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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 473/13
vom
8. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Tötung
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2014 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kosten- und
Auslagenentscheidung im Urteil des Landgerichts Magdeburg vom
13. Dezember 2012 wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seiner sofortigen Beschwerde zu
tragen.
Gründe:
I.
1
Das Landgericht Dessau-Roßlau hatte den Angeklagten im Jahr 2008
vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat das Urteil mit den Feststellungen
aufgehoben und die Sache an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen.
Dieses verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 90 Euro. Ferner verpflichtete es den Angeklagten, die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten, die für die Gutachtenerstattung des Sachverständigen Dr. P.
wendigen Auslagen der Nebenkläger zu tragen.
entstanden sind, und die not-
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Die gegen das Urteil gerichteten Revisionen des Angeklagten, der drei
Nebenkläger und der Staatsanwaltschaft hat der Senat mit Urteil vom 4. September 2014 verworfen.
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Mit seiner gegen die Kostenentscheidung gerichteten sofortigen Beschwerde macht der Angeklagte insbesondere geltend, dass - mit einer entsprechenden Kostenfolge - ein Teilfreispruch geboten gewesen wäre und "nur
in minimalem Umfang zu den Tatsachen und Rechtsansichten verhandelt [worden sei], die jetzt zur Verurteilung" geführt hätten. Zudem sei "die Überbürdung
der Gesamtkosten … unverhältnismäßig" (Schriftsatz vom 1. Oktober 2014;
auch der Schriftsatz des Verteidigers vom 7. Oktober 2014 lag im Zeitpunkt der
Entscheidung vor).
II.
4
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet, da die Kosten- und
Auslagenentscheidung der Sach- und Rechtslage entspricht.
5
1. Gemäß § 465 Abs. 1 StPO hat der Angeklagte die Kosten des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens - mit der vom Landgericht Magdeburg bestimmten Ausnahme hinsichtlich der Kosten für das Gutachten des Sachverständigen Dr. P.
- zu tragen, da er in der erneuten Hauptverhandlung verur-
teilt worden ist und das Verfahren des ersten Rechtszugs kostenrechtlich eine
Einheit bildet.
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Der Umstand, dass es wegen der zurückverweisenden Entscheidung des
Senats gemäß § 354 Abs. 2 StPO zu mehreren Hauptverhandlungen gekom-
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men ist, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2005
- 4 StR 143/05, NStZ-RR 2006, 32; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl.,
§ 465 Rn. 3 mwN). Der abgeurteilten fahrlässigen Tötung liegt auch keine andere prozessuale Tat zugrunde als dem Anklagevorwurf der Körperverletzung mit
Todesfolge; ein Teilfreispruch war daher - wie im Urteil des Senats ausgeführt nicht geboten.
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2. Eine von der landgerichtlichen Kostenentscheidung abweichende Auslagenverteilung ist auch auf der Grundlage von § 465 Abs. 2 StPO nicht veranlasst.
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Danach hat das Gericht die entstandenen Auslagen ganz oder teilweise
der Staatskasse aufzuerlegen, wenn durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter Umstände besondere Auslagen entstanden sind, diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind und es unbillig wäre, den
Angeklagten mit diesen Auslagen zu belasten (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni
1991 - 1 StR 267/91, BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 3). Dies gilt namentlich
dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder
wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Entscheidend dafür ist, ob die tatsächlich erfolgten Untersuchungen auch dann
notwendig gewesen wären, wenn Anklage und Eröffnungsbeschluss von vornherein dem späteren Urteil entsprochen hätten (BGH, Beschlüsse vom
23. September 1981 - 3 StR 341/81, NStZ 1982, 80; vom 10. Januar 2002
- 3 StR 398/01; KK-StPO/Gieg, 7. Aufl., § 465 Rn. 5).
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Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht allein deswegen erfüllt, weil die
Verurteilung leichter wiegt als der ursprüngliche Vorwurf und die Tateinheit
zwischen dem zur Verurteilung gelangten und dem ursprünglich erhobenen
-5-
Tatvorwurf einen Teilfreispruch nicht zulässt (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli
1985 - 4 StR 307/85, NStZ 1986, 210, bei Pfeiffer; vom 12. Februar 1998
- 1 StR 777/97, BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 4; KK-StPO/Gieg, 7. Aufl.,
§ 465 Rn. 5). Zwar kann auch in solchen Fällen eine Quotelung erfolgen (vgl.
BGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2005 - 4 StR 177/05; vom 9. Oktober 2012
- 5 StR 441/12), wobei dahinstehen kann, ob dies auch dann gilt, wenn - wie
vorliegend - der schwerere Tatvorwurf den abgeurteilten Straftatbestand im
Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängen würde. Angesichts der Besonderheiten des Falles war und ist eine weitere Aufteilung der angefallenen Auslagen
auch unter Berücksichtigung von deren Höhe nicht geboten. Denn die Einholung der Sachverständigengutachten und die Vernehmung der Zeugen waren
zur gesetzlich gebotenen Sachaufklärung veranlasst und auch dann unerlässlich, wenn die Anklage von vornherein nicht auf Körperverletzung mit Todesfolge, sondern auf fahrlässige Tötung gelautet hätte (vgl. BGH, Beschluss vom
23. Februar 1989 - 1 StR 12/89, BGHR StPO § 465 Abs. 2 Billigkeit 2). Dies gilt
insbesondere für die - vom Beschwerdeführer hervorgehobenen - Beweiserhebungen durch Einholung von Sachverständigengutachten und durch Vernehmung von Zeugen, die das Geschehen nach der Zellenkontrolle um 11.45 Uhr
und insbesondere zum Entstehen des Brandes zum Gegenstand hatten. Denn
diese waren nicht zuletzt für die Vorhersehbarkeit und damit auch für den - vom
Angeklagten ebenfalls nicht hingenommenen - Vorwurf der fahrlässigen Tötung
von Bedeutung (vgl. ferner OLG Rostock, NStZ 2001, 199; Eisele in Schönke/
Schröder, StGB, 29. Aufl., vor §§ 13 ff. Rn. 101).
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3. Die Entscheidung über die Auslagen der Nebenkläger entspricht ebenfalls dem Gesetz (§ 472 Abs. 1 Satz 1, § 395 Abs. 2 Nr. 1, § 473 Abs. 1 Satz 2
StPO).
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Der Senat hält eine Billigkeitsentscheidung gemäß § 472 Abs. 1 Satz 2
StPO zugunsten des Angeklagten nicht für geboten. Denn die Mitwirkung des
Opfers an dem Kausalverlauf, der zum Todeserfolg geführt hat, gibt im Hinblick
auf die besonderen Umstände des Falles (unter anderem seine Bitten um
Lösung der Fixierung und um Mitteilung des Grundes der Festnahme) keine
Veranlassung zu einer Billigkeitsentscheidung zugunsten des Angeklagten.
III.
12
Die Kosten- und Auslagenentscheidung für das Beschwerdeverfahren
beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Mutzbauer
Roggenbuck
Franke
Cierniak
Quentin