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<title>Keine Mietminderung f&uuml;r W&auml;rmebr&uuml;cken bei Einhaltung des im Errichtungszeitpunkt der Wohnung &uuml;blichen Bauzustands (&quot;Schimmelpilzgefahr&quot;)</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 179 vom 05.12.18">
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<meta name="LfdNr" content="179">
<meta name="Jahr" content="2018">
<meta name="Senat" content="VIII. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="VIII ZR 271/17">
<meta name="Datum" content="05.12.18">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 179/2018 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Keine Mietminderung f&uuml;r W&auml;rmebr&uuml;cken bei Einhaltung des im Errichtungszeitpunkt der Wohnung &uuml;blichen Bauzustands (&quot;Schimmelpilzgefahr&quot;) </b></font></div></p>
<p align="justify"><b>Urteile vom 5. Dezember 2018 - VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18 </b></p>
<p align="justify"><b>Sachverhalt und Prozessverlauf: </b></p>
<p align="justify">Die Kl&auml;ger in beiden Verfahren sind jeweils Mieter von Wohnungen der Beklagten, die in den Jahren 1968 und 1971 unter Beachtung der damals geltenden Bauvorschriften und technischen Normen errichtet wurden. </p>
<p align="justify">Die Kl&auml;ger machen unter Berufung auf M&auml;ngel der Wohnungen jeweils Gew&auml;hrleistungsanspr&uuml;che geltend und begehren dabei unter anderem wegen der &quot;Gefahr von Schimmelpilzbildung&quot; in den gemieteten R&auml;umen die Feststellung einer n&auml;her bezifferten Minderung der von ihnen geschuldeten Monatsmiete (&sect; 536 BGB) sowie die Zahlung eines Kostenvorschusses f&uuml;r die M&auml;ngelbeseitigung. </p>
<p align="justify">In beiden Verfahren hat das Berufungsgericht eine Minderung der jeweiligen Bruttomiete festgestellt und im Verfahren VIII ZR 271/17 die Beklagte &uuml;berdies zur Zahlung eines Kostenvorschusses in H&ouml;he von 12.000 € zur Anbringung einer Innend&auml;mmung verurteilt. Dies hat es jeweils (unter anderem) ma&szlig;geblich auf die Erw&auml;gung gest&uuml;tzt, dass in den Wohnungen in den Wintermonaten aufgrund von W&auml;rmebr&uuml;cken in den Au&szlig;enw&auml;nden eine &quot;Gefahr der Schimmelpilzbildung&quot; bestehe. Zwar h&auml;tten die Wohnungen zur Zeit ihrer Errichtung den geltenden Bauvorschriften und DIN-Vorgaben sowie den damaligen Regeln der Baukunst entsprochen. Nach der Verkehrsanschauung d&uuml;rfe ein Mieter allerdings auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung stets einen &quot;Mindeststandard zeitgem&auml;&szlig;en Wohnens&quot; erwarten, der heutigen Ma&szlig;st&auml;ben gerecht werde. Auf Grundlage der heute g&uuml;ltigen DIN-Vorschriften ergebe sich angesichts der W&auml;rmebr&uuml;cken in beiden Wohnungen jedoch ein konkretes Risiko der Schimmelpilzbildung, welches die Mieter allein mit &quot;alltags&uuml;blichem L&uuml;ftungs- und Heizverhalten&quot; nicht verhindern k&ouml;nnten. Denn von einem Mieter k&ouml;nne nicht verlangt werden, dass er ein Schlafzimmer auf mehr als 16 Grad und die &uuml;brigen Zimmer auf mehr als 20 Grad beheize oder darauf verzichte, seine M&ouml;bel ohne Abstand an den Au&szlig;enw&auml;nden aufzustellen. Auch ein sogenanntes Querl&uuml;ften (&quot;Durchzug&quot;) k&ouml;nne dem Mieter nicht abverlangt werden; vielmehr sei lediglich ein zweimaliges Sto&szlig;l&uuml;ften von bis zu zehn Minuten pro Tag zumutbar. Bei alledem komme es auch nicht darauf an, wieviel Feuchtigkeit durch das konkrete Nutzungsverhalten der jeweiligen Mieter entstehe, solange es sich im Rahmen des vertragsgem&auml;&szlig;en Gebrauchs (Aufenthalt, Waschen, Kochen, Duschen etc.) bewege. Sei unter den genannten Bedingungen nicht sichergestellt, dass es zu keiner Schimmelpilzbildung komme, liege bereits hierin ein bauseits bedingter und vom Vermieter zu vertretender Mangel, so dass es nicht darauf ankomme, ob Schimmel auch tats&auml;chlich aufgetreten sei. </p>
<p align="justify">Mit ihren vom Landgericht zugelassenen Revisionen verfolgte die Beklagte in beiden Verfahren ihr Klageabweisungsbegehren weiter. </p>
<p align="justify"> </p>
<p align="justify"><b>Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: </b></p>
<p align="justify">Der unter anderem f&uuml;r das Wohnraummietrecht zust&auml;ndige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass W&auml;rmebr&uuml;cken in den Au&szlig;enw&auml;nden nicht als Sachmangel einer Mietwohnung anzusehen sind, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Geb&auml;udes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht. </p>
<p align="justify">Ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgem&auml;&szlig;en Gebrauch aufhebt oder mindert und deshalb dem Mieter (unter anderem) ein Recht zur Mietminderung (&sect; 536 Abs. 1 BGB) sowie einen Anspruch auf Mangelbeseitigung (&sect; 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) gew&auml;hrt, setzt eine f&uuml;r den Mieter nachteilige Abweichung des tats&auml;chlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand voraus. Ohne besondere Vereinbarung der Mietvertragsparteien kann der Mieter dabei nach der Verkehrsauffassung erwarten, dass die von ihm angemieteten R&auml;ume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen &uuml;blich ist. Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach gefestigter Senatsrechtsprechung grunds&auml;tzlich der bei Errichtung des Geb&auml;udes geltende Ma&szlig;stab anzulegen. Diesem Ma&szlig;stab entsprechen die Wohnungen der Kl&auml;ger jedoch, so dass ein Sachmangel nicht vorliegt. Denn in den Jahren 1968 bzw. 1971 bestand noch keine Verpflichtung, Geb&auml;ude mit einer W&auml;rmed&auml;mmung auszustatten und war demgem&auml;&szlig; das Vorhandensein von W&auml;rmebr&uuml;cken allgemein &uuml;blicher Bauzustand. </p>
<p align="justify">Die gegenteilige Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, das einen Mangel der Mietsache aus vermeintlichen H&ouml;chstwerten zumutbarer L&uuml;ftungsintervalle und von ihm aufgestellter &quot;Grunds&auml;tze zeitgem&auml;&szlig;en Wohnens&quot; hergeleitet hat, hat der Senat als mit geltendem Recht nicht vereinbar angesehen. Sie l&auml;sst sich auch nicht unter R&uuml;ckgriff auf eine Senatsentscheidung begr&uuml;nden, die in einem speziellem Fall zu den Anforderungen an die Elektroinstallation einer Wohnung ergangen ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Juli 2004 – VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174) und die darauf abstellt, dass nach der Verkehrsanschauung auch in einer Altbauwohnung ein Mindeststandard der Elektroinstallation erwartet werden kann, die den gleichzeitigen Betrieb von zwei Elektroger&auml;ten erm&ouml;glicht. Auf die Beschaffenheit der Wohnung bez&uuml;glich der W&auml;rmed&auml;mmung ist diese Entscheidung nicht &uuml;bertragbar. </p>
<p align="justify">Die Berufung des Landgerichts auf Erfordernisse &quot;zeitgem&auml;&szlig;en Wohnens&quot; rechtfertigt es insbesondere nicht, die geschuldete Beschaffenheit einer Mietwohnung hinsichtlich der W&auml;rmed&auml;mmung nicht nach den oben genannten Ma&szlig;st&auml;ben, sondern – unter einseitiger Ber&uuml;cksichtigung von Mieterinteressen – allein danach zu bestimmen, was der Mieter unter Zugrundelegung heutiger Bauvorschriften erwarten d&uuml;rfe und ihm an L&uuml;ftungs- und Heizverhalten nach einem abstrakt-generellen Ma&szlig;stab zuzumuten sei. Letztlich l&auml;uft die Argumentation des Berufungsgerichts darauf hinaus, einen anderen als den im geltendem Recht vorgesehenen Mangelbegriff zu schaffen und auf diesem Wege auch f&uuml;r eine nicht sanierte oder eine nicht grundlegend modernisierte Altbauwohnung und unabh&auml;ngig von entsprechenden konkreten Vereinbarungen der Mietvertragsparteien einen Neubaustandard zugrunde zu legen. Dies ist ersichtlich rechtsfehlerhaft. </p>
<p align="justify">Auch trifft die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu, das den Kl&auml;gern zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung abzuverlangende L&uuml;ftungsverhalten sei f&uuml;r einen Mieter unzumutbar. Das einem Mieter zuzumutende Wohnverhalten, insbesondere bez&uuml;glich der L&uuml;ftung der Wohnr&auml;ume, ist jeweils unter Ber&uuml;cksichtigung der Umst&auml;nde des Einzelfalls zu bestimmen. Vorliegend ist der gerichtliche Sachverst&auml;ndige zu dem Ergebnis gekommen, dass ein t&auml;glich zweimaliges Sto&szlig;l&uuml;ften von rund 15 Minuten beziehungsweise ein t&auml;glich dreimaliges Sto&szlig;l&uuml;ften von rund 10 Minuten ausreiche, um eine Schimmelpilzbildung an den Au&szlig;enw&auml;nden zu vermeiden und sich im Falle von &quot;Querl&uuml;ften&quot; (gleichzeitiges &Ouml;ffnen mehrerer Fenster) die erforderliche L&uuml;ftungszeit auf ein Drittel der angegebenen Zeiten reduziere. Daf&uuml;r, dass ein solches L&uuml;ftungsverhalten generell unzumutbar sei, sieht der Senat keine Anhaltspunkte. </p>
<p align="justify">Der Senat hat die Entscheidungen des Berufungsgerichts aufgehoben, soweit das Berufungsgericht wegen der in den Au&szlig;enw&auml;nden vorhandenen W&auml;rmebr&uuml;cken und der dadurch verursachten Gefahr einer Schimmelpilzbildung einen Mangel der Wohnungen bejaht und den darauf gest&uuml;tzten Begehren der Kl&auml;ger auf Feststellung einer Mietminderung beziehungsweise auf Zahlung eines Kostenvorschusses f&uuml;r eine Innend&auml;mmung stattgegeben hat; diese Anspr&uuml;che stehen den Kl&auml;gern nach den heutigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht zu. </p>
<p align="justify">In dem Verfahren VIII ZR 271/17, in dem das Berufungsgericht auch Durchfeuchtungen des Mauerwerks infolge schadhaft gewordener Bauteile festgestellt hatte, ist die Sache wegen der H&ouml;he der hierf&uuml;r anzusetzenden Minderung an das Berufungsgericht zur&uuml;ckverwiesen worden. </p>
<p align="justify"><b>Die ma&szlig;geblichen Vorschriften lauten: </b></p>
<p align="justify"><b>&sect; 535 BGB Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags </b></p>
<p align="justify"><b>(</b>1) 1Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache w&auml;hrend der Mietzeit zu gew&auml;hren. 2Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgem&auml;&szlig;en Gebrauch geeigneten Zustand zu &uuml;berlassen und sie w&auml;hrend der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. […] </p>
<p align="justify"><b>&sect; 536 BGB Mietminderung bei Sach- und Rechtsm&auml;ngeln </b></p>
<p align="justify">(1) 1Hat die Mietsache zur Zeit der &Uuml;berlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgem&auml;&szlig;en Gebrauch aufhebt, oder entsteht w&auml;hrend der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter f&uuml;r die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. 2F&uuml;r die Zeit, w&auml;hrend der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. 3Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt au&szlig;er Betracht. </p>
<p align="justify">[…] </p>
<p align="justify"><b>Vorinstanzen: </b></p>
<p align="justify"><b>VIII ZR 271/17 </b></p>
<p align="justify">Amtsgericht Reinbek – Urteil vom 7. April 2017 - 13 C 682/14 </p>
<p align="justify">Landgericht L&uuml;beck – Urteil vom 17. November 2017 - 14 S 107/17 </p>
<p align="justify">und </p>
<p align="justify"><b>VIII ZR 67/18 </b></p>
<p align="justify">Amtsgericht Reinbek – Urteil vom 23. Dezember 2016 – 17 C 288/15 </p>
<p align="justify">Landgericht L&uuml;beck – Urteil vom 15. Februar 2018 – 14 S 14/17 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 5. Dezember 2018 </p>
<p><font size="-1">
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