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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
AnwSt(R) 16/03
vom
28. Juni 2004
in dem anwaltsgerichtlichen Verfahren
gegen
Verteidiger: Rechtsanwalt
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat in der Sitzung vom
28. Juni 2004, an der teilgenommen haben:
Präsident des Bundesgerichtshofes
Professor Dr. Hirsch
als Vorsitzender
und der Richter am Bundesgerichtshof
Basdorf,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
sowie der Rechtsanwalt Dr. Wüllrich,
die Rechtsanwältin Dr. Hauger,
der Rechtsanwalt Dr. Frey,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-3-
-4-
Die Revision des Rechtsanwalts gegen das Urteil des 1. Senats
des Saarländischen Anwaltsgerichtshofs vom 29. Oktober 2003
wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Damit erledigt sich die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts
gegen die Anordnung des vorläufigen Berufsverbots.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Anwaltsgericht im Bezirk der Rechtsanwaltskammer des S.
hat den Rechtsanwalt zweier Verstöße gegen die anwaltlichen Berufspflichten
für schuldig befunden und ihn aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen.
Seine dagegen gerichtete Berufung hat der
Anwaltsgerichtshof
verworfen und gegen ihn ein Berufs- und Vertretungsverbot verhängt. Dagegen
wendet sich der Rechtsanwalt mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision
und mit der gegen das Berufs- und Vertretungsverbot gerichteten sofortigen
Beschwerde.
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I.
Der Anwaltsgerichtshof hat folgendes festgestellt:
Der erstmals 1966 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Rechtsanwalt
wurde nach zahlreichen anwaltsgerichtlichen Verurteilungen 1981 aus der
Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen. Im März 1988 wurde er erneut zur
Rechtsanwaltschaft zugelassen. 1991 wurde er von dem Zeugen K.
manda-
tiert. Dieser hatte auf einem Tankstellengelände mit seinem Fahrzeug ein anderes Fahrzeug beschädigt und beabsichtigte, diesen Schaden mit einer falschen Sachverhaltschilderung bei seiner Privathaftpflichtversicherung geltend
zu machen. Der Rechtsanwalt war darüber informiert und unterstützte den
Zeugen bei seinem Vorhaben. Er erkannte als Prozeßbevollmächtigter des
Zeugen den mit der falschen Sachverhaltsschilderung von dem Geschädigten
geltend gemachten Schaden an und erhob sodann Klage gegen die Privathaftpflichtversicherung des Zeugen. Zuvor hatte er von der Rechtsschutzversicherung des Zeugen Deckungsschutz für diese Klage erhalten, nachdem er auch
insoweit zunächst Klage erhoben hatte. 1994 kündigte der Rechtsanwalt das
Mandat, nachdem es zu Differenzen mit dem Zeugen gekommen war, u. a.
auch, weil dem Zeugen Bedenken wegen seiner falschen Angaben gekommen
waren. Der Zeuge wurde in der Folge wegen Betrugs und versuchten Betrugs,
der Rechtsanwalt wegen Beihilfe zu diesen Taten verurteilt. Auf die Berufung
des Rechtsanwalts wurde das Verfahren gegen ihn in zweiter Instanz nach
§ 153 a StPO eingestellt.
In einem weiteren Fall aus dem Jahr 2000 hatte der Rechtsanwalt nach
Kündigung des Mandatsverhältnisses durch seine Mandantin mehrfache
-6-
Schreiben des neuen Bevollmächtigten mit der Bitte um Herausgabe der Handakten wie auch ein Herausgabeverlangen der Rechtsanwaltskammer nicht beantwortet und die Handakten erst herausgegeben, nachdem gegen ihn Klage
erhoben und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt war.
II.
Die Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch und die ihm zugrunde
liegende Beweiswürdigung weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des
Rechtsanwalts auf. Solche werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
Soweit die Revision sich gegen die angeordnete Maßnahme - Ausschließung aus der Anwaltschaft - wendet, deckt sie keinen Rechtsfehler auf.
Die Zumessung der anwaltsgerichtlichen Maßnahme ist grundsätzlich Sache
des Tatrichters. Hier wie im Strafverfahren ist es allein seine Aufgabe, auf der
Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von
der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entund belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander
abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Zwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Maßnahme von ihrer Bestimmung, gerechter
Schuldausgleich zu sein und das rechtsuchende Publikum vor weiteren Gefahren zu schützen, soweit löst, daß sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter
eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle
ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muß das Revisionsgericht die vom Tatrichter vorgenommene Bewertung hinnehmen (BGHSt 29, 319, 320; BGHR
StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1).
-7-
Der Anwaltsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Verfehlung des Rechtsanwalts vor dem Hintergrund zu sehen ist, daß er bereits
einmal
aus
der
Anwaltschaft
wegen
berufsrechtlicher
Verfehlungen
ausgeschlossen werden mußte, daß er auch in der Zeit seit seiner
Wiederzulassung erneut zweimal - 1997 und 1998 - mit anwaltsgerichtlichen
Maßnahmen (Verweis und Geldbuße) belegt werden mußte und die erneute
Verfehlung nicht nur zur eigenen strafrechtlichen Verstrickung, sondern auch
zu der seines Mandanten geführt hat. Unter diesen Umständen ist der Schluß
des Anwaltsgerichtshofs, trotz der seit diesem Vorfall verstrichenen Zeit sei das
Berufsverbot auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt zum Schutz der Allgemeinheit
erforderlich, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Hirsch
Basdorf
Wüllrich
Otten
Frey
Ernemann
Hauger