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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 340/02
vom
18. Dezember 2002
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
-2-
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
18. Dezember 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-3-
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom
30. April 2002
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei
Fällen, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie der
Hehlerei in drei Fällen schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben hinsichtlich der in den Fällen II. 1. a - e erkannten Einzelstrafen, sowie hinsichtlich
der Gesamtstrafe.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Im Unfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, davon in vier Fällen mit Betäu-
-4-
bungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Hehlerei in drei Fällen zu
der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegenstand des Betäubungsmittelhandels war Methamphetamin (CrystalSpeed). Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft - zu
dessen Nachteil - wenden sich mit der Sachrüge im wesentlichen gegen die
Bestimmung des Grenzwerts der nicht geringen Menge gemäß § 29 a Abs. 1
Nr. 2 BtMG durch das Landgericht - bewußt abweichend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NStZ 2002, 267) - auf 10 Gramm Methamphetamin-Base. Während sich die Revision des Angeklagten an dem
vom Bundesgerichtshof bestimmten Grenzwert von 30 Gramm orientiert,
meint die Staatsanwaltschaft, die nicht geringe Menge beginne spätestens bei
4,5 Gramm Methamphetamin-Base. Die Revisionen des Angeklagten und der
Staatsanwaltschaft - § 301 StPO - führen in zwei Fällen zur Änderung des
Schuldspruchs und zur Aufhebung aller Einzelstrafen, soweit es den Betäubungsmittelhandel betrifft, sowie der Gesamtstrafe. Den weitergehenden Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft - zu dessen Nachteil bleibt der Erfolg versagt.
Wie der Generalbundesanwalt sieht auch der Senat keinen Anlaß, für
Methamphetamin eine nicht geringe Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2
BtMG unterhalb 30 Gramm Methamphetamin-Base anzunehmen. Trotz der
Unterschiede in der Wirkungsintensität und in der Dosierung hat der Bundesgerichtshof angesichts der Gleichartigkeit der Wirkungsweisen und aus
Gründen der praktischen Handhabbarkeit den Grenzwert der nicht geringen
Menge für die Methylendioxyethyalamphetamin -MDE/MDEA- (BGHSt 42,
255),
Methyldioxyamphetamin
-MDA-,
Methylendioxymethamphetamin
-
MDMA- (BGH NStZ 2001, 381; BGH, Beschluß vom 9. November 2001 - 3
-5-
StR 394/01 -; BGH, Beschluß vom 23. August 2002 - 2 StR 291/02 -) und Amphetamin (BGH NJW 2001 = NStZ 2002, 267; BGH NStZ-RR 2001, 379) einheitlich auf 30 Gramm der jeweiligen Base festgesetzt, orientiert an MDE, dem
Amphetaminderivat mit der geringsten Wirkstoffintensität (BGHSt 42, 255,
267). Denn nicht selten werden Tabletten vertrieben, die Kombinationen der
genannten Wirkstoffe enthalten, deren genaue Zusammensetzung dem Konsumenten gar nicht bekannt ist. Zudem kann bei den synthetisch hergestellten
Drogen bereits eine geringe Veränderung der chemischen Struktur ähnliche,
aber dennoch formal jeweils verschiedene Rauschmittel entstehen lassen.
Hieraus folgt die praktische Notwendigkeit, für diese Wirkstoffe allgemeine
Anwendungsregelungen im Hinblick auf § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu finden
(BGH NStZ 2002, 267). Grundlegende neue Erkenntnisse, die dennoch eine
Neubestimmung des Grenzwertes für Methamphetamin gebieten, haben sich
seit den Entscheidungen des 5. Strafsenats vom 25. Juli 2001 (BGH NStZ
2002, 267) und vom 23. August 2001 (BGH NStZ-RR 2001,379) nicht ergeben.
Die Annahme eines zu niedrigen Grenzwerts der nicht geringen Menge
im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch die Strafkammer zieht nicht nur
die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II.1.b und c der Urteilsgründe
nach sich, sondern führt auch zur Aufhebung aller Einzelstrafen, soweit es
den Betäubungsmittelhandel betrifft, sowie der Gesamtstrafe. Denn der Senat
vermag nicht sicher auszuschließen, daß die Strafkammer, ausgehend vom
richtigen - dreimal höheren - Grenzwert, geringere Einzelstrafen, auch in den
Fällen, in denen der Schuldspruch nicht betroffen ist, und in der Folge - trotz
des engen Zusammenzugs der Einzelstrafen - auch eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.
-6-
Der Rechtsfehler berührt die Verurteilung wegen Hehlerei in drei Fällen
zu den Einzelstrafen in Höhe von drei, acht, und vier Monaten Freiheitsstrafe,
den Ausspruch über die Einziehung von Betäubungsmitteln sowie sämtliche
Feststellungen nicht. Diese können widerspruchsfrei ergänzt werden.
Nack
Boetticher
Hebenstreit
Schluckebier
Elf