You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.
 
 

108 lines
6.6 KiB

5 StR 269/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 24. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2005
beschlossen:
1. Das Ablehnungsgesuch des Verurteilten gegen die Richter B
,H
, Dr. R
, Dr. B
und Sch
wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Verurteilten, das Verfahren wegen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör in die Lage
vor Erlass der Senatsentscheidung vom 23. August 2005
zurückzuversetzen, wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Das Landgericht Leipzig hat gegen den Verurteilten wegen Verstoßes
gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt. Mit Beschluss vom 23. August 2005 hat der Senat die hiergegen eingelegte Revision des Verurteilten nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Gegen
diesen Beschluss hat der Verurteilte mit einem am 12. September 2005 beim
Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben seines Verteidigers gemäß
§ 356a StPO die "Gehörsrüge" erhoben. Gleichzeitig hat er die Richter, die
an dem Verwerfungsbeschluss beteiligt waren, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
II.
1. Der Befangenheitsantrag ist unzulässig. Der Senat braucht hier
nicht zu entscheiden, ob nach der Einführung des § 356a StPO durch das
-3-
Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 3220) an der Rechtsprechung festgehalten werden kann, nach der Ablehnungsgesuche, die
nach Erlass eines Verwerfungsbeschlusses nach § 349 Abs. 2 StPO im Verfahren über eine Gegenvorstellung gestellt werden, als verspätet und damit
als unzulässig nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO anzusehen sind, wenn ein (behaupteter) Gehörsverstoß im Sinne des § 33a StPO (a.F.) nicht festgestellt
werden kann (ebenso BGH, NStZ-RR 2005, 173, 174). Der Ablehnungsantrag des Verurteilten ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil in ihm entgegen
§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO kein Grund zur Ablehnung angegeben ist. Eine völlig ungeeignete Begründung steht dabei rechtlich einer fehlenden Begründung gleich (BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2, 7; BGH NStZ 1999, 311;
BGH, Beschl. vom 10. Mai 2001 – 1 StR 410/00; vgl. auch BVerfG, Beschl.
vom 6. April 1999 – 2 BvR 532/99). So verhält es sich hier: Der Befangenheitsantrag wird zum einen darauf gestützt, dass der Senat die zulässig erhobene und begründete Angeklagtenrevision durch Beschluss nach § 349
Abs. 2 StPO verworfen habe, obwohl der Angeklagte die Durchführung einer
Revisionshauptverhandlung beantragt hatte. Weil wegen der Antragspraxis
des Generalbundesanwalts über Revisionen der Staatsanwaltschaft stets
aufgrund einer Revisionshauptverhandlung entschieden werde, sei zu besorgen, „den Richtern sei das Schicksal des Angeklagten gleichgültig.“ Zum anderen wird eine Voreingenommenheit der abgelehnten Richter daraus hergeleitet, dass der Senat entgegen dem letzten Satz in dem genannten Schriftsatz ("Mit Mitteilung der zur Entscheidung berufenen Richter des Senats wird
gebeten") es unterlassen habe, vor seiner Entscheidung die Gerichtsbesetzung mitzuteilen. Dieses Vorbringen ist zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs ersichtlich völlig ungeeignet. Weder deutet die bei § 349 Abs. 2
StPO übliche Verfahrensweise auf eine Voreingenommenheit gegenüber
dem Verurteilten hin, noch ist nachvollziehbar, warum die unterlassene Mitteilung der Senatsbesetzung auf eine Voreingenommenheit der zur Entscheidung berufenen Richter schließen lassen könnte, zumal für das entsprechende Begehren ein – wie auch immer gearteter – sachlicher Grund zu
keinem Zeitpunkt erkennbar war und zudem die interne Geschäftsverteilung
-4-
des Senats jederzeit bei der Präsidialgeschäftsstelle des Bundesgerichtshofes eingesehen werden kann.
2. Der Antrag nach § 356a StPO ist unbegründet, da der Senat bei
seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat,
zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen hat. Sämtliche Schriftsätze des Verteidigers des
Verurteilten lagen dem Senat bei der Beschlussfassung am 23. August 2005
vor. Gegenteiliges wird vom Antragsteller auch nicht behauptet. Dieser meint
vielmehr aus dem Umstand, dass der Senat eine Revisionshauptverhandlung
nicht durchgeführt und seine Revision verworfen hat und damit seiner
Rechtsauffassung nicht gefolgt ist, herleiten zu können, dass der Senat sein
Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen haben kann. Hierzu bedarf es keiner weiteren Ausführungen. Der Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO bedurfte
keiner weiteren Begründung (vgl. BVerfG – Kammer – NStZ 2002, 487, 488;
BGHR StPO § 349 Abs. 2 StPO Verwerfung 7; BGH NStZ 2004, 511). Danach ist die vom Verteidiger des Verurteilten beantragte Fristgewährung gegenstandslos, da die Anträge zu Ziffern 1 und 2 erfolglos bleiben. Ebenso ist
der Antrag des Verurteilten auf Aufhebung, hilfsweise Außervollzugsetzung
des Haftbefehls gegenstandslos, da das Urteil des Landgerichts Leipzig vom
26. Januar 2004 mit Erlass des Senatsbeschlusses vom 23. August 2005 in
Rechtskraft erwachsen und damit die Untersuchungshaft ohne weiteres in
Strafhaft übergegangen ist (vgl. Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 120
Rdn. 15).
3. Der Senat ist an einer abschließenden Beschlussfassung nicht dadurch gehindert, dass die Vorsitzende den Antrag, Rechtsanwalt M
dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beizuordnen, abgelehnt hat.
Diese Entscheidung war zutreffend. Dem Angeklagten war bereits im Strafverfahren Rechtsanwältin L
als Verteidigerin beigeordnet. Die
Rechtswirkung der Verteidigerbestellung dauert für Nachtragsentscheidungen fort (vgl. BGHR StPO § 357 Entscheidung 2; Laufhütte in KK 5. Aufl.
-5-
§ 141 StPO Rdn. 10), so auch für das Verfahren nach § 356a StPO. Neben
der bereits bestellten Verteidigerin dem Angeklagten einen weiteren Verteidiger zu bestellen, war hier nicht geboten.
Schließlich bestand auch kein Anlass, dem Verlangen des Verurteilten
zu entsprechen, ihm nach § 24 Abs. 3 Satz 2 StPO die zur Entscheidung
über das Ablehnungsgesuch berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen. Sinn und Zweck der Norm ist es, nach Geltendmachung zulässiger
Ablehnungsgründe diese gegebenenfalls auch auf denjenigen Richter erstrecken zu können, der nach § 27 StPO berufen ist, über eine nicht als unzulässig verworfene Richterablehnung ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters
zu entscheiden. Eine Mitteilungspflicht besteht danach nicht, wenn die Ablehnung bereits – wie hier – nach § 26a StPO ohne Ausscheiden der abgelehnten Richter (§ 26a Abs. 2 Satz 1 StPO) als unzulässig verworfen wird.
Harms
Basdorf
Brause
Gerhardt
Schaal