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5 StR 246/10
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BUNDESGERICHTSHOF
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BESCHLUSS
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vom 21. Juli 2010
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in der Strafsache
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gegen
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wegen Totschlags
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2010
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beschlossen:
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Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 22. Januar 2010 nach § 349 Abs. 4
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StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
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Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
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auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
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Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Sein hiergegen gerichtetes Rechtsmittel dringt – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – mit der
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Sachrüge durch.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte
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am 6. März 2009 das ihm seit wenigen Wochen bekannte Tatopfer durch
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Ersticken. Während eines einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs führte er
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einen Gegenstand in die Scheide seiner Bekannten ein. Hierdurch erlitt diese
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schmerzhafte Verletzungen im Genitalbereich, die zu einer erheblichen Blutung führten. Sie schrie auf und sprang nach vorne. Der Angeklagte wollte
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verhindern, dass aufgrund des Schreiens die Nachbarn aufmerksam werden,
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und drückte deshalb den Kopf seiner Bekannten mit der Hand in eine auf
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dem Boden liegende Decke. Dabei stützte er sich mit seinem Unterarm auf
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deren Rücken ab und legte sich mit seinem gesamten Gewicht von 90 kg auf
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sie. „In diesem Moment war dem Angeklagten gleichgültig,“ ob er hierdurch
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den Tod des Opfers herbeiführen würde. „Dies nahm er billigend in Kauf“ (UA
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S. 6).
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2. Der Generalbundesanwalt hat wie folgt Stellung genommen:
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„Es ist allgemein bekannt, dass ein als äußerst gefährliche Gewalthandlung anzusehendes Verschließen der Atemwege grundsätzlich zum Tode führen kann. Allerdings ist hierbei die Erheblichkeit des Zeitmoments
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ebenso im allgemeinen Bewusstsein verankert. Dauer und Intensität des Erstickungsvorgangs stellen vor diesem Hintergrund zur Beurteilung des individuellen Tötungsvorsatzes geeignete und in der Rechtsprechung anerkannte
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Anknüpfungstatsachen dar.
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Vorliegend lassen die Urteilsgründe befürchten, dass die gerichtliche
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Überzeugungsbildung auf einer unklaren Tatsachengrundlage beruht, da
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keine Mindestdauer des Erstickungsvorgangs dargelegt wird. Die Strafkammer verabsäumt es, möglichst genaue Feststellungen dahingehend zu treffen, wie lange und intensiv der Angeklagte auf die Geschädigte beim Verschließen der Atemwege eingewirkt hat. Damit fehlen wesentliche Anknüpfungspunkte für die Tätervorstellung von der Lebensgefährlichkeit seiner
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Handlungsweise.
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Insoweit kann in Ermangelung einer Darstellung des Zeitverständnisses des Gerichts auch nicht beurteilt werden, was das Schwurgericht unter
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einem ‚längeren Zeitraum‛ versteht. Mit einer derart allgemein gehaltenen
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Beschreibung des Erstickungsvorgangs durfte sich das Landgericht nicht
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begnügen (vgl. BGHR StGB § 212 Vorsatz bedingter 10), zumal diese ungenaue Darstellung sich nicht mit den Ausführungen im Sachverständigengutachten deckt, dem sich die Schwurgerichtskammer angeschlossen hat.
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Nach dem Sachverständigengutachten ist der Tod ‚in relativ kurzer
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Zeit, nach wenigen, vielleicht nur drei Minuten‛, eingetreten; aufgrund des
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Blutverlustes sei die Kompensationsfähigkeit des Herzens schon sehr beansprucht gewesen, so dass anzunehmen sei, dass der Tod durch Ersticken
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auch ‚schnell‛ eingetreten sei (vgl. UA S. 29).
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Es kann vor dem Hintergrund dieser unpräzisen Ausführungen auch
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nicht aus dem Gesamtkontext nachvollzogen werden, ob das Landgericht
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dem Gutachten folgend von einem Verschließen der Atemwege über mindestens drei Minuten ausgeht und dies vom Landgericht – abweichend vom
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Sachverständigengutachten – als ‚längerer Zeitraum‛ gewertet worden ist.
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Das Vorstellungsbild des Angeklagten von der Lebensgefährlichkeit
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seiner Handlungsweise ist insbesondere auch angesichts des massiven
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Blutverlusts der Geschädigten möglichst genau festzustellen, um auf dieser
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Grundlage beurteilen zu können, ob dieser die hohe Gefährlichkeit seines
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Handelns in sein Bewusstsein aufgenommen hat und nicht mehr ernstlich auf
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einen glimpflichen Ausgang vertraute.
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Es ist auch zu besorgen, dass die Strafkammer dem festgestellten
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Tatmotiv bei der Vorsatzfrage eine überbordende Rolle beigemessen hat.
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Das vom Schwurgericht festgestellte Tatmotiv, ‚Ruhe zu haben und bei den
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Nachbarn keine Aufmerksamkeit zu erregen‛ (vgl. UA S. 6 f., 35), weist – anders als es die Urteilsgründe suggerieren – gerade nicht eindeutig auf einen
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Tötungsvorsatz.
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Die weitere Begründung des Tötungsvorsatzes, wonach sich dem Angeklagten der mögliche Eintritt der Todesfolge aufdrängen ‚musste‛, da bei
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Verschließen der Atemwege ‚über einen längeren Zeitraum‛ das Ausbleiben
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des Todes nur als glücklicher Zufall erscheinen kann (vgl. UA S. 35), lässt
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eine klare Abgrenzung zum lediglich bewusst fahrlässigen Handeln vermissen, ebenso wie die nachfolgende unscharfe Verneinung von Anhaltspunkten
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‚dafür, dass der Angeklagte die Gefahr der Tötung nicht erkannt oder darauf
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vertraut haben könnte, dass der Tod nicht eintreten werde‛ (vgl. UA S. 35).
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Dieser Rechtsfehler wirkt sich auch auf die Beweiswürdigung des
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Landgerichts aus. Diese hält der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand,
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denn der Schluss des Schwurgerichts auf den Vorsatz des Angeklagten kann
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in vorliegendem Fall nicht nachvollzogen werden.“
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Dem tritt der Senat bei. Die Beweiswürdigung des Landgerichts beruht
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hinsichtlich der subjektiven Tatseite, insbesondere des Tötungsmotivs, auf
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einer nicht ausreichenden Tatsachengrundlage, vielmehr weitestgehend auf
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Vermutungen (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26). Im Hinblick
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auf den untrennbaren Zusammenhang der Vorsatzannahme mit der Frage
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der Todesursache hebt er – auch insoweit dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend – die Feststellungen insgesamt auf.
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3. Auf die zulässig erhobenen Verfahrensrügen kommt es damit nicht
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mehr an. Angesichts der darin gegen das Urteil gerichteten Angriffe bemerkt
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der Senat für das weitere Verfahren:
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Das neue Tatgericht wird sich für die hier besonders schwierige Aufklärung der Todesursache umfassender sachverständiger Beratung, gegebenenfalls auch durch bislang nicht mit der Sache befasste Sachverständige,
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versichern müssen. Auch mit Blick darauf, dass das Opfer weder eindeutige
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Zeichen äußerer Gewalt noch Abwehrverletzungen aufwies und Faserspuren
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in dessen Atmungssystem nicht aufgefunden wurden, wird vor allem zu prüfen sein, ob die durch die Verteidigung unter Vorlage mehrerer gutachtlicher
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Äußerungen herausgestellte Möglichkeit in Betracht kommt, dass das Opfer
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nicht an einer Erstickung, sondern an einer durch die Verletzungen im Genitalbereich verursachten Luftembolie verstorben ist. In diesem Zusammenhang wird von besonderer Bedeutung sein, ob das nachträglich angefertigte
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histologische Gutachten den zu stellenden Anforderungen entspricht und mit
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den Befunden des Sektionsgutachtens in Einklang steht.
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Mit Rücksicht auf die bereits lange Dauer der Untersuchungshaft wird
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dem Aspekt der Beschleunigung ungeachtet der relativen Komplexität des
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Verfahrens besonderer Stellenwert einzuräumen sein.
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Brause
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Raum
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König
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Schneider
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Bellay
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