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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 22/17
vom
15. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:150317B4STR22.17.0
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 15. März 2017 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 27. September 2016, soweit es sie betrifft,
a) im Schuldspruch klarstellend dahin neu gefasst, dass die
Angeklagte im Fall II. 22 der Urteilsgründe nicht wegen
Herstellung kinderpornographischer Schriften, sondern
wegen Besitzverschaffung kinderpornographischer Schriften verurteilt ist,
b) im Adhäsionsausspruch aufgehoben; von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag der Nebenklägerinnen
wird abgesehen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und
die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden
der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
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Gründe:
1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 19 Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, sowie wegen Herstellung kinderpornographischer Schriften zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat ferner
eine Adhäsionsentscheidung zu Gunsten der Nebenklägerinnen getroffen. Die
Revision der Angeklagten, mit der sie ohne nähere Begründung die Verletzung
formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2
Die Verfahrensrüge ist nicht näher ausgeführt und daher unzulässig
(§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
II.
3
1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge
hat in den Fällen II. 1 bis 19 der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil
der Angeklagten ergeben.
4
Die Annahme der Strafkammer, die Angeklagte habe sich in diesen Fällen (jeweils tateinheitlich) wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes
im Sinne von § 176a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 176 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, ist
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Da § 176 Abs. 2 StGB die Verursa-
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chung sexueller Handlungen von oder an einem Dritten durch Einwirken auf das
kindliche Opfer strafrechtlich erfasst, liegt die für eine gemeinschaftliche Tatbegehung erforderliche gleiche Zielrichtung des täterschaftlichen Handelns hier
darin, dass der Täter nach § 176 Abs. 2 StGB durch seinen Bestimmungsakt
gerade diejenige sexuelle Handlung ermöglicht, die der andere im Sinne des
§ 176 Abs. 1 StGB vornimmt (Senatsurteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR
248/13, BGHSt 59, 28, 33; zum Begriff der sexuellen Handlung beim Eindringen
in den Körper mit Gegenständen vgl. jüngst Senatsurteil vom 8. Dezember
2016 – 4 StR 389/16). Auch diese Art des Zusammenwirkens gegenüber dem
Tatopfer weist den im Vergleich zu den Grundtatbeständen gesteigerten Unrechtsgehalt auf, der für die Qualifikation kennzeichnend ist (Senatsurteil vom
10. Oktober 2013 aaO). So verhält es sich nach den Feststellungen im vorliegenden Fall. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang auf „§ 176a
Abs. 1 Nr. 4 StGB“ Bezug nimmt, handelt es sich ersichtlich um ein Schreibversehen.
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2. Im Fall II. 22 der Urteilsgründe, in dem die Angeklagte nach den Feststellungen Bilddateien ihrer Töchter in teilweise unbekleidetem Zustand unter
sexuell aufreizender Wiedergabe des nackten Gesäßes angefertigt hat, ist
zwar, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, der Tatbestand des
§ 184b Abs. 3 StGB erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist zum einen strafbar, wer es
unternimmt, sich den Besitz derartiger Schriften zu verschaffen, wodurch auch
die Herstellung zum Eigengebrauch erfasst wird (MünchKommStGB/Hörnle,
3. Aufl., § 184b Rn. 35), zum anderen, wer eine solche Schrift besitzt, wobei
diese Tatmodalität ersichtlich als Auffangtatbestand ausgestaltet ist (Hörnle
aaO, Rn. 40 mwN). Aus Gründen der Klarstellung fasst der Senat die Beschlussformel mit der Maßgabe neu, dass die Angeklagte insoweit wegen Verschaffung des Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt ist.
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3. Der Adhäsionsausspruch über die Zuerkennung von Schmerzensgeld
für die vier Nebenklägerinnen kann keinen Bestand haben.
7
a) Der von den Nebenklägerinnen gestellte Adhäsionsantrag entsprach
nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO. Nach dieser Vorschrift muss der Antrag unter anderem den Gegenstand und den Grund
des geltend gemachten Anspruchs bestimmt bezeichnen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 13. August 2013 – 4 StR 281/13, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 7; LR-StPO/Hilger, 26. Aufl., § 404 Rn. 1). Das ist im vorliegenden
Fall entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts nicht geschehen.
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b) Zwar hat die Bevollmächtigte der Nebenklägerinnen durch einen in der
Hauptverhandlung rechtzeitig (§ 404 Abs. 1 Satz 1 StPO) übergebenen Schriftsatz für diese jeweils einen unbezifferten Schmerzensgeldanspruch als Adhäsionsantrag geltend gemacht (PB 17). In dem Schriftsatz wird zum Grund der
Ansprüche und zur Höhe der verlangten Schmerzensgelder aber lediglich auf
das zu erwartende Ergebnis der Hauptverhandlung verwiesen („hinsichtlich des
Tathergangs und der psychischen und physischen Verletzungshandlungen“).
Eine weitere Konkretisierung ist – soweit ersichtlich – nicht erfolgt, auch nicht in
Form einer Bezugnahme auf die in der Anklageschrift erhobenen Tatvorwürfe,
was bei einfach gelagerten Sachverhalten ausreichen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2013 – 4 StR 368/13, BGHR StPO § 404 Abs. 1
Satz 2 Wirksamkeit 1). Schon mit Blick darauf, dass der Adhäsionsantrag dieselben Wirkungen wie die Erhebung einer zivilrechtlichen Klage hat (vgl. BGH,
Beschluss vom 17. Dezember 2003 – 1 StR 412/03, StraFo 2004, 144), hätte
es im vorliegenden Fall, in dem es um zahlreiche Tatvorwürfe gegen zwei Angeklagte ging, näherer Darlegungen der Nebenklägerinnen bedurft, auf welche
der Taten zu ihrem Nachteil sie ihre Adhäsionsanträge stützen wollten.
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9
4. Eine Zurückverweisung der Sache allein zur prozessordnungsgemäßen Nachholung des Adhäsionsverfahrens kommt nicht in Betracht, da wirksame Anträge nicht mehr gestellt werden könnten. Der Senat spricht deshalb aus,
dass insoweit gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 und 6 StPO von einer Entscheidung
abgesehen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 13. August 2013 aaO).
Sost-Scheible
Cierniak
Bender
Franke
Feilcke