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BUNDESGERICHTSHOF
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BESCHLUSS
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I ZB 7/14
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vom
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11. Dezember 2014
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in der Rechtsbeschwerdesache
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2014
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durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher und die Richter Prof.
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Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Feddersen
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beschlossen:
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Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des
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Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 14 - vom 7. Januar 2014
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aufgehoben, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
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Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das
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Beschwerdegericht zurückverwiesen.
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Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht
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erhoben.
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Beschwerdewert: 465,70 €.
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Gründe:
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I. Das Amtsgericht hat die der Klägerin vom Beklagten nach einem Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts zu erstattenden Kosten gemäß § 104 ZPO auf
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693,20 € nebst Zinsen festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten
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hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts
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abgeändert und die zu erstattenden Kosten auf 227,50 € nebst Zinsen herabgesetzt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde
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erstrebt die Klägerin die Festsetzung weiterer Prozesskosten in Höhe von
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465,70 € nebst Zinsen.
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II. Das Beschwerdegericht hat unter Hinweis auf einen Beschluss des
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Oberlandesgerichts Hamburg vom 4. September 2013 (K&R 2013, 810 = ZUMRD 2013, 639) ausgeführt, bei den Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 9
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UrhG handele es sich jedenfalls dann nicht um nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO
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erstattungsfähige Kosten des nachfolgenden Rechtsstreits, wenn das Ergebnis
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des Verfahrens - wie hier - vor Klageerhebung für eine Abmahnung verwendet
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werde. Der Grundsatz, dass die Kosten eines Abmahnverfahrens keine notwendigen Kosten eines dem Abmahnverfahren nachfolgenden Rechtsstreits
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seien, gelte erst recht für den hier vorliegenden Fall, dass die Aufwendungen
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des Auskunftsverfahrens nicht der Vorbereitung eines Rechtsstreits, sondern
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der Vorbereitung einer dem Rechtsstreit vorausgehenden Abmahnung dienten.
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III. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO statthafte und auch
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sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin ist begründet. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er, wie die Klägerin mit Recht beanstandet,
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nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.
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1. Nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen hierzu, ist es zu einer
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rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Nach ständiger Rechtsprechung des
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Bundesgerichtshofs müssen daher Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen
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lassen. Wird diesen Anforderungen nicht genügt, ist der Beschluss nicht mit den
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nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits aus diesem Grund aufzuheben (vgl. nur BGH, Beschluss
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vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4; Beschluss vom
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27. August 2014 - XII ZB 266/13, MDR 2014, 1339 Rn. 7 und 9, jeweils mwN).
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2. So liegt es hier. Dem angefochtenen Beschluss ist zwar zu entnehmen, dass die Klägerin die Festsetzung der Kosten eines Auskunftsverfahrens
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nach § 101 Abs. 9 UrhG begehrt und die erteilte Auskunft vor Klageerhebung
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für eine Abmahnung verwendet wurde. Der angefochtene Beschluss gibt jedoch
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weder den Sachverhalt noch die Anträge der Klägerin wieder. Auch der Beschluss des Amtsgerichts, auf den das Beschwerdegericht im Übrigen auch
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nicht Bezug nimmt, enthält keine Sachdarstellung.
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IV. Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin aufzuheben, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG sind für das Rechtsbeschwerdeverfahren keine Gerichtskosten zu erheben.
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V. Für die erneute Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Der Beklagte hat nach dem Anerkenntnisurteil die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei
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insbesondere die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur
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zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig
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waren. Zu den Prozesskosten rechnen nicht nur die durch die Einleitung und
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Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen Kosten, die - wie etwa Kosten für Detektivermittlungen oder Testkäufe - der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Diese werden aus
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Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und
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können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2005 - I ZB 21/05, GRUR 2006, 439 Rn. 11 = WRP
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2006, 237 - Geltendmachung der Abmahnkosten, mwN).
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2. Der Bundesgerichtshof hat - nach Erlass des angegriffenen Beschlusses - auf die gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg vom
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4. September 2013 gerichtete Rechtsbeschwerde entschieden, dass die Kosten
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des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 Satz 1 UrhG gegen
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einen Internet-Provider auf Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse der
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Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits gegen die Person
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dienen, die für eine über diese IP-Adresse begangene Urheberrechtsverletzung
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verantwortlich ist; sie sind daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten,
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soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (Beschluss vom 15. Mai 2014 - I ZB 71/13, GRUR 2014, 1239 Rn. 10 bis 13 =
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WRP 2014, 1468 - Deus Ex).
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Die Beschwerde rügt vergeblich, die geltend gemachten Kosten wären in
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derselben Höhe angefallen, wenn lediglich die dem Beklagten zugeteilten IPAdressen und nicht auch die anderen Personen zugeordneten IP-Adressen
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Gegenstand des Verfahrens nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG gewesen wären.
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Die Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 9 Satz 1
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UrhG gegen einen Internet-Provider auf Auskunft über die Inhaber mehrerer IPAdressen sind nur insoweit im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendige
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Kosten eines nachfolgenden Rechtsstreits gegen eine Person, die für eine über
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eine dieser IP-Adressen begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist,
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als sie anteilig auf diese Person entfallen (BGH, GRUR 2014, 1239 Rn. 14 bis
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18 - Deus Ex).
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Büscher
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Schaffert
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Koch
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Kirchhoff
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Feddersen
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Vorinstanzen:
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AG Hamburg, Entscheidung vom 08.05.2013 - 35a C 415/12 LG Hamburg, Entscheidung vom 07.01.2014 - 314 T 68/13 -
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