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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 601/08
vom
7. April 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Geiselnahme u.a.
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. April 2009 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Magdeburg vom 3. Juli 2008 in den Aussprüchen über die im Fall II. 1 der Urteilsgründe verhängte Einzelfreiheitsstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe
aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere - allgemeine - Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in Tateinheit
mit schwerem Raub und wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der
Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat zu den
Aussprüchen über die im Fall II. 1 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und
die Gesamtstrafe Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349
Abs. 2 StPO.
2
Das Landgericht hat die gegen den Angeklagten im Fall II. 1 der Urteilsgründe wegen Geiselnahme in Tateinheit mit schwerem Raub verhängte Frei-
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heitsstrafe von sechs Jahren dem Strafrahmen des § 239 b Abs. 1 StGB entnommen. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen minder schweren
Fall im Sinne des § 239 b Abs. 2 i.V.m. § 239 a Abs. 2 StGB verneint hat, halten
rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Nach den Feststellungen ergriffen der Angeklagte und sein inzwischen
rechtskräftig verurteilter Mittäter, die aus der Maßregelvollzugsanstalt ausbrechen wollten, den Pfleger M., fesselten ihn, nahmen ihm die mitgeführten
Schlüssel ab und veranlassten ihn zur Preisgabe des Aufbewahrungsortes der
Schlüssel zu der Tür im Freigelände. Nach Auffassung des Landgerichts spricht
zwar für die Annahme eines minder schweren Falles, dass "keinerlei physische
Gewalt" auf den Geschädigten ausgeübt worden ist, dass die Bemächtigungslage nur einen kurzen Zeitraum angedauert hat und dass der Angeklagte geständig gewesen ist. Dagegen spreche aber, dass es sich um keine "Verzweiflungstat" gehandelt habe und dass "auch das Opfer in seinem Verhalten keinerlei Anlass zur Tatbegehung" gegeben gehabt habe. Die strafschärfende Wertung dieser Umstände begegnet unter den hier gegebenen Umständen durchgreifenden Bedenken.
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Ob Umstände, wie das Nichtvorliegen einer "Verzweiflungstat" und das
Fehlen einer Provokation durch das Tatopfer strafschärfend gewertet werden
dürfen, kann nur nach Lage des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. BGHSt 34,
345). Demgemäß bedarf die strafschärfende Wertung solcher Umstände einer
besonderen Begründung, um dem Revisionsgericht die rechtliche Nachprüfung
zu ermöglichen. Diesen Anforderungen genügen die Urteilsausführungen nicht,
weil sich ihnen nicht entnehmen lässt, aus welchen Gründen die vorgenannten
Umstände für die Strafrahmenwahl bestimmend gewesen sind.
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Die danach gebotene Aufhebung der im Fall II. 1 der Urteilsgründe ver-
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hängten Einzelstrafe führt zur Aufhebung auch des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe. Die zu Grunde liegenden Feststellungen können jedoch bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen worden sind. Sofern sie hierzu
nicht in Widerspruch stehen, sind ergänzende Feststellungen möglich.
Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, war
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die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurückzuverweisen.
Maatz
Athing
Franke
Solin-Stojanović
RiBGH Dr. Mutzbauer
ist urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb
an der Unterschriftsleistung
verhindert
Maatz