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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 217/00
vom
14. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 4. Februar 2000, soweit es ihn betrifft, im
Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe
von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat ihm die Fahrerlaubnis mit
einer Sperrfrist von zwei Jahren entzogen und seinen Führerschein eingezogen. Weiter hat es die Einziehung seines Pkw Audi angeordnet.
Mit seiner - wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten - Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechtes. Sein Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg.
Der Angeklagte fuhr am 19. August 1999 mit seinem Pkw Audi in die
Nähe von Alsfeld, um von dem ihm nicht bekannten Mitangeklagten B., der
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nicht revidiert hat, einen (ebenfalls eingezogenen) BMW zu übernehmen. In
diesem sollten sich nach seiner Vorstellung ca. 10 kg zum gewinnbringenden
Weiterverkauf bestimmtes Haschisch befinden. Den Wagen mit Betäubungsmitteln sollte er in eine ihm vorher bezeichnete Garage verbringen. Als Belohnung hierfür waren ihm mindestens 100 g Haschisch versprochen worden. Der
Angeklagte stellte seinen eigenen Wagen ab und übernahm den mit Betäubungsmitteln beladenen BMW, wurde aber alsbald von der Polizei festgenommen. Im Wagen befanden sich knapp 18 kg Haschisch und 2000 EcstasyTabletten.
Die Strafkammer, die die "beiden bei der Tatausführung benutzten Personenkraftwagen gemäß § 74 StGB" eingezogen hat, hat bei den Strafzumessungserwägungen die Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Pkw Audi
nicht erwähnt. Sie hat den Wert des Pkw nicht angegeben. Letzteres ist hier
rechtsfehlerhaft.
Einziehung gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist Nebenstrafe und daher
Teil der Strafzumessung, die eine Gesamtbetrachtung erfordert (vgl. BGH MDR
1983, 767). Ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust durch Einziehung kann
strafmildernd zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafzumessung 1 und Schuldausgleich 16). Auf den sich daraus ergebenden Zusammenhang von Haupt- und Nebenstrafe braucht das Urteil jedoch nicht einzugehen, wenn die Einziehung im Einzelfall die Bemessung der Hauptstrafe
nicht wesentlich zu beeinflussen vermag, also kein bestimmender Zumessungsfaktor ist. Der Wert der nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB eingezogenen Gegenstände ist insoweit nicht anders zu beurteilen als andere Gesichtspunkte
der Strafzumessung. Seiner ausdrücklichen Hervorhebung in den Urteilsgründen bedarf es deshalb nur, wenn er im konkreten Fall im Verhältnis zu den an-
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deren Zumessungsgründen ein solches Gewicht hat, daß ihm maßgebliche
Bedeutung für die Strafhöhe zukommt (vgl. BGH MDR 1984, 241). Wenn auch
hier - im Hinblick darauf, daß mit immerhin 10 kg Haschisch Handel getrieben
wurde und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten als geordnet bezeichnet werden - es nicht sehr naheliegt, daß der Einziehung des gebrauchten
Audi maßgebliche Bedeutung für die Strafhöhe zukommt, so kann dies abschließend letztlich doch nur beurteilt werden, wenn der Wert des Pkw Audi
mitgeteilt wird und die wirtschaftlichen und sonstigen Folgen der Einziehung für
den Angeklagten dargestellt werden. Es kann auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß die - ansonsten rechtsfehlerfrei - verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, der ausschließlich Handeltreiben mit
10 kg Haschisch zugrundegelegt wurde, ohne zu erörtern, ob beim Angeklagten hinsichtlich der weiteren 8 kg Haschisch (und den 2000 Ecstasy-Tabletten)
dolus eventualis oder wenigstens Fahrlässigkeit (§ 29 Abs. 4 BtMG) vorlag, bei
einem erheblichen Wert des eingezogenen Pkw doch niedriger ausgefallen
wäre. Der Senat kann sich daher des Antrags des Generalbundesanwalts auf
Aufhebung des Strafausspruchs nicht verschließen. Dies gilt auch hinsichtlich
des weitergehenden Antrages, die diesen Angeklagten betreffenden Rechtsfolgen insgesamt aufzuheben. Der Generalbundesanwalt weist insoweit darauf
hin, daß die Dauer der Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht
näher begründet wurde und, daß die Urteilsgründe nicht erkennen lassen, daß
die Einziehung gemäß § 74 StGB nicht zwingend ist, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters steht. Jedenfalls kann der Senat hier letztlich
nicht sicher ausschließen, daß Freiheitsstrafe, Nebenstrafe und Maßregel der
Besserung und Sicherung sich wechselseitig beeinflußt haben (vgl. hierzu
auch BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 12).
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Der Rechtsfolgenausspruch war daher - wie beantragt - insgesamt mit
den zugehörigen Feststellungen aufzuheben.
Jähnke
Detter
Otten
Bode
Rothfuß