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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 529/16
vom
18. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vorteilsgewährung
ECLI:DE:BGH:2017:181017U2STR529.16.0
-2-
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in der Verhandlung vom 18. Oktober
2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Eschelbach,
die Richterinnen am Bundesgerichtshof
Dr. Bartel,
Wimmer,
Richter am Bundesgerichtshof,
Dr. Grube,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte W.
persönlich und
Rechtsanwalt
,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-3-
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Meiningen vom 11. Mai 2016 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen
und ihm eine Entschädigung für durchgeführte Strafverfolgungsmaßnahmen zugebilligt wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Es wird festgestellt, dass die Revision der Staatsanwaltschaft
zurückgenommen wurde, soweit sie sich auf die Ablehnung
der Verhängung einer Geldbuße gegen die Nebenbeteiligte
bezieht.
Die insoweit entstandenen Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenbeteiligten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
-4-
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Vorteilsgewährung in zwei Fällen freigesprochen und die Verhängung einer Geldbuße gegen
die Nebenbeteiligte abgelehnt. Gegen die Freisprechung des Angeklagten richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision
der Staatsanwaltschaft. Insoweit ist das Rechtsmittel begründet. Soweit es gegen die Ablehnung einer Geldbuße gegen die Nebenbeteiligte gerichtet war, ist
festzustellen, dass es zurückgenommen worden ist.
I.
2
1. Gegenstand der Anklage im Umfang ihrer Zulassung durch das Landgericht ist der Vorwurf, der Angeklagte habe als Vertreter der j.
AG
im Zusammenhang mit einem Beratervertrag vom 27./28. Juli 2010 sowie einer
Vereinbarung
über
die
Verlängerung
dieses
Beratervertrages
vom
16./20. Dezember 2010 Unrechtsvereinbarungen mit dem gesondert verurteilten
K.
getroffen, wonach diesem Vorteile für seine Dienstaus-
übung als ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt E.
und Stellvertreter
des Oberbürgermeisters gewährt werden sollten.
3
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
a) Der Angeklagte war Mitglied des Vorstands der j.
AG. Die-
se Unternehmensgruppe plante und errichtete Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien, insbesondere Windenergieanlagen. Sie wollte im Jahr 2010
auch Projekte in Thüringen vorbereiten und suchte dafür wie auch schon bei
anderen Projekten einen Berater, der als „Türöffner“ zu politischen Entschei-
-5-
dungsträgern tätig werden sollte. Innerhalb der Unternehmensgruppe war die
Zeugin
S.
für die Gewinnung und Betreuung solcher Berater zu-
ständig. Sie war damals Bereichsleiterin Marketing der Abteilung „100 % erneuerbar“. Sie fragte bei dem ehemaligen Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg Ju.
an, ob dieser in Thüringen jemanden kenne, der als Bera-
ter für die Unternehmensgruppe tätig werden könne. Ju.
mit dem damaligen Thüringer Wirtschaftsminister R.
K.
5
nahm Kontakt
auf, der
vorschlug.
K.
war seit 1994 Mitglied des E.
Stadtrats. Im Jahr 1999
wurde er Innenminister des Freistaats Thüringen. Von diesem Amt trat er im
März 2002 zurück, blieb aber bis 2009 Mitglied des Landtags. Nach seinem
Ausscheiden aus der Landespolitik übernahm er über die von ihm gegründete
Firma E.
GmbH Beratertätigkeiten. K.
Beigeordneten der Stadt E.
wurde zum ehrenamtlichen
gewählt und wurde einer der Stellvertreter
des Oberbürgermeisters. Daraufhin wurde er am 18. September 2009 zum Ehrenbeamten ernannt und vereidigt. Hauptamtliche Stellvertreterin des Oberbürgermeisters war die Bürgermeisterin
L.
, hauptamtliche Beigeordnete
und weitere Stellvertreterin des Oberbürgermeisters
Re.
, die das
Bauressort leitete, welches auch für die Planung von Windkraftanlagen zuständig war. Zudem war K.
Stadtrat von E.
6
K.
im Jahr 2010 Fraktionsvorsitzender der
im
.
als Beigeordnetem wurde der Geschäftsbereich „städtische Be-
teiligungen“ zugewiesen. Insoweit hatte er keine dienstlichen Kontakte mit der
j.
-Unternehmensgruppe. Allerdings wurde er auch vom Oberbürgermeister
gelegentlich in anderen Bereichen eingesetzt.
-6-
7
Der Zeugin
S.
war
K.
zunächst unbekannt.
Sie informierte sich über seinen Lebenslauf bei „Wikipedia“. Soweit es dessen
Tätigkeit in E.
betraf, wurde dort darauf hingewiesen, dass er Mitglied
des Stadtrats war; die Eigenschaft als ehrenamtlicher Beigeordneter wurde dort
nicht erwähnt.
8
Am 2. Juni 2010 kam es zu einem ersten Gespräch von K.
S.
in der Firmenzentrale der j.
mit
-Unternehmensgruppe, in dem sie
erläuterte, dass die Unternehmensgruppe eine Niederlassung in Thüringen plane, um von dort aus alle Arten von erneuerbaren Energien im Lande vorzustellen. Zu diesem Zweck benötige sie einen Berater, der über ein Netzwerk verfüge. K.
berichtete über seine bisherigen Tätigkeiten auf Landesebene,
während er seine kommunalen Ämter nicht erwähnte. Erst gegen Ende des Gesprächs kam der Angeklagte hinzu, dem gegenüber
S.
das bisher
Gesagte zusammenfasste.
9
Am 27. und 28. Juli 2010 wurde ein Beratervertrag der j.
mit der E.
-Holding AG
GmbH unterzeichnet. Darin war eine Kontaktplanung im
Interesse der Unternehmensgruppe mit 32 Institutionen und 40 namentlich benannten Personen auf Landes- und kommunaler Ebene vorgesehen, soweit es
die Stadt E.
betraf, mit dem damaligen Oberbürgermeister D.
. Als
Vergütung für die Beratertätigkeit sollten 700 Euro netto für jeden Tag der Beratertätigkeit gezahlt werden, ferner Aufwendungsersatz. Am Tag der Unterzeichnung des Beratervertrages kam es zu einem Treffen von
Mitarbeitern der j.
K.
mit
-Unternehmensgruppe, in denen diese Projekte in Thürin-
gen vorstellten. Zu einem persönlichen Kontakt mit dem Angeklagten kam es
weder an diesem Tag noch während der Verhandlungen über den Inhalt des
Beratervertrages.
-7-
10
Bei den Projekten der j.
-Unternehmensgruppe in Thüringen ging es
vor allem um Windenergieanlagen. Deren Errichtung war nur in sogenannten
„Windvorranggebieten“ zulässig. Diese waren im Regionalplan vorgesehen, der
durch eine der Regionalversammlungen des Landes erstellt wurde. In einer unternehmensinternen E-Mail vom 18. April 2010 hatte
S.
dem An-
geklagten die diesbezügliche Situation in Thüringen geschildert. Für E.
waren zunächst nur ein Holzhackschnitzel-Heizkraftwerk und eine Holzpelletierungsanlage vorgesehen. Es waren auch keine Windvorranggebiete ausgewiesen. Die Errichtung von Windkraftanlagen bedurfte deshalb einer Änderung des
Regionalplans der Regionalversammlung Südwest-Thüringen.
11
Erst nach unternehmensinternen Diskussionen brachte
auch den Standort E.
an Projekten in E.
S.
für Windkraftanlagen ins Gespräch. K.
war
besonders interessiert, weil er dort wohnte und sich
eine Tätigkeit als Leiter einer der möglichen Niederlassungen der j.
-Gruppe
vorstellen konnte.
12
Am 18. August 2010 tauschten sich Mitarbeiter des Unternehmens untereinander und mit dem Angeklagten durch E-Mails über das Potenzial eines
Standorts für Windkraftanlagen in E.
könne sich K.
aus. Der Angeklagte äußerte, dazu
„direkt“ für das Unternehmen „einsetzen“. Dieser nahm
– ohne dies zunächst der Stadtverwaltung von E.
bekannt zu machen –
alsbald seine Beratertätigkeit durch Gespräche mit verschiedenen Behörden
auf und vermittelte der j.
13
Mitarbeiter der j.
dem E.
-Gruppe Kontakte dorthin.
-Gruppe nahmen ohne Beteiligung von K.
Referenten für Umwelt, Verkehr und Energie,
P.
mit
, Kon-
takt auf. Sie teilten diesem mit, dass sie einen geeigneten Ort für eine Niederlassung des Unternehmens in Thüringen suchten. Bedingung dafür sei der Bau
-8-
von Windkraftanlagen. Dies teilte P.
neben kam auch ohne Zutun von K.
D.
der Baudezernentin Re.
mit. Da-
ein Kontakt mit Oberbürgermeister
zustande. Auch dieser befürwortete eine Ansiedlung der Unternehmens-
gruppe.
14
Nachdem das Verwaltungsgericht Meiningen bereits am 28. Juli 2010
entschieden hatte, dass ein Konkurrenzunternehmen der j.
tigt sei, in der Nähe von E.
-Gruppe berech-
Windkraftanlagen zu errichten, was aber den
Blick von der Wartburg auf den Thüringer Wald beeinträchtigt hätte und die Aberkennung des Status der Wartburg als Weltkulturerbe befürchten ließ, suchte
Oberbürgermeister D.
auf Bitte des Thüringer Bauministers nach Möglichkei-
ten für die Ausweisung einer anderen Fläche zur Errichtung von Windkraftanlagen. Oberbürgermeister D.
informierte K.
davon, der darin eine Mög-
lichkeit erkannte, neue Windvorranggebiete in E.
denen die j.
15
durchzusetzen, von
-Gruppe profitiert hätte.
Am 8. September 2010 fand auf Vermittlung von K.
chung statt, an der dieser, Oberbürgermeister D.
arbeiter der j.
E.
eine Bespre-
, der Angeklagte, zwei Mit-
-Unternehmensgruppe und drei Mitarbeiter der Stadtverwaltung
teilnahmen. Hierbei ging der Angeklagte davon aus, dass K.
seine Beratertätigkeit für die Unternehmensgruppe inzwischen offen gelegt hatte, was aber nicht der Fall war. Der Angeklagte stellte die Pläne der j.
-
Gruppe vor, an denen sich D. , der jedoch auf Schwierigkeiten hinwies, interessiert zeigte. Die Teilnahme von K.
der E.
GmbH gegenüber der j.
tätigkeit abgerechnet.
an dem Gespräch wurde später von
AG als entgeltliche Berater-
-9-
16
Mittlerweile bestand in der Stadtverwaltung E.
dass die Stadt die j.
Einigkeit darüber,
-Unternehmensgruppe durch die Erweiterung der Wind-
vorranggebiete unterstützen sollte. Deshalb unterzeichnete die Baudezernentin
Re.
am 13. September 2010 ein von j.
-Mitarbeitern vorbereitetes Schrei-
ben zur Änderung des Raumordnungsplans Südwest-Thüringen. Unter Verwendung dieses Schreibens begannen Mitarbeiter der j.
-Gruppe mit Ver-
tragsverhandlungen gegenüber Grundstückseigentümern an möglichen Standorten für Windenergieanlagen.
17
Am 1. Oktober 2010 fand eine Besprechung zwischen D.
dem Angeklagten statt. Zuvor hatte K.
und
den Oberbürgermeister von seiner
Beratertätigkeit unterrichtet; darüber, dass K.
in E.
, K.
Fraktionsvorsitzender der
und Beigeordneter war, wurde am 1. Oktober 2010 nicht ge-
sprochen.
18
Am 6. Oktober 2010 wurde in der Beigeordnetenrunde die Erweiterung
der Windvorranggebiete besprochen. Dabei teilte K.
mit, dass er am
nächsten Tag eine Besprechung beim Thüringer Bauministerium haben werde.
Der Oberbürgermeister entschied, dass K.
dort die Stadt E.
betref-
fenden Fragen zur Erweiterung der Windvorranggebiete erörtern solle. In dem
nachfolgenden Gespräch mit Bediensteten des Bauministeriums wurde die
Möglichkeit einer Änderung des Regionalplans besprochen. Darüber berichtete
K.
in der nächsten Beigeordnetenrunde. Die Besprechung beim Ministeri-
um wurde neben anderen Tätigkeiten, die nicht mit den Projekten in E.
Zusammenhang standen, von der E.
GmbH gegenüber der j.
in
-
Gruppe als Beratungstätigkeit des Angeklagten abgerechnet, ohne dass sich
aus den Rechnungen ergab, dass es sich insoweit auch um eine dienstlich
übernommene Aufgabe handelte.
- 10 -
19
Ende Oktober 2010 kamen Oberbürgermeister D.
und K.
sowie
die weiteren Beigeordneten überein, dass die Erweiterung des Regionalplans
für die in E.
vorgesehenen Windvorranggebiete beantragt werden sollte.
Dafür war zunächst ein Stadtratsbeschluss erforderlich. Die Beschlussvorlage
wurde im Dezernat der Baudezernentin Re.
erstellt. K.
Entwurf am 9. November 2010 an die Zeugin S.
von der j.
leitete deren
AG weiter.
Dabei wies er darauf hin, dass Bedarf für eine Nachbesserung dieser Beschlussvorlage bestehe. Sie wurde deshalb durch den j.
überarbeitet. Unabhängig von K.
-Mitarbeiter Lü.
hielt auch Oberbürgermeister D.
den
Entwurf des Baudezernats für nicht aussagekräftig und bat ihn darum, sich zur
Unterstützung an die j.
-Gruppe zu wenden. K.
wandte sich daraufhin
mit einer Mail vom 10. November 2010 direkt an den Angeklagten. Weder dieser noch die Zeugin S.
wunderten sich darüber, dass K.
in den Be-
sitz des Beschlussentwurfs der Stadt gekommen war. Sie gingen davon aus,
dass er seine Beratertätigkeit für die j.
-Gruppe offen gelegt habe und Mitar-
beiter der Stadtverwaltung ihn um Hilfe gebeten hätten. Schließlich wurde der
ergänzte Entwurf der Beschlussvorlage in den Stadtrat eingebracht, der ihn am
26. November 2010 beschloss. Dabei stimmte K.
20
Der Antrag der Stadt E.
für die Erweiterung.
wurde bei der Regionalen Planungsge-
meinschaft auf die Tagesordnung für den 7. Dezember 2010 gesetzt, aber kurz
vor Beginn der Sitzung wieder abgesetzt. Das Bauministerium hatte erwogen,
den Regionalplan ohne Windvorranggebiete zu genehmigen. Zudem waren zusätzlich zum Stadtratsbeschluss weitere Voraussetzungen für die Ausdehnung
der Windvorratsgebiete zu erfüllen, vor allem eine Änderung der Thüringer Verordnung
über
den
Naturpark
.
Ein
Entwurf
der
Neu-
fassung dieser Verordnung sah ein Verbot der Errichtung von Windkraftanlagen
vor. K.
wurde von der j.
-Gruppe beauftragt, sich dafür einzusetzen,
dass es nicht zu dieser Verbotsregelung komme. In der Beigeordnetenrunde
- 11 -
der Stadt E.
vom 8. Dezember 2010 informierte K.
über die Prob-
lemlage und wurde vom Oberbürgermeister damit beauftragt, den Sachstand
„zur Verordnung Naturpark“ festzustellen. K.
raufhin mit dem Umweltminister R.
ordnetenrunde der Stadt E.
erörterte diese Situation da-
und berichtete darüber in der Beige-
. Durch E-Mail vom 14. Dezember 2010 in-
formierte er auch den Angeklagten. Das Gespräch mit dem Umweltminister
stellte die E.
21
GmbH später der j.
AG in Rechnung.
Zu ersten Differenzen zwischen dem Angeklagten und K.
wegen des Abstimmungsverhaltens von K.
kam es
im Stadtrat über die Be-
schlussvorlage zur Erweiterung des Windvorranggebiets am 26. November
2010. Dabei hatte dieser für die Beschlussvorlage gestimmt, statt sich wegen
eines Interessenkonflikts der Stimme zu enthalten. Inzwischen vermuteten auch
einige Personen aus der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik, dass er als
Berater für die j.
-Gruppe tätig war. Über die Möglichkeit eines Interessenkon-
flikts berichteten die Thüringer Allgemeine Zeitung und die Thüringer Landeszeitung. In deren Beiträgen wurde vom „Stadtratsmitglied
K.
“ und
einem möglichen Konflikt bei der genannten Abstimmung gesprochen. Seine
Stellung als ehrenamtlicher Beigeordneter wurde nicht näher konkretisiert, lediglich beiläufig in einem Satz erwähnt. Dem Angeklagten gelangten diese Zeitungsartikel zur Kenntnis. Er war danach über das Abstimmungsverhalten von
K.
K.
22
erzürnt, da er um den Ruf der j.
-Gruppe fürchtete. Die Bezeichnung
s als Beigeordneter nahm er nicht zur Kenntnis.
Wegen der Zeitungsberichte diskutierte der Angeklagte mit der Zeugin
S.
darüber, ob die Zusammenarbeit mit K.
beendet oder der zum
31. Dezember 2010 auslaufende Beratervertrag verlängert werden sollte. Die
Zeugin S.
überredete den Angeklagten mit Hinweis auf die sonst gute Zu-
sammenarbeit zu einer Vertragsverlängerung. Der Angeklagte unterzeichnete
- 12 -
deshalb am 16. Dezember 2010 für die j.
Vereinbarung mit der E.
GmbH. K.
von weiteren Tätigkeiten im Interesse der j.
AG eine entsprechende
erledigte danach eine Vielzahl
-Gruppe. Er nahm aber keine
Handlung mehr für diese vor, die auch als „Dienstausübung“ angesehen werden kann.
23
Insgesamt zahlte die j.
tertätigkeiten durch K.
AG an die E.
GmbH für Bera-
Honorare in Höhe von 66.450 Euro netto und
Fahrtkostenersatz in Höhe von 6.458,35 Euro netto. Keines der von der j.
Unternehmensgruppe in E.
24
-
geplanten Projekte wurde realisiert.
b) Das Landgericht hat ausgeführt, die getroffenen Feststellungen seien
für eine Verurteilung des Angeklagten nicht ausreichend. Es könne nicht feststellen, dass der Angeklagte beim Abschluss des Beratervertrages gewusst
habe, dass
K.
Ehrenbeamter der Stadt E.
gewesen sei
und er zudem in die Regionale Planungskommission als Vertreter der Stadt E.
gewählt werden sollte. Das Landgericht konnte sich keine Überzeugung
davon bilden, dass bereits der erste Beratervertrag eine Unrechtsvereinbarung
enthalten habe und geschlossen worden sei, weil der Angeklagte damit auf die
künftige Dienstausübung von K.
habe Einfluss nehmen wollen. Ebenso
konnte es nicht feststellen, dass durch die Verlängerung des Beratervertrages
im Dezember 2010 die vorangegangene Dienstausübung habe honoriert werden sollen oder eine neue Unrechtsvereinbarung getroffen worden sei, die das
Ziel gehabt habe, auch auf eine künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen.
Schließlich konnte es nicht klären, dass der Angeklagte bei der Bezahlung einzelner Rechnungen der E.
GmbH gewusst habe, dass K.
damit auch dienstliche Handlungen habe vergüten lassen.
sich
- 13 -
II.
25
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist nach zunächst unbeschränkter Einlegung im Rahmen der Revisionsbegründung mit der Wirkung einer
Teilrücknahme auf den Freispruch des Angeklagten und die Entschädigungsentscheidung zu dessen Gunsten beschränkt worden.
26
Die Beschwerdeführerin hat zwar in ihrer Revisionsbegründungsschrift
einen Aufhebungsantrag ohne Beschränkung formuliert, ihr Rechtsmittel aber
nur insoweit begründet, als es die Freisprechung des Angeklagten betrifft. Widersprechen sich der Revisionsantrag und der Inhalt der Revisionsbegründung,
ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel durch
Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14,
NStZ-RR 2014, 285; vom 22. Februar 2017 – 5 StR 545/16; vom 26. April 2017
– 2 StR 47/17, NStZ-RR 2017, 201; vom 6. Juli 2017 – 4 StR 415/16 und vom
20. September 2017 – 1 StR 112/17). Dies führt hier zu einer nachträglichen
Beschränkung, mit welcher – der Sache nach – das zunächst unbeschränkt
eingelegte Rechtsmittel teilweise zurückgenommen wurde; denn die Ablehnung
der Verhängung einer Geldbuße gegen die Nebenbeteiligte wird in der Revisionsbegründung als Angriffsziel nicht erwähnt. Der Senat stellt deshalb fest,
dass die Revision insoweit zurückgenommen wurde.
III.
27
Die Revision ist begründet.
28
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Spricht
es einen Angeklagten frei, weil es Zweifel nicht zu überwinden vermag, ist dies
durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Insbesondere ist es die-
- 14 -
sem verwehrt, die Beweiswürdigung des Tatgerichts durch seine eigene Würdigung zu ersetzen. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob
dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die
Beweiswürdigung Lücken aufweist, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist,
gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn
an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen
gestellt werden (stRspr; vgl. Senat, Urteil vom 26. Juli 2017 – 2 StR 132/17,
StraFo 2017, 372 f. m.w.N.).
29
2. Daran gemessen weist die Beweiswürdigung Rechtsfehler auf. Die
Ansicht des Landgerichts, es gebe keinen ausreichenden Beweis dafür, dass
der Angeklagte und K.
neben dem Abschluss des Beratervertrags auch
zunächst stillschweigend vereinbart hätten, dass K.
Handlungen als Amtsträger zugunsten der j.
auch dienstliche
-Gruppe vornehme, hält revisi-
onsrechtlicher Prüfung nicht stand.
30
a) Die für eine Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB erforderliche
Unrechtsvereinbarung setzt voraus, dass der Vorteilsgeber mit dem Ziel handelt, auf eine künftige Dienstausübung des Amtsträgers Einfluss zu nehmen
und/oder seine vergangene Dienstausübung zu honorieren. Dies setzt naturgemäß voraus, dass er eine hinreichende Vorstellung von der Amtsträgereigenschaft des Vorteilsnehmers hat. Ob in diesem Sinne eine Unrechtsvereinbarung
vorliegt, ist Tatfrage und unterliegt der wertenden Beurteilung des Tatgerichts,
die regelmäßig im Wege einer Gesamtschau aller in Betracht kommenden Indizien zu erfolgen hat. Als mögliche Indizien für oder gegen das Ziel, mit dem
Vorteil auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren, fließen neben der Plausibilität einer anderen
– behaupteten oder sonst in Betracht kommenden – Zielsetzung in die wertende Beurteilung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die Beziehung
- 15 -
des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben, die Vorgehensweise bei
dem Angebot, dem Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen sowie die
Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile. So können dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger ebenso in ausschlaggebender
Weise für eine Unrechtsvereinbarung sprechen, wie die Heimlichkeit des Vorgehens. Dies ist in einer Gesamtschau aller Indizien zu würdigen (BGH, Urteil
vom 14. Oktober 2008 – 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 16 f.).
31
b) In die danach vorzunehmende Gesamtwürdigung hat das Landgericht
nicht alle Umstände einbezogen.
32
aa) Es hat sich nicht mit der Interessenlage und den mit Abschluss eines
Beratervertrages verfolgten Zielvorstellungen der j.
AG aus der Sicht des für
sie tätigen Angeklagten auseinandergesetzt.
33
Für die Unternehmensgruppe war es nach dem Inhalt des Beratervertrages von zentraler Bedeutung, dass der Berater nicht nur über Kontakte zu wichtigen politischen Entscheidungsträgern auf Landes- und Landkreisebene, sondern auch über ein Netzwerk verfügte. Nach einer kurz vor Abschluss des Vertrags verfassten E-Mail der zuständigen Unternehmensmitarbeiterin S.
K.
an
war es für die Unternehmensgruppe wichtig, eine „spürbare
Einflussnahme auf die Genehmigungen zu erreichen.“ Diese Äußerung war
zwar im Rahmen einer Erörterung der Laufzeit der Vergütungsvereinbarung
gemacht worden. Sie verdeutlichte aber zugleich die Interessen der Unternehmensgruppe an einer „Einflussnahme auf die Genehmigungen“ für ihre Anlagen. Dafür waren objektiv nicht nur die persönlichen Kontakte K.
s, son-
dern auch dessen Funktionen im kommunalen Bereich von Bedeutung. Die objektive Interessenlage der j.
-Unternehmensgruppe legt es – entgegen der
vom Landgericht getroffenen Feststellungen – nahe, dass die Ämter und Funk-
- 16 -
tionen bei der Stadt E.
zwischen der Zeugin S.
34
in dem zum Kennenlernen geführten Gespräch
und
K.
erörtert wurden.
Das Landgericht ist in diesem Zusammenhang der Aussage der Zeugin
S.
gefolgt, dass dies für sie (und damit im Ergebnis auch für die j.
AG
und den Angeklagten) nicht von Interesse gewesen sei. Es hat aber die Plausibilität dieses Aussageteils, der im Gegensatz zur objektiven Interessenlage der
Unternehmensgruppe steht, nicht erkennbar überprüft. Dazu hätte auch Anlass
bestanden, weil K.
in der Hauptverhandlung des gesondert gegen ihn ge-
führten Verfahrens angegeben hatte, „dass er sich wundern würde, wenn er
nicht über seine kommunalpolitische Tätigkeit und seine Ämter“ gesprochen
hätte.
35
bb) Eine Lücke in der Beweiswürdigung ist ferner darin zu erblicken,
dass das Landgericht bei der Würdigung der Einlassung des Angeklagten zur
Frage seiner Kenntnis von den Funktionen K.
E.
s in der Stadtverwaltung von
dessen Abstimmungsverhalten in der Stadtratsversammlung vom
26. November 2010 sowie die daraus entstandenen Differenzen zwischen
K.
36
und dem Angeklagten nicht berücksichtigt hat.
Die Behauptung des Angeklagten, er habe sich schon bei Abschluss der
Beraterverträge vorgestellt, dass K.
sich bei allen Entscheidungen im
Stadtrat um erneuerbare Energien zurückhalten und bei Abstimmungen über
erneuerbare Energien den Raum verlassen werde, deutet darauf hin, dass der
Angeklagte bereits bei Abschluss des Beratervertrages Kenntnis von den Funktionen K.
s in der Stadtverwaltung hatte. Diese Aussage des Angeklagten
über seine Vorstellung vom künftigen Abstimmungsverhalten K.
s im Stadt-
rat zur Zeit des Abschlusses des Beratervertrages ist nicht mit der weiteren Behauptung des Angeklagten vereinbar, er habe von der Eigenschaft K.
s als
- 17 -
Stadtratsmitglied erst im Oktober oder November 2010 erfahren. Hatte der Angeklagte dagegen schon bei Vertragsschluss die Vorstellung, K.
werde
sich bei Abstimmungen im Stadtrat über erneuerbare Energien der Stimme enthalten, muss er schon damals über die Position K.
s als Stadtratsmitglied
informiert gewesen sein. Im Anschluss daran hätte sich die Strafkammer aber
mit der Frage befassen müssen, ob der Angeklagte auch über dessen Einbindung als Beigeordneter der Stadtverwaltung informiert war. Dies wäre jedenfalls
bei einer Gesamtschau aller Umstände zu erörtern gewesen.
37
cc) Lückenhaft sind die Erwägungen des Landgerichts ferner zum internen E-Mail Verkehr in der Unternehmensgruppe im zeitlichen Zusammenhang
mit dem Abschluss des Beratervertrages. Die Strafkammer hat hervorgehoben,
dass die Stadt E.
in der j.
AG zunächst nicht als Standort für Wind-
kraftanlagen, sondern ausschließlich als Standort für eine Niederlassung in Betracht gezogen worden sei. Der Angeklagte hatte sich aber schon am Tag des
Abschlusses des Beratervertrages über Bedenken seiner Mitarbeiter in Bezug
auf einen Standort für Windkraftanlagen hinweggesetzt und eine erneute Überprüfung dieser Frage gefordert. Nachdem E.
seitens der j.
nach weiterer Prüfung auch
-Mitarbeiter als möglicher Standort für Windkraftanlagen be-
trachtet wurde, äußerte der Angeklagte in einer unternehmensinternen E-Mail
vom 18. August 2010: „passt doch!!! Da kann K.
sich doch direkt für uns
einsetzen und diesen Standort neben unserer HPA klar machen …“ Dies hätte
das Landgericht bei seiner Würdigung des internen E-Mail-Verkehrs der j.
Gruppe berücksichtigen müssen.
-
- 18 -
38
dd) Das Landgericht hat schließlich die Honorarvereinbarung der j.
Unternehmensgruppe mit der E.
GmbH nicht in die Gesamtschau aller
Umstände einbezogen. Danach sollten von der j.
AG neben einem Aufwen-
dungsersatz auch 700 Euro pro Tag der Beratertätigkeit von
an die E.
K.
GmbH bezahlt werden. Die Höhe der Entlohnung, die objek-
tiv für eine Diensthandlung geleistet wird, kann jedoch auch ein Indiz dafür sein,
dass eine Unrechtsvereinbarung zugrunde lag (vgl. BGH, Urteil vom
14. Oktober 2008 – 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 17).
IV.
39
Mit der Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit, als der Angeklagte freigesprochen worden ist, entfällt der Ausspruch, den Angeklagten für erlittene Ermittlungsmaßnahmen zu entschädigen. Auch über diese Frage ist gemäß § 8 Abs. 1 StrEG neu zu befinden (vgl. Senat, Urteil vom 7. Februar 1990
– 2 StR 601/89).
Krehl
Eschelbach
Wimmer
Richterin am BGH
Dr. Bartel ist an der
Unterschriftsleistung
gehindert.
Krehl
Grube