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5 StR 87/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. April 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. April 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt S
als Verteidiger des Angeklagten Y
,
Rechtsanwalt F
als Verteidiger des Angeklagten K
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
,
-3-
für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Berlin vom 1. August 2003 werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen
der
Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen –
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten Y
wegen räuberischer Er-
pressung (Einzelstrafe: ein Jahr und sechs Monate) und wegen schwerer
räuberischer Erpressung (Einzelstrafe: drei Jahre und drei Monate) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten und den Angeklagten K
wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Frei-
heitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit ihren wirksam auf den jeweiligen
Strafausspruch beschränkten Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft
allein gegen die Strafzumessung für die von den Angeklagten gemeinsam
begangene schwere räuberische Erpressung (Fall II 2 der Urteilsgründe) und
beanstandet insbesondere die Annahme eines minder schweren Falles. Die
Rechtsmittel, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, haben
keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betraten die jeweils mit
einem Schal maskierten Angeklagten am Morgen des 22. Januar 2003 eine
Filiale der Firma Sc
und zwangen die Kassiererin unter Vorhalt eines
-4-
großen Küchenmessers und eines Klappmessers, sie in das Büro zu dem
dort befindlichen Tresor zu führen. In dem Büro hielten sich – für die Angeklagten unerwartet – fünf weitere Mitarbeiter der Firma Sc
auf. Wie-
derum unter Vorhalt der Messer zwangen die Angeklagten die Anwesenden,
sich auf den Boden zu legen, während einer der Angestellten den Tresor öff-
         !"
nen mußte. Er entnahm 3.080,-
durchwühlten alsdann die Taschen ihrer Opfer, nahmen noch zwei Mobiltelefone an sich und verließen das Geschäft. Die Kassiererin hatte während
des Überfalls eine leichte, zwei Zentimeter lange Schnittwunde am Arm erlitten, die nach den Urteilsausführungen unabsichtlich zugefügt worden sein
kann. Nach dem Vorfall war sie mehrere Wochen arbeitsunfähig und befand
sich einige Monate in psychologischer Behandlung. Beide Angeklagte standen bei Begehung der Tat unter dem Einfluß von Rauschmitteln, was ihre
Schuldfähigkeit jedoch nicht erheblich einschränkte.
Die Strafkammer ist bei beiden Angeklagten von einem minder schweren Fall der (besonders) schweren räuberischen Erpressung im Sinne von
§ 250 Abs. 3 StGB ausgegangen. In diesem Zusammenhang hat sie auf das
jugendliche Alter der Angeklagten, auf ihr von Reue getragenes Geständnis,
ihre Entschuldigung bei den Geschädigten, ihren Verzicht auf Rückgabe der
bei der Tat verwendeten Gegenstände und insbesondere auch darauf abgestellt, daß der Angeklagte Y
erstmalig zu einer freiheitsentziehenden
Rechtsfolge und der Angeklagte K
erstmalig zu einer Freiheits-
strafe verurteilt worden sind. Bei dem Angeklagten K
ist als strafer-
schwerender Gesichtspunkt benannt worden, daß er die Tat während einer
laufenden Bewährungsfrist aus einem Jugendstrafverfahren begangen hat.
Innerhalb des so gefundenen Strafrahmens sind die bei der Kassiererin infolge der Tat eingetretenen physischen und psychischen Beeinträchtigungen, die erzielte hohe Beute und bei dem Angeklagten K
die
strafrechtlichen Vorbelastungen strafschärfend berücksichtigt worden. Zu
Gunsten des Angeklagten Y
hat die Strafkammer die erlittene sechswö-
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chige Untersuchungshaft, die begonnene Schadenswiedergutmachung und
den Umstand gewertet, daß er noch nicht erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Bei dem Angeklagten K
hat sich strafmildernd
ausgewirkt, daß er infolge der neuerlichen Tatbegehung mit dem Widerruf
eines nicht unerheblichen Strafrestes einer Jugendstrafe zu rechnen hat.
Schließlich hat die Strafkammer bei Festsetzung der Strafen zu Gunsten beider Angeklagten die drohenden ausländerrechtlichen Maßnahmen bedacht.
2. Die Strafzumessung des Landgerichts ist rechtsfehlerfrei. Insbesondere hält die Anwendung des nach § 250 Abs. 3 StGB für minder schwere Fälle vorgesehenen Strafrahmens rechtlicher Nachprüfung stand.
Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder
schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine
Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der
Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen
hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen
und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimißt, ist im wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.;
vgl. nur BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB § 177 Abs. 5 Strafrahmenwahl 2 m.w.N.). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst
vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGH StV
2002, 20; BGH, Urt. vom 26. Juni 2001 – 5 StR 151/01). Das ist hier nicht der
Fall.
Allerdings hat das Landgericht bei der Wahl des Strafrahmens in erster Linie auf die strafmildernden Umstände abgestellt und die früheren strafrechtlichen Verfehlungen des Angeklagten Y
Angeklagten K
und die Jugendstrafen des
im einzelnen nicht erörtert. Angesichts der ausführ-
lichen Darstellung der früheren Straftaten bei den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten und deren Würdigung innerhalb der
-6-
konkreten Strafzumessung ist jedoch nicht zu besorgen, der Tatrichter
könnte das Gewicht der Vortaten bei der Strafrahmenwahl nicht bedacht haben (vgl. BGHSt 34, 355, 359; BGH StV 1995, 24). Daß die Strafkammer das
maskierte Vorgehen der Angeklagten in diesem Fall nicht ausdrücklich berücksichtigt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn der Tatrichter ist
nicht gehalten, sämtliche Strafzumessungsgesichtspunkte im Einzelnen auszuführen (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 2; BGH StV
1996, 662). Auch spricht der genannte Umstand im Rahmen der erforderlichen und vom Landgericht vorgenommenen Gesamtbewertung nicht ohne
weiteres gegen die Annahme eines minder schweren Falles.
Soweit die Beschwerdeführerin weiter geltend macht, die Strafkammer
habe bei der Wahl des Strafrahmens den Milderungsgründen ein zu großes
Gewicht beigemessen, erschöpfen sich ihre Ausführungen letztlich in dem im
Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die Wertung des Tatrichters
durch eine eigene zu ersetzen und die festgestellten für und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände anders zu gewichten.
Zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, daß die
Strafkammer die nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte bezeichnet und rechtsfehlerfrei gegeneinander abge-
-7-
wogen hat. Die so gefundenen sehr maßvollen Strafen lösen sich noch nicht
von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein.
Harms
Basdorf
Brause
Gerhardt
Schaal