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<title>Meldung im &quot;Online-Archiv&quot; &uuml;ber Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung gegen Gazprom-Manager zul&auml;ssig</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 182 vom 30.10.12">
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<meta name="LfdNr" content="182">
<meta name="Jahr" content="2012">
<meta name="Senat" content="VI. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="VI ZR 4/12">
<meta name="Datum" content="30.10.12">
<meta name="" content="30.10.12">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 182/2012 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Meldung im &quot;Online-Archiv&quot; &uuml;ber Ermittlungsverfahren </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b> wegen falscher eidesstattlicher Versicherung gegen </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b> Gazprom-Manager zul&auml;ssig </b></font></div></p>
<p align="justify">Der Kl&auml;ger ist &quot;Direktor Finanzen und Controlling&quot; der Gazprom Germania GmbH. Von Ende 1985 bis Ende 1989 war er aufgrund einer eigenh&auml;ndig verfassten Verpflichtungserkl&auml;rung als &quot;Offizier im besonderen Einsatz&quot; f&uuml;r das Ministerium f&uuml;r Staatssicherheit der DDR t&auml;tig, wof&uuml;r er monatliche Geldzahlungen erhielt. Im September 2007 gab er in einem einstweiligen Verf&uuml;gungsverfahren vor dem Landgericht eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er erkl&auml;rte, &quot;niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums f&uuml;r Staatssicherheit&quot; gewesen zu sein. Nach Mitteilung des Sachverhalts durch das Landgericht leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Kl&auml;ger wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung ein. Am 2.&nbsp;Oktober 2008 wurde das Verfahren nach Zahlung eines Geldbetrags gem&auml;&szlig; &sect;&nbsp;153a Abs.&nbsp;2 StPO eingestellt. </p>
<p align="justify">Die Beklagte betreibt das Internetportal www.welt.de. Dort h&auml;lt sie auf den f&uuml;r Altmeldungen vorgesehenen Seiten einen auf den 6.&nbsp;Mai 2008 datierten Artikel zum freien Abruf durch die &Ouml;ffentlichkeit bereit, in dem unter namentlicher Bezeichnung des Kl&auml;gers &uuml;ber dessen Stasivergangenheit und das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren berichtet wird. Die Meldung enth&auml;lt einen &quot;Nachtrag&quot;, in dem darauf hingewiesen wird, dass das Verfahren am 2.&nbsp;Oktober 2008 gegen Geldauflage gem&auml;&szlig; &sect;&nbsp;153a StPO eingestellt wurde. </p>
<p align="justify">Der Kl&auml;ger sieht in dem Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Pers&ouml;nlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen, &uuml;ber das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Namensnennung oder in identifizierender Weise zu berichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Kl&auml;gers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abge&auml;ndert und die Beklagte antragsgem&auml;&szlig; verurteilt. </p>
<p align="justify">Auf die Revision der Beklagten hat der u.a. f&uuml;r den Schutz des Allgemeinen Pers&ouml;nlichkeitsrechts zust&auml;ndige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung des Kl&auml;gers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zur&uuml;ckgewiesen. Zwar liegt in dem Bereithalten der den Kl&auml;ger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet ein Eingriff in dessen allgemeines Pers&ouml;nlichkeitsrecht. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig, da das Schutzinteresse des Kl&auml;gers hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der &Ouml;ffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungs&auml;u&szlig;erung zur&uuml;ckzutreten hat. </p>
<p align="justify">Die namentliche Bezeichnung des Kl&auml;gers in dem streitgegenst&auml;ndlichen Beitrag war zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Ver&ouml;ffentlichung im Mai 2008 rechtm&auml;&szlig;ig. In dem Beitrag wird wahrheitsgem&auml;&szlig; und sachlich ausgewogen &uuml;ber die Einleitung und die Hintergr&uuml;nde des Ermittlungsverfahrens gegen den Kl&auml;ger berichtet. Die besonderen Umst&auml;nde der dem Kl&auml;ger vorgeworfenen Straftat begr&uuml;ndeten ein gewichtiges Informationsinteresse der &Ouml;ffentlichkeit. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses sind die die Besonderheiten des Streitfalles, insbesondere die nunmehrige Funktion des Kl&auml;gers, Anlass und Zweck der von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sowie der Umstand zu ber&uuml;cksichtigen, dass sich die Meldung kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Kl&auml;ger mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht, und sie damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet. </p>
<p align="justify">Das Bereithalten der den Kl&auml;ger identifizierenden Meldung zum Abruf ist auch weder durch die Einstellung des Strafverfahrens gem&auml;&szlig; &sect; 153a StPO noch infolge des Abmahnschreibens des Kl&auml;gers vom 7. Februar 2011 rechtswidrig geworden. Durch die Einstellung des Strafverfahrens hat die Meldung ihre Aktualit&auml;t nicht verloren. Die Pers&ouml;nlichkeitsbeeintr&auml;chtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung &uuml;ber die Einleitung und die nachfolgende Einstellung des Strafverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, ist nicht schwerwiegend. Demgegen&uuml;ber besteht ein gewichtiges Interesse der &Ouml;ffentlichkeit an der M&ouml;glichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung &uuml;ber die darin dargestellten Vorg&auml;nge und Zusammenh&auml;nge zu informieren. </p>
<p align="justify"><b>Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12 </b></p>
<p align="justify">Landgericht Hamburg - Urteil vom 12. August 2011 - 324 O 203/11 </p>
<p align="justify">Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg - Urteil vom 29. November 2011 - 7 U 80/11 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 30. Oktober 2012 </p>
<p align="justify"><b>Strafgesetzbuch &sect; 156 Falsche Versicherung an Eides Statt </b></p>
<p align="justify">Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zust&auml;ndigen Beh&ouml;rde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. </p>
<p align="justify"><b>Strafprozessordnung: &sect; 153a </b></p>
<p align="justify">(1) Mit Zustimmung des f&uuml;r die Er&ouml;ffnung des Hauptverfahrens zust&auml;ndigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorl&auml;ufig von der Erhebung der &ouml;ffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das &ouml;ffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht, </p>
<p align="justify">1. zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen, </p>
<p align="justify">2. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinn&uuml;tzigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen, </p>
<p align="justify">3. sonst gemeinn&uuml;tzige Leistungen zu erbringen, </p>
<p align="justify">4. Unterhaltspflichten in einer bestimmten H&ouml;he nachzukommen, </p>
<p align="justify">5. sich ernsthaft zu bem&uuml;hen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (T&auml;ter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum &uuml;berwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben, oder </p>
<p align="justify">6. an einem Aufbauseminar nach &sect; 2b Abs. 2 Satz 2 oder &sect; 4 Abs. 8 Satz 4 des Stra&szlig;enverkehrsgesetzes teilzunehmen. </p>
<p align="justify">Zur Erf&uuml;llung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den F&auml;llen des Satzes 2 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 h&ouml;chstens sechs Monate, in den F&auml;llen des Satzes 2 Nr. 4 h&ouml;chstens ein Jahr betr&auml;gt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachtr&auml;glich aufheben und die Frist einmal f&uuml;r die Dauer von drei Monaten verl&auml;ngern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachtr&auml;glich auferlegen und &auml;ndern. Erf&uuml;llt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erf&uuml;llt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erf&uuml;llung erbracht hat, nicht erstattet. &sect; 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den F&auml;llen des Satzes 2 Nr. 1 bis 5 entsprechend. </p>
<p align="justify">(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren bis zum Ende der Hauptverhandlung, in der die tats&auml;chlichen Feststellungen letztmals gepr&uuml;ft werden k&ouml;nnen, vorl&auml;ufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschlu&szlig;. Der Beschlu&szlig; ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch f&uuml;r eine Feststellung, da&szlig; gem&auml;&szlig; Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erf&uuml;llt worden sind. </p>
<p align="justify">(3) W&auml;hrend des Laufes der f&uuml;r die Erf&uuml;llung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verj&auml;hrung. </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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