvor in zulässiger Weise für Gesellschaftszwecke verwendet
(vgl. BGHZ 119, 177, 187 f.; 150, 197, 200) oder auch nur auf ein Konto der
Gesellschaft bei einer anderen Bank transferiert worden ist. Richtigerweise geht
aber die Gewährleistungshaftung der Bank ebenso wie die Haftung der Anmelder bei der Gründung (§§ 36, 46, 48 AktG) lediglich dahin, nicht oder nicht wirksam aufgebrachte Bareinlagen nach Maßgabe ihrer Bestätigung selber zu leisten (BGHZ 113, 335, 355 vgl. MünchKommAktG/Pentz aaO § 37 Rdn. 40; § 46
Rdn. 31; Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO § 37 Rdn. 32).
29
Inwieweit im vorliegenden Fall der von der W.-AG als Zeichnerin geschuldete Ausgabebetrag von 15.562.500,00 DM nicht wirksam aufgebracht ist,
stellt das Berufungsgericht nicht im Einzelnen fest. Die tatbestandliche Feststellung, es seien von dem Konto zweistellige Millionenbeträge "insbesondere an
andere Gesellschaften des W.-Konzerns" (und dadurch mittelbar an die W. AG
als Einlageschuldnerin und Konzernmutter; vgl. dazu BGHZ 166, 8, 15 Tz. 18
m.w.Nachw.) überwiesen worden, genügt dafür ebenso wenig wie die bloße
Andeutung, es sei von der Beklagten nicht behauptet und auch sonst nicht anzunehmen, dass "die Aktionäre" auf die Einlageschuld der W. AG geleistet hätten (BU 16). Soweit damit die Erwerber von Aktienzertifikaten gemeint sein sollten, ist auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 26. September 2005
(aaO ZIP 2005, 2012, 2014 zu II 2 b) zu verweisen.
30
Anders als das Berufungsgericht anscheinend meint, ist der Kläger für
den Umfang der nicht oder nicht wirksam geleisteten Einlagen und für die Höhe
eines ggfs. hieraus resultierenden Schadensersatzanspruchs darlegungs- und
beweispflichtig; die Beklagte trifft nicht - wie einen Einlageschuldner - die Beweislast für die Erfüllung der Einlageschuld. Auch insoweit bedarf es ggfs. noch
tatrichterlicher Feststellungen zu dem Parteivortrag, wie die Revision (RB 15 f.)
zu Recht rügt.
- 18 -
31
dd) Zusammengefasst kommt sonach, wovon das Berufungsgericht im
Ansatz zutreffend ausgeht, eine Haftung der Beklagten gemäß § 37 Abs. 1
Satz 4 AktG dann in Betracht, wenn die von der W. AG als Zeichnerin geschuldete Bareinlage ganz oder zum Teil nicht (wirksam) aufgebracht worden ist (vgl.
BGHZ 113, 335, 355), und wenn die Beklagte bei Ausstellung ihrer Bestätigungen wusste, dass damit dem Registergericht eine Bestätigung des aktuellen
Kontostandes "vorgespiegelt" werden sollte, um es von weiteren Nachforschungen über die Wirksamkeit der Kapitalaufbringung abzuhalten. In diesem
Fall läge ein Missbrauch der Funktion einer Bankbestätigung vor (zur Funktion
vgl. BGHZ 113, 335, 351 f.; 119, 177, 180; MünchKommAktG/Pentz aaO § 37
Rdn. 33) und käme es auf sonstige Kenntnisse der Beklagten hinsichtlich der
etwaigen Unwirksamkeit der Kapitalaufbringung (vgl. oben aa) nicht an. Die genannten Voraussetzungen sind aber, wie schon erwähnt und wie die Revision
zu Recht rügt, bisher nicht einwandfrei festgestellt.
32
c) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist schließlich auch nicht
verjährt.
33
aa) Nach weithin vertretener und zutreffender Ansicht verjähren Ersatzansprüche aus § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG in entsprechender Anwendung des
§ 51 AktG binnen fünf Jahren ab Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 189 AktG; vgl. Hüffer AktG 7. Aufl. § 37 Rdn. 5 a; MünchKommAktG/
Peifer 2. Aufl. § 188 Rdn. 28; Großkomm.z.AktG/Röhricht aaO § 37 Rdn. 32
a.E., jeweils unter Hinweis auf öOGHAG 1994, 569), im vorliegenden Fall also
beginnend am 25. März 1998. Die Frist wurde durch den am 13. Dezember
2002 beantragten Mahnbescheid gemäß §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, 167 ZPO
gehemmt. Auf die - nur für die Rechtshängigkeit gemäß § 696 Abs. 3 ZPO
maßgebliche - "alsbaldige Abgabe der Streitsache" kommt es insoweit nicht an
- 19 -
(BGH, Urt. v. 8. Mai 1996 - XII ZR 8/95, NJW 1996, 2152 zu 2 b;
Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl. § 696 Rdn. 13).
34
bb) Dahinstehen kann, ob für eine Hemmung der Verjährung gemäß
§ 204 Abs. 1 Nr. 1, 3 BGB nach wie vor eine Anspruchsverfolgung durch den
dazu Berechtigten erforderlich ist (so Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 204
Rdn. 9 m.w.Nachw.; a.A. Kähler, NJW 2006, 1769). Der Kläger war bis zur Zustellung des Mahnbescheids als Insolvenzverwalter und danach als Treuhandzessionar (vgl. oben I 2) zu der Anspruchsverfolgung berechtigt. Selbst wenn
man in der vom Kläger mitgeteilten Änderung seiner Rechtsstellung eine Erledigung des von ihm als Insolvenzverwalter eingeleiteten Mahnverfahren sehen
wollte, hätte die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB
noch sechs Monate fortbestanden und hätte sich aufgrund der am 4. Juli 2003
bei Gericht eingereichten Anspruchsbegründung des Klägers fortgesetzt (§ 204
Abs. 2 Satz 3 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 16. März 1989 - VII ZR 63/88, NJWRR 1989, 1269; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB 11. Aufl. § 204 Rdn. 40).
- 20 -
III.
35
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch
erforderlichen Feststellungen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, ggfs. nach
ergänzendem Parteivortrag, zu treffen.
Goette
Kurzwelly
Caliebe
Kraemer
Drescher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.01.2006 - 4 O 13173/03 OLG München, Entscheidung vom 16.11.2006 - 19 U 2754/06 -