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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 454/14
vom
13. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.
-2-
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Januar 2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Mosbacher
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten Z.
,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-3-
1. Die Revisionen der Angeklagten Z.
und T.
und die
der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 14. April 2014 werden verworfen.
2. Die Angeklagten Z.
und T.
haben jeweils die Kosten
ihres Rechtsmittels zu tragen. Die Kosten der Rechtsmittel
der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten Z.
und T.
hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat
die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
1
Das Landgericht hatte die Angeklagte Z.
mit Urteil vom 3. Dezem-
ber 2012 wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen und Herbeiführens einer
Sprengstoffexplosion zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und
sechs Monaten verurteilt, wobei das Landgericht davon ausging, dass die Gefahr bei der Sprengstoffexplosion bedingt vorsätzlich verursacht worden war.
Der Mitangeklagte T.
war in diesem Urteil wegen zweier tateinheitlicher Fälle
der Beihilfe zum versuchten Betrug in Tateinheit mit Herbeiführen einer
Sprengstoffexplosion, bei der die Gefahr ebenfalls bedingt vorsätzlich hervorge-
-4-
rufen worden war, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten
verurteilt worden.
2
Auf die Revision der Angeklagten hob der Senat das Urteil mit Beschluss
vom 16. September 2013 - 1 StR 264/13 - bezüglich der Angeklagten Z.
mit den Feststellungen im Schuldspruch, soweit sie wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion verurteilt worden war, jedoch mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und im gesamten Strafausspruch auf. Hinsichtlich des Angeklagten T.
hob der Senat das Urteil mit
den Feststellungen - ebenfalls mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren
Tatgeschehen - auf. Im Umfang der Aufhebungen wurde die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II.
3
Das Landgericht hat die Angeklagte Z.
sodann mit dem angefoch-
tenen Urteil wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und - bereits aufgrund des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. Dezember 2012 wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
4
Den Angeklagten T.
hat es wegen Herbeiführens einer Sprengstoff-
explosion in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung
der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
-5-
5
Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl die Angeklagten als auch die
Staatsanwaltschaft mit ihren Rechtsmitteln. Die Staatsanwaltschaft hat Revisionen zu Lasten beider Angeklagter eingelegt und diese mit der Sachrüge begründet. Die Angeklagten beanstanden ebenfalls die Verletzung materiellen
Rechts.
III.
6
Nach den rechtskräftigen und den im neuen Urteil getroffenen ergänzenden Feststellungen des Landgerichts betrieb die Angeklagte Z.
ihrem Eigentum stehende, hochverschuldete Gaststätte „
der Angeklagte T.
K.
die in
“, in der
als Hilfskoch beschäftigt war. Es bestanden für diese
Gaststätte eine Gebäudeversicherung sowie eine Geschäftsinhaltsversicherung
bei der E.
und eine Hausratversicherung bei der V.
. Die beiden Angeklagten vereinbarten, eine Spreng-
stoffexplosion zur Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit der Gaststätte herbeizuführen, damit die Angeklagte Z.
unter Vortäuschen eines Versiche-
rungsfalls an die entsprechenden Versicherungsleistungen gelangen konnte.
Die Angeklagte Z.
versprach dem Angeklagten T.
, der zunächst nur
1.000 Euro für sein Tätigwerden forderte, ein Drittel der Versicherungssumme,
wenn er die entsprechenden Manipulationen vornehmen würde.
7
Zur Ausführung dieses Plans trafen sich die Angeklagten während der
Betriebsferien der Gaststätte am 3. Januar 2012 gegen 18.00 Uhr im Gastraum
des Lokals. Die Angeklagte Z.
lung 700 Euro. Der Angeklagte T.
übergab dem Angeklagten T.
als Anzah-
schraubte daraufhin zwei der drei Gaslei-
tungen in der Küche der Gaststätte auf, so dass pro Stunde 10 kg Propangas
entwichen, und eine unmittelbare Explosionsgefahr bestand. Die Angeklagte
-6-
Z.
begab sich anschließend in ihre über der Gaststätte im ersten Oberge-
schoss gelegene Wohnung, um diverse Gegenstände zu holen. Nach Vorstellung der beiden Angeklagten bestand zwar die Möglichkeit, dass es ohne weiteres Tätigwerden zu einer Explosion kommen könnte. Für wahrscheinlicher hielten die Angeklagten jedoch, dass der Angeklagte T.
am Folgetag die Explo-
sion mittels eines Feuerzeuges herbeiführen müsse. Zu diesem Zweck ließ der
Angeklagte T.
auch Werkzeug vor Ort zurück. Die Angeklagten rechneten
damit, dass es bei der Explosion die Fensterfront nach außen drücken würde
und die Gaststätte anschließend nicht mehr nutzbar wäre, der Angeklagte T.
jedoch beim Auslösen der Explosion hinter der Tür zur Küche sicher wäre. Von
einer Gefährdung für andere Menschen oder bedeutende fremde Sachwerte
gingen die beiden Angeklagten nicht aus, obwohl sie diese bei Anwendung der
erforderlichen Sorgfalt hätten erkennen können und müssen.
8
Durch die am 4. Januar 2012 um 4.15 Uhr eingetretene Explosion wurde
die gesamte Wand an der Ostseite des Gebäudes bis unterhalb des Daches
weggesprengt. Es entstanden keine Personenschäden, jedoch Sachschäden
an den Nachbargebäuden im Gesamtwert von mindestens 394.281,44 Euro.
Zum Teil zersprangen die Fensterscheiben der Nachbargebäude, so dass
Scherben auf die in ihren Betten schlafenden Menschen fielen. Die Angeklagte
Z.
meldete den Schaden der Versicherung am 4. Januar 2012 und reichte
am 16. Februar 2012 eine Schadensaufstellung über 167.587,00 Euro bei der
E.
und über 48.314,50 Euro bei der V.
ein.
9
Die Polizei stellte bereits am 5. Januar 2012 fest, dass die Sprengstoffexplosion durch eine Manipulation verursacht worden war. Zu einer Auszahlung von Versicherungsleistungen kam es daher nicht. Der Angeklagte T.
-7-
legte am 7. März 2012 in Kenntnis dieser Tatsachen ein - auch die Angeklagte
Z.
belastendes - Geständnis ab.
IV.
10
Revision der Angeklagten Z.
11
Die Revision der Angeklagten Z.
, mit der sie insbesondere die
Strafzumessung rügt, bleibt ohne Erfolg. Die Nachprüfung des angefochtenen
Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
12
Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch
die Strafzumessung des Landgerichts weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil
der Angeklagten auf. Es liegt kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot
des § 46 Abs. 3 StGB vor, soweit das Landgericht zulasten der Angeklagten
das „hohe Maß der Pflichtwidrigkeit“ sowie den entstandenen hohen Sachschaden berücksichtigte (UA S. 22). Dass tatsächlich ein hoher, die Mindestgrenze
für einen bedeutenden Sachwert (vgl. dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 315
Rn. 16a) weit überschreitender Sachschaden eintrat, ist dem Gefährdungsdelikt
des § 308 StGB nicht immanent und mithin ein zulässiges Strafzumessungskriterium. Ebenso verhält es sich mit dem besonders hohen Maß an Pflichtwidrigkeit, das darin zu sehen ist, dass eine unkontrollierte Explosion in einem dichtbesiedelten Bereich herbeigeführt wurde. Das sich daraus ergebende hohe
Maß der persönlichen Schuld der Angeklagten darf strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. auch Fischer, StGB, 62. Aufl., § 46 Rn. 31).
-8-
13
Soweit die Revision beanstandet hat, dass das Landgericht die besonders erschwerte Haftsituation der Angeklagten Z.
aufgrund von deren
Schwerhörigkeit unzureichend berücksichtigt habe, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf. Zwar ist die Angeklagte Z.
bereits fortgeschrittenen Alters und
schwerhörig, jedoch hat sich das Landgericht mit diesem Umstand in seinem
Urteil ausdrücklich auseinandergesetzt und dargelegt, dass die Schwerhörigkeit
der Angeklagten Z.
zur Überzeugung des Landgerichts aufgrund des in
der Hauptverhandlung gewonnenen Eindrucks weder eine besondere Beschwer
in der Untersuchungshaft war, noch für die künftige Haftverbüßung sein wird.
14
Auch die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen
die Angeklagte Z.
sprechenden Umstände und unter besonderer Würdi-
gung des engen Zusammenhangs zwischen der Sprengstoffexplosion und dem
geplanten Versicherungsbetrug unter Erhöhung der Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und Berücksichtigung der rechtskräftigen Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. neun Monaten für die beiden Betrugstaten
eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten gebildet. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Landgericht hierbei den für die Gesamtstrafe gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 StGB vorgegebenen Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu sechs Jahren und zwei Monaten) nicht nahezu ausgeschöpft.
V.
15
Revision des Angeklagten T.
16
Der Angeklagte T.
beanstandet mit seiner Revision, dass hinsichtlich
seiner Person nur ein Fall der Beihilfe zum Betrug vorläge, da er keine Kenntnis
-9-
von mehreren betroffenen Versicherungen gehabt habe; ferner sei er von diesem Versuch zurückgetreten, indem er frühzeitig ein - auch die Angeklagte
Z.
belastendes - Geständnis abgelegt habe und dadurch die Auszahlung
der Versicherungsleistungen verhindert habe. Auch die Revision des Angeklagten T.
, deren Beschränkung auf die Verurteilung wegen Beihilfe zum ver-
suchten Betrug in zwei Fällen wegen der tateinheitlichen Begehungsweise mit
der nicht angegriffenen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion nicht wirksam
ist, bleibt ohne Erfolg.
17
Insbesondere hat das Landgericht den Angeklagten T.
rechtsfehlerfrei
wegen Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen verurteilt. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Angeklagte T.
klagte Z.
gewusst hatte, dass die Ange-
„aufgrund der von ihm durchgeführten Tat gegenüber Versiche-
rungsunternehmen einen Versicherungsfall vortäuschen würde, um dadurch zu
Unrecht die Auszahlung von Versicherungssummen zu erreichen …“ (UA
S. 10). Bereits dem Wortlaut nach ist also nicht nur eine Versicherung erfasst,
sondern es ist vielmehr von einem Versicherungsfall die Rede. Darüber hinaus
ist für den Gehilfenvorsatz nicht erforderlich, dass der Gehilfe alle Einzelheiten
der Haupttat kennt. Vielmehr ist entscheidend, dass der Gehilfe die Dimension
des Unrechts der ins Auge gefassten Tat erfassen kann. Der Gehilfenvorsatz
unterscheidet sich insofern vom Anstiftervorsatz, da der Anstifter eine konkrete
Tat vor Augen haben muss, während der Gehilfe einen von der Haupttat losgelösten Beitrag erbringt (BGH, Urteil vom 18. April 1996 - 1 StR 14/96, NStZ
1997, 272, 273; Beschluss vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ-RR
2011, 177; Urteil vom 18. Juni 1991 - 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1
Vorsatz 7). Der Angeklagte T.
Z.
wusste vorliegend, dass die Angeklagte
den durch die Explosion entstandenen Schaden versicherungsrechtlich
- 10 -
geltend machen wollte. Damit hat er den Umfang des Unrechts erkannt. Auf die
Anzahl der geschädigten Versicherungen kommt es dabei nicht an.
18
Ferner hat das Landgericht hier zu Recht keinen Rücktritt vom Versuch
durch das Geständnis des Angeklagten T.
angenommen. Ein Fall des § 24
Abs. 2 StGB liegt nicht vor, da der Versuch bereits fehlgeschlagen war, als der
Angeklagte T.
sein Geständnis ablegte. Fehlgeschlagen ist ein Versuch,
wenn der Taterfolg aus Sicht des Täters mit den bereits eingesetzten oder zur
Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass eine ganz
neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird (BGH, Beschluss vom
19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 228; Urteil vom 30. November 1995
- 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369; Beschluss vom 29. Januar 2002 - 4 StR
520/01, NStZ-RR 2002, 168, 169; Urteil vom 15. September 2005 - 4 StR
216/05, NStZ-RR 2006, 168, 169; Urteil vom 19. Mai 2010 - 2 StR 278/09, NStZ
2010, 690, 691; Beschluss vom 22. März 2012 - 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012,
239; Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157 f.). Die
Manipulation der Gasleitungen war zu diesem Zeitpunkt bereits von der Polizei
entdeckt und die Angeklagte Z.
Angeklagte T.
der Tat verdächtigt worden, was der
auch wusste. Daher war ihm bei Ablegen seines Geständnis-
ses bewusst, dass eine Tatvollendung in Form der Auszahlung der Versicherungssumme durch die Versicherungsunternehmen nicht mehr erreicht werden
könnte.
- 11 -
VI.
19
Revisionen der Staatsanwaltschaft
20
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben sowohl im Hinblick auf die
Angeklagte Z.
(nachfolgend 1.) als auch bezüglich des Angeklagten T.
(nachfolgend 2.) erfolglos.
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1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge in erster Linie
gegen die Annahme einer nur fahrlässigen Verursachung der Gefahr für fremde
Sachen von bedeutendem Wert. Diese Annahme beruhe nicht auf einer tragfähigen Beweiswürdigung, da es widersprüchlich sei, wenn die Kammer einerseits annehme, dass die Angeklagten mit der Explosion die Fortführung der
Gaststätte unmöglich machen wollten, andererseits aber den Angeklagten
glaubte, dass sie von keiner konkreten Gefährdung für fremde Sachen von bedeutendem Wert ausgingen. Die Nachprüfung hat hier aber keinen Rechtsfehler
zu Gunsten der Angeklagten ergeben.
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Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei in der Beweiswürdigung den Angaben des Angeklagten T.
Glauben geschenkt, dass die Angeklagten zwar die
Möglichkeit gesehen hätten, dass eine Explosion ohne weiteres Zutun eintritt,
sie es jedoch für wahrscheinlicher hielten, dass der Angeklagte T.
am nächs-
ten Tag mittels eines Feuerzeugs nachhelfen müsste und er davon ausging,
dass er dabei hinter einer Tür in Sicherheit sei. Von einer Gefahr für Leib oder
Leben anderer Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert sei
man nicht ausgegangen. Diese Einlassung des Angeklagten T.
sah das
Landgericht als dadurch untermauert an, dass man am Tatort tatsächlich noch
Werkzeug vorfand, das der Angeklagte für die geplante Manipulation am nächs-
- 12 -
ten Tag zurückgelassen hatte. Ferner wurde diese Aussage nach Meinung des
Landgerichts dadurch gestützt, dass die Angeklagte Z.
sich nach Öffnen
der Gasleitungen noch in ihre über der Gaststätte gelegene Wohnung begab.
Dass es bei Gasexplosionen tatsächlich zu unterschiedlichen Geschehensabläufen kommen kann, bestätigte dem Landgericht der Sachverständige M.
(UA S. 12). Das Landgericht setzte sich hierbei auch mit der Tatsache, dass der
Angeklagte T.
das Gas roch und sich der Funktionsweise von Gas grund-
sätzlich bewusst war, sowie mit dem von der Staatsanwaltschaft aufgezeigten
Widerspruch auseinander, dass die Angeklagten einerseits die Nutzbarkeit der
Gaststätte mittels der Explosion aufheben wollten, andererseits aber von keiner
Gefahr für Leib oder Leben anderer Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert ausgingen. Das Landgericht gelangt jedoch im Rahmen der
ihm originär zustehenden Beweiswürdigung rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung, dass die Angaben des Angeklagten T.
, die dieser konstant bei der Po-
lizei und in der Hauptverhandlung machte und hierbei auch für ihn negative
Fakten wie die Tatsache, dass er den Gasgeruch wahrnahm, angab, glaubhaft
sind und dieser von keiner entsprechenden konkreten Gefährdung ausging.
Nichts anderes kann für die Angeklagte Z.
gelten, die ihre Einschätzung
der Gefährdungslage ja gerade aus den ihr von dem Angeklagten T.
übermit-
telten Informationen zu der Manipulation bilden musste. Ohne Rechtsfehler
sieht das Landgericht es als untermauerndes Indiz gegen die Annahme einer
konkreten Gefährdung durch die Angeklagte Z.
an, dass diese sich nach
der Manipulation noch einige Zeit in ihrer über der Gaststätte befindlichen Wohnung aufhielt. Denn dies unterstreicht, dass die Angeklagten die sofortige erhebliche Gefahr, die durch das austretende Gas entstanden war, nicht erkannten.
- 13 -
23
2. Das Landgericht hat auch rechtsfehlerfrei die Freiheitsstrafe in Höhe
von zwei Jahren gegen den Angeklagten T.
zur Bewährung ausgesetzt. Er-
forderlich für die Aussetzung zur Bewährung sind neben einer günstigen Sozialprognose auch noch besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB;
außerdem darf die Verteidigung der Rechtsordnung den Vollzug der Freiheitsstrafe nicht gebieten (§ 56 Abs. 3 StGB). Dem genügt das angefochtene Urteil.
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Das Landgericht nahm vorliegend ohne Rechtsfehler an, dass sich der
Angeklagte T.
bereits die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künf-
tig auch aufgrund des Eindrucks der Untersuchungshaft ein Leben ohne Straftaten führen wird (§ 56 Abs. 1 StGB). Dies begründet das Landgericht vor allem
damit, dass der Angeklagte T.
aus Mitleid mit der Angeklagten Z.
und
nicht aus eigenem Gewinnstreben agierte, sich frühzeitig geständig zeigte und
Aufklärungshilfe leistete. Ferner lebe der Angeklagte T.
in einer festen Be-
ziehung und gehe einer Arbeit nach. Auch die Tatsache, dass das Landgericht
an dieser Stelle nicht explizit auf den Strafbefehl vom 4. Februar 2013 eingeht,
begründet keinen Rechtsfehler. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe - insbesondere den Ausführungen unter II.2. - ergibt sich, dass das
Landgericht die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Mannheim
durchaus gesehen hat. Es ist daher nicht zu besorgen, dass im Rahmen der
Frage nach der positiven Sozialprognose dieser Aspekt keine Berücksichtigung
fand.
25
Auch bei der Annahme der besonderen Umstände im Sinne des § 56
Abs. 2 StGB unterliefen dem Landgericht keine ersichtlichen Rechtsfehler. Zwar
weist die Staatsanwaltschaft zu Recht darauf hin, dass die besonderen Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB umso gewichtiger sein müssen, je näher
die Freiheitsstrafe an der Zweijahresgrenze liegt (BGH, Urteil vom 21. März
- 14 -
1985 - 4 StR 53/85, wistra 1985, 147, 148; Urteil vom 27. August 1986 - 3 StR
265/86, NStZ 1987, 21; Urteil vom 18. September 1986 - 4 StR 455/86, BGHR
StGB § 56 Abs. 2 Aussetzung, fehlerhafte 2; Urteil vom 12. November 1987
- 4 StR 550/87, wistra 1988, 106, 107; Urteil vom 15. Februar 1994 - 5 StR
692/93, wistra 1994, 193; Urteil vom 12. Juni 2001 - 5 StR 95/01, StV 2001,
676). Jedoch hat das Landgericht hier eine umfassende Abwägung vorgenommen, die diesen Anforderungen genügt. Es bezieht insbesondere in seine Betrachtung mit ein, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte sich nach der Untersuchungshaft erfolgreich um Arbeit bemüht hat, geständig war und Aufklärungshilfe leistete, durch die die Angeklagte Z.
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überführt werden konnte.
Ebenso wenig rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Landgerichts, dass
die Verteidigung der Rechtsordnung den Vollzug der Freiheitsstrafe nicht gebietet (§ 56 Abs. 3 StGB). Die Rüge der Staatsanwaltschaft, dass hier eine substantiellere Auseinandersetzung mit der Frage der Verteidigung der Rechtsordnung geboten gewesen wäre, greift nicht durch. Eine solche ist zwar, wie die
Revision zu Recht vorträgt, geboten, wenn im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalls eine Strafaussetzung für das allgemeine Rechtsempfinden schlechthin unverständlich oder gar unerträglich wäre, und die Strafaussetzung das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des
Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttern
könnte (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1970 - 1 StR 353/70, BGHSt 24, 40, 46;
Beschluss vom 21. Januar 1970 - 4 StR 238/70, BGHSt 24, 64, 66). Solch ein
Fall liegt hier jedoch gerade nicht vor. Das Landgericht führt an, dass der Angeklagte T.
den erheblichen Fremdschaden an den umliegenden Häusern nicht
gewollt habe. Soweit die Staatsanwaltschaft in ihrer Revision auf die allgemeine
Gefährlichkeit von Sprengstoffexplosionen abstellt, übersieht sie, dass generalpräventive Erwägungen - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat (UA
- 15 -
S. 25) - nicht dazu führen dürfen, bestimmte Tatbestände gänzlich von der
Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung auszuschließen (st. Rspr.;
z.B. BGH, Beschluss vom 21. Januar 1970 - 4 StR 238/70, BGHSt 24, 64, 67;
Urteil vom 27. September 2012 - 4 StR 255/12, NStZ-RR 2013, 40, 41). Auch
wurde nicht festgestellt, dass zu dieser Zeit eine den Rechtsfrieden bedrohende
Häufung derartiger Straftaten in der Gegend vorlag, die entsprechende Reaktionen erfordern würden (vgl. dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 56 Rn. 14).
Raum
Rothfuß
Mosbacher
Graf
Fischer