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5 StR 56/11
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 13. April 2011
in der Maßregelvollstreckungssache
gegen
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2011
beschlossen:
Das Verfahren ruht bis zur Erledigung des mit Anfragebeschluss des Senats vom 9. November 2010 – 5 StR 394, 440
und 474/10 – eingeleiteten Verfahrens nach § 132 GVG.
Bis dahin werden die Akten an das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg zur Fortführung der nach § 67e Abs. 1
Satz 1, § 67d Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 StGB gebotenen Überprüfungen zurückgegeben.
G r ü n d e
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Gegen den Verurteilten wird die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29. April 1993
vollstreckt, in dem er u.a. wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war. Zehn Jahre der Unterbringung waren am 27. Dezember 2010 vollzogen.
Nach Rechtskraft des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Men-
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schenrechte vom 17. Dezember 2009 (Individualbeschwerde 19359/04,
EuGRZ 2010, 25) zur rückwirkenden Anwendung des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB
hat der Verurteilte die Erledigterklärung der Maßregel beantragt. Mit Beschluss
vom 20. Dezember 2010 hat das Landgericht Hamburg die Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus angeordnet, wobei es die Vorgaben
des
Senats
im
Anfragebeschluss
vom
9.
November
2010
(5 StR 394, 440, 474/10, NJW 2011, 240; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) zugrunde gelegt hat. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg
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möchte die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten verwerfen. Im Blick auf entgegenstehende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte hat es die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2,
Abs. 2 Nr. 3 GVG vorgelegt.
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Mit seinem Anfragebeschluss hat der Senat eine rückwirkende Anwendbarkeit des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB grundsätzlich bejaht und wegen divergierender Rechtsprechung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zur identischen Rechtsfrage sowie wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage
das Verfahren nach § 132 GVG eingeleitet. Dabei hat der Senat § 67d Abs. 3
Satz 1 StGB allerdings weiter einschränkend dahin ausgelegt, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt
zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder
Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten
des Untergebrachten abzuleiten ist (Leitsatz 2 des genannten Beschlusses); bei
diesem Maßstab kommt in Ausnahmefällen auch eine Aussetzung der weiteren
Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung in Betracht (Anfragebeschluss
Rn. 47).
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Bis zur Erledigung des Verfahrens nach § 132 GVG, das auch nach Eingang der Antworten der anderen Senate voraussichtlich noch längere Zeit in
Anspruch nehmen wird, sind die Akten – nicht anders als in den Ausgangsverfahren und weiteren Parallelsachen – dem vorlegenden Oberlandesgericht zurückzugeben. Dieses hat bereits unter Zugrundelegung der vom Senat im An-
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fragebeschluss formulierten Grundsätze die Überprüfung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die
ihm vorgelegte Frage der zuständigen Strafvollstreckungskammer übertragen.
Basdorf
Brause
Schneider
Schaal
König