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<title>Verurteilung eines Redaktionsleiters des Hessischen Rundfunks wegen Bestechlichkeit und Untreue best&auml;tigt</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 244 vom 27.11.09">
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<meta name="LfdNr" content="244">
<meta name="Jahr" content="2009">
<meta name="Senat" content="2. Strafsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="2 StR 104/09">
<meta name="Datum" content="27.11.09">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 244/2009 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Verurteilung eines Redaktionsleiters des Hessischen Rundfunks wegen Bestechlichkeit und Untreue best&auml;tigt </b></font></div></p>
<p align="justify">Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. E wegen Bestechlichkeit in sechs F&auml;llen, Untreue in sechs F&auml;llen und Beihilfe zur Bestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten und den Angeklagten F. wegen Bestechung in f&uuml;nf F&auml;llen und Beihilfe zur Untreue in f&uuml;nf F&auml;llen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten zur Bew&auml;hrung verurteilt. </p>
<p align="justify">Die Angeklagten haben sich mit ihren Revisionen vor allem gegen die Annahme des Landgerichts gewendet, der Angeklagte Dr. E. sei Amtstr&auml;ger im Sinne der strafrechtlichen Vorschriften gewesen. </p>
<p align="justify">Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die auf die Sachr&uuml;ge gest&uuml;tzten Revisionen der Angeklagten Dr. E. und F. als unbegr&uuml;ndet verworfen, weil die Nachpr&uuml;fung des Urteils keinen Rechtsfehler zu deren Nachteil ergeben hat. Die Verurteilungen sind damit rechtskr&auml;ftig. </p>
<p align="justify">Der Angeklagte Dr. E. war von 1987 bis M&auml;rz 2004 im Angestelltenverh&auml;ltnis Leiter der Sportredaktion des Hessischen Rundfunks (hr). Nach den Feststellungen des Landgerichts gr&uuml;ndete auf seine Veranlassung der Angeklagte F. Anfang 2000 die SMP GmbH, die sich mit der Vermarktung von Sportveranstaltungen befasste. An diesem Unternehmen wirtschaftlich beteiligt war zun&auml;chst nur die Ehefrau des Angeklagten Dr. E.; der gesch&auml;ftsf&uuml;hrende Alleingesellschafter F. war deren Strohmann und wurde gemeinsam mit seiner Ehefrau erst ab 2001 ebenfalls beteiligt. Der Angeklagte Dr. E. veranlasste von 2000 bis 2003 in einer Reihe von F&auml;llen Veranstalter, die sich wegen einer &Uuml;bertragung von Sportereignissen an ihn als Leiter der Sportredaktion des hr gewandt und Bereitschaft zu einer Beteiligung an den Produktionskosten gezeigt hatten, Vermittlungsvertr&auml;ge mit der SMP zu schlie&szlig;en. Die SMP behielt, wie vom Angeklagten beabsichtigt, ohne Wissen des hr von den Zahlungen der Veranstalter in einigen F&auml;lle Betr&auml;ge ein, die die H&ouml;he einer &uuml;blichen Vermittlungsprovision deutlich &uuml;berstiegen, in anderen F&auml;llen sogar den jeweiligen Gesamtbetrag. Der Angeklagte verstie&szlig; zudem bei der inhaltlichen Gestaltung von Sendungen des hr in mehreren F&auml;llen zu Gunsten der Kunden der SMP gegen das Schleichwerbungsverbot des Rundfunkstaatsvertrags. Der Gewinn der SMP wurde f&uuml;r die Jahre 2001 bis 2003 an beide Angeklagten bzw. deren Ehefrauen in jeweils gleicher H&ouml;he ausgesch&uuml;ttet. Die Angeklagten hatten vereinbart, dass der Angeklagte Dr. E. seinen Gewinnanteil als Gegenleistung f&uuml;r die von ihm unter Umgehung des hr zu Gunsten der SMP entfalteten T&auml;tigkeiten erhalten sollte. </p>
<p align="justify">Das Landgericht hat die Manipulationen des Angeklagten Dr. E. im Zusammenhang mit den Vermittlungsauftr&auml;gen der SMP jeweils als Untreue zum Nachteil des hr gew&uuml;rdigt, zu der der Angeklagte F. Beihilfe geleistet habe. Die durch den Angeklagten F. als Gesch&auml;ftsf&uuml;hrer der SMP vorgenommenen Gewinnaus-sch&uuml;ttungen an den Angeklagten Dr. E. hat es jeweils als Bestechung bzw. Bestechlichkeit gew&uuml;rdigt. </p>
<p align="justify">Der Angeklagte Dr. E. erhielt zudem in den Jahren 2001 bis 2003 von der Veranstalterin des Radrennens &quot;Rund um den Henninger Turm&quot; in Frankfurt Zahlungen, die als Vermittlungsprovisionen f&uuml;r die Gewinnung von Sponsoren durch den Angeklagten deklariert wurden. Tats&auml;chlich dienten sie jedoch zumindest zum Teil als Gegenleistung daf&uuml;r, dass der Angeklagte auf die &Uuml;bertragung der Rennen durch den hr inhaltlich Einfluss im Sinne der Interessen der Veranstalterin und ihrer Sponsoren nahm. </p>
<p align="justify">Das Landgericht hat die Annahme dieser Zahlungen durch den Angeklagten Dr. E. jeweils als Bestechlichkeit gewertet. </p>
<p align="justify">Gegenstand des Urteils sind au&szlig;erdem zwei Bestechungszahlungen des Angeklagten F. an den damaligen Sportchef des Mitteldeutschen Rundfunks, zu denen der Angeklagte Dr. E. in einem Fall Beihilfe geleistet hatte. </p>
<p align="justify">Der 2. Strafsenat hat insbesondere die Auffassung des Landgerichts best&auml;tigt, dass die verantwortlichen Redakteure der &ouml;ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Amtstr&auml;ger im strafrechtlichen Sinne anzusehen sind, weil sie &quot;bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der &ouml;ffentlichen Verwaltung … wahrnehmen&quot; (&sect; 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB). Deshalb finden auf sie die Bestechungstatbest&auml;nde der &sect;&sect; 332, 334 StGB Anwendung. Die &ouml;ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind als Anstalten des &ouml;ffentlichen Rechts institutionalisiert. Sie finanzieren sich durch eine Geb&uuml;hrenpflicht, die ohne R&uuml;cksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der Empf&auml;nger allein an den Teilnehmerstatus ankn&uuml;pft. Mit der Sicherstellung der unerl&auml;sslichen Grundversorgung der Bev&ouml;lkerung mit Rundfunkprogrammen erf&uuml;llen sie eine Aufgabe der &ouml;ffentlichen Verwaltung im Sinne des &sect; 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks steht dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar folgt aus der verfassungsrechtlichen Gew&auml;hrleistung der Rundfunkfreiheit, dass die Rundfunkanstalten dem staatlichen Einfluss entzogen oder h&ouml;chstens einer beschr&auml;nkten staatlichen Rechtsaufsicht unterworfen sind. Dennoch handelt es sich bei der Erf&uuml;llung des sog. &quot;klassischen Rundfunkauftrags&quot; nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um eine &ouml;ffentliche Aufgabe der Bundesl&auml;nder, die diese ihrerseits den &ouml;ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugewiesen haben, weil sie ihn wegen des Gebots der Staatsfreiheit nicht unmittelbar wahrnehmen k&ouml;nnen. Dem entspricht es, dass auch das Bundesverfassungsgericht die &ouml;ffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ungeachtet ihrer Staatsfreiheit als Tr&auml;ger mittelbarer Staatsverwaltung gewertet hat. </p>
<p align="justify">Urteil vom 27. November 2009 – 2 StR 104/09 </p>
<p align="justify">Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 2. Oktober 2008 – 5/12 KLs 7740 Js 214435/04 (2/07) </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 27. November 2009 </p>
<p align="justify"><b>Gesetzestext </b></p>
<p align="justify">&sect; 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB: </p>
<p align="justify">&quot;Im Sinne dieses Gesetzes ist … </p>
<p align="justify">Amtstr&auml;ger: wer nach deutschem Recht … sonst dazu bestellt ist, bei einer Beh&ouml;rde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der &ouml;ffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerf&uuml;llung gew&auml;hlten Organisationsform wahrzunehmen …&quot; </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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