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5 StR 338/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 9. November 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2006
beschlossen:
1. Die Strafverfolgung wird gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit
Zustimmung der Bundesanwaltschaft auf den Vorwurf der
Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen zugunsten der Treuhandgesellschaft A.
mbH für die
Monate Februar und März 1995 beschränkt. Soweit der
Angeklagte wegen Abgabe einer inhaltlich unrichtigen
Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1995 verurteilt
worden ist, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Stendal vom 24. April 2006 gemäß § 349
Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen verurteilt ist,
und
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
-3-
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterzie-
hung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 30
Euro verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Die Beschränkung der Strafverfolgung führt zum Wegfall einer Einzelstrafe und zur
Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen hat das Rechtsmittel zum Strafausspruch Erfolg.
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1. Der Senat hat gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung
der Bundesanwaltschaft mit Blick auf den weitgehend identischen Unrechtsgehalt zwischen Umsatzsteuerjahreserklärung und Voranmeldungen (vgl.
dazu BGHSt 49, 359, 364 f.; Jäger NStZ 2005, 552, 553 m.w.N.) die Strafverfolgung auf den Vorwurf der Abgabe der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar und März 1995 beschränkt (vgl. zur Kostenentscheidung BGHR StPO § 154a Kostenentscheidung 1).
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2. Die Verfahrensrügen bleiben aus den in der Antragsschrift
der Bundesanwaltschaft genannten Gründen ohne Erfolg.
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3. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Der Angeklagte hat den Finanzbehörden über steuerlich er-
hebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO),
indem er in den Umsatzsteuervoranmeldungen der Treuhandgesellschaft A.
mbH (im Folgenden: A.
) für die Monate Februar und März 1995 der
Treuhandgesellschaft tatsächlich nicht zustehende Vorsteuerüberhänge (vgl.
§ 16 Abs. 2 Satz 1, § 15 i.V.m. § 18 Abs. 1 UStG) geltend gemacht hat.
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Es liegt bereits nahe, dass der A.
die Vorsteuerbeträge
aus den Rechnungen über den Erwerb von Leasingrestwerten nicht zustan-
-4-
den, weil Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an die Treuhandgesellschaft nicht erbracht worden waren. Denn die von den Treugebern der
Treuhandgesellschaft betriebene G.
L.
GmbH übernahm die Verwer-
tung der Leasingverträge unmittelbar ohne Zwischenschaltung der A.
von
den Verkäufern ab Februar 1995. Aber selbst wenn die Treuhandgesellschaft
als Leistungsempfängerin im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG anzusehen
wäre und im Rahmen der abzugebenden Steueranmeldungen Vorsteuerabzüge hätte vornehmen können, hätten sich die angemeldeten Vorsteuerüberhänge nicht ergeben. Zutreffend hat die Bundesanwaltschaft in ihrer Zuschrift darauf hingewiesen, dass in diesem Fall dem jeweiligen Vorsteuerbetrag ein – vom Angeklagten nicht angemeldeter – gleich hoher Umsatzsteuerbetrag aus der Weiterübertragung der Leasingrestwerte an die G.
L.
GmbH ge-genübergestanden hätte, der die Vorsteuern vollständig ausgeglichen hätte.
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b) Der Taterfolg ist bei den hier geltend gemachten Vorsteuer-
überhängen dadurch eingetreten, dass die Finanzbehörden einer Verrechnung mit der Umsatzsteuerzahllast des die Leasingrestwerte veräußernden
Unternehmens zugestimmt haben (vgl. § 168 Satz 2 AO).
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c) Die Urteilsfeststellungen tragen auch den Tatvorsatz. Denn
ihnen ist zu entnehmen, dass der als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätige Angeklagte den Sinngehalt des in §§ 14, 15 Abs. 1
Nr. 1 UStG verwendeten Rechnungsbegriffs und der gemäß § 16 Abs. 2
Satz 1 UStG vorzunehmenden Saldierung kannte. Gerade wenn er die A.
als Leistungsempfängerin ansah, wusste er, dass für die Weiterlieferungen
dieser Treuhänderin an die G.
L.
GmbH Ausgangsrechnungen zu
erstellen waren, sich damit ein Vorsteuerüberhang von vornherein nicht ergeben konnte und für die erstrebte und erreichte Verrechnung kein Raum
blieb.
9
Der Angeklagte nahm nicht etwa rechtsirrig an, dass die A.
-5-
isoliert den Vorsteuerabzug aus einzelnen Rechnungen geltend machen und
ihre Leistungsbeziehung zum endgültigen Abnehmer dem Finanzamt vollständig verheimlichen durfte. Vielmehr hatte der Angeklagte davon Kenntnis,
dass die G.
L.
GmbH bereits ab Februar 1995 mit der Verwertung
der Leasingrechte begann, woraus sich Umsatzsteuerbeträge ergaben, die
den zur Finanzierung des Kaufpreises erforderlichen, im Wege der Verrechnung durchgesetzten Vorsteuerüberhang von vornherein nicht zuließen. Die
gegenteilig lautende Klausel aus dem Treuhandvertrag, wonach an sich die
A.
für die Treugeber M.
und K.
die Leasingrestwerte verwal-
ten sollte, hatte der Angeklagte mit den beiden Treugebern, die von Anfang
an die Leasingverträge in eigener Verantwortung verwalten wollten, nur zum
Schein (vgl. § 41 Abs. 2 AO) vereinbart.
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4. Die Strafzumessung begegnet indes durchgreifenden Be-
denken.
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a) Das Landgericht hat bei den Einzelstrafen eine – zwischen-
zeitlich erledigte – Verurteilung wegen Untreue zu einer Geldstrafe strafschärfend berücksichtigt, die erst nach den verfahrensgegenständlichen Taten ergangen ist. Dies wäre zwar dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn
diese Straftat nach ihrer Art und nach der Persönlichkeit des Täters auf
Rechtsfeindlichkeit, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche
schließen ließe (vgl. BGH wistra 2002, 21). Ob dies der Fall ist, kann der Senat indes nicht abschließend prüfen, denn das Landgericht hat in den Urteilsgründen den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht mitgeteilt, obwohl dies nach den Umständen des vorliegenden Falles geboten
war. Der Strafausspruch kann daher insgesamt keinen Bestand haben.
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b) Der Strafausspruch begegnet auch deshalb in diesem Fall
Bedenken, weil den Urteilsgründen die Motive und Ziele des Angeklagten,
die für die Strafzumessung von Bedeutung sind (vgl. § 46 Abs. 2 StGB), nicht
eindeutig zu entnehmen sind. Das Landgericht hätte sich damit auseinander-
-6-
setzen müssen, ob alleiniger Beweggrund des Angeklagten die Rettung des
ohne Vorsteuerüberhang nicht finanzierbaren Kaufgeschäfts war oder ob er
darüber hinaus weiteres steuerunehrliches Verhalten der wahren Leistungsempfänger M.
und K.
verdecken wollte. Für den erstgenannten Fall
wird eine Einstellung des Verfahrens (§§ 153a, 154 StPO) zu prüfen sein.
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5. Für das weitere Strafverfahren weist der Senat zudem auf
Folgendes hin:
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Da die an sich gesamtstrafenfähige Verurteilung des Ange-
klagten vom 8. Mai 2001 wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 180
Tagessätzen zu je 55 DM, deren Einbeziehung nur deswegen nicht in Betracht kommt, weil die Geldstrafe bereits bezahlt ist, in ihrer Höhe die hier
verhängte Gesamtstrafe übersteigt, wird die Strafkammer auf der Basis der
neu vorzunehmenden Strafzumessung zu prüfen haben, ob zur Gewährleistung eines angemessenen Härteausgleichs eine Berücksichtigung ausnahmsweise bereits auf der Ebene der Einzelstrafen geboten ist (vgl. BGHSt
31, 102, 103 f.; 33, 131, 132).
Basdorf
Schaal
Raum
Brause
Jäger