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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 200/00
vom
6. September 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 6. September
2000 einstimmig beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 9. Dezember 1999 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben
hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu der Begründung der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Gegen die Annahme des Mordmerkmals der Grausamkeit bestehen
keine rechtlichen Bedenken.
Nach den Feststellungen des Landgerichts, die sich auf die für zutreffend erachtete Einlassung der Angeklagten in ihrer verantwortlichen Vernehmung vom 3. Juni 1999 stützen, hat die Angeklagte ihre dreieinhalbjährige Tochter Anfang Mai 1999 schlafend in der
Wohnung zurückgelassen, eingesperrt und sich zu einem Bekannten begeben. Innerhalb der nächsten zwei bis drei Tage hat
sie sich entschlossen, nicht mehr in die Wohnung zurückzukehren,
wobei ihr bewußt war, daß ihre Tochter irgendwann verhungern
oder verdursten würde (UA S. 5). Als ihr nach ein paar Tagen bewußt war, daß mit dem Kind etwas passiert sein müsse, ist sie erst
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recht nicht in ihre Wohnung zurückgekehrt, um nach ihm zu sehen
(UA S. 10). Nach einer Woche hat sie daran gedacht, daß ihre
Tochter jetzt tot sein müßte. Ihr war klar, daß sie ihr Kind ganz erbärmlich hatte verhungern lassen. Am 27. Mai 1999 war ihr dann
klar, daß ihre Tochter nicht mehr leben würde (UA S. 10). Tatsächlich ist diese aufgrund eines langandauernden Verhungerns qualvoll gestorben.
Bei der Wertung, die Tat sei aus gefühlloser und unbarmherziger
Gesinnung der Angeklagten heraus erfolgt, hat das Landgericht
darauf abgestellt, daß die Angeklagte im Verlauf der Wochen auf
Fragen nach ihrer Tochter wiederholt mit unzutreffenden, den Aufenthalt des Kindes verschleiernden Antworten reagiert und unrichtige Angaben gemacht hat, um zu erklären, warum sie nicht in ihre
Wohnung gehen konnte. Sie hat sich zur Überzeugung des Landgerichts deshalb mehrfach gedanklich mit der Situation ihrer
Tochter auseinandergesetzt und sich dabei immer wieder gegen ihre Tochter entschieden (UA S. 14). Es ist nicht zu besorgen, das
Landgericht könnte bei der Wertung außer Acht gelassen haben,
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daß sich die Angeklagte im gesamten Tatzeitraum im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung (Alkoholintoxikation in Verbindung mit einer
Persönlichkeitsstörung und einer Alkoholabhängigkeit) befunden
hatte.
RiBGH Dr. Miebach ist
urlaubsbedingt abwesend
und deshalb an der Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan
Rissing-van Saan
Pfister
Winkler
von Lienen