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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 207/00
Verkündet am:
31. Oktober 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
Dresdner Christstollen
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 30 Abs. 2 Nr. 2, § 97 Abs. 2, § 100 Abs. 1,
§ 101 Abs. 1, § 102 Abs. 2 Nr. 5, § 127
a) Der Inhaber einer Kollektivmarke kann in entsprechender Anwendung des
§ 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG die Rechte aus der Marke wegen eines Verstoßes eines Verbandsmitglieds gegen die in der Markensatzung geregelten
Bedingungen für die Markenbenutzung geltend machen.
b) Die in § 100 Abs. 1 MarkenG enthaltene Schutzschranke soll den rechtmäßigen Benutzern (§ 127 MarkenG) einer geographischen Herkunftsangabe
unabhängig von ihrer Verbandsmitgliedschaft eine den guten Sitten nicht
widersprechende Verwendung der geographischen Herkunftsangabe ermöglichen.
c) Benutzt ein Verbandsmitglied eine über die reine geographische Herkunftsangabe weitere Elemente enthaltende Kollektivmarke, hat es sich an die in
der Markensatzung angeführten Bedingungen für die Benutzung der Kollektivmarke zu halten.
BGH, Urt. v. 31. Oktober 2002 - I ZR 207/00 - OLG Dresden
LG Leipzig
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2000 im Kostenpunkt und im
übrigen teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt gefaßt:
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Leipzig - 5. Zivilkammer - vom 18. Februar 2000 im
Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen unter Beibehaltung der Strafandrohung im Unterlassungsausspruch abändernd neu gefaßt:
Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr einen mit der Verbandsmarke des
Schutzverbandes "Dresdner Stollen" und mit dessen Qualitätssiegel in Übereinstimmung mit der Satzung des
Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen zugleich mit
"a. Confiserie" zu kennzeichnen und die so gekennzeichneten Stollen mit folgender Aufmachung in den Verkehr zu
bringen:
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Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die
Beklagten 2/3.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Der Kläger, der Schutzverband Dresdner Stollen, ist ein eingetragener
Verein, dessen Verbandszweck in der Förderung der gewerblichen Interessen
seiner Mitglieder im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von
Dresdner Stollen und in dem Schutz der Verbraucher von Stollen vor Irreführungen besteht. Der Kläger ist Inhaber der als Kollektivmarken für "Stollen" eingetragenen Wortmarke Nr. 39542517.4 "Dresdner Christstollen" und der Wort-/
Bildmarke Nr. 29002511, welche das vom Verband benutzte Qualitätssiegel
darstellt. Beide Marken sind in Kraft. Der Löschungsantrag des Beklagten zu 1,
der damit begründet wurde, "Dresdner Stollen" sei als Gattungsbezeichnung für
Backwaren freizuhalten, ist mit Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Oktober 2000 zurückgewiesen worden.
In der seit dem 23. Juli 1999 geltenden Fassung seiner Satzung gestattet
der Kläger seinen Mitgliedern, ihre Stollen mit den Verbandsmarken "Dresdner
Stollen" oder mit "Dresdner Christstollen" zu kennzeichnen. Weiter heißt es in
der Satzung:
§ 3 Benutzung der Verbandsmarke
(1) ...
(3) Soweit es die Benutzungsform angeht, ist "Dresdner" stets Kennzeichenbestandteil, hingegen kann der Bestandteil "Stollen" ergänzt und modifiziert werden, das betrifft insbesondere solche ergänzenden Hinweise wie "Weihnachts-", "Christ-", aber auch Hinweise auf die besonderen Zutaten wie "Butter-", "Mandel-" oder "Rosinen-".
...
(5) Die Verbandsmarke hat auf der sichtbaren Oberseite der Stollenverpackung
als dominierendes Kennzeichen zu erscheinen soweit es die Schriftgröße und
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farbliche Gestaltung betrifft. Das gilt auch für die in Abs. 3 genannten Variationen.
§ 4 Benutzung weiterer Kennzeichen
(1) Jedes Verbandsmitglied ist verpflichtet, seinen Namen bzw. seine Firma auf
mindestens einer sichtbaren Fläche der Verpackung anzubringen, wobei dies
in der optischen Wirkung gegenüber der Verbandsmarke zurückgesetzt erfolgt.
(2) Neben der Verbandsmarke und seinem Namen bzw. seiner Firma ist es jedem Verbandsmitglied gestattet, weitere Kennzeichen zu benutzen, wenn dadurch die optische Dominanz der Verbandsmarke nicht beeinträchtigt wird.
Der Beklagte zu 1 ist Inhaber einer Bäckerei in der Umgebung von Dresden im Bereich des Schutzverbandes. Er ist Mitglied des klagenden Verbandes.
Er stellt Stollen nach den vom Kläger festgelegten Rezepturen und Qualitätsmaßstäben her. Die Beklagte zu 2, eine GmbH mit Sitz in Schleswig-Holstein,
handelt u.a. mit Back- und Konditorwaren, die sie unter der Marke "a. " bundesweit vertreibt. Sie hat die von dem Beklagten zu 1 hergestellten, verpackten
und gelieferten Christstollen in der Weihnachtssaison 1999 in den Handel gebracht. Auf der Verpackung befinden sich die Bezeichnung "Original Dresdner
Christstollen", das als Kollektivmarke geschützte Qualitätssiegel des Klägers
und das Zeichen "a. Confiserie".
Im Klageantrag ist die Oberseite der Verpackung mit aufgeklappter Vorderseite wiedergegeben.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die von den Beklagten für den Vertrieb verwandte Verpackung entspreche nicht den Vorgaben der Satzung. Neben der Benutzung der Kollektivmarke sei es verboten, Kennzeichen von
Nichtmitgliedern anzubringen. Der Schutz der Kollektivmarke werde durch die
Verwendung der Kennzeichen Dritter beeinträchtigt. Entgegen der Satzung do-
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miniere nach dem Gesamteindruck auch nicht das Zeichen "Dresdner Christstollen" gegenüber der Bezeichnung "a. Confiserie" der Beklagten zu 2.
Der Kläger hat beantragt,
I.
die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr einen mit
der Verbandsmarke des Schutzverbandes "Dresdner Stollen"
und mit dessen Qualitätssiegel in Übereinstimmung mit der
Satzung des Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen zugleich mit "a. Confiserie" zu kennzeichnen und die so gekennzeichneten Stollen in den Verkehr zu bringen, insbesondere in
folgender Aufmachung:
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II. 1. den Beklagten zu 1 zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu
erteilen über die Anzahl und das Einzelgewicht der von ihm
seit dem 1. September 1999 mit der unter I. beschriebenen
Kennzeichnung an die Beklagte zu 2 bzw. in deren Auftrag
an Dritte ausgelieferten Stollen, aufgegliedert nach Kalendermonaten;
2. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen, in welcher Anzahl und Einzelgewicht sie seit dem
1. September 1999 die im Klageantrag zu I. bezeichneten
Stollen abverkauft hat;
3. die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger über die Abgabepreise der im Klageantrag zu I. bezeichneten Stollen Auskunft zu erteilen seit dem 1. September 1999, und zwar aufgegliedert nach Monaten;
III. die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem aus den seit dem 1. September 1999 begangenen Handlungen gemäß Klageantrag zu I. bereits entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht,
die von ihnen gewählte Verpackung verstoße nicht gegen die Satzung des Klägers. Die Anbringung der Kennzeichnung von Dritten, die nicht Mitglieder des
Klägers seien, sei zulässig. Die Marke der Beklagten zu 2 dominiere nicht gegenüber der Kollektivmarke des Klägers.
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Das Landgericht hat der Klage bis auf den Klageantrag zu II. 3. (Auskunft
über die Abgabepreise) stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er unter Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts die Zurückweisung der Berufung der
Beklagten erstrebt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche für nicht begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Zwar sei der Kläger aktivlegitimiert. Als Inhaber einer Kollektivmarke
könne er in analoger Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Ansprüche
gegen seine Mitglieder geltend machen. Die gerichtliche Verfolgung der Ansprüche sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger zunächst vereinsinterne Sanktionen habe ergreifen müssen.
Eine Markenverletzung, die Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5
i.V. mit § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen könne, sei jedoch nicht gegeben.
Die Beklagten verstießen nicht gegen § 4 Abs. 2 der Satzung des Klägers. Die Vorschrift verbiete nicht die Verwendung von Drittmarken. Auch ein
Verstoß gegen die nach § 4 der Satzung vorgesehene Dominanz der Kollektiv-
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marke sei nicht gegeben. Diese werde durch den Aufdruck "a.
Confiserie"
nicht beeinträchtigt. Unerheblich sei es, daß der Beklagte zu 1 nach § 3 Abs. 5
der Satzung verpflichtet sei, auf der Oberseite der Verpackung die Kollektivmarke des Klägers zu verwenden. Ein eventueller Verstoß hiergegen werde
vom Kläger nicht gerügt und führe jedenfalls nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der optischen Dominanz der Kollektivmarke. Da der Verbraucher
von der Verpackung in aller Regel neben der "Oberseite" auch eine der beiden
Stirnseiten sehe, werde die Verpackung von dem Schriftzug "Original Dresdner
Christstollen" und dem Qualitätssiegel des Klägers dominiert. Um diese Dominanz zu beeinträchtigen, sei die Marke der Beklagten zu 2 zu klein und farblich
zu wenig hervorstechend.
Ansprüche aus §§ 1, 3 UWG bestünden nicht, da mit der Verwendung
der angegriffenen Verpackung weder eine Täuschung über die geographische
noch über die betriebliche Herkunft verursacht werde. Eine Rufausbeutung i.S.
des § 1 UWG sei ebenfalls nicht gegeben. Der Beklagte zu 1 habe die Zeichen
in Übereinstimmung mit der Satzung des Klägers verwendet. Da er die Kollektivmarke satzungsgemäß benutzt habe, seien die auf Markenrechte gestützten
Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 2 erschöpft.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
teilweise Erfolg. Sie führen zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden
landgerichtlichen Urteils soweit die Anträge sich auf die konkrete Verletzungsform beziehen. Im übrigen bleibt es bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt.
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a) Nach der Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der
Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar
umrissen sind, sich die Beklagten deshalb nicht erschöpfend verteidigen können und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber
überlassen bleibt, was den Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v.
26.10.2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 - TCMZentrum).
b) Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag. Er ist zwar in mehrfacher Hinsicht auslegungsbedürftig. Der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis wird jedoch hinreichend deutlich. Der Kläger begehrt ein Verbot
des Inverkehrbringens von Stollen, die sowohl mit den Kollektivmarken "Dresdner Christstollen" und "Qualitätssiegel" als auch mit dem Zeichen "a. Confiserie" gekennzeichnet sind, jedenfalls in der im Klageantrag wiedergegebenen
konkreten Verletzungsform. Dies folgt aus dem Vorbringen des Klägers, auf das
er die Klage stützt und das zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehen ist
(vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 179 = WRP 2001,
1182 - Jubiläumsschnäppchen, m.w.N.). Zwar führt der Kläger im Klageantrag
nicht die Klagemarke "Dresdner Christstollen", sondern "Dresdner Stollen" an.
Aus seinem Vorbringen ergibt sich jedoch zweifelsfrei, daß die Klage gegen die
Verwendung der Kollektivmarken zugleich mit der Bezeichnung "a. Confiserie"
der Beklagten zu 2 gerichtet ist. Dies zieht auch die Revisionserwiderung nicht
in Zweifel.
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Auch die Formulierung "in Übereinstimmung mit der Satzung des
Schutzverbandes gekennzeichneten Stollen" macht den Unterlassungsantrag
nicht unbestimmt. Das begehrte Verbot zielt, wie dem Vorbringen des Klägers
unschwer zu entnehmen ist, gegen eine Kennzeichnung von Stollen mit dem
Zeichen der Beklagten zu 2, wenn diese Stollen die der Satzung des Klägers
unterfallenden Zeichen tragen.
2. Der Unterlassungsantrag ist allerdings nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5,
§ 97 Abs. 2 MarkenG nur insoweit begründet, als er sich gegen die konkrete
Verletzungsform richtet, bei der die optische Dominanz der Kollektivmarke
"Dresdner Christstollen" des Klägers gegenüber dem Zeichen der Beklagten
zu 2 nicht gewährleistet ist. Der Kläger ist nicht berechtigt, jedwede Verwendung einer fremden Marke im Zusammenhang mit der Benutzung der Kollektivmarken zu untersagen. Allein die Verwendung einer fremden Marke - hier die
Bezeichnung "a. " -, welche die nach der Satzung gebotene optische Dominanz
der Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" beeinträchtigt, ist zu unterlassen.
Dieses Verlangen kommt im Insbesondere-Antrag auf Unterlassung der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck. Der Kläger hat zur Begründung des
Verbots das Charakteristische der Verletzung darin gesehen, daß die Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" gemeinsam mit dem Zeichen "a. Confiserie"
verwendet wird. Die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform macht
deutlich, daß Gegenstand des Klagebegehrens jedenfalls die Unterlassung des
konkret
beanstandeten
Verhaltens ist
(vgl.
BGH,
Urt.
v.
16.11.2000
- I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 - 1-Pfennig-Farbbild).
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, § 4 Abs. 2 der Satzung des
Klägers enthalte kein generelles Verbot, Kennzeichen von Dritten anzubringen,
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die nicht Mitglieder des Klägers sind. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
Zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Auslegung der Satzung davon ausgegangen, daß diese grundsätzlich objektiv aus sich heraus auszulegen
ist, weil die Verfassung eines Verbandes wegen der wechselnden Mitglieder
aus dem Empfängerhorizont verstanden werden muß (vgl. BGHZ 47, 172, 180;
106, 67, 71). Die Benutzungsregelung des § 4 Abs. 2 enthält keine Beschränkung der Benutzung auf Kennzeichen von Verbandsmitgliedern. Vielmehr wird
jedem Verbandsmitglied die Verwendung weiterer Kennzeichen gestattet, wenn
die optische Dominanz der Kollektivmarke nicht beeinträchtigt wird.
Aus dem Regelungszusammenhang mit § 3 und § 4 Abs. 1 der Satzung
folgt ebenfalls keine den Wortlaut einschränkende Auslegung. Weder den Benutzungsregelungen in § 3 der Satzung noch der Verpflichtung des Verbandsmitglieds, seinen Namen bzw. seine Firma auf der Verpackung anzubringen, ist
ein Hinweis zu entnehmen, daß allein Kennzeichen der Mitglieder des Klägers
angebracht werden dürfen.
Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich ein Verbot der Verwendung
eines verbandsfremden Kennzeichens nicht allein aus dem Ziel der Verbandssatzung ableiten, einer Denaturierung der Kollektivmarke zum Gattungsbegriff
entgegenzuwirken. Hierzu hätte es einer konkreten beschränkenden Regelung
bedurft. Die vorliegende Satzung läßt auch nach Ansicht der Revision neben
der Kollektivmarke jedenfalls die Benutzung weiterer Kennzeichen zu, wenn
deren Inhaber ein Verbandsmitglied ist. Der von der Revision beschriebenen
Gefahr der Denaturierung der Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" zu einem
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Gattungsbegriff läßt sich jedoch durch eine unterschiedliche Behandlung der
Zeichen von Mitgliedern und Nichtmitgliedern nicht begegnen.
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 97 Abs. 2 MarkenG gegen
die Beklagten aufgrund eines Verstoßes gegen § 4 der Satzung auch deshalb
nicht zu, weil die auf der Verpackung angebrachten Zeichen die Dominanz der
Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" des Klägers nicht beeinträchtigten. Dem
kann nicht beigetreten werden.
aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß
der Kläger zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegen die Beklagten aktivlegitimiert ist. Aus der Bestimmung des § 101 Abs. 1 MarkenG
folgt, daß der Inhaber der Kollektivmarke grundsätzlich zur Geltendmachung
von Verletzungsansprüchen im Außenverhältnis zu Dritten - hier zur Beklagten
zu 2 - berechtigt ist (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 101 Rdn. 1; Ingerl/
Rohnke, Markengesetz,
§ 101
Rdn. 1;
Althammer/Klaka,
Markengesetz,
6. Aufl., § 101 Rdn. 1; v. Schultz/Gruber, Markenrecht, § 101 Rdn. 2).
Im Verhältnis zum Beklagten zu 1 folgt die Aktivlegitimation des Klägers
aus einer entsprechenden Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach
dieser Vorschrift kann der Inhaber einer Marke die Rechte aus der Marke gegen
den Lizenznehmer geltend machen, der die Marke in einer durch den Lizenzvertrag nicht genehmigten Form benutzt. Die Vorschrift ist entsprechend anwendbar auf den im Markengesetz nicht geregelten Fall des Verstoßes eines
Verbandsmitglieds gegen die in der Markensatzung geregelten Bedingungen für
die Markenbenutzung der Kollektivmarke, § 102 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG (Fezer
aaO § 102 Rdn. 8).
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bb) Die Beklagten sind nicht berechtigt, die Kollektivmarke des Klägers in
der angegriffenen Aufmachung auf der Verpackung der Stollen anzubringen
(§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 97 Abs. 2 MarkenG).
(1) Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, durch den Aufdruck des Zeichens der Beklagten zu 2 werde die
optische Dominanz der Kollektivmarke "Dresdner Christstollen" nicht beeinträchtigt.
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, daß die Verbandsmarke
"Dresdner Christstollen" großflächig in goldener Schrift auf der Vorder-, der
Rück- und der Unterseite der Verpackung angebracht sei, während die Marke
"a.
Confiserie" auf den beiden Seitenteilen in untergeordneter Weise in Er-
scheinung trete. Zwar sei auf der Ober-/Deckelseite neben einer Stadtansicht
allein das Drittzeichen "a. Confiserie" aufgebracht. Dem Drittzeichen komme
aufgrund seiner farblichen Gestaltung auch eine gewisse optische Wirkung zu.
Dieses Zeichen trete aber bereits aufgrund seiner Größe (ca. 3 x 3 cm auf dem
ca. 15 x 32 cm großen Deckel der Verpackung) kaum in Erscheinung. Da der
Verbraucher von der Verpackung in aller Regel neben der Oberseite auch eine
der beiden Stirnseiten sehe, werde die Verpackung von dem ca. 3 x 20 cm großen Schriftzug "Original Dresdner Christstollen" und dem Qualitätssiegel des
Klägers (ca. 7 x 5 cm) dominiert. § 4 Abs. 2 der Satzung erlaube nicht nur das
Anbringen völlig untergeordneter Zeichen. Um eine Dominanz der Kollektivmarke zu beeinträchtigen, sei die Marke der Beklagten zu 2 zu klein und farblich zu
wenig hervorstechend.
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Diese Beurteilung des Berufungsgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Das Berufungsgericht hat zu hohe Anforderungen an eine Beeinträchtigung der
Dominanz der Kollektivmarke gestellt.
Dominanz bedeutet nach dem Wortsinn "Vorherrschen" oder "Überlagern". Nach § 3 Abs. 5 und § 4 Abs. 2 der Satzung des Klägers müssen danach
die weiteren auf der Verpackung angebrachten Kennzeichen so weit zurücktreten, daß die Kollektivmarke sämtliche übrigen Zeichen in ihrer optischen Wirkung überlagert. Dabei gibt die Satzung in § 3 Abs. 5 selbst einen Anhalt, wie
die optische Dominanz der Kollektivmarke im Sinne der Regelung des § 4
Abs. 2 herzustellen ist. Nach § 3 Abs. 5 hat die Kollektivmarke auf der sichtbaren Oberseite der Stollenverpackung als dominierendes Kennzeichen zu erscheinen, soweit es Schriftgröße und farbliche Gestaltung betrifft. Mit der Oberseite der Stollenverpackung ist die Oberseite des Deckelaufdrucks bezeichnet.
Während ansonsten in der Satzung allgemein von Stollenverpackung (§ 3
Abs. 6) oder der sichtbaren Fläche der Verpackung (§ 4 Abs. 1) die Rede ist,
führt § 3 Abs. 5 ausdrücklich die Oberseite der Stollenverpackung auf und bezeichnet damit den Deckelaufdruck. Die Regelung des § 3 Abs. 5 der Satzung
bezweckt damit ebenfalls, die Dominanz der Kollektivmarke sicherzustellen,
indem sie auf der Oberseite der Verpackung und damit an hervorgehobener
Stelle verwendet wird.
Daran fehlt es vorliegend. Die von den Beklagten verwendete Verpakkung weist auf der Oberseite (Deckelaufdruck) die Kollektivmarke "Dresdner
Christstollen" gar nicht auf. Auf dem Deckel der Verpackung ist vielmehr allein
das Drittzeichen "a. Confiserie" angebracht, das als einziges Kennzeichen auf
der Oberseite der Verpackung auch durch die Farbgestaltung deutlich hervortritt.
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Die optische Dominanz der Kollektivmarke wird bei der beanstandeten
Verpackung auch nicht durch die auf der Vorder- und Rückseite angebrachten
Zeichen "Dresdner Christstollen" und "Qualitätssiegel" des Klägers hergestellt.
Diesen stehen die auf den weiteren Seitenflächen angebrachten Kennzeichen
der Beklagten zu 2 gegenüber.
(2) Der Verstoß gegen die Benutzungsbedingungen der Markensatzung
(§ 102 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) läßt die Zustimmung des Klägers zur Verwendung der Kollektivmarken durch den Beklagten zu 1 entfallen. Dem Inhaber der
Kollektivmarken stehen in diesem Fall ebenso wie dem Lizenzgeber die allgemeinen markenrechtlichen Ansprüche zu (vgl. Fezer aaO § 102 Rdn. 8 und 11).
Dem steht die Bestimmung des § 100 Abs. 1 MarkenG im Streitfall nicht
entgegen. Mit dieser Bestimmung wird Art. 15 Abs. 2 MarkenRL umgesetzt,
wonach der den Mitgliedstaaten ermöglichte Schutz einer geographischen Herkunftsangabe als Kollektivmarke nicht einem Dritten entgegengehalten werden
kann, der zur Benutzung der geographischen Herkunftsangabe berechtigt ist
und dies in einer Weise tut, welche den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel nicht widerspricht. Den rechtmäßigen Benutzern (§ 127 MarkenG) der geographischen Herkunftsangabe soll - unabhängig davon, ob sie
Mitglieder des Verbandes sind oder nicht - deren Benutzung nicht untersagt
werden können, wenn die Benutzung den guten Sitten entspricht (vgl. Begr.
zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 109 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 103). Die Vorschrift erweitert die Schutzschranken, die sich allgemein
für alle Markenarten aus § 23 MarkenG ergeben, im Falle der Eintragung einer
geographischen Herkunftsangabe als Kollektivmarke. Bei frei wählbaren Zeichenelementen darf sich der rechtmäßige Benutzer der geographischen Her-
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kunftsangabe hinsichtlich der Darstellungsform oder der Schreibweise der Kollektivmarke allerdings nicht unnötig annähern (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 109 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 103; Ingerl/Rohnke aaO § 100 Rdn. 5).
Auf die Schutzschranke des § 100 Abs. 1 MarkenG kann der Beklagte
zu 1 sich schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil er bei der Kennzeichnung
der Stollen nicht nur die geographische Herkunftsangabe "Dresdner Christstollen" verwendet, sondern ebenfalls das als Kollektivmarke geschützte "Qualitätssiegel".
Die Benutzung des "Qualitätssiegels" ist dem Beklagten zu 1 zwar nicht
verwehrt, da er Mitglied des klagenden Verbandes ist. Das Verbandsmitglied
hat sich aber bei der Benutzung der neben einer bloßen geographischen Herkunftsangabe weitere Elemente enthaltenden Kollektivmarke an die Markensatzung zu halten, die den Rahmen rechtlich zulässiger Benutzungshandlungen
bestimmt. Der Beklagte zu 1 kann nicht das Benutzungsrecht an den Kollektivmarken in Anspruch nehmen und sich zugleich - der Satzung zuwider - so verhalten, als existiere der Schutz der Verbandsmarken nicht. Als berechtigter außenstehender Dritter i.S. des § 127 MarkenG könnte er markenrechtlich nicht
gehindert werden, die geographische Herkunftsangabe zu verwenden und mit
Zeichen Dritter zu versehen. Ob dabei die Grenzen des lauteren Verhaltens in
Handel und Gewerbe eingehalten werden, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Als
(berechtigtem) Außenstehenden wäre es ihm aber in jedem Fall verwehrt, die
Kollektivmarken "Dresdner Christstollen" und "Qualitätssiegel" zu benutzen, weil
beide zusammen von der geographischen Herkunftsangabe abweichen.
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(3) Der gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Unterlassungsanspruch ist
nicht durch den Einwand der Erschöpfung i.S. von § 24 MarkenG ausgeschlossen. Der Kläger hat dem Inverkehrbringen der Stollen unter den in Rede stehenden Bezeichnungen nicht zugestimmt. Der Beklagte zu 1 ist zum Inverkehrbringen der Ware unter den Kollektivmarken nicht berechtigt, weil er die Benutzungshandlungen der Markensatzung nicht einhält.
3. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung stehen dem Kläger in dem vom Landgericht zuerkannten,
auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Umfang nach § 14 Abs. 6, § 19
Abs. 5 MarkenG i.V. mit § 242 BGB zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.
Ullmann
Starck
Büscher
Pokrant
Schaffert