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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (Brfg) 44/16
vom
21. März 2017
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
ECLI:DE:BGH:2017:210317BANWZ.BRFG.44.16.0
- 2 -
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Bellay sowie die
Rechtsanwältin Schäfer und den Rechtsanwalt Dr. Wolf
am 21. März 2017
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das
ihm am 11. August 2016 zugestellte Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der Kläger ist seit dem 6. Februar 2002 im Bezirk der Beklagten zur
Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 15. April 2015 widerrief sie
die Zulassung des Klägers wegen Vermögensverfalls. Die Klage des Klägers
gegen diesen Bescheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger
die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
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II.
2
Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4
VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.
Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e
Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird
(BGH, Beschluss vom 29. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 36/16, juris Rn. 3
mwN). Daran fehlt es hier. Das Urteil des Anwaltsgerichtshofs steht im Einklang
mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates.
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1. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht
ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Beweisanzeichen hierfür sind Schuldtitel und Vollstreckungsmaßnahmen, die
sich gegen den Rechtsanwalt richten (BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember
2010 - AnwZ (B) 119/09, juris [in NJW-RR Rn. nicht abgedruckt] Rn. 12; vom
29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4; vom 20. Dezember
2013 - AnwZ (Brfg) 40/13, juris Rn. 4). Ist der Rechtsanwalt in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis gemäß § 882b ZPO eingetragen,
wird der Vermögensverfall vermutet. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Widerrufsverfügung, hier also der 15. April 2015 (vgl. dazu BGH, Beschluss vom
29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.)
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2. Die gesetzliche Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO
greift nicht ein. Der Kläger wurde am 11. Mai 2015 mit zwei Verfahren und am
12. Juni 2015 mit weiteren 14 Verfahren in das Verzeichnis gemäß § 882b ZPO
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eingetragen, also erst nach dem Erlass des Widerrufsbescheids am 15. April
2015. Der Widerruf konnte jedoch auf die zahlreichen offenen Forderungen,
Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gestützt werden, die im angefochtenen Urteil näher dargestellt worden sind.
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3. Der Kläger bestreitet, in Vermögensverfall geraten zu sein. Die Forderung der V
bank S.
sei vollständig getilgt; deren Antrag auf Zwangsvoll-
streckung sei zurückgenommen worden. Alle anderen Angelegenheiten seien
ebenfalls durch Zahlung oder Ratenzahlungsvereinbarung erledigt worden.
Steuerschulden hätten nicht bestanden.
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a) Dieser Vortrag ist nicht geeignet, die Richtigkeit des Urteils des Anwaltsgerichtshofs in Zweifel zu ziehen. Die Forderung der V
bank S.
hat
der Anwaltsgerichtshof ausdrücklich unberücksichtigt gelassen. Schon im Tatbestand des angefochtenen Urteils heißt es zudem, die Zwangsvollstreckung
sei nach Antragsrücknahme eingestellt worden. Hinsichtlich der übrigen im angefochtenen Urteil aufgeführten Forderungen, Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen fehlt es an substantiiertem, durch geeignete Unterlagen belegten
Vortrag des Klägers. Darauf hat bereits der Anwaltsgerichtshof hingewiesen.
Vom Bestand der Forderungen noch im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung ist
daher auszugehen. Die nur wenige Wochen nach dem Widerrufsbescheid, am
11. Mai 2015 und am 12. Juni 2015 erfolgten Eintragungen im Verzeichnis nach
§ 882b ZPO schließen aus, dass der Kläger, wie er behauptet, am 15. April
2015 schuldenfrei war oder hinsichtlich der noch offenen Forderungen mit den
Gläubigern Ratenzahlungen vereinbart hatte.
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b) Liegen Beweisanzeichen wie offene Forderungen, Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vor, die den Schluss auf den Eintritt des Vermögensverfalls zulassen, kann der betroffene Rechtsanwalt diese Schlussfolgerung nur dadurch entkräften, dass er umfassend darlegt, welche Forderungen
im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides gegen ihn bestanden und
wie er sie zurückführen oder anderweitig regulieren wollte (BGH, Urteil vom
9. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 51/13, juris Rn. 14). Das ist nicht geschehen. Der
allgemeine Hinweis auf vorhandenes Grundvermögen und Einnahmen aus der
Anwaltstätigkeit reicht nicht aus.
III.
8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Kayser
Lohmann
Schäfer
Bellay
Wolf
Vorinstanz:
AGH Celle, Entscheidung vom 11.08.2016 - AGH 8/15 (II 6/37) -