|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|
BESCHLUSS
|
|
3 StR 395/02
|
|
vom
|
|
19. November 2002
|
|
in der Strafsache
|
|
gegen
|
|
|
|
wegen Diebstahls
|
|
|
|
-2-
|
|
|
|
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
|
|
19. November 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
|
|
1. Auf die Revision des Angeklagten Paul S.
|
|
|
|
wird das Urteil
|
|
|
|
des Landgerichts Hannover vom 27. Februar 2002 aufgehoben, soweit der Angeklagte als Gesamtschuldner verurteilt
|
|
wurde, an die Adhäsionsklägerin einen Geldbetrag in Höhe
|
|
von 166.388,15 US-Dollar zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf
|
|
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit
|
|
dem 14. August 2001 zu zahlen sowie die durch den Antrag
|
|
auf Entschädigung entstandenen besonderen Kosten und die
|
|
notwendigen Auslagen der Adhäsionsklägerin zu tragen.
|
|
Von einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag der
|
|
Adhäsionsklägerin wird abgesehen.
|
|
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
|
|
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
|
|
tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die
|
|
sonstigen durch dieses Verfahren erwachsenen Auslagen trägt
|
|
jeder Beteiligte selbst.
|
|
|
|
-3-
|
|
|
|
Gründe:
|
|
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Diebstahls im besonders
|
|
schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es den Angeklagten gemeinsam mit dem Nichtrevidenten
|
|
Bohdan S.
|
|
|
|
als Gesamtschuldner verurteilt, an die Adhäsionsklägerin
|
|
|
|
166.388,15 US-Dollar zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
|
|
dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2001 zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und materiellen
|
|
Rechts.
|
|
Nach den Urteilsfeststellungen der Strafkammer war der Angeklagte als
|
|
Mittäter an einem Diebstahl zum Nachteil eines Geldtransportunternehmens,
|
|
der Adhäsionsklägerin, in Fort Myers in Florida (USA) beteiligt; im Zeitpunkt
|
|
der Tatausführung hielt er sich in Deutschland auf.
|
|
Das Rechtsmittel hat lediglich Erfolg, soweit es sich gegen den Adhäsionsausspruch richtet. Im übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift
|
|
des Generalbundesanwalts, dessen Erwägungen entgegen der Auffassung des
|
|
Beschwerdeführers keineswegs "absurd" sind, offensichtlich unbegründet.
|
|
I. Von einer Entscheidung über den Antrag der Adhäsionsklägerin ist
|
|
gemäß § 405 Satz 2 StPO abzusehen. Im Sinne dieser Vorschrift ist ein Antrag
|
|
zur Erledigung im Strafverfahren auch dann nicht geeignet, wenn schwierige
|
|
bürgerlich-rechtliche Rechtsfragen entschieden werden müßten (MeyerGoßner, StPO 46. Aufl. § 405 Rdn. 4; Engelhardt in KK StPO 4. Aufl. § 405
|
|
Rdn. 1). Das ist bei das internationale Privatrecht betreffenden Problemkreisen
|
|
regelmäßig der Fall. So liegt es auch hier:
|
|
|
|
-4-
|
|
|
|
Schon die Frage, ob auf den Adhäsionsantrag, wie das Landgericht annimmt, deutsches Recht nach Art. 40 Abs. 1 EGBGB anwendbar ist, wirft erhebliche Schwierigkeiten auf. Als Handlungsort im Sinne des Art. 40 Abs. 1
|
|
Satz 1 EGBGB kommen nur solche Orte in Betracht, an denen eine tatbestandsmäßige Ausführungshandlung mit Außenwirkung vorgenommen (vgl.
|
|
BGH MDR 1957, 31, 33; von Hoffmann in Staudinger Art. 40 EGBGB Rdn. 17,
|
|
18) bzw. in einen geschützten Rechtskreis - sei es auch nur durch einen Teilakt
|
|
der unerlaubten Handlung - eingegriffen wird (BGHZ 35, 329, 333). Danach
|
|
können Orte bloßer Vorbereitungshandlungen nicht berücksichtigt werden und
|
|
läge der Handlungsort möglicherweise in Florida.
|
|
Im Falle der Anwendbarkeit deutschen Rechts auf den Adhäsionsantrag
|
|
wäre im Rahmen des sich nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung richtenden Adhäsionsverfahrens (vgl. BGHSt 37, 261; 37, 263) von Amts wegen
|
|
auch zu prüfen, ob und inwieweit die von der Adhäsionsklägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche auf eine Versicherung übergegangen sind
|
|
(BGH NStZ 1988, 237 Nr. 21; BGHR StPO § 405 Satz 2 Nichteignung 1), was
|
|
wiederum die Prüfung voraussetzt, nach welchem Recht die Frage des Übergangs zu beantworten ist.
|
|
Mangels Eignung des Adhäsionsantrags zur Erledigung im Strafverfahren muß die Verurteilung des Angeklagten zur Schadensersatzleistung aufgehoben und von einer Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche
|
|
abgesehen werden. Eine Zurückverweisung der Sache zwecks Erneuerung des
|
|
Anschlußverfahrens scheidet aus (BGHR StPO § 405 Satz 2 Nichteignung 2).
|
|
II. Die Erstreckung der Aufhebung des Adhäsionsausspruchs auf den
|
|
Nichtrevidenten Bohdan S.
|
|
|
|
kommt nicht in Betracht. § 357 StPO findet
|
|
|
|
keine Anwendung, weil die Aufhebung des Urteils nicht wegen einer Gesetzes-
|
|
|
|
-5-
|
|
|
|
verletzung bei der Anwendung des Strafgesetzes erfolgt. Allerdings hat der
|
|
2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluß vom 3. Juni 1988 (BGH
|
|
NStZ 1988, 470) in einem Fall, in dem er einen Adhäsionsausspruch mangels
|
|
eines auf Entschädigung gerichteten Antrags aufgehoben hat, die Aufhebung
|
|
nach § 357 StPO - über den Wortlaut der Vorschrift hinaus - auf den Nichtrevidenten erstreckt. Der Senat kann offenlassen, ob er dem angesichts des entgegenstehenden eindeutigen Wortlauts des § 357 StPO, der nach allgemeiner
|
|
Meinung als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist (Hanack in LR StPO
|
|
25. Aufl. § 357 Rdn. 3, 15; Meyer-Goßner aaO § 357 Rdn. 1, 2), zustimmen
|
|
könnte. Denn der 2. Strafsenat hat in seiner Entscheidung maßgeblich darauf
|
|
abgestellt, daß es - mangels Entscheidungsantrags - an einer von Amts wegen
|
|
zu prüfenden Verfahrensvoraussetzung fehlt. Das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, auf das § 357 StPO, jedenfalls soweit die Voraussetzungen des
|
|
Strafverfahrens als solche in Rede stehen, über den Wortlaut der Vorschrift
|
|
hinaus nach allgemeiner Meinung anwendbar ist (vgl. Hanack aaO Rdn. 14 m.
|
|
w. N.), ist aber mit der Nichtbeachtung sonstiger Verfahrensvorschriften - wie
|
|
hier der Entscheidung im Adhäsionsverfahren ungeachtet der mangelnden
|
|
Eignung des Antrags zur Erledigung im Strafverfahren - nicht vergleichbar. Aus
|
|
diesem Grunde weicht der Senat mit seiner Auffassung auch nicht von der Entscheidung des 2. Strafsenats ab und besteht kein Anlaß zu einer Anfrage nach
|
|
§ 132 Abs. 3 GVG.
|
|
|
|
-6-
|
|
|
|
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1, § 472 a
|
|
Abs. 2 StPO.
|
|
Tolksdorf
|
|
|
|
Pfister
|
|
Becker
|
|
|
|
von Lienen
|
|
Hubert
|
|
|
|
|