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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 583/12
vom
12. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
-2-
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. März 2013 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 22. August 2012 - soweit es ihn betrifft - mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat Erfolg.
I.
2
Nach den Feststellungen überfielen der Angeklagte und sein Mittäter
M.
in der Nacht zum 26. August 2011 das betagte Ehepaar S.
in dessen Einfamilienhaus in der Nähe A.
s, um es zu berauben. Während
der Ehemann im Obergeschoss schlief und den Überfall nicht bemerkte, brachte M.
die 78-jährige Geschädigte im Erdgeschoss zu Boden und hielt ihr
fortlaufend Augen und Mund zu. In der Zwischenzeit durchsuchte der Angeklagte das Haus nach Geld- und Wertgegenständen, wobei er teilweise fündig wurde. Durch einen schmalen Sehschlitz konnte die Geschädigte beobachten, wie
der Angeklagte im Zusammenhang mit seiner Frage nach "Geld, Gold?" ein
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Brotmesser vom Tisch nahm, es aber auf eine abweisende Handbewegung des
Mitangeklagten M.
wieder zurücklegte. Beide Täter gingen davon aus, die
Geschädigte habe das Ergreifen des Messers nicht wahrgenommen. In der
Folge fand der Angeklagte weiteres Geld und Wertgegenstände, die er an sich
nahm, bevor er als erster das Haus verließ. Kurze Zeit später verließ auch der
Mitangeklagte M.
das Haus und beide flüchteten mit dem Pkw der Eheleu-
te. Zuvor war die Geschädigte noch mit einem Schal und abgeschnittenen Trageriemen ihrer Handtasche an Händen und Füßen gefesselt worden.
3
Das Landgericht hat die Angeklagten aufgrund der Fesselung des Opfers
wegen schweren Raubes gemäß §§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB verurteilt. Die Verwirklichung eines besonders schweren Raubes gemäß § 250
Abs. 2 Nr. 1 StGB durch Einsatz eines Messers hat die Strafkammer verneint,
weil die Geschädigte aus Sicht der Angeklagten das Messer nicht wahrgenommen hatte. Von einem möglichen Versuch des qualifizierten Tatbestands nach
§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sei der Angeklagte durch Zurücklegen des Messers
jedenfalls strafbefreiend zurückgetreten.
II.
4
1. Die Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangenen schweren Raubes aufgrund der Fesselung der Geschädigten. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
"Zwar reichen ein Beisichführen und eine Verwendungsabsicht zu
irgendeinem Zeitpunkt vom Ansetzen zur Tat bis zu deren Beendigung, mithin auch im Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung des Raubes (entgegen RB S. 4) für die Annahme des Qualifikationsmerkmals des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB aus (st. Rspr.;
BGHSt 13, 259 f.; 20, 194, 197; 31, 105, 107; BGHR StGB § 250
Abs. 1 Nr. 2 Beisichführen 4; BGH StV 1988, 429; NStZ 1998, 354
[Senat]; 1999, 242, 243; 2007, 332; NStZ-RR 2003, 202; Fischer
StGB 59. Aufl. § 244 Rn. 29); auch genügt es, dass der Täter das
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Mittel erst am Tatort ergreift (BGHSt 13, 259, 260; BGHR aaO;
BGH StV 1988, 429; NStZ 1999, 242, 243; NStZ-RR 2003, 202;
Fischer aaO und § 250 Rn. 12).
Die Feststellung, die Zeugin S.
sei 'zuvor' - also bevor
der Mitangeklagte M.
den Tatort verließ - mit einem Schal
und dem abgeschnittenen Trageriemen ihrer Handtasche an Händen und Füßen gefesselt worden (UA S. 8), rechtfertigt aber nicht
die Verurteilung des Angeklagten wegen eines insoweit qualifizierten Raubes. Ob eine Fesselung der Zeugin der von vornherein getroffenen Tatabrede entsprach, ist nicht festgestellt worden. Auch
lassen die Feststellungen nicht erkennen, ob der Angeklagte sich
zum Zeitpunkt der Fesselung überhaupt noch im Haus befand, ob
er gegebenenfalls daran unmittelbar beteiligt war, ob es während
der Tatausführung zu einer - sei es auch nur stillschweigenden Absprache mit dem Mitangeklagten über die Fesselung kam oder
der Angeklagte sich wenigstens in Kenntnis der Fesselungsabsicht des Mitangeklagten weiter an der Tat beteiligt hat (zum letztgenannten Fall mittäterschaftlicher Zurechnung vgl. BGH NStZ-RR
2002, 9 [Senat]; NStZ 2004, 263; Fischer StGB § 25 Rn. 20). Derartiger Feststellungen hätte es aber bedurft, um beurteilen zu können, ob der Angeklagte das Qualifikationsmerkmal selbst erfüllt
hat oder ihm dieses nach mittäterschaftlichen Grundsätzen zuzurechnen war."
5
Dem schließt sich der Senat an und weist die Sache zu entsprechender
Aufklärung an das Landgericht zurück.
6
2. Im Übrigen geht das Landgericht - wie vom Generalbundesanwalt näher dargelegt - zutreffend davon aus, dass der Angeklagte die Qualifikation des
§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB durch Ergreifen des Messers nicht verwirklicht hat. Der
neue Tatrichter wird jedoch gegebenenfalls zu berücksichtigen haben, dass
-5-
bereits mit dem Ergreifen des Messers das Qualifikationsmerkmal des § 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB erfüllt sein kann.
Becker
Fischer
Krehl
Appl
Ott