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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 380/16
vom
24. August 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:240816B1STR380.16.0
-2-
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. August 2016 beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg vom 2. Juni
2016, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das Urteil
des Landgerichts Aschaffenburg vom 12. Mai 2016 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 349 Abs. 1 StPO auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe:
1
Die Revision des Angeklagten ist unzulässig.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:
"Der Angeklagte hat die von seinem Verteidiger eingelegte Revision
wirksam zurückgenommen. Die erneute Einlegung der Revision ist daher
unzulässig.
Der Verteidiger des Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 18. Mai 2016
Revision eingelegt. Der Angeklagte hat mit Schreiben vom 19. Mai 2016
(Bl. 2060 Bd. X d.A.), welches am 25. Mai 2016 beim Landgericht
Aschaffenburg eingegangen ist, die Rücknahme der Revision erklärt. Mit
Schreiben vom 22. Mai 2016 (Bl. 2065 Bd. X d.A.), eingegangen beim
-3-
Landgericht Aschaffenburg am 27. Mai 2016, hat er erneut Revision eingelegt.
Die Rücknahmeerklärung ('… hiermit ziehe ich den Revisionsantrag zurück und nehme die Strafe vom 12.05.16 an.') ist inhaltlich eindeutig.
Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte - wie von ihm im Schreiben
vom 15. Juni 2016 (Bl. 2087 Bd. X d.A.) behauptet - tatsächlich bedingt
durch die Einnahme von Medikamenten 'geschäftsunfähig' und 'unzurechnungsfähig' war sowie 'neben sich stand' und dadurch die Bedeutung seiner Erklärung nicht erkannt haben könnte, sind nicht ersichtlich.
Denn es ist für die Wirksamkeit einer Revisionsrücknahme im Hinblick
auf den psychischen Zustand ausreichend, dass der Erklärende sich bei
Abgabe der Erklärung in einem Zustand geistiger Freiheit und Klarheit
befindet, der ihn in die Lage versetzt, die Bedeutung der abgegebenen
Erklärung zu erkennen, was sogar durch Geschäftsunfähigkeit oder
Schuldfähigkeit nicht notwendig ausgeschlossen wird (BGH, Beschluss
vom 19. September 1996 - 1 StR 487/96). Vielmehr sprechen die handschriftliche Abfassung der Rücknahmeerklärung vom 19. Mai 2016 sowie
deren gewählte Formulierung dafür, dass der Angeklagte die Bedeutung und die Tragweite seiner Rücknahme zutreffend erfasst hat. Soweit
die Rücknahme der Revision auf einem Motivirrtum des Angeklagten beruhen sollte, ist ein solcher Irrtum ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des
Rechtsmittelverzichts (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2005 - 1 StR 158/05
mwN). Umstände, die auf die Erforderlichkeit weiterer Aufklärung im
Freibeweisverfahren hindeuten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Sofern man in dem Schreiben des Angeklagten vom 22. Mai 2016, welches am 27. Mai 2016 beim Landgericht Aschaffenburg eingegangen ist,
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einen Widerruf der zuvor erklärten Rechtsmittelrücknahme erblicken
mag, ist dieser unwirksam, da dieser nicht spätestens zeitgleich mit der
Rechtsmittelrücknahme am 25. Mai 2016 eingegangen ist (vgl. BGH,
Beschluss vom 19. Dezember 1996 - 1 StR 620/96).
An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame
Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar
(st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 - 1 StR 112/15).
Die Unzulässigkeit der Revision infolge wirksam erklärter Revisionsrücknahme kann allerdings nur das Revisionsgericht feststellen (§ 349 Abs. 1
StPO). Für eine Entscheidung des Tatrichters nach § 346 Abs. 1 StPO
ist daneben kein Raum. Die Frage der Rechtzeitigkeit der eingelegten
Revision stellt sich bei einer zuvor wirksam erklärten Rechtsmittelrücknahme nicht mehr. Der Beschluss des Landgerichts, durch den die - erneut eingelegte - Revision des Angeklagten wegen verspäteter Einlegung als unzulässig verworfen worden ist, ist daher aufzuheben. Einer im
Tenor zum Ausdruck kommenden deklaratorischen Feststellung, dass
die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 18. Mai 2016 eingelegte Revision wirksam zurückgenommen worden ist, bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 23. November 2005 - 1 StR 436/05)."
3
Dem schließt sich der Senat an.
-5-
4
Im Übrigen hätte das Rechtsmittel des Angeklagten auch in der Sache
keinen Erfolg.
Raum
Graf
Cirener
Jäger
Mosbacher