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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 63/12
vom
27. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 27. März
2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. September 2011
- in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass die Angeklagten der Beihilfe zum Betrug schuldig sind,
- in den Strafaussprüchen aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat die Angeklagten des Betruges schuldig gesprochen.
Den Angeklagten Z.
hat es deswegen zu der Freiheitsstrafe von drei
Jahren und zwei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten H.
hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstre-
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ckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revisionen der Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte H.
be-
anstandet auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den
aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Schuldsprüche wegen täterschaftlichen Betruges haben keinen Bestand; die Angeklagten sind jeweils der Beihilfe zum Betrug (§§ 263, 27 StGB)
schuldig.
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1. Die Tatbeteiligten S.
, N.
und L.
bemühten
sich im Jahre 2007 zunächst erfolglos um den Erwerb des Mantels einer Aktiengesellschaft, deren Aktien sie unter der Vorspiegelung, es handle sich um ein
im Bereich regenerativer Energien erfolgreich tätiges Unternehmen, an gutgläubige Kapitalanleger verkaufen wollten. Sie schalteten deshalb wegen der
Vermittlung eines Mantelkaufs Rechtsanwalt K.
ein, der sich seinerseits an
die Angeklagten wandte. Die von den Angeklagten beherrschte G.
Holding in Luxemburg erwarb schließlich am 28. November 2007 auf eigene
Rechnung für 240.000 € von einer X.
ton Zug registrierte
E.
AG die im Schweizer KanAG, ausgestattet mit einem Kapital von
20 Millionen Stück Inhaberaktien zum Nennwert von je 0,01 CHF, welche zuvor
in den Freiverkehr der Deutschen Börse AG aufgenommen worden waren.
Noch am selben Tag veranlassten die Angeklagten den Weiterverkauf von 18,4
Millionen Stück dieser Aktien durch die G.
und L.
beherrschte Su.
Holding an eine von N.
Ltd. für 219.740 €. Über eine erste
Kaufpreisrate, gegen deren Zahlung zunächst eine Million Stück Aktien übertragen werden sollten, war in dem Vertrag bereits Quittung erteilt. Die übrigen
Aktien sollten der Su.
Ltd. in drei Tranchen gegen Zahlung jeweils einer
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weiteren Kaufpreisrate übertragen werden. Finanziert werden sollten die drei
Folgeraten im Wesentlichen aus dem Vertrieb der Aktien an Kapitalanleger.
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Wie die Angeklagten wussten, handelte es sich bei der
E.
AG um eine reine Vorratsgründung ohne operatives Geschäft und ohne eigenes Vermögen. Den Angeklagten war auch klar, dass N.
und L.
die Aufnahme operativer Geschäfte von vornherein nicht beabsichtigen. Sie rechneten jedenfalls damit, dass die der Su.
Ltd. überlassenen
Aktien zu überhöhtem Kurs an entsprechend getäuschte Anlageinteressenten
vertrieben würden, und nahmen dies billigend in Kauf. Am Gelingen dieses Vertriebs war ihnen deshalb gelegen, weil davon im Wesentlichen die Zahlung des
Kaufpreises an die G.
Holding abhing und weil der dadurch zu erwar-
tende Kursanstieg den Wert des bei ihr verbliebenen Aktienpakets erhöhen
würde.
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In Absprache mit dem für N.
Rechtsanwalt K.
und L.
auftretenden
veranlassten die Angeklagten in der Folge Scheinorders
über Aktien der
E.
, um dadurch einen Kursanstieg zu bewirken.
Ebenso veranlassten sie die erforderliche Mitwirkung der G.
der Umfirmierung der
E.
AG in
En.
Holding bei
AG und bei der
Änderung des in der Satzung ausgewiesenen Unternehmenszwecks u.a. in
"Beteiligung an anderen Unternehmen … insbesondere im Energiebereich".
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Weil sich die Übernahme und damit der Vertrieb der Aktien wegen organisatorischer Schwierigkeiten auf Seiten der Su.
beglichen N.
und L.
Ltd. erheblich verzögerten,
die offene Kaufpreisforderung der G.
Holding schließlich aus anderweitigen Mitteln. An dem dann ab Mai 2008
stattfindenden Telefonvertrieb der Aktien durch N.
, L.
und
-5-
K.
waren die Angeklagten nicht mehr beteiligt. Gewonnen werden konnten
etwa 80 Anleger; es entstand ein Gesamtschaden von ca. 1.100.000 €.
7
2. Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung der Angeklagten
wegen mittäterschaftlichen Betruges (§ 263 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB).
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a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche
Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen
Tatanteils erscheint (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 25 Rn. 12 mwN). Ob danach
Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden
Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die
Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 12. Februar 1998 - 4 StR
428/97, NJW 1998, 2149, 2150; vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt
37, 289, 291). Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der
Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen
(BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253; Beschluss
vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25). Erschöpft sich demgegenüber
die Mitwirkung nach dem Willen des sich Beteiligenden in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so fällt ihm lediglich Beihilfe zur Last (§ 27 Abs. 1
StGB).
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b) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme täterschaftlichen
Handelns der Angeklagten auch dann durchgreifenden rechtlichen Bedenken,
wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligt, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. Senat, Urteil vom
17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253). Entgegen der Auffassung
des Generalbundesanwalts vermögen die vom Landgericht festgestellten Tatsachen den Schluss, die Angeklagten hätten ihre Mitwirkungshandlungen als
Teil der Tätigkeit aller und demzufolge die späteren betrügerischen Aktienverkäufe auch als ihre eigenen Taten verstanden, nicht zu tragen, so dass ein solcher Beurteilungsspielraum jedenfalls überschritten wäre.
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Zwar schufen die Angeklagten mit dem Mantelkauf und der Weitergabe
der Aktien erst die Voraussetzungen für die späteren betrügerischen Anlagegeschäfte der anderen Beteiligten; sie unterstützten das Gelingen dieser Anlagegeschäfte auch durch Einwirken auf den Aktienkurs und durch Mithilfe bei der
Vortäuschung operativen Geschäfts. Nach dem äußeren Erscheinungsbild waren dies aber zunächst typische Beihilfehandlungen, die für sich allein weder
auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen dazu schließen lassen. Insbesondere unterscheidet sich die Beschaffung der Aktien nicht wesentlich von anderen Fallgestaltungen, in denen der Täter bei der Besorgung notwendiger Tatmittel oder Tatwerkzeuge auf Dritte angewiesen ist. Dass die in Aussicht genommenen Anlagegeschäfte darüber hinaus (auch) vom Willen der Angeklagten abhängen sollten, wird nicht ersichtlich; sowohl die Art und Weise des Vertriebs als insbesondere auch die den Anlegern pro Aktie abverlangten Beträge
waren jedem Einfluss der Angeklagten entzogen. Das vom Landgericht festgestellte Interesse der Angeklagten am Gelingen der Geschäfte vermag eine an-
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dere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. An den erzielten Gewinnen waren die
Angeklagten nicht beteiligt. Ihr allgemeines Interesse an einem steigenden
Aktienkurs und an der Erwirtschaftung des Kaufpreises - der im Übrigen die
eigenen Aufwendungen der G.
Holding nicht überstieg - berührte die
betrügerischen Geschäfte nur mittelbar.
11
3. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO
steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten bei zutreffender rechtlicher
Bewertung der Tat nicht wirksamer hätten verteidigen können.
12
4. Die Abänderung der Schuldsprüche führt zur Aufhebung des Urteils in
den Strafaussprüchen. Die diesen jeweils zugrunde liegenden Feststellungen
werden von der unzutreffenden rechtlichen Bewertung der Tat indes nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
VRiBGH Becker ist urlaubsbedingt
gehindert seine Unterschrift
beizufügen.
Pfister
Schäfer
Pfister
Mayer
Menges