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5 StR 263/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 25. Juli 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juli 2001
beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird
das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 13. Dezember 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben. Aufrechterhalten bleiben jedoch die
Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen und zur inneren Tatseite.
2.
Die weitergehende Revision wird nach §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache
zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit
Todesfolge in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schußwaffe zu einer
Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat
mit einer Verfahrensrüge einen Teilerfolg. Die weitergehende Revision ist
aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen schoß
der damals 14 Jahre alte Angeklagte am Silvesterabend 1999 auf der Straße
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aus einer kurzläufigen Kleinkaliberwaffe, diese beidhändig mit ausgestreckten Armen haltend, gezielt auf den Passanten P
, der in etwa 25 m Ent-
fernung mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern stand. Der Schuß traf in
dessen Herz und war tödlich. Der Angeklagte, der Mitglied eines Schützenvereins ist, handelte dabei, um jemanden aus der Vierergruppe zu verletzen.
Er konnte und mußte die tödliche Folge seines Schusses voraussehen.
Zu der erfolgreichen Verfahrensrüge hat der Generalbundesanwalt
zutreffend ausgeführt:
“Die Revision beanstandet zu Recht, der Mutter des Angeklagten, der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 15 Jahre alt
war, sei das letzte Wort nicht erteilt worden, obwohl sie in der
Hauptverhandlung anwesend gewesen sei, als dem Angeklagten das letzte Wort gewährt wurde. Neben einem jugendlichen
Angeklagten ist gemäß § 67 Abs. 1 JGG i.V.m. § 258 Abs. 2
und 3 StPO dessen gesetzlichem Vertreter oder Erziehungsberechtigtem stets von Amts wegen – und nicht nur auf Verlangen
– das letzte Wort zu erteilen (vgl. BGHSt 21, 288, 289; BGH
NStZ 1996, 612; BGH NStZ 2000, 435; BGH NStZ 2000, 553).”
Mit dem Generalbundesanwalt erachtet der Senat das genannte Prozeßgeschehen und damit den Verfahrensfehler für bewiesen (vgl. dazu BGH
NStZ 1999, 426). Jedoch kann der Senat – entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts, der allein den Strafausspruch durch den Rechtsfehler
berührt sieht – nicht völlig ausschließen, daß auch der Schuldspruch auf
dem Rechtsfehler beruht. Es ist immerhin denkbar, daß das Landgericht
aufgrund eines letzten Wortes der Mutter des zur Tatzeit 14jährigen Angeklagten zu einer anderen Beurteilung der Frage der Verantwortungsreife des
Angeklagten nach § 3 JGG gelangt wäre (vgl. BGH NStZ 2000, 553). Deshalb wird auch der Schuldspruch aufgehoben.
-4-
Indes schließt der Senat aus, daß etwa auch die Feststellungen zum
objektiven Tatgeschehen und zur inneren Tatseite (Körperverletzungsvorsatz und Fahrlässigkeit hinsichtlich der Todesfolge) auf dem Rechtsfehler
beruhen. Hierzu hätten Äußerungen der Mutter des Angeklagten in deren
letztem Wort nichts beitragen können, zumal da die Herkunft der Tatwaffe
ungeklärt geblieben ist, so daß die etwa denkbare Angabe der Mutter des
Angeklagten, ihr Sohn habe nach ihrer Kenntnis weder eine solche Waffe
besessen noch Zugang zu einer solchen gehabt, ins Leere gegangen wäre.
Deshalb werden die genannten Feststellungen aufrechterhalten. Der neue
Tatrichter hat danach nur – unter Zugrundelegung dieser Feststellungen –
zunächst über die Fragen der Verantwortungsreife und der Schuldfähigkeit
des Angeklagten zu befinden und gegebenenfalls einen Schuldspruch zu
fassen sowie die Rechtsfolge neu zu bestimmen.
Tepperwien
Gerhardt
Häger
Basdorf
Raum