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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 3/13
vom
28. November 2014
in der Landwirtschaftssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja (III.2.)
BGHR:
ja
GrdStVG § 6 Abs. 1 Satz 2; RSG § 4
Zur Verlängerung der Frist für die Entscheidung über eine Genehmigung nach dem
Grundstücksverkehrsgesetz auf drei Monate reicht es aus, dass die Genehmigungsbehörde annimmt, wegen eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts gemäß § 12
GrdstVG zur Vorlage an die Siedlungsbehörde verpflichtet zu sein, und rechtzeitig
einen hierauf gestützten Zwischenbescheid erlässt; es kommt nicht darauf an, ob das
Vorkaufsrecht tatsächlich bestand (Aufgabe der früheren Senatsrechtsprechung, zuletzt Senat, Beschluss vom 9. Mai 1985 - BLw 9/84, BGHZ 94, 299, 302).
BGH, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13 - OLG Rostock
LG Schwerin
-2-
Der
Bundesgerichtshof,
Senat
für
Landwirtschaftssachen,
hat
am
28. November 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub und die Richterin Dr. Brückner sowie die ehrenamtlichen
Richter Rukwied und Karle
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beteiligten zu 6 werden der Beschluss
des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts
Rostock vom 21. Mai 2013 und der Beschluss des Amtsgerichts
- Landwirtschaftsgericht - Schwerin vom 15. Oktober 2012 aufgehoben.
Der Antrag der Beteiligten zu 1 bis 4 auf gerichtliche Entscheidung
wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller Instanzen tragen die Beteiligten zu 1
bis 4. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
90.000 €.
Gründe:
I.
1
Die Beteiligte zu 4 ist ein in der Rechtsform einer GmbH betriebenes Unternehmen, dessen Gegenstand ursprünglich der Ankauf, die Verwertung und
der Wiederverkauf von Grundstücken sowie die Projektentwicklung war. Mit
notariellem Vertrag vom 2. Mai 2011 kaufte sie von den Beteiligten zu 1 bis 3
-3-
mehrere Grundstücke. Im Einzelnen handelte es sich um ein 0,53 ha großes
Waldgrundstück (Grundbuch von T.
Hoffläche (Grundbuch von U.
, Bl. 175), eine 0,46 ha große
, Bl. 341) und ein knapp 8 ha großes, über-
wiegend aus Ackerland bestehendes Grundstück (Grundbuch von U.
,
Bl. 342). Auf den am 4. Oktober 2011 eingegangenen Genehmigungsantrag
nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erließ die Genehmigungsbehörde zwei
Zwischenbescheide, mit denen sie die Entscheidungsfrist auf zunächst zwei
und sodann auf drei Monate verlängerte. Die Beteiligte zu 5 (Siedlungsunternehmen) erklärte die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts. Dies
teilte die Genehmigungsbehörde den Beteiligten zu 1 bis 4 durch am
20. Dezember 2011 zugegangenen Bescheid mit.
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Dagegen haben die Beteiligten zu 1 bis 4 gerichtliche Entscheidung beantragt und unter anderem geltend gemacht, die Beteiligte zu 4 beabsichtige
den Aufbau einer Pferdepension und -zucht. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Kaufvertrag nach dem Grundstückverkehrsgesetz genehmigt. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 5 und zu 6
(der Landwirtschaftsbehörde übergeordnete Behörde) sind im Ergebnis erfolglos geblieben; das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - hat
unter Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung die Mitteilung über die
Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben und festgestellt, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei, der Kaufvertrag hinsichtlich des
Waldgrundstücks keiner Genehmigung bedürfe und im Übrigen als genehmigt
gelte. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will
die Beteiligte zu 6 die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung erreichen. Die Beteiligten zu 1 bis 4 beantragen die Zurückweisung des
Rechtsmittels.
-4-
II.
3
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts besteht kein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht. Dieses entfalle, wenn bei dem Verkauf mehrerer Grundstücke in einem Vertrag nicht alle verkauften Grundstücke dem Vorkaufsrecht unterlägen und für den Vertrag eine einheitliche Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz beantragt werde. So liege es hier. Das Waldgrundstück
falle nicht unter das Vorkaufsrecht, weil es mit den übrigen verkauften Flächen
keine wirtschaftliche Einheit bilde. Mithin bedürfe die Veräußerung des isoliert
zu betrachtenden Waldgrundstücks keiner grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung, weil seine Größe unter der Genehmigungsfreigrenze liege. Die beiden anderen verkauften Grundstücke seien hingegen als wirtschaftliche Einheit
anzusehen. Insoweit sei die Genehmigung zwar materiell zu versagen gewesen, weil es sich bei der Beteiligten zu 4 nicht um ein landwirtschaftlich tätiges
Unternehmen handele, während ein dringend aufstockungsbedürftiger landwirtschaftlicher Betrieb als Kaufinteressent zur Verfügung stehe. Die Genehmigung
gelte jedoch wegen Fristablaufs als erteilt. Da ein Vorkaufsrecht nicht bestehe,
habe die Entscheidungsfrist durch Zwischenbescheid nicht auf drei, sondern
nur auf zwei Monate verlängert werden können. Die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts sei erst nach Ablauf der Frist und damit zu spät erfolgt.
III.
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Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
1. Der notarielle Kaufvertrag vom 2. Mai 2011 unterlag nicht nur teilweise, sondern insgesamt der Genehmigungspflicht nach § 2 GrdstVG. Soweit das
Beschwerdegericht das Waldgrundstück hiervon ausgenommen und dessen
-5-
Verkauf als genehmigungsfrei angesehen hat, hält das rechtlicher Nachprüfung
nicht stand.
6
a) Das Waldgrundstück liegt zwar für sich genommen unter der in § 2
Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG, § 1 AG M-V GrdstVG geregelten Genehmigungsfreigrenze von 2 ha. Mit diesem Vertrag wurden jedoch weitere Grundstücke verkauft,
von denen zumindest eines (Grundbuch von U.
, Blatt 342) der Größe nach
die Freigrenze übersteigt, also der Genehmigungspflicht unterfällt. Damit wurde
der Gesamtvertrag genehmigungspflichtig, weil die Genehmigung grundsätzlich
nur einheitlich erteilt oder versagt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom
8. Mai 1998 - BLw 42/97, NJW-RR 1998, 1470, 1471; OLG Naumburg, NJWRR 2011, 884, 885; Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 2 Anm. 4.2.8.2.3, S. 346). Ob
etwas anderes in Betracht käme, wenn sich aus den Umständen oder den Interessen der Vertragspartner die Möglichkeit einer Teilung des Vertrags und des
Genehmigungsantrags ergäbe, bedarf keiner Entscheidung, weil das Beschwerdegericht in tatrichterlicher Würdigung, welche die Beteiligten nicht angreifen, eine Teilbarkeit sowohl für den Kaufvertrag als auch für den Genehmigungsantrag verneint hat.
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b) Ob die verkauften Flächen hingegen ein einheitliches Grundstück im
wirtschaftlichen Sinn bilden, ist für den hier allein interessierenden Umfang der
Genehmigungspflicht nach § 2 GrdstVG ohne Bedeutung. Diese Frage spielt
ausschließlich eine Rolle für das Bestehen eines Vorkaufsrechts nach § 4 RSG
(vgl. dazu Senat, Beschluss vom 9. Mai 1985 - BLw 9/84, BGHZ 94, 299,
302 ff.).
8
2. Die danach für den gesamten Vertrag erforderliche Genehmigung gilt
entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht wegen Fristablaufs
nach § 6 Abs. 2 GrdstVG als erteilt. Der zweite, auf das Vorkaufsverfahren gestützte Zwischenbescheid der Genehmigungsbehörde vom 29. November 2011
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(der am 1. Dezember 2011 und damit innerhalb der laufenden Zweimonatsfrist
zugestellt worden ist) hat die Entscheidungsfrist wirksam auf drei Monate verlängert (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GrdstVG); es kommt nicht darauf an, ob ein
Vorkaufsrecht nach § 4 RSG tatsächlich bestand.
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a) Nach der bisherigen Rechtsprechung, auf die sich das Beschwerdegericht stützt, soll allerdings ein irrtümlich auf das Vorkaufsrecht gestützter Zwischenbescheid nur die Zweimonatsfrist nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GrdstVG in
Lauf setzen (Senat, Beschluss vom 9. Mai 1985 - BLw 9/84, BGHZ 94, 299,
302; Beschluss vom 14. Februar 1974 - V BLw 1/73, WM 1974, 539; Beschluss
vom 28. Oktober 1965 - V BLw 19/65, BGHZ 44, 202, 204; vgl. auch Beschluss
vom 7. November 2002 - BLw 24/02, NL-BzAR 2003, 74; Nachweise der obergerichtlichen Rechtsprechung bei Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 6 Anm. 4.6.2.3,
S. 406 f.; so wohl auch Lange, GrdstVG, 2. Aufl., § 6 Anm. 5a; Ehrenforth, RSG
und GrdstVG, 1965, Teil E § 6 GrdstVG Anm. 3 c; Wöhrmann, GrdstVG, 1963,
§ 6 Rn. 31; Herminghausen, DNotZ 1965, 211, 215).
10
b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht länger fest (vgl. bereits
Senat, Beschluss vom 8. Mai 1998 - BLw 44/97, NJW-RR 1998, 1473, 1474).
Für die Verlängerung der Frist auf drei Monate reicht es aus, dass die Genehmigungsbehörde annimmt, wegen eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts
gemäß § 12 GrdstVG zur Vorlage an die Siedlungsbehörde verpflichtet zu sein,
und rechtzeitig einen hierauf gestützten Zwischenbescheid erlässt (so auch
OLG Stuttgart, RdL 1972, 103, 105; Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 6 Anm. 4.6.2.3,
S. 407 ff.; Pikalo/Bendel, GrdstVG, 1963, § 6 S. 433 u. S. 438 f.; Schmitz, AgrarR 1994, 390 f.).
11
aa) Für die bisherige Rechtsprechung lässt sich allerdings der Gesetzeswortlaut anführen. Ein Zwischenbescheid, der die Frist auf drei Monate verlängern soll, setzt nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GrdstVG voraus, dass „die Ge-
-7-
nehmigungsbehörde eine Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts
nach § 12 (GrdstVG) herbeizuführen (hat)“. Diese Verpflichtung soll nach dem
Wortlaut des § 12 GrdstVG davon abhängen, dass „die Voraussetzungen
vor(liegen), unter denen nach dem Reichssiedlungsgesetz das Vorkaufsrecht
ausgeübt werden kann“. Eindeutig ist das jedoch nicht. Vielmehr schließt die
Formulierung des § 6 GrdstVG es nicht aus, auch solche Fälle einzubeziehen,
in denen die Genehmigungsbehörde irrtümlich von dem Bestehen eines Vorkaufsrechts ausgeht und sich infolgedessen zur Herbeiführung der Erklärung
verpflichtet sieht (vgl. auch Senat, Beschluss vom 28. Oktober 1965
- V BLw 19/65, BGHZ 44, 202, 203).
12
bb) Aus systematischer Sicht spricht gegen die bisherige Rechtsprechung die Parallele zur Fristverlängerung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1
GrdstVG. Danach kann die Genehmigungsbehörde die Frist von einem auf zwei
Monate verlängern, wenn aus ihrer Sicht mehr Zeit für die Prüfung erforderlich
ist. Dort hängt die Fristverlängerung also allein von der subjektiven Einschätzung der Genehmigungsbehörde ab, nicht hingegen von der objektiven Erfüllung bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen.
13
Insbesondere gehört die Frage, ob ein Vorkaufsrecht nach § 4 RSG besteht, in materieller Hinsicht grundsätzlich nicht zum Prüfungsgegenstand des
Einwendungsverfahrens nach § 10 RSG, in dem die Sachentscheidung der Genehmigungsbehörde überprüft wird (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Mai 1985
- BLw 9/84, BGHZ 94, 299, 301; näher unten zu IV.). Es erscheint dann inkohärent, diese materiell nicht zu prüfende Frage für die Bestimmung der Fristdauer
heranzuziehen und damit im Ergebnis über den Eintritt der materiell wirkenden
Genehmigungsfiktion entscheiden zu lassen.
14
cc) Auch nach der Entstehungsgeschichte genügt für die Fristverlängerung, dass die Genehmigungsbehörde annimmt, die Voraussetzungen für die
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Vorlagepflicht gemäß § 12 GrdstVG seien erfüllt. Die Gesetzesbegründung
sieht die Verlängerung auf drei Monate für Fälle vor, „in denen das Vorkaufsrecht ausgeübt werden soll“ (BT-Drucks. 3/2732, S. 3), stellt also nicht zwingend auf dessen objektives Bestehen ab. In diesen Fällen reiche wegen des
Umfangs der notwendigen Ermittlungen die Frist von zwei Monaten nicht aus.
Zu solchen weiteren Ermittlungen kommt es im Genehmigungsverfahren aber
schon dann, wenn die Genehmigungsbehörde - sei es auch rechtsirrig - von
dem Bestehen eines Vorkaufsrechts ausgeht.
15
dd) Die bisherige Rechtsprechung führt zu Ergebnissen, die dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen.
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Die Entscheidungsfrist ist ein formelles Verfahrenselement. Ihre Dauer
muss für alle Beteiligten im Vorhinein klar und unschwer erkennbar sein (vgl.
Senat, Beschluss vom 17. März 1966 - V BLw 49/65, NJW 1966, 1408). Die
bisherige Rechtsprechung hat demgegenüber Unsicherheiten über die Fristdauer zur Folge. Mit Gewissheit lässt sie sich erst im Nachhinein feststellen,
weil sie von der letztinstanzlichen Beurteilung im Gerichtsverfahren abhängt.
Wird dort ein Vorkaufsrecht bejaht, dauerte die Frist drei Monate, wird es verneint, betrug sie nur zwei Monate. Eine derartige Unsicherheit über die Frist
ergibt sich insbesondere in rechtlichen Zweifelsfällen, in denen das Bestehen
oder Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nicht von vornherein auf der Hand liegt,
sondern von der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe abhängt, etwa im vorliegenden Fall von der Frage, ob mehrere, nur teilweise landwirtschaftlich genutzter Grundstücke ein einheitliches Grundstück im wirtschaftlichen Sinn bilden, dessen Verkauf ein Vorkaufsrecht nach § 4 RSG begründet (weitere Beispiele bei Schmitz, AgrarR 1994, 390 f.). Wird das Vorkaufsrecht in einem solchen Fall von der Behörde bejaht, im anschließenden gerichtlichen Verfahren
aber verneint, so käme es zu der Genehmigungsfiktion selbst dann, wenn - wie
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hier - der Kaufvertrag auch nach Ansicht des Gerichts materiell nicht genehmigungsfähig ist.
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Das Risiko der Genehmigungsfiktion könnte die Behörde allenfalls vermeiden, indem sie in rechtlichen Zweifelsfällen die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts stets innerhalb von zwei Monaten herbeiführt. Die
dreimonatige Frist bliebe ihr dann praktisch nur noch für eindeutige, also weniger prüfungsintensive Fälle. Das liefe dem Normzweck zuwider. Denn der Gesetzgeber hat die Verlängerung der Frist auf drei Monate deshalb ermöglicht,
weil die zweimonatige Frist nicht ausreicht, um die Entscheidung der Siedlungsbehörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts herbeizuführen (BTDrucks. 3/2732, S. 3); das gilt erst recht in Zweifelsfällen, die einen erhöhten
Prüfungs- und damit Zeitbedarf mit sich bringen.
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ee) Die Gefahr einer missbräuchlichen Fristverlängerung durch die Genehmigungsbehörde (dazu OLG München, RdL 1967, 126, 128) erscheint
demgegenüber gering. Abgesehen davon, dass es allenfalls zu einer Fristverlängerung um einen auf insgesamt drei Monate kommen kann, darf die Behörde
den auf die Dreimonatsfrist gerichteten Zwischenbescheid nicht schon dann
erlassen, wenn ihr ein Vorkaufsrecht lediglich möglich erscheint, sondern erst,
wenn sie nach rechtlicher Prüfung von dessen Bestehen überzeugt ist. Dann
muss sie den Zwischenbescheid erteilen und den Vertrag der Siedlungsbehörde vorlegen (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober 1965 - V BLw 19/65,
BGHZ 44, 202, 203). Dass die Behörde den Vertrag der Siedlungsbehörde
„zum Schein“ vorlegt, um ihre Prüfungsfrist um einen Monat zu verlängern, erscheint eher fernliegend.
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c) Danach ist hier keine Genehmigungsfiktion eingetreten. Die Entscheidungsfrist war durch Zwischenbescheid wirksam auf drei Monate verlängert
worden. Dafür reicht aus, dass die Genehmigungsbehörde nach Abschluss ih-
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rer rechtlichen Prüfung ein Vorkaufsrecht und damit ihre Vorlagepflicht gemäß
§ 12 GrdstVG bejahte. Anhaltspunkte für ein willkürliches oder missbräuchliches Vorgehen der Behörde sind nicht ersichtlich. Damit lief die Entscheidungsfrist bis zum 4. Januar 2012, so dass der Zugang des angegriffenen Bescheids
über die Vorkaufsrechtsausübung am 20. Dezember 2011 rechtzeitig erfolgte
und damit die Genehmigung versagt wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Januar 1980 - V BLw 39/79, NJW 1981, 174.
20
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erweist sich auch nicht aus
anderen Gründen im Ergebnis als richtig. Der Kaufvertrag ist nicht genehmigungsfähig. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG ist die Genehmigung zu versagen,
wenn sie eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde.
Nach § 9 Abs. 2 GrdstVG liegt eine solche ungesunde Verteilung in der Regel
vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur
widerspricht. Das ist nach ständiger Rechtsprechung in der Regel der Fall,
wenn ein landwirtschaftliches Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird,
obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs benötigt und
bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrags zu
erwerben (etwa Senat, Beschluss vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJWRR 2006, 1245 Rn. 18 mwN; vgl. auch Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 9
Anm. 4.9.1.1, S. 464). So liegt es hier.
21
a) Bei der Beteiligten zu 4 handelt es sich nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb, und sie ist einem solchen auch nicht gleichzustellen.
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aa) Ein landwirtschaftliches Unternehmen liegt nach der Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 4 ALV vor, wenn im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit
eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende planmäßige Aufzucht von Pflanzen
oder eine damit verbundene Tierhaltung betrieben wird (Senat, Beschluss vom
28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 23). Ausreichen kann da-
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bei ein landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetrieb; dieser muss jedoch leistungsfähig sein, was voraussetzt, dass durch die im landwirtschaftlichen Betriebsteil
erzielten Gewinne die Existenzgrundlage des Nebenerwerbslandwirts wesentlich verbessert wird (Senat, Beschluss vom 6. Juli 1990 - BLw 8/88, BGHZ 112,
86, 94; Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 9 Anm. 4.10.3.8.2, S. 497).
23
bb) Als für die Beurteilung maßgeblich erachtet das Beschwerdegericht
den Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats zum Einwendungsverfahren nach § 10 RSG, die darauf beruht, dass dem vorkaufsberechtigten Siedlungsunternehmen die einmal erlangte Rechtsstellung nicht nachträglich wieder genommen werden kann (Senat,
Beschluss vom 24. November 2006 - BLw 11/06, NL-BzAR 2007, 98 Rn. 12 ff.;
Beschluss vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 22). Im
vorliegenden Fall verneint das Beschwerdegericht allerdings ein Vorkaufsrecht,
so dass das Siedlungsunternehmen keine schützenswerte Rechtsstellung hätte
erlangen können.
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Ob ein Vorkaufsrecht tatsächlich nicht bestand und ob das dazu führt,
dass stattdessen auf den Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen ist (so zur Genehmigungsversagung ohne Vorkaufsrecht
nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 22 GrdstVG: OLG Stuttgart, NJW-RR 2011, 1385,
1386; OLG Zweibrücken, RdL 2011, 19 f.; Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 22
GrdstVG Anm. 8.5.11.1, S. 901), kann hier dahinstehen. Denn die Beteiligte
zu 4 hat die Anforderungen an ein landwirtschaftliches Unternehmen zu keinem
der in Frage kommenden Zeitpunkte erfüllt. Das kann der Senat anhand der
getroffenen Feststellungen selbst entscheiden, ohne dass es einer Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht bedarf (§ 9 LwVG, § 74 Abs. 6
Satz 1 FamFG). Denn das Beschwerdegericht hält zwar den Zeitpunkt der Vorkaufsrechtsausübung für maßgeblich, hat aber der Sache nach auch alle späte-
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ren Entwicklungen während des Einwendungsverfahrens berücksichtigt, so
dass weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind.
25
cc) Die Beteiligte zu 4 hat nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts zwar ihren ursprünglichen nicht-landwirtschaftlichen Unternehmensgegenstand während des Genehmigungs- bzw. des Einwendungsverfahrens formal um Land- und Forstwirtschaft, Pferdehaltung und -pension erweitert. Tatsächlich hat sie aber bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts keinen
landwirtschaftlichen Erwerbsbetrieb geführt. Die insoweit allein als landwirtschaftliche Tätigkeit in Betracht kommende Produktion von Heusilage erreichte
jedenfalls keinen nennenswerten Umfang. Gewinne aus landwirtschaftlicher
Tätigkeit hat die Beteiligte zu 4 nach ihren eigenen Angaben noch während des
amtsgerichtlichen Verfahrens nicht erzielt. Soweit das Beschwerdegericht ihren
durchschnittlichen Jahresumsatz mit rund 200.000 € ansetzt, bezieht sich das
auf die vergangenen Jahre und damit - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung - nicht auf landwirtschaftliche Tätigkeiten, sondern auf den
bisherigen nicht-landwirtschaftlichen Unternehmensgegenstand.
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dd) Nichts anderes ergibt sich aus den von der Beteiligten zu 4 behaupteten Plänen, eine Pferdezucht bzw. Viehwirtschaft aufzubauen. Zwar kann ein
Nichtlandwirt ausnahmsweise einem Landwirt gleichgestellt werden, wenn die
Aufnahme einer landwirtschaftlichen Tätigkeit für die Zukunft geplant ist. Nach
ständiger Rechtsprechung sind dafür aber konkrete und in absehbarer Zeit zu
verwirklichende Absichten und Vorkehrungen mindestens zur Führung einer
leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft erforderlich, wobei bei der Prüfung gegenüber einem Käufer, der bisher keinen landwirtschaftlichen Beruf
ausgeübt hat, ein strenger Maßstab angezeigt ist (etwa Senat, Beschluss vom
28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 25 mwN). Das hat das
Beschwerdegericht hier rechtsfehlerfrei verneint und vielmehr einen (agrarpolitisch unerwünschten, vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2006 - BLw 32/05,
- 13 -
NJW-RR 2006, 1245 Rn. 36) Vorratserwerb landwirtschaftlicher Grundstücke
angenommen.
27
Die Beteiligte zu 4 kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine näher
spezifizierte Planung nur deshalb noch nicht möglich sei, weil die gekauften
landwirtschaftlichen Flächen bis September 2018 verpachtet sind, also nach
dem Erwerb zunächst nicht von ihr selbst genutzt werden könnten. Denn die
Pachtbindung befreit den Erwerber nicht von dem Erfordernis, seine Pläne zur
Aufnahme eines landwirtschaftlichen Erwerbsbetriebs konkret darzustellen; sie
steht vielmehr einer in absehbarer Zeit erfolgenden eigenen Bewirtschaftung
entgegen (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Mai 1998, BLw 2/98, NJW-RR 1998,
1472, 1473). Die bloße Verpachtung von Flächen zu landwirtschaftlichen Zwecken stellt dabei keinen landwirtschaftlichen Betrieb dar (vgl. Senat, Beschluss
vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 23; Beschluss vom
26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 22).
28
b) Mit der von der Beteiligten zu 5 als Kaufinteressentin benannten bisherigen Pächterin steht ein aufstockungsbedürftiger landwirtschaftlicher Betrieb
zur Verfügung.
29
Der dringende Aufstockungsbedarf der Kaufinteressentin ergibt sich aus
den Feststellungen des Beschwerdegerichts, wonach diese bislang rund 583 ha
Pachtland, aber nur rund 90 ha Eigenland bewirtschaftet. Bei einem solchen
groben Missverhältnis dient die Vergrößerung des Eigenlandanteils der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebes und damit der Verbesserung der Agrarstruktur. Das ist auch dann der Fall, wenn - wie hier - der Zuerwerb nur zu einer
geringen Erhöhung des Eigenlandanteils führt. Denn jeder Schritt auf dem Weg
zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen eigenen und gepachteten Flächen bedeutet eine strukturelle Verbesserung (Senat, Beschluss vom 26. April
2002 - BLw 36/01, NJW-RR 2002, 1169, 1170).
- 14 -
IV.
30
Die sonstigen sich aus dem Siedlungsrecht ergebenden Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG (hier insbesondere die Frage, ob die
verkauften Flächen eine wirtschaftliche Einheit bilden) sind im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG i.V.m. § 12 GrdstVG nicht zu prüfen, sondern dem Zivilprozess vorbehalten. Die Landwirtschaftsgerichte sind im Einwendungsverfahren vielmehr auf die Prüfung beschränkt, ob die Veräußerung der Genehmigung
bedurfte und ob die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 GrdstVG zu versagen wäre
(Senat, Beschluss vom 23. November 2012 - BLw 13/11, NJW 2013, 607
Rn. 18; Beschluss vom 24. November 2006 - BLw 11/06, NL-BzAR 2007, 98
Rn. 18; Beschluss vom 9. Mai 1985 - BLw 9/84, BGHZ 94, 299, 301; Beschluss
vom 4. Februar 1964 - V BLw 31/63, BGHZ 41, 114, 122; BT-Drucks. 3/2635,
S. 15 f.; Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 1 Rn. 133 f., § 9 Rn. 156 f.). Weil die Mitteilung
über die Vorkaufsrechtsausübung wie eine Genehmigungsversagung wirkt (Senat, Beschluss vom 31. Januar 1980 - V BLw 39/79, NJW 1981, 174; Ernst,
LwVG, 8. Aufl., § 1 Rn. 131; Netz, GrdstVG, 6. Aufl., § 21 Anm. 8.4.2, S. 868;
vgl. auch BT-Drucks. 3/2635, S. 6), stehen den Betroffenen nach § 10 Satz 1
und 3 RSG, § 21 Satz 3, § 22 GrdstVG gegen die Mitteilung dieselben Einwendungen - aber auch nur diese - wie gegen die Genehmigungsversagung (§ 22
Abs. 1 GrdstVG) zu. Soweit das Beschwerdegericht ergänzend tenoriert hat,
dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei, handelt es sich
lediglich um eine Klarstellung, die vom rechtlichen Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts - nämlich dem Durchdringen der Einwendungen der Antragsteller - folgerichtig ist (vgl. Ernst, LwVG, 8. Aufl., § 9 Rn. 160; Netz, GrdstVG,
6. Aufl., § 10 RSG Anm. 10.11.5, S. 1036). Haben die Einwendungen hingegen
- wie hier - keinen Erfolg, so wird im Einwendungsverfahren nicht positiv festge-
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stellt, dass das Vorkaufsrecht bestand oder wirksam ausgeübt wurde
(OLG München, RdL 1992, 159, 160).
V.
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Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf (§ 9 LwVG, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).
Danach ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen, weil die
Veräußerung der Genehmigung bedurfte und die Genehmigung - ohne Ausübung des Vorkaufsrechts - nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG zu versagen gewesen ist.
VI.
32
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Die Festsetzung des
Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 1, § 37 LwVG.
Stresemann
Czub
Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 15.10.2012 - 19 XV 3/12 OLG Rostock, Entscheidung vom 21.05.2013 - 14 W XV 2/12 -
Brückner