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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 100/09
Verkündet am:
22. März 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und
Sunder
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 18. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 2. April 2009 wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der F.
1
und Geschäftshaus Objekt B.
H.
Büro-
und Hotel Objekt W.
KG (im Folgenden: Schuldnerin), deren Gesellschaftszweck die Vermietung zweier in ihrem Eigentum stehender Immobilien war.
Der Beklagte erklärte am 20. Dezember 1996 gegenüber der Treuhände-
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rin P.
Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH seinen Beitritt zur
Schuldnerin mit einer Beteiligungssumme von 460.000 DM zuzüglich 5 % Agio.
Die Treuhänderin übernahm gemäß § 1 des Treuhandvertrages für den Beklagten die förmliche Stellung als Kommanditistin im Handelsregister; nach § 5 des
Treuhandvertrages hatte der Treugeber die Treuhänderin von ihrer persönlichen Kommanditistenhaftung freizustellen.
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3
§ 13 des Gesellschaftsvertrages lautet auszugsweise:
"(1) An dem Vermögen und an Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind die
Gesellschafter in dem zum 31. Dezember des jeweiligen Geschäftsjahres gegebenen Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten beteiligt, also im Verhältnis ihrer geleisteten Einlage.
(3) Allen Kommanditisten werden Verlustanteile auch dann zugerechnet,
wenn diese die Kommanditeinlage übersteigen. Zum Ausgleich eines Verlustvortragskontos sind die Gesellschafter weder gegenüber der Gesellschaft,
noch untereinander verpflichtet.
(5) Die Gesellschaft hat die Mietzinsüberschüsse, die nach Leistung des Kapitaldienstes, Abdeckung ihrer sonstigen Kosten und Aufrechterhaltung einer
Liquiditätsreserve in Höhe der in der Liquiditätsprognose des Beteiligungsprospektes angegebenen Höhe verbleiben, halbjährlich, jeweils zum 31.1.
und 31.7. des Jahres, erstmals am 31.7.1998, an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten auszuschütten. Das gilt auch dann, wenn
die Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter den Stand der Kapitalanlage gesunken sind.
(6) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach
den handelsrechtlichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem Treuhänder für Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen
sind, entsteht für den Treuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben
diejenigen Treugeber bzw. Kommanditisten, für die der Treuhänder die
Kommanditbeteiligung im eigenen Namen hält, den Treuhänder nach Maßgabe des Treuhandvertrages freizustellen.“
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In den Jahren 1998 bis 2004 erhielt der Beklagte in zwei halbjährlichen
Zahlungen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 71.734,25 €. Die Handelsbi-
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lanzen der Schuldnerin von 1996 bis 2006 wiesen in den Anfangsjahren erhebliche Anlaufverluste und nur für die Jahre 2000, 2003 und 2004 jeweils einen
Gewinn aus.
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Die Schuldnerin stellte am 12. Juni 2007 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit; das Verfahren wurde am 1. August
2007 eröffnet. Mit Vereinbarung vom 24./31. Oktober 2007 ließ sich der Kläger
von der Treuhandkommanditistin deren Freistellungsansprüche gegen die Anleger abtreten.
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Der Kläger verlangt von dem Beklagten Rückzahlung der Ausschüttungen; er hat den Anspruch auf § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 2 HGB, hilfsweise auf
abgetretenes Recht und auf §§ 134, 143 InsO gestützt. Das Landgericht hat der
Klage aus abgetretenem Recht stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
Entscheidungsgründe:
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Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Dem Kläger stehe aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung
der an den Beklagten zwischen 1998 bis 2004 ausgeschütteten 71.734,25 € zu.
Die Abtretung sei wirksam, weil ein Abtretungsverbot weder aus § 399 BGB
noch aus dem Treuhandvertrag folge. Der Treuhandvertrag sei nicht wegen
Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gemäß § 134 BGB nichtig. Da
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das Kapitalkonto wegen anfänglicher umfangreicher Verluste, die der Beklagte
nicht substantiiert bestritten habe, unter die Hafteinlage gesunken sei und auch
durch spätere Jahresüberschüsse nie wieder den Stand der Hafteinlage erreicht
habe, hafte die Treuhandkommanditistin dem Kläger gemäß §§ 171, 172 Abs. 4
HGB auf Erstattung aller Ausschüttungen. Dass die Hafteinlagen zur Befriedigung der Gläubigerforderungen benötigt würden, habe der Kläger durch Vorlage der Insolvenztabelle hinreichend dargelegt. Dem Anspruch stehe weder
§ 172 Abs. 5 HGB entgegen, noch sei er verjährt. Soweit dem Beklagten eventuell Schadensersatzansprüche gegen die Treuhandkommanditistin zustehen
sollten, sei die Aufrechnung gegen den Anspruch des Klägers gemäß § 242
BGB unzulässig.
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II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
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1. Der Senat hat die Rüge der mangelnden Zulässigkeit der Berufung
geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
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2. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen unmittelbaren Anspruch des
Klägers gegen den beklagten Treugeber aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2
HGB mangels formeller Kommanditisteneigenschaft verneint (vgl. BGH, Urteil
vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130; Urteil vom 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 21; Urteil vom 12. Februar
2009 - III ZR 90/08, NZG 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April 2009
- XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 Rn. 15).
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3. Dem Kläger steht jedoch, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, ein Anspruch auf Rückzahlung der ausgeschütteten Beträge
aus abgetretenem Recht der Treuhandkommanditistin zu. Die Treuhandkommanditistin hat den Freistellungsanspruch aus § 5 des Treuhandvertrages, der
zudem aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen Treuhandkommandi-
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tistin und Beklagtem folgt (§§ 675, 670 BGB), wirksam an den Kläger abgetreten; der Anspruch ist nicht verjährt und nicht durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen des Beklagten erloschen.
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a) Der Treuhandvertrag - und damit die darin enthaltene Freistellungsverpflichtung - ist entgegen der Ansicht der Revision nicht wegen Verstoßes
gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig. Für die Frage, ob eine Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG vorliegt, ist entscheidend, ob der Schwerpunkt der geschuldeten Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem oder auf rechtlichem Gebiet liegt (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil
vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214, 218; Urteil vom
25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rn. 15). Nur derjenige, der im
Rahmen eines Immobilienfondsprojekts nicht nur die wirtschaftlichen Belange
der Anleger wahrzunehmen, sondern für sie auch die erforderlichen Verträge
abzuschließen hatte, bedurfte einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, BGHZ 159,
294, 299; Urteil vom 8. Mai 2006 - II ZR 123/05, ZIP 2006, 1201 Rn. 9). Eine
Vollmacht, für den beklagten Treugeber Verträge zu schließen, die diesen
selbst verpflichteten, enthält der Treuhandvertrag hier jedoch nicht. Die in § 1
Abs. 3 des Treuhandvertrags genannten Verträge sind solche der Fondsgesellschaft oder der Objektgesellschaften mit Dritten.
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b) Der Freistellungsanspruch ist, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, wirksam an den Kläger abgetreten worden.
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Die Abtretung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht gemäß
§ 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen. Zwar verändert der Freistellungsanspruch
infolge der Abtretung seinen Inhalt, da er sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Eine solche Veränderung des Leistungsinhalts hindert die Abtretung
aber nicht, wenn der Freistellungsanspruch gerade an den Gläubiger der zu
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tilgenden Schuld abgetreten wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1954
- I ZR 34/53, BGHZ 12, 136, 141 f.; Urteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, ZIP
2010, 1295 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 399 Rn. 4 m.w.N.).
Als solcher ist hinsichtlich der sich aus der Kommanditistenhaftung gemäß
§ 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB ergebenden Ansprüche im Insolvenzverfahren
über das Vermögen der Kommanditgesellschaft der Insolvenzverwalter anzusehen (vgl. auch OLG Köln, NZG 2009, 543, 544; OLG Stuttgart, ZIP 2010, 1694,
1695 f. m.w.N.). Gemäß § 171 Abs. 2 HGB ist er zur Durchsetzung der Ansprüche gegen Kommanditisten ermächtigt, während die Gesellschaftsgläubiger, die
materiell-rechtliche Anspruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Berechtigte Interessen des Schuldners des
Freistellungsanspruchs, deren Schutz das Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1
BGB bezweckt, werden durch die Abtretung an den Insolvenzverwalter anstelle
des Gesellschaftsgläubigers nicht beeinträchtigt.
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Die Parteien haben die Abtretung auch nicht vertraglich ausgeschlossen,
§ 399 Fall 2 BGB. Eine solche Abrede ergibt sich insbesondere nicht aus § 5
des Treuhandvertrages, der den Freistellungsanspruch der Treuhandkommanditistin regelt. Anhaltspunkte, die ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot
nahe legen, sind nicht ersichtlich. Die Abtretung ist ferner weder sittenwidrig
noch stellt sie eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar. Infolge
der Abtretung verwirklicht sich vielmehr nur das mit dem Treuhandvertrag verbundene Ziel, dass die wirtschaftlichen Folgen der Kommanditbeteiligung die
Treugeber selbst treffen.
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c) § 172 Abs. 5 HGB steht dem Anspruch des Klägers, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht entgegen. Ein Gutglaubensschutz
nach dieser Vorschrift setzt den Bezug von Gewinn aufgrund einer unrichtigen
Bilanz voraus, die tatsächlich nicht vorhandene Gewinne ausweist (vgl. BGH,
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Urteil vom 20. April 2009 -II ZR 88/08, ZIP 2009, 1222 Rn. 12 m.w.N.). Die Ausschüttungen beruhten hier nicht auf in den Bilanzen ausgewiesenen Gewinnen,
sondern waren gemäß § 13 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages unabhängig von
einem Gewinn der Gesellschaft aus den Liquiditätsüberschüssen zu zahlen.
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d) Infolge der Abtretung des Freistellungsanspruchs steht dem Kläger
gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von 71.734,25 € zu. Die
Treuhandkommanditistin kann in dieser Höhe die Freistellung von dem ihr gegenüber begründeten Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB von
dem beklagten Treugeber verlangen.
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aa) Durch die Ausschüttungen an die über die Treuhandkommanditistin
beteiligten Treugeber hat die Schuldnerin die Einlage im Sinne von § 172 Abs. 4
HGB teilweise zurückbezahlt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1975
- II ZR 214/74, WM 1976, 130, 131; Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78,
BGHZ 76, 127, 130; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
§ 172 Rn. 36). Der Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB ist
zwar nicht begründet, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1958
- II ZR 2/57, BGHZ 27, 51, 56 f.; Urteil vom 11. Dezember 1989 - II ZR 78/89,
BGHZ 109, 334, 344; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
§ 171 Rn. 96). Diese Voraussetzung ist hier indes erfüllt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können, übersteigen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die
Summe aller Ausschüttungen.
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bb) Der Rückzahlungsanspruch des Klägers erfasst alle Ausschüttungen;
sie waren alle haftungsbegründend nach § 172 Abs. 4 HGB.
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Der Umfang, in dem die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4
HGB wieder auflebt, ist in dreifacher Hinsicht, nämlich durch die Haftsumme,
die Höhe des ausgezahlten Betrags und durch das Ausmaß der dadurch gegebenenfalls
entstehenden
Haftsummenunterdeckung
begrenzt
(vgl.
MünchKommHGB/K. Schmidt, 2. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 65). Die Ausschüttungen in Höhe von 71.734,25 € sind die niedrigste Position. Die Haftsumme des
Beklagten beträgt 235.194,26 €; die Haftsummenunterdeckung übersteigt diese
noch. Der Kläger hat in einer Beispielsberechnung für eine Beteiligungssumme
von 100.000 DM dargelegt, wie sich das Kapitalkonto eines Anlegers durch die
Ausschüttungen und die Zuschreibungen der handelsbilanziell ausgewiesenen
Gewinne und Verluste entwickelt hat. Übertragen auf die Beteiligungssumme
des Beklagten bedeutet dies, dass sein Kapitalkonto infolge der Ausschüttungen und der zugeschriebenen Verluste rechnerisch sogar negativ ist. Da die
Schuldnerin im ersten Geschäftsjahr 1996 handelsbilanzielle Verluste von über
24 Mio. € und im zweiten Geschäftsjahr von über 19 Mio. € ausgewiesen hat,
die gemäß § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages den Kapitalkonten der Treugeber im Verhältnis ihrer Anteile zugewiesen worden sind, lag bereits bei der
ersten Ausschüttung am 12. August 1998 in Höhe von 5.879,86 € eine erhebliche Haftsummenunterdeckung vor (Stand Kapitalkonto des Beklagten am
31. Dezember 1997: 68.165,58 € statt 235.194,26 €). Diese hat sich durch die
dem Kapitalkonto in 1998, 1999, 2001 und 2002 zugewiesenen Verluste sowie
die jährlichen Ausschüttungen noch weiter vertieft. Die Gewinne in 2000 (knapp
5 Mio. €), 2003 (16.798,33 €) und 2004 (83.017,72 €), die dem Kapitalkonto
anteilig zugewiesen wurden, haben dieses nicht ansatzweise über einen Stand
von 163.460,01 € (= Haftsumme ./. Ausschüttungen) bzw. gar auf den Stand der
Haftsumme aufzufüllen vermocht.
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e) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision weiter
zutreffend angenommen, dass der vom Kläger aus abgetretenem Recht geltend
gemachte Zahlungsanspruch nicht verjährt ist.
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aa) Die Verjährungsfrist für den Befreiungsanspruch eines Treuhänders
nach § 257 Satz 1 BGB beginnt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs frühestens mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die
Forderungen fällig werden, von denen zu befreien ist (BGH, Urteil vom 5. Mai
2010 - III ZR 209/09, ZIP 2010, 1295 Rn. 21 f.; Urteil vom 12. November 2009
- III ZR 113/09, ZIP 2010, 1299 Rn. 13). Der gesetzliche Befreiungsanspruch
nach § 257 Satz 1 BGB wird zwar nach allgemeiner Auffassung sofort mit der
Eingehung der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, fällig, unabhängig davon, ob diese Verbindlichkeit ihrerseits bereits fällig ist (BGH, Urteil vom 5. Mai
2010 - III ZR 209/09, aaO Rn. 20 m.w.N.). Nach allgemeinen verjährungsrechtlichen Grundsätzen wäre der Zeitpunkt, zu dem ein Befreiungsanspruch entsteht und fällig wird, auch maßgeblich dafür, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist des Freistellungsanspruchs beginnt (§ 199 BGB). Dies widerspräche
indes den Interessen der Vertragsparteien eines Treuhandvertrags der hier vorliegenden Art. Wäre für den Lauf der Verjährungsfrist auf die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs abzustellen, wäre die Treuhandkommanditistin regelmäßig
bereits zu einem Zeitpunkt zur Geltendmachung ihres Freistellungsanspruchs
gegenüber den Treugebern gezwungen, in dem weder die Fälligkeit der Drittforderung, von der freizustellen ist, absehbar ist noch feststeht, ob zu deren Erfüllung überhaupt auf Mittel der Treugeber zurückgegriffen werden muss.
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bb) Der Befreiungsanspruch der Treuhänderin ist danach nicht verjährt.
Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass keine der eingegangenen
Verbindlichkeiten im Sinne von § 257 Satz 1 BGB, für die die Treuhänderin
nach § 128, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1 und 2, § 172 Abs. 4 HGB in Höhe von
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71.734,25 € haftet, in - im Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist nach
§§ 195, 199 Abs. 1 BGB und die Klageerhebung Ende Dezember 2007 (§ 204
Abs. 1 Nr. 1 BGB) - unverjährter Zeit fällig geworden ist.
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f) Ebenfalls zutreffend hält das Berufungsgericht eine Aufrechnung des
Beklagten gegenüber dem an den Kläger abgetretenen Rückzahlungsanspruch
mit etwaigen gegen die Treuhandkommanditistin bestehenden Schadensersatzansprüchen für ausgeschlossen.
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aa) Die Aufrechnung ist schon unzulässig.
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Über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus
ist eine Aufrechnung verboten, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen
den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 BGB) oder wenn die Natur der
Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im
Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar (§ 242 BGB) erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - III ZR 219/83, BGHZ 95, 109,
113 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die Treuhandkommanditistin hat die Beteiligung treuhänderisch für Rechnung der Treugeber übernommen und gehalten.
Bei einer Gestaltung der Anlegerbeteiligung wie der vorliegenden darf der Anleger zwar grundsätzlich, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des
Treuhänders unvermeidbar ergibt, nicht schlechter stehen, als wenn er selbst
Kommanditist wäre; er darf aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn er
sich unmittelbar beteiligt hätte. Ihn trifft daher, wenn keine besonderen Verhältnisse vorliegen, auch das Anlagerisiko so, als ob er sich unmittelbar als Kommanditist
beteiligt
hätte
(vgl.
BGH,
Urteil
vom
17. Dezember
1979
- II ZR 240/78, ZIP 1980, 277, 278; Urteil vom 21. März 1988 - II ZR 135/87,
BGHZ 104, 50, 55). Die Einbindung der Anleger durch das Treuhandverhältnis
erfasst auch die Haftung der Treuhandkommanditistin gegenüber Gesell-
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schaftsgläubigern, soweit die Einlagen nicht erbracht oder wieder zurückbezahlt
worden sind. Aus diesem Grund kann sich der Anleger der ihn mittelbar über
die Inanspruchnahme durch die Treuhandkommanditistin treffenden Haftung
gegenüber Gesellschaftsgläubigern nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB nicht durch
Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die Treuhandkommanditistin entziehen
(vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 1991, 1494, 1499; OLG Köln, NZG 2009, 543, 544;
Henze in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 177a Anh. B Rn. 102;
Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 161 Rn. 176).
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bb) Die Aufrechnung des Beklagten würde im Übrigen auch nicht durchgreifen, da er eine Aufklärungspflichtverletzung nicht ausreichend dargelegt hat.
Dass die Ausschüttungen nicht mit Gewinnen gleichzusetzen waren, ergab sich
hinreichend deutlich aus dem Fondsprospekt und dem Gesellschaftsvertrag, wo
darauf hingewiesen wird, dass die Ausschüttungen aus der Liquidität/den Mietzinsüberschüssen der Gesellschaft erfolgen und auch dann ausgeschüttet wird,
wenn die Kapitalkonten durch Verluste unter die Haftsumme gesunken sind.
Ebenso wird unter Nennung von § 172 Abs. 4 HGB darauf hingewiesen, dass
für die im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten und für den Beteiligungstreuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsteht, soweit die Einlagen der Kapitalanleger aus Liquiditätsüber-
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schüssen der Gesellschaft zurückgezahlt werden. Zu einer weitergehenden Erläuterung der Haftungsvorschrift des § 172 Abs. 4 HGB war die Treuhandkommanditistin nicht verpflichtet (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2009
- II ZR 16/09, ZIP 2009, 2335). Auf die eingeschränkte Handelbarkeit der Anteile weist der Prospekt ebenfalls hinreichend deutlich hin.
Bergmann
Caliebe
Born
Drescher
Sunder
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.06.2008 - 22 O 42/08 OLG Köln, Entscheidung vom 02.04.2009 - 18 U 102/08 -