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5 StR 467/10
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 12. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. April 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
-3-
für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen as Urteil des Landgerichts Berlin vom 2. Juni 2010 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen –
Gründe
1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in
fünf Fällen, des versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in
vier Fällen, des versuchten Betruges in zwei Fällen und des Missbrauchs von
Berufsbezeichnungen in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und versuchter
Nötigung wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und seine Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Nach Urteilsverkündung
hat der Angeklagte zwar zunächst Rechtsmittelverzicht erklärt, jedoch unter
Widerruf des Verzichts rechtzeitig Revision eingelegt und diese mit der allgemeinen Sachrüge begründet.
2
1. Über die Zulässigkeit der Revision hat der Senat in seinem Beschluss vom 24. Februar 2011 bereits bindend entschieden. Darin hat er den
Antrag des Generalbundesanwalts zurückgewiesen, die Revision nach § 349
Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Er hat den Rechtsmittelverzicht
des Angeklagten für unwirksam, folglich dessen Revision für zulässig erachtet. Nicht anders als in Fällen der Gewährung von Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand oder Entscheidungen zugunsten des Revisionsführers nach
-4-
§ 346 Abs. 2 StPO vermochte der Senat eine Vorabentscheidung über die
Zulässigkeit gesondert zu treffen. Wortlaut und Systematik des § 349 Abs. 1
und 5 StPO stehen dem nicht entgegen. Die Verfahrensweise ist sogar
grundsätzlich geeignet, die Chancen des Revisionsführers auf Gehör durch
Veranlassung des Generalbundesanwalts zu einer schriftlichen Stellungnahme zum sachlichen Gehalt der Revision zu verbessern, freilich ungeachtet der Möglichkeit eines nachgeschobenen Verwerfungsantrags aus sachlichen Gründen. Eine solche Stellungnahme hat der Generalbundesanwalt
hier indessen verweigert, dies entgegen bisheriger Praxis bei Hilfsanträgen
nach § 349 Abs. 2 StPO.
3
2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die tatsächlichen
Feststellungen zu den zwölf vom Angeklagten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Taten – Schalten kostspieliger Anzeigen in Tageszeitungen oder Zeitschriften ohne Zahlungswillen und -fähigkeit, Versuche der Konteneröffnungen und des Erwerbs wertvoller Sachgüter unter Verwendung von
Falsifikaten, Versuche betrügerischen Erlangens von Versicherungszusagen,
Bedrängen von Angehörigen der Schufa als angeblicher Rechtsanwalt – und
deren rechtliche Würdigung sind rechtsfehlerfrei. Auch die Anwendung des
§ 63 StGB, gegen die sich der Beschwerdeführer nunmehr ausdrücklich
wendet, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4
Den dem zugrunde liegenden Befund einer krankhaften seelischen
Störung – in Form einer bipolaren affektiven Störung, begleitet von Autismus,
Tics, einer Panikstörung und Rauschmittelabusus –, welche die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten sicher aufgehoben hat
und die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten begründet, hat das Landgericht auf eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung gestützt. Es hat dabei das
– in den Urteilsgründen im Einzelnen dargelegte (UA S. 5 ff., 83 ff., 87 f.) –
Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen
K.
verwertet,
das sich als widerspruchsfrei erweist und auf rechtlich nicht zu beanstandenden Ausgangspunkten aufbaut. Die Bewertung eines Sachverständigengut-
-5-
achtens ist Teil der dem Tatgericht gemäß § 261 StPO obliegenden Beweiswürdigung (vgl. BGH, Urteile vom 8. März 1955 – 5 StR 49/55, BGHSt 7,
238, und vom 15. Januar 2003 – 5 StR 223/02, NStZ 2003, 307, 308; Schoreit in KK, 6. Aufl., § 261 Rn. 32 mwN). Das Landgericht hat das Gutachten
als schlüssig und überzeugend erachtet. Es hat namentlich nachvollziehbar
auf Grund der weiteren persönlichen Entwicklung des Angeklagten begründet, warum es sich von der Richtigkeit einer abweichenden Beurteilung gegenüber früheren Sachverständigengutachten überzeugt hat, die lediglich
eine Persönlichkeitsstörung des Angeklagten angenommen hatten.
5
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Maßregelvollstreckung nach § 67b StGB
derzeit nicht vorliegen. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass ungeachtet der Höhe der vom Angeklagten verursachten und erstrebten Vermögensschäden insgesamt im Blick auf das Gewicht seiner Taten die von ihm ausgehende Gemeingefährlichkeit aus Verhältnismäßigkeitsgründen nur eine
begrenzte Vollstreckungsdauer der – nach Angaben des Verteidigers ungeachtet des Senatsbeschlusses über die Zulässigkeit der Revision bereits weiterhin vollzogenen – Maßregel gestatten wird (vgl. dazu BVerfGE 70, 297,
312 ff.).
Basdorf
Raum
Schaal
Brause
König