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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 134/08
Verkündet am:
3. Februar 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
World's End
VerlG § 1 Satz 2, § 5 Abs. 1, § 17
a) Das Recht des Verlegers, Folgeauflagen eines Werkes zu veranstalten, kann
sich auch ohne ausdrückliche Erwähnung aus dem Gesamtinhalt des Verlagsvertrages ergeben.
b) § 17 Satz 3 VerlG ist auch auf Übersetzungsverträge anwendbar.
c) Der Verleger kann der ihn treffenden Last, eine Neuauflage zu veranstalten,
auch dadurch nachkommen, dass er eine Taschenbuch- oder eine Sonderausgabe herausgibt. Dem steht es gleich, wenn er die Taschenbuch- oder
Sonderausgabe nicht im eigenen, sondern in einem anderen Verlag veranlasst.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - I ZR 134/08 - OLG München
LG München I
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts München vom 17. Juli 2008 unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Beklagten im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil des
Klägers erkannt hat.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I, 21. Zivilkammer, vom 13. Dezember 2006 wird insgesamt zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger, ein Verlag, schloss mit dem Beklagten, einem Übersetzer,
Verträge, mit denen dieser sich zur Übersetzung folgender Romane des Autors
T. C. Boyle in die deutsche Sprache verpflichtete: „World’s End“ (Vertrag vom
26. November/16. Dezember 1987), „If the River was Whiskey“ (Vertrag vom
30. August/18. Oktober 1989) und „The Tortilla Curtain“ (Vertrag vom 31. März/
20. April 1995).
-3-
2
Der Kläger veröffentlichte die Übersetzungen des Beklagten zunächst in
einer Hardcover-Ausgabe. Hardcover-Exemplare der Übersetzungen von
„World’s End“ waren von 1989 bis 1999, von „If the River was Whiskey“ (in der
deutschen Ausgabe „Wenn der Fluss voll Whisky wär“) von 1991 bis 1999 und
von „The Tortilla Curtain“ (in der deutschen Ausgabe „América“) von 1996 bis
2002 lieferbar. Jeweils zwei Jahre nach der Erstveröffentlichung gab der Deutsche Taschenbuchverlag die Übersetzungen in Lizenz des Klägers als Taschenbuch heraus. Sämtliche Werke sind heute noch als Taschenbuch lieferbar.
3
Der Beklagte setzte dem Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2004 eine
Frist zum 1. Juli 2004 zur Veranstaltung einer Neuauflage seiner Übersetzungen und kündigte an, dass er nach Verstreichen dieser Frist gemäß § 17 VerlG
vom Vertrag zurücktreten werde. Nachdem der Kläger den „Rechterückruf“ für
unwirksam erklärt hatte, stellte der Beklagte mit Schreiben vom 18. Mai 2004
klar, dass er keinen Rückruf der Rechte (nach § 41 UrhG), sondern seinen
Rücktritt vom Verlagsvertrag (nach § 17 VerlG) angekündigt habe und dass die
Voraussetzungen für diesen Rücktritt seiner Ansicht nach erfüllt seien, wenn
der Verlag keine eigene Neuauflage veranstalte. Nachdem der Kläger mit
Schreiben vom 30. Juni 2004 mitgeteilt hatte, er habe mit der Vorbereitung von
Nachauflagen der Titel begonnen, die im Laufe des Sommers erscheinen würden, erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 2004, er verlängere die gesetzte Frist.
4
Der Beklagte rief mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom
12. Juli 2005 die Nutzungsrechte an den Übersetzungen zurück und erklärte
gemäß § 17 und §§ 30, 32 VerlG den Rücktritt vom Verlagsvertrag. Dies begründete er damit, dass der Kläger innerhalb der ihm gesetzten Frist keine eigene Neuauflage der Titel veranstaltet habe und offenbar nur Lizenzausgaben
beibehalten wolle. Mit Schreiben vom 19. August 2005 und 21. Oktober 2005
-4-
wandte der Beklagte sich an Lizenznehmer des Klägers und teilte diesen mit,
dass die Rechte an den Übersetzungen wieder ihm zustünden.
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Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei weder zum Rückruf noch
zum Rücktritt berechtigt.
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Er beantragt festzustellen, dass die urheberrechtlichen Nutzungsrechte
an den Übersetzungen nicht durch Rückruf oder Rücktritt an den Beklagten zurückgefallen sind.
7
Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben (LG München I, ZUM 2007, 417 = GRUR-RR 2007, 195). Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Entscheidung des Landgerichts teilweise abgeändert (OLG München, ZUM 2008, 875). Es hat festgestellt, die Nutzungsrechte an den Übersetzungen seien - mit Ausnahme des Rechts zur Veranstaltung der Neuauflage einer Hardcover-Ausgabe - nicht durch Rückruf oder Rücktritt an den Beklagten zurückgefallen; die Klage hinsichtlich des Rechts zur Veranstaltung der Neuauflage einer Hardcover-Ausgabe hat es abgewiesen. Mit
seiner - vom Senat zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen
Urteils. Mit seiner Anschlussrevision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Recht zur Veranstaltung
weiterer Hardcover-Ausgaben sämtlicher Übersetzungen stehe dem Beklagten
zu; die übrigen Rechte an den Übersetzungen stünden dagegen dem Kläger zu.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Bei sämtlichen Übersetzungsverträgen handele es sich um echte Verlagsverträge und nicht um bloße Bestellverträge. Der Beklagte habe dem Kläger damit das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung seiner
Übersetzungen und insbesondere das Recht zur Lizenzierung von Taschenbuchausgaben eingeräumt.
10
Hinsichtlich der Übersetzungen der Romane „World’s End“ und „If the River was Whiskey“ habe der Beklagte dem Kläger das Recht zur Veranstaltung
von Folgeauflagen nicht vertraglich eingeräumt. Daher sei der Kläger nur zur
Veranstaltung einer Auflage berechtigt gewesen und der Beklagte von vornherein Inhaber des Rechts zur Veranstaltung weiterer Auflagen geblieben. Selbst
wenn der Beklagte dem Kläger das Recht zur Veranstaltung von Folgeauflagen
eingeräumt hätte, wäre nur das Hardcover-Recht an den Beklagten zurückgefallen, da er seinen Rücktritt oder Rückruf ausschließlich mit der Nichtdurchführung einer Folgeauflage der Hardcover-Ausgabe begründet habe. Die E-Mail
des Klägers vom 30. Juni 2004 enthalte keine rechtsverbindliche Zusage einer
Neuauflage der Hardcover-Ausgabe. Der Beklagte sei daher auch nicht wegen
der Missachtung einer solchen Zusage zum Rücktritt berechtigt gewesen.
11
Bezüglich der Übersetzung von „The Tortilla Curtain“ habe der Beklagte
dem Kläger zwar das Recht zur Veranstaltung von Folgeauflagen vertraglich
eingeräumt. Dem Beklagten habe jedoch ein Rücktrittsrecht nach § 17 VerlG
zugestanden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshof „Oceano Mare“ stehe
einer Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Streitfall nicht entgegen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt, da der Kläger keine Neuauflage
der Hardcover-Ausgabe veranstaltet, sondern sich auf die Lizenzierung einer
Taschenbuchausgabe beschränkt habe. Der Beklagte sei daher berechtigt gewesen, das Recht zur Veranstaltung von Hardcover-Ausgaben - aber auch nur
dieses - zurückzurufen.
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-6-
II. Die Revision des Klägers hat Erfolg. Die Anschlussrevision des Beklagten ist dagegen nicht begründet. Die urheberrechtlichen Nutzungsrechte,
die der Beklagte dem Kläger an seinen Übersetzungen der Werke des Autors
T. C. Boyle „World’s End“, „If the River was Whiskey“ und „The Tortilla Curtain“
eingeräumt hat, sind nicht - auch nicht hinsichtlich der Veranstaltung einer
Hardcover-Ausgabe - durch den mit Schreiben des anwaltlichen Vertreters des
Beklagten vom 12. Juli 2005 erklärten Rücktritt vom Vertrag (§ 17 Satz 3, §§ 30,
32 VerlG, § 323 BGB) oder infolge eines Rückrufs der Nutzungsrechte (§ 41
UrhG) an den Beklagten zurückgefallen.
13
1. Die Übersetzungsverträge sind Verlagsverträge, da der Beklagte sich
mit ihnen verpflichtet hat, dem Kläger seine urheberrechtlich geschützten Übersetzungen (§ 3 Satz 1 UrhG) zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene
Rechnung zu überlassen (§ 1 Satz 1 VerlG). Das Berufungsgericht ist für alle
drei Übersetzungsverträge rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es sich
um echte Verlagsverträge mit Auswertungspflicht (§ 1 Satz 2 VerlG) und nicht
um bloße Bestellverträge ohne Auswertungspflicht (§ 47 VerlG) handelt.
14
2. Der Beklagte hat dem Kläger hinsichtlich sämtlicher Übersetzungen
sowohl das Recht zur Veranstaltung eigener Verlagsausgaben als auch das
Recht zur Vergabe von Lizenzen für Taschenbuchausgaben und Sonderausgaben an andere Verlage eingeräumt. In § 3 der Verträge vom 26. November/
16. Dezember 1987 („World’s End“) und vom 30. August/18. Oktober 1989 („If
the River was Whiskey“) hat der Beklagte dem Kläger das ausschließliche
Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung seiner Übersetzungen (§ 3 Abs. 1
und 2 Satz 1 Halbsatz 1) und alle Nebenrechte, wie das Recht der Lizenzvergebung von billigen Taschenbuch-, Volks-, Sonder-, Reprint- oder Schulausgaben an Dritte, insbesondere an fremde Verlage und an Buchgemeinschaften
usw. (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. h) zeitlich unbeschränkt („World’s
End“) bzw. für die Dauer des der Übersetzung zugrunde liegenden Lizenzver-
-7-
trages („If the River was Whiskey“) eingeräumt. An seiner Übersetzung des
Romans „The Tortilla Curtain“ hat der Beklagte dem Kläger nach § 4 des Vertrags vom 31. März/20. April 1995 für die Dauer des der Übersetzung zugrunde
liegenden Lizenzvertrags das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und
Verbreitung seiner Übersetzung für alle Ausgaben und Auflagen ohne Stückzahlbegrenzung (§ 4 Nr. 1) und bestimmte ausschließliche Nebenrechte, darunter das Recht der Vergabe von Lizenzen für Taschenbuch-, Volks-, Sonder-,
Reprint-, Schul- oder Buchgemeinschaftsausgaben (§ 4 Nr. 2 Buchst. c), eingeräumt.
15
3. Der Beklagte hat dem Kläger auch das Recht zur Veranstaltung von
Folgeauflagen eingeräumt, und zwar - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht nur hinsichtlich seiner Übersetzung des Werkes „The Tortilla Curtain“, sondern auch bezüglich seiner Übersetzungen der Werke „World’s End“
und „If the River was Whiskey“.
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a) Für die Übersetzung des Werkes „The Tortilla Curtain“ hat der Beklagte dem Kläger in § 4 Nr. 1 des Vertrags vom 31. März/20. April 1995 für die
Dauer des der Übersetzung zugrunde liegenden Lizenzvertrags das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung seiner Übersetzung - ausdrücklich - für alle Ausgaben und Auflagen ohne Stückzahlbegrenzung eingeräumt.
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17
b) Hinsichtlich der Übersetzungen der Werke „World’s End“ und „If the
River was Whiskey“ hat das Berufungsgericht angenommen, der Beklagte habe
dem Kläger lediglich das Recht zur Veranstaltung einer einzigen HardcoverAuflage eingeräumt und sei damit Inhaber des Rechts zur Veranstaltung weiterer Hardcover-Auflagen geblieben. Hierzu hat es ausgeführt, dass die Berechtigung zur Veranstaltung von Folgeauflagen in den Verträgen nicht geregelt sei.
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 VerlG sei der Verleger daher nur zu einer Auflage berechtigt. Die im Urheberrecht geltende Übertragungszwecklehre spreche gleichfalls dafür, dass der Beklagte dem Kläger das Recht zu Folgeauflagen nicht
eingeräumt habe. Schließlich zeige die Einräumung des Rechts zur Veranstaltung von Folgeauflagen in § 4 Nr. 1 des Vertrags über die Übersetzung des
Werkes „The Tortilla Curtain“, dass der Beklagte dem Kläger das Recht zur
Veranstaltung von Folgeauflagen hinsichtlich der beiden anderen Werke nicht
eingeräumt habe.
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Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden. Das Recht zur Veranstaltung mehrerer Auflagen kann sich auch ohne ausdrückliche Erwähnung aus
dem Gesamtinhalt des Vertrags ergeben (Schricker, Verlagsrecht, 3. Aufl., § 5
Rn. 7). Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass sich aus § 9 der
Verträge über die Übersetzung der Werke „World’s End“ und „If the River was
Whiskey“ und aus den nachträglichen Äußerungen des Beklagten zweifelsfrei
ergibt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. April 2004 - I ZR 174/01, GRUR 2004,
938, 939 = WRP 2004, 1497 - Comic-Übersetzungen III), dass der Kläger nach
dem Willen der Parteien das Recht zur Veranstaltung von Neuauflagen (§ 17
Satz 1 VerlG) haben soll. Unter diesen Umständen greift die (Auslegungs-)Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 VerlG, wonach der Verleger (im Zweifel) nur zu
einer Auflage berechtigt ist, nicht ein (Schricker aaO § 5 Rn. 6).
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19
aa) Die Parteien haben in § 9 des Vertrags vom 26. November/16. Dezember 1987 („World’s End“) die vorformulierte Regelung „Dem Übersetzer stehen nicht die Rechte aus § 17 Verlagsgesetz zu“ gestrichen. Damit haben sie
auch zum Ausdruck gebracht, dass dem Beklagten das Recht aus § 17 Satz 3
VerlG erhalten bleiben soll, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Kläger keine
neue Auflage veranstaltet. Dieses Rücktrittsrecht des Beklagten setzt ein Recht
des Klägers zur Veranstaltung von Folgeauflagen voraus. In § 9 des Vertrags
vom 30. August/18. Oktober 1989 („If the River was Whiskey“) haben die Parteien zunächst den auch hier vorformulierten Ausschluss der Rechte des Übersetzers aus § 17 VerlG gestrichen. Später haben sie eine gleichlautende Regelung wieder eingefügt; dass die vom Beklagten vorgelegte Vertragsausfertigung
- anders als die vom Kläger vorgelegte Vertragsausfertigung nicht § 17 VerlG,
sondern § 7 VerlG nennt, ist offenbar ein Schreibfehler. Die Parteien haben damit ausdrücklich vereinbart, dass der Beklagte kein Recht zum Rücktritt vom
Vertrag aus § 17 Satz 3 VerlG haben soll, wenn der Kläger keine neue Auflage
veranstaltet. Auch diese Regelung setzt ein Recht des Klägers zur Veranstaltung von Folgeauflagen voraus.
20
bb) Die Revision rügt zudem mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei
der Auslegung der Verträge das nachträgliche Verhalten des Beklagten nicht
hinreichend berücksichtigt hat. Das nachträgliche Verhalten der Vertragsparteien kann zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, hat aber
Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und des tatsächlichen
Verständnisses der Vertragsparteien (BGH, Urteil vom 22. April 2010
- I ZR 197/07, GRUR 2010, 1093 Rn. 19 = WRP 2010, 1523 - Concierto de
Aranjuez, mwN). Der Beklagte hat dem Kläger in seiner E-Mail vom 5. Mai 2004
hinsichtlich sämtlicher hier in Rede stehender Übersetzungen eine Frist gemäß
§ 17 VerlG zur Nutzung der Verlagsrechte und Veranstaltung von Neuauflagen
gesetzt. Er hat ihm mit E-Mail vom 18. Mai 2004 ausdrücklich vorgehalten, dass
die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Verlagsvertrag erfüllt seien, „wenn
- 10 -
der Verlag keine - eigene! - Neuauflage veranstaltet“. In seiner E-Mail vom
7. Juli 2004 hat der Beklagte erklärt, dass er dem Kläger bei der angekündigten
Neuauflage der drei Titel „keine Steine in den Weg legen“ wolle. Aus diesen
Äußerungen des Beklagten geht eindeutig hervor, dass auch er von einem
Recht des Klägers zur Veranstaltung von Neuauflagen ausgegangen ist.
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4. Der vom Beklagten mit Schreiben vom 12. Juli 2005 wegen der unterbliebenen Neuauflage seiner Übersetzungen im Verlag des Klägers erklärte
Rücktritt vom Vertrag war nicht nach § 17 Satz 3 VerlG berechtigt.
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a) Hat ein Verleger - wie hier der Kläger - das Recht, eine neue Auflage
zu veranstalten, so kann ihm der Verfasser eine angemessene Frist zur Ausübung dieses Rechtes bestimmen; der Verfasser ist nach dem Ablauf der Frist
gemäß § 17 Satz 3 VerlG berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten, wenn
nicht die Veranstaltung der Neuauflage rechtzeitig erfolgt ist.
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b) Dem Beklagten stand ein Rücktrittsrecht aus § 17 Satz 3 VerlG von
vornherein nur hinsichtlich der Verträge über die Übersetzung der Werke
„World’s End“ und „The Tortilla Curtain“, nicht dagegen hinsichtlich des Vertrags
über die Übersetzung des Werks „If the River was Whiskey“ zu.
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aa) Die Parteien haben § 9 des Vertrages vom 26. November/16. Dezember 1987 („World’s End“) gestrichen, der bestimmte, dass dem Übersetzer
die Rechte aus § 17 VerlG nicht zustehen. Der Vertrag vom 31. März/20. April
1995 („The Tortilla Curtain“) enthält gleichfalls keine Regelung, nach der die
Rechte des Übersetzers aus § 17 VerlG ausgeschlossen sind. Der Beklagte ist
daher bezüglich dieser Verträge nicht daran gehindert, sein Rücktrittsrecht aus
§ 17 Satz 3 VerlG geltend zu machen.
25
bb) Dagegen haben die Parteien die Regelung in § 9 des Vertrags vom
30. August/18. Oktober 1989 („If the River was Whiskey“), nach der dem Über-
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setzer die Rechte aus § 17 VerlG nicht zustehen, zunächst zwar gestrichen,
sodann aber wieder eingefügt. Damit haben sie das Rücktrittsrecht des Übersetzers aus § 17 Satz 3 VerlG ausdrücklich ausgeschlossen. Der Beklagte kann
sich hinsichtlich dieser Übersetzung daher nicht auf ein Rücktrittsrecht aus § 17
Satz 3 VerlG berufen.
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c) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 17
Satz 3 VerlG auch auf Übersetzungsverträge anwendbar ist. Die Senatsentscheidung „Oceano Mare“ (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - I ZR 136/01, GRUR
2005, 148 = WRP 2005, 230) steht dem nicht entgegen.
aa) Der Senat hat in der Entscheidung „Oceano Mare“ ausgeführt (BGH,
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GRUR 2005, 148, 151 f.), dass § 17 Satz 1 VerlG für den Übersetzungsvertrag
mit Auswertungspflicht nicht passt. Diese Bestimmung besagt, dass ein Verleger, dem das Recht zu weiteren Auflagen eingeräumt ist, nicht verpflichtet ist,
von diesem Recht Gebrauch zu machen. Für den Regelfall ist diese Bestimmung interessengerecht, weil sie dem Urheber für den Fall der Verweigerung
der Neuauflage das Recht einräumt, den Verlagsvertrag zu kündigen und die
Verlagsrechte an seinem Werk einem anderen Verlag einzuräumen. Für den
Übersetzer, der dem Verleger die Rechte an der Übersetzung im Rahmen eines
Verlagsvertrages eingeräumt hat, wäre eine solche Regelung - würde sie isoliert auf den Übersetzungsvertrag angewandt - dagegen gänzlich unangemessen. Denn der Übersetzer kann seine Übersetzung nur dann anderweit verwerten, wenn der Verleger auch das Original freigibt. Diese vom Regelfall abweichende Interessenlage führt dazu, dass den Verleger eine Verpflichtung auch
zur Veranstaltung von Neuauflagen unter Verwendung der Übersetzung treffen
kann.
28
bb) Der Entscheidung „Oceano Mare“ lässt sich entgegen der Ansicht
der Revision nicht entnehmen, dass § 17 Satz 3 VerlG nicht auf Übersetzungs-
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verträge anwendbar ist. Diese Bestimmung räumt dem Verfasser das Recht
zum Rücktritt vom Vertrag für den Fall ein, dass der Verleger sein Recht zur
Veranstaltung einer Neuauflage nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist ausübt. Die Entscheidung „Oceano Mare“ verhält sich nicht zu der
Frage, ob der Übersetzer vom Vertrag zurücktreten kann, wenn der Verleger
von einer Neuauflage des übersetzten Werkes absieht. Sie setzt sich allein mit
der Frage auseinander, ob der Übersetzer vom Verleger, der sich zu einer Neuauflage des übersetzten Werkes entschließt, verlangen kann, dass dieser für
die Neuauflage seine Übersetzung verwendet. Der Umstand, dass der Übersetzer seine Übersetzung nur dann anderweit verwerten kann, wenn der Verleger auch das Original freigibt, rechtfertigt es entgegen der Ansicht der Revision
nicht, dem Übersetzer das Rücktrittsrecht zu nehmen. Bleibt dem Übersetzer
sein Rücktrittsrecht erhalten, ist der Verleger nicht etwa - entgegen § 17 Satz 1
VerlG - aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen, eine Neuauflage des übersetzten Werkes zu veranstalten (aA Nordemann-Schiffel in Fromm/
Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 17 VerlG Rn. 8). Es steht ihm vielmehr
frei, von einer Neuauflage des übersetzten Werkes abzusehen und - im Falle
eines Rücktritts des Übersetzers vom Vertrag - das Werk in einer anderen
Übersetzung aufzulegen.
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d) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe das ihm
nach § 17 Satz 3 VerlG zustehende Rücktrittsrecht durch den Rückruf vom
12. Juli 2005 wirksam ausgeübt. Der Kläger habe keine eigene Neuauflage der
Hardcover-Ausgabe veranstaltet. Er habe sich auf die Lizenzierung der Taschenbuchausgabe an einen Dritten beschränkt. Da zwischen den einzelnen
Rechten zu unterscheiden sei, stelle die Ausübung des Nebenrechts für eine
Taschenbuchausgabe keine Veranstaltung einer Neuauflage der HardcoverAusgabe dar. Auf die bloße Lieferbarkeit des Werkes stelle weder das Gesetz
noch der Vertrag ab. Da der Beklagte das Rücktrittsrecht nur hinsichtlich des
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Rechts zur Veranstaltung neuer Hardcover-Auflagen ausgeübt habe, sei allerdings auch nur dieses Recht an ihn zurückgefallen.
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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen des § 17
Satz 3 VerlG nicht erfüllt. Der Kläger hat sein Recht zur Veranstaltung einer
neuen Auflage der übersetzten Werke ausgeübt, indem er durch die Vergabe
von Lizenzen darauf hingewirkt hat, dass nach der Hardcover-Ausgabe der
Werke im eigenen Verlag Taschenbuchausgaben und Sonderausgaben der
Werke in anderen Verlagen erschienen sind.
31
aa) Das dem Kläger eingeräumte ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Übersetzungen des Beklagten ist nach sämtlichen
hier in Rede stehenden Verträgen nicht auf Hardcover-Ausgaben beschränkt,
sondern umfasst alle Ausgaben des Werkes und damit auch Taschenbuch- und
Sonderausgaben (vgl. oben II 2). Die einer Hardcover-Ausgabe nachfolgende
Taschenbuch- oder Sonderausgabe stellt sich gegenüber dem Verfasser regelmäßig - und so auch hier - als neue Auflage dar (vgl. Schricker aaO § 5
Rn. 5; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann aaO § 5 VerlG Rn. 2). Dem
steht, anders als das Berufungsgericht möglicherweise gemeint hat, nicht entgegen, dass Taschenbuch- und Hardcover-Ausgaben aufgrund ihrer unterschiedlichen äußeren Gestaltungsmerkmale selbständige Nutzungsarten bilden
(BGH, Urteil vom 12. Dezember 1991 - I ZR 165/89, GRUR 1992, 310, 311 f.
- Taschenbuch-Lizenz), an denen deshalb selbständige Nutzungsrechte eingeräumt werden können. Hätte der Kläger nach der Hardcover-Ausgabe eine Taschenbuchausgabe im eigenen Verlag veranstaltet, hätte er damit sein Recht
zur Veranstaltung einer Neuauflage ausgeübt; der Beklagte wäre in diesem Fall
nicht zum Rücktritt berechtigt.
32
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bb) Der Verleger übt sein Recht zur Veranstaltung einer Neuauflage im
Sinne des § 17 VerlG aber nicht nur dann aus, wenn er eine neue Auflage im
eigenen Verlag veranstaltet, sondern auch dann, wenn er eine neue Auflage in
einem anderen Verlag veranstalten lässt, dem er die dafür erforderlichen Nutzungsrechte einräumt (vgl. Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann aaO § 17
VerlG Rn. 2). Der Kläger hat sein Recht zur Veranstaltung einer Neuauflage der
Übersetzungen daher dadurch ausgeübt, dass er Lizenzausgaben sämtlicher
Übersetzungen beim Deutschen Taschenbuchverlag (als Taschenbuch) und
- nach dem, wie die Revision mit Recht rügt, vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Vorbringen des Klägers - eine weitere Lizenzausgabe der Übersetzung von „If the River was Whiskey“ bei Amazon (als Hardcover-Sonderausgabe) veranlasst hat.
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(1) Der Wortlaut des § 17 VerlG erlaubt es, auch die im fremden Verlag
erscheinende Neuauflage als eine vom Verleger veranstaltete Neuauflage anzusehen, soweit der Verleger diese Neuauflage durch die Vergabe der erforderlichen Rechte veranlasst hat.
34
(2) Es gibt auch unter Berücksichtigung der Interessen des Verfassers
keinen überzeugenden Grund, hinsichtlich seiner Berechtigung zum Rücktritt
nach § 17 Satz 3 VerlG danach zu unterscheiden, ob der Verleger die Neuauflage im eigenen Verlag oder im fremden Verlag veranstaltet hat. Es wäre daher,
wie die Anschlussrevision mit Recht geltend macht, sachlich nicht gerechtfertigt,
den selbstverwertenden Verleger, der einen eigenen Taschenbuchverlag unterhält, gegenüber dem lizenzgebenden Verleger, der die Dienste eines fremden
Taschenbuchverlages in Anspruch nimmt, im Blick auf § 17 VerlG hinsichtlich
der Anforderungen an die Veranstaltung einer Neuauflage schlechter zu stellen.
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Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass eine Lizenzausgabe für den Verfasser regelmäßig ungünstiger ist als eine Verlagsausgabe. Dies lässt sich auch
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nicht der von der Revisionserwiderung des Beklagten herangezogenen Entscheidung des Senats „Ludwig Thoma“ (BGH, Urteil vom 19. November 1954
- I ZR 241/52, BGHZ 15, 209) entnehmen. Dieser Entscheidung lag eine außergewöhnliche Fallgestaltung zugrunde. Die dort in Rede stehende Lizenzausgabe beruhte auf dem im Jahre 1945 eingeführten und im September 1949 wieder
aufgehobenen Lizenzzwang für Verlagsunternehmen und stellte daher eine
„dem ursprünglichen Vertrag nicht entsprechende verlegerische Ausnutzung
der dem klagenden Verlag gegebenen Werke“ dar (BGHZ 15, 209, 214 ff.
- Ludwig Thoma). Die in jener Entscheidung für die Nachteile der Lizenzausgabe angeführten Gründe lassen sich daher nicht verallgemeinern und treffen für
den Regelfall - und so auch im Streitfall - nicht zu. Das gilt sowohl für die Erwägung, die Lizenzausgabe führe wegen der Lizenzgebühren zu einem höheren
Buchpreis, der sich absatzhemmend und daher für das Autorenhonorar nachteilig auswirke, als auch für die Überlegung, der Lizenzverlag werde in der Regel
nur geringere Kosten für die Werbung des ihm nur für eine begrenzte Zeit anvertrauten Werkes aufwenden als der Originalverleger (BGHZ 15, 209, 215 f.
- Ludwig Thoma).
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5. Der vom Beklagten mit Schreiben vom 12. Juli 2005 erklärte Rücktritt
vom Vertrag war auch nicht nach §§ 30, 32 VerlG berechtigt.
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a) Fordert der Verfasser den Verleger zur Erklärung darüber auf, ob er
von seinem bereits eingeräumten Recht zu einer neuen Auflage Gebrauch machen wolle und antwortet der Verleger in bejahendem Sinn, so liegt darin regelmäßig ein Vertragsschluss über die neue Auflage oder eine die Neuauflage
einschließende Änderung des ursprünglichen Vertrages. Kommt der Verleger
seiner damit begründeten Verpflichtung zur Veranstaltung einer Neuauflage
nicht nach, ergibt sich das Rücktrittsrecht des Verfassers nicht aus § 17, sondern aus § 32 in Verbindung mit § 30 VerlG (Schricker aaO § 17 Rn. 2). Wird
das Werk nicht vertragsmäßig vervielfältigt oder verbreitet, so gibt § 32 VerlG
dem Verfasser das Recht, dem Verleger in entsprechender Anwendung des
§ 30 VerlG eine angemessene Frist für die Vervielfältigung oder Verbreitung mit
der Erklärung zu setzen, dass er die Annahme der Leistung nach dem Ablauf
der Frist ablehne (§ 30 Abs. 1 Satz 1 VerlG), und nach dem Ablauf der Frist
vom Vertrag zurückzutreten, wenn nicht die Leistung rechtzeitig erbracht worden ist (§ 30 Abs. 1 Satz 3 VerlG).
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b) Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Beklagten unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt kein Rücktrittsrecht zu. Der Kläger habe nicht
gegen eine nach Abschluss der Übersetzungsverträge getroffene Vereinbarung
der Parteien zur Veranstaltung der Neuauflage einer Hardcover-Ausgabe der
Übersetzungen verstoßen. Die Parteien hätten bereits keine rechtlich bindende
Vereinbarung über die Veranstaltung einer Neuauflage getroffen. Der E-Mail
des Klägers vom 30. Juni 2004 lasse sich kein Rechtsbindungswille für die Zusage der Neuauflage einer Hardcover-Ausgabe entnehmen. Aus der E-Mail des
Beklagten vom 7. Juli 2004 ergebe sich, dass er die E-Mail des Klägers ganz
offensichtlich selbst nicht als rechtsverbindliche Zusage, sondern nur als bloße
Absichtserklärung verstanden habe. Die gegen diese Beurteilung gerichteten
Angriffe der Anschlussrevision sind nicht begründet.
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Die Anschlussrevision rügt ohne Erfolg, die Würdigung der Erklärung des
Klägers vom 30. Juni 2004 durch das Berufungsgericht sei offensichtlich rechtsund erfahrungswidrig. Die E-Mail des Klägers vom 30. Juni 2004 hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:
Meine juristischen Berater sind offenbar (noch) schlechter als der Ihre, weil sie
mir noch keinen passablen Weg weisen konnten, wie wir diese Ihre Attacke parieren können. Es geht um die definitorische Frage: ist unter der in § 17 VerlG
genannten „Auflage“ auch eine vom Verleger lizensierte „Lizenzauflage“ zu verstehen. Der gesunde Menschenverstand würde das ohne Weiteres bejahen.
aber, lieber Herr Richter, wo ist der denn noch zu Hause. Klarheit in diesem
Punkte scheint nur eine richterliche Entscheidung herbeizuführen und diese ist
mir noch nicht gefunden worden. Also werden wir diese jetzt auch noch nicht
herbeiführen, sondern haben mit der Vorbereitung von Nachauflagen der Titel
World’s End, Wenn der Fluss voll Whisky wäre, América begonnen, die im Laufe des Sommers erscheinen werden.
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Die Erklärung des Klägers beruht damit - entgegen der Darstellung der
Anschlussrevision - nicht auf der Annahme, es sei rechtlich ungesichert, ob eine
Pflicht des Klägers besteht, eine neue Hardcover-Ausgabe im eigenen Verlagshaus aufzulegen. Ein Verleger, der das Recht hat, eine neue Auflage zu veranstalten, ist nach § 17 Satz 1 VerlG nicht verpflichtet, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Den Verleger trifft hinsichtlich seines Neuauflagenrechts
keine Ausübungspflicht, sondern nur eine Ausübungslast (BGH, Urteil vom
11. Juni 1969 - I ZR 54/67, GRUR 1970, 40, 42 f. - Musikverleger I; Schricker
aaO § 17 Rn. 1). Das ist rechtlich nicht zweifelhaft und war auch den Parteien
bewusst. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Beklagte dem Kläger mit
Schreiben vom 30. Januar 2004 geantwortet hat: „Ich weiß, dass Sie zur Veranstaltung von Neuauflagen nicht verpflichtet sind.“
41
Die Erklärung des Klägers beruht vielmehr ersichtlich auf der Annahme,
es sei rechtlich ungesichert, ob der Verleger seiner Ausübungslast mit einer Lizenzausgabe genügt. Mit der Ankündigung einer Nachauflage der Werke im eigenen Verlag wollte der Kläger sich daher nicht zu einer solchen Nachauflage
verpflichten. Er wollte mit der angekündigten Nachauflage vielmehr lediglich si-
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cherstellen, dass er seiner Ausübungslast auch dann entspricht, wenn er dieser
nicht schon mit der Lizenzausgabe nachgekommen sein sollte.
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6. Der vom Beklagten erklärte Rücktritt vom Vertrag ist ferner nicht nach
§ 323 Abs. 1 BGB berechtigt.
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a) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige
Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger nach § 323
Abs. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten, wenn er dem Schuldner erfolglos eine
angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat.
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b) Es kann offenbleiben, ob § 323 Abs. 1 BGB neben § 17 Satz 3 VerlG
und §§ 30, 32 VerlG anwendbar ist. Der Beklagte ist nach dieser Bestimmung
nicht zum Rücktritt von den Verträgen berechtigt, da der Kläger sich - wie
soeben ausgeführt (Rn. 38 ff.) - nach der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zur Veranstaltung von Neuauflagen der
Titel verpflichtet und daher auch nicht gegen eine entsprechende Verpflichtung
verstoßen hat.
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7. Die Voraussetzungen für einen Rückruf der Nutzungsrechte nach § 41
UrhG sind nicht erfüllt.
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a) Übt der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts das Recht
nicht oder nur unzureichend aus und werden dadurch berechtigte Interessen
des Urhebers erheblich verletzt, so kann dieser nach § 41 Abs. 1 Satz 1 UrhG
das Nutzungsrecht zurückrufen.
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b) Es kann offenbleiben, inwieweit § 41 UrhG neben § 17 Satz 3 VerlG
und §§ 30, 32 VerlG anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986
- I ZR 144/83, GRUR 1986, 613 - Ligäa; Urteil vom 15. Oktober 1987
- I ZR 114/85, GRUR 1988, 303, 305 - Sonnengesang; Schricker aaO § 32
- 19 -
Rn. 9; Schricker/Peukert in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 41
UrhG Rn. 7). Nicht erfüllt ist im Streitfall jedenfalls die Voraussetzung des § 41
Abs. 1 Satz 1 UrhG, dass der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts
das Recht nicht oder nur unzureichend ausübt.
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Ob der Nutzungsberechtigte seine Ausübungslast ausreichend wahrgenommen hat, ist im Einzelfall nach Maßgabe des Vertragszwecks aufgrund einer Interessenabwägung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der
Verkehrssitte zu ermitteln (Schricker/Peukert in Schricker/Loewenheim aaO
§ 41 UrhG Rn. 14; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 41 Rn. 15). Danach hat der Kläger sein ausschließliches Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Übersetzungen nicht deshalb unzureichend ausgeübt, weil er nach
der Veranstaltung einer Hardcover-Ausgabe keine weitere Hardcover-Ausgabe
im eigenen Verlag veranstaltet, sondern durch die Vergabe der erforderlichen
Rechte das Erscheinen von Taschenbuch- und Sonderausgaben in fremden
Verlagen veranlasst hat (vgl. Schricker/Peukert in Schricker/Loewenheim aaO
§ 41 UrhG Rn. 14; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 41 Rn. 19; Wandtke in
Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 41 UrhG Rn. 13; Kotthoff in Dreyer/
Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 41 Rn. 6; J.B. Nordemann in Fromm/
Nordemann aaO § 41 UrhG Rn. 14).
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Der Einwand des Beklagten, er verdiene an einer TaschenbuchLizenzausgabe weniger als an einer Hardcover-Verlagsausgabe, greift nicht
durch. Es liegt grundsätzlich im wirtschaftlichen Interesse sämtlicher Beteiligter
und ist daher erfahrungsgemäß üblich, einer Hardcover-Ausgabe (im eigenen
Verlag) bei nachlassendem Absatz eine Taschenbuchausgabe (im eigenen Verlag oder im Verlag eines Dritten) folgen zu lassen, um dem Werk damit weitere
Käufer zu erschließen. So verhält es sich auch im Streitfall. Die Revision weist
zutreffend darauf hin, dass der Absatz der Übersetzungen von „If the River was
Whiskey“ (vier Exemplare) und „The Tortilla Curtain“ (76 Exemplare) als Hard-
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cover-Ausgabe nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers zuletzt äußerst mäßig war. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass dem Beklagten durch die Veröffentlichung einer Taschenbuch-Lizenzausgabe Nachteile
entstanden sind. Soweit der Verkauf der Werke als Taschenbuch dazu führt,
dass weniger gebundene Exemplare der Romane verkauft werden, ist vielmehr
davon auszugehen, dass der Verlust aus dem Verkauf gebundener Bücher angesichts des zuletzt nur mäßigen Verkaufserfolges gering ist und durch den Gewinn aus dem Verkauf der Taschenbücher mehr als ausgeglichen wird.
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III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision des Klägers unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Beklagten im Kostenpunkt und insoweit
aufzuheben, als das Berufungsgericht zum Nachteil des Klägers erkannt hat.
Die Berufung des Beklagten gegen Urteil des Landgerichts ist insgesamt zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1
ZPO.
Bornkamm
Büscher
Koch
Schaffert
Löffler
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 13.12.2006 - 21 O 20997/05 OLG München, Entscheidung vom 17.07.2008 - 6 U 2168/07 -