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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 16/04
vom
5. November 2004
in der Landwirtschaftssache
betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 5. November
2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Kees
und Andreae
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Senats für
Landwirtschaftssachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena
vom 20. November 2003 wird auf Kosten des Antragstellers, der
der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen, da die Rechtsverfolgung ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg ist.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 1.600,82 €.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Erbe seiner 1995 verstorbenen Mutter und seines
1975 verstorbenen Vaters. Diese hielten einen Anteil von 1/162 an einem Genossenschaftswald, den sie in die LPG M.
(im folgenden: LPG), die
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Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, in der sie Mitglied waren, einbrachten. Im Jahre 1964 wurde der Wald von den Bodeneigentümern an das Ministerium für Nationale Verteidigung für militärische Zwecke verkauft. Der Kaufpreis wurde aufgeteilt. Diejenigen Bodeneigentümer, die nicht der LPG angehörten, sollten anteilig Bodenpreis und Bestandswert vergütet erhalten. Die
LPG-Mitglieder sollten nur den anteiligen Bodenpreis ausgekehrt bekommen;
der Teil des Kaufpreises, der auf den Bestandswert entfiel, wurde der LPG zugewiesen.
Auf die Rechtsvorgänger des Antragstellers entfielen, ihrem Anteil gemäß, ein Bestandswert von 4.890,26 M und ein Bodenpreis von 730,72 M.
Die Mutter des Antragstellers ist 1991 aus der LPG ausgeschieden. Sie
und ihr verstorbener Ehemann erhielten im Zusammenhang mit dem Verkauf
des Waldes insgesamt zumindest 4.067 M ausgezahlt. Der Antragsteller ist der
Auffassung, seinen Eltern habe von dem Gesamtkaufpreis ein Betrag von
5.826,45 M zugestanden. Abzüglich der erhaltenen Zahlung verbleibe ein Rest
von 1.758,95 DM, zu dem eine Verzinsung von 1.371,98 DM hinzuzurechnen
sei. Den Gesamtbetrag von 3.130,95 DM (= 1.600,82 €) macht er vorliegend,
soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, geltend.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Zahlungsantrag abgewiesen. Die
sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.
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II.
Die nach § 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG zulässige Rechtsbeschwerde bleibt
in der Sache ohne Erfolg.
1. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, daß Abfindungsansprüche nach § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LwAnpG, die hier vorrangig geltend gemacht
werden, nach § 64a Abs. 2 Satz 3 LwAnpG ausgeschlossen sind. Das ergibt
sich aus folgendem.
a) Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz regelt die Abfindung von LPGMitgliedern wegen eingebrachter Waldflächen in besonderer Weise. Da ihnen
das Bodeneigentum verblieb und nur der Bestand, unabhängig vom Grundeigentum, in das Vermögen der Genossenschaft überging (§ 13 Abs. 1 und 2
LPGG/59), war nur insoweit eine Regelung zu treffen. Diese besteht nach
§ 64a Abs. 1 Satz 1 LwAnpG darin, das Eigentum am Boden mit dem Eigentum
am Bestand in der Person des Grundstückseigentümers wieder zusammenzuführen. Daß der Bestand bei Einbringung einen anderen, geringeren oder höheren, Wert gehabt haben wird als im Zeitpunkt der Rückgabe, ist ohne Bedeutung. Wertunterschiede werden nicht ausgeglichen. Daß den Waldeinbringern
für den Bestand Inventarbeiträge gutgeschrieben worden waren, findet ebenfalls keine Berücksichtigung. § 64a Abs. 2 Satz 3 LwAnpG schließt darauf gerichtete, sich etwa aus § 44 LwAnpG sonst ergebende Ansprüche aus (vgl. Senat, BGHZ 120, 361, 365 f.; Beschl. v. 4. November 1994, BLw 1/94, VIZ 1995,
174; erläuternd Wenzel, AgrarR 1995, 1, 7).
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b) Solche Ansprüche können - entgegen diesem gesetzlichen Konzept vorliegend nicht deswegen ausnahmsweise geltend gemacht werden, weil Boden und Bestand infolge der Veräußerung an den Staat nicht an die früheren
Waldeigentümer zurückgelangt sind, § 64a Abs. 1 LwAnpG daher leer läuft.
Im Hinblick auf den Bodenwert kommt von vornherein kein Anspruch
nach § 44 Abs. 1 LwAnpG in Betracht. Der Boden verblieb den Eltern des Antragstellers. Er ging nicht in das Eigentum der LPG über; dem Mitglied wurde
hierfür kein Inventarbeitrag gutgeschrieben. Die Vermögensinteressen werden
dadurch gewahrt, daß der anteilige Kaufpreis an den Bodeneigentümer auszukehren war. Wie bereits das Landwirtschaftsgericht zutreffend dargelegt hat,
sind die Rechtsvorgänger des Antragstellers insoweit durch die von der LPG
erbrachten Zahlungen befriedigt worden.
Im Hinblick auf den Bestandswert könnte eher an einen Ausgleichsanspruch gedacht werden, weil die Rückgabe des Bestands infolge der Veräußerung ausscheidet und weil auch der Gegenwert den LPG-Mitgliedern nicht
- anteilig - ausgezahlt wurde, er vielmehr dem Fonds der LPG zufloß. Gleichwohl sieht das Gesetz auch in diesem Fall keinen Abfindungsanspruch vor;
§ 44 LwAnpG wird von § 64a Abs. 2 Satz 3 LwAnpG generell ausgeschlossen.
Eine einschränkende Interpretation dieser Norm kommt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht. Allerdings darf der Wert des veräußerten Bestandes letztlich nicht uneingeschränkt der LPG verbleiben. Verliert sie den Bestand nach § 64a Abs. 1 LwAnpG an den Grundeigentümer, so
kann der an dessen Stelle getretene Kaufpreiserlös vermögensmäßig nicht
grundsätzlich anders behandelt werden. Das ist aber auch nicht der Fall, und
zwar ohne, daß es der Zubilligung eines darauf gerichteten Abfindungsan-
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spruchs bedürfte. Der Kaufpreis ist, worauf das Beschwerdegericht zutreffend
hingewiesen hat, dem Fondsvermögen der LPG zugute gekommen. Er mehrt
damit den Eigenkapitalanteil der Mitglieder. Dies kommt dem ausscheidenden
Mitglied bei der Abfindung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG allgemein zugute. Gerechtigkeitserwägungen verlangen nicht, daß dem Mitglied vorab ein Anspruch
auf Inventarbeitragsrückzahlung oder auf Auskehrung des jeweiligen Kaufpreisanteils zugesprochen wird. Die Waldeinbringer werden nach der gesetzlichen Konzeption nur pauschal abgefunden, durch Restitution des Waldbestandes, unabhängig vom Wert und von der Wertrelation zum Zeitpunkt des Einbringens (vgl. Schweitzer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach
dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Aufl., Rdn. 689 ff.), oder durch Teilhabe am Erlös, insoweit er den Anteil am LPG-Vermögen wertmäßig erhöht
hat. Eine weitere den Besonderheiten der jeweiligen Situation Rechnung tragende Abfindung sieht das Gesetz nicht vor. Das kann - wie bei jeder pauschalen Regelung - zu Begünstigungen (wie vom Beschwerdegericht näher dargelegt) wie auch zu Benachteiligungen einzelner Waldeinbringer führen, rechtfertigt aber keine zusätzlichen Ansprüche.
2. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 64a
Abs. 2 Satz 1 und 2 LwAnpG.
Nach diesen Vorschriften können Waldeigentümer auf Ansprüche der
LPG zugreifen, die dieser aufgrund von Verträgen über den Waldbesitz gegen
Dritte zustehen. Gleiches gilt für bereits an die LPG erbrachte Leistungen. Ein
solcher Sachverhalt ist hier jedoch nicht gegeben.
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Zum einen sind mit dieser Regelung nicht Kaufverträge über den Waldbestand gemeint, sondern Bewirtschaftungsverträge. Gedacht ist an entsprechende Verträge zwischen den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben, die Ausgleichszahlungen
für den Fall vorsehen, daß der zur Bewirtschaftung übertragene Waldbestand
einen höheren Wert als bei Rückgabe durch die Staatliche Forstwirtschaft hatte
(Schweitzer, aaO, Rdn. 687; Feldhaus, LwAnpG 1991, S. 63, vgl. auch OLG
Brandenburg, AgrarR 1997, 158, 159; Senat, Beschl. v. 4. November 1994,
BLw 1/94, VIZ 1995, 174). Um den Ausgleich solcher Wertverluste geht es vorliegend nicht. Wollte man auch Verkaufserlöse als von der Norm erfaßt ansehen, führte dies - wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat - zu Brüchen in der Systematik. Der Wert des Waldbestandes wurde den jeweiligen
Genossenschaftsmitgliedern als Inventar- bzw. zusätzliche Inventarbeiträge
gutgeschrieben (Schweitzer, aaO, Rdn. 690; vgl. auch Senat, aaO). Die zusätzlichen Inventarbeiträge, also die über den pauschalen Pflichtbeitrag von 800 M
pro ha hinausgehenden wertvolleren Waldbestand ausgleichenden Beiträge,
waren den Genossenschaftsmitgliedern nach und nach aus den Einkünften der
Waldwirtschaft zurückzuzahlen (Nr. 19 Abs. 3 LPG-MusterSt III/59; Schweitzer,
aaO, Rdn. 690). Damit verträgt sich nicht eine Regelung, wonach der gesamte
Verkaufserlös an die Waldeinbringer auszukehren wäre.
Zum anderen geht § 64a Abs. 2 Satz 1 und 2 LwAnpG von Verträgen der
LPG mit Dritten aus. Leistungen, die hieraus geschuldet werden oder geflossen
sind, sollen unter Umständen auf die Genossenschaftsmitglieder aufgeteilt
werden. Vorliegend hat aber nicht die LPG die Waldbestände an den Staat
verkauft, sondern es waren die Waldeigentümer selbst, die von Vertretungsberechtigten der LPG kraft Vollmacht vertreten wurden. Das stellt strukturell eine
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andere Situation dar (siehe auch OLG Dresden, OLG-NL 2003, 105, 107). Im
übrigen zeigt sich auch in der konkreten Verfahrensweise, daß eine Auskehrung des Erlöses an die Genossenschaftsmitglieder nach der gesetzlichen
Konzeption nicht in Betracht kommt. Der an sich den Waldeigentümern als
Verkäufern zustehende Kaufpreis war, soweit er auf den Bestand entfiel, an die
LPG zu überweisen. Er deckte anstelle des veräußerten Waldes die gutgeschriebenen Inventarbeiträge ab. Es ist dann folgerichtig, auf ihn die für Inventarbeiträge für Waldflächen geltenden Regelungen anzuwenden, nicht die Ausgleichsregelungen des § 64a Abs. 2 Satz 1 und 2 LwAnpG.
3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde läßt sich den Vorschriften der §§ 44 und 64a LwAnpG insgesamt nicht das Regelungsziel entnehmen, den Wert der eingebrachten Waldbestände unvermindert den Waldeinbringern bei der Abfindung wieder zu vergüten. Wie bereits dargelegt, ist
die Abfindung wegen eingebrachter Waldflächen im Landwirtschaftsanpassungsgesetz sehr pauschal geregelt. Sie beschränkt sich auf eine Rückführung
der Waldbestände, unabhängig vom Wert derselben und unabhängig von zuvor zurückgezahlten Inventarbeiträgen (vgl. Senat, Beschl. v. 4. November
1994, BLw 1/94, VIZ 1995, 174, 175). Seine Rechtfertigung findet diese pauschale Abfindungslösung zum einen in dem Umstand, daß die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die Waldbewirtschaftung nicht frei gestalten konnten. Sie waren auf eine Beteiligung an einer zwischengenossenschaftlichen Einrichtung oder auf Bewirtschaftungsverträge mit dem Staatlichen
Forstwirtschaftsbetrieb verwiesen (vgl. näher Senat, aaO, S. 175). Es wäre angesichts der nur beschränkten Möglichkeiten, auf das Ergebnis der Bewirtschaftung Einfluß zu nehmen, unangemessen, die Genossenschaften mit einer
ins Detail gehenden, sämtliche Vermögensinteressen des jeweiligen Waldein-
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bringers Rechnung tragenden Abfindungsregelung zu belasten. Zum anderen
ließe sich eine detaillierte Regelung nur unter Einbeziehung aller Waldeigentümer schaffen, etwa unter Gewährung von Ausgleichsansprüchen zwischen
den Grundeigentümern. Von solchen Ausgleichsansprüchen, die Bestandteil
eines Gesetzentwurfs waren (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes, BT-Drucks. 12/32), hat der Gesetzgeber aber
abgesehen.
Besteht - wie hier - eine bewußt so gestaltete nur pauschale Regelung
zur Abfindung von Waldeinbringern, so können darauf beruhende Nachteile im
Einzelfall von der Rechtsprechung nicht durch Rückgriff auf Vorschriften einer
detaillierteren Abfindungsregelung (§ 44 LwAnpG) oder durch Ausweitung einer auf beschränkte Fälle zugeschnittenen Ausgleichsregelung (§ 64a Abs. 2
Satz 1 und 3 LwAnpG) geglättet werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel
Krüger
Lemke