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<title>Bundesgerichtshof zum Umfang des Insolvenzschutzes bei Pauschalreisen</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 173 vom 02.11.11">
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<meta name="LfdNr" content="173">
<meta name="Jahr" content="2011">
<meta name="Senat" content="X. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="X ZR 43/11">
<meta name="Datum" content="02.11.11">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify"> </p>
<p align="justify">Nr. 173/2011 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Bundesgerichtshof zum Umfang des Insolvenzschutzes bei Pauschalreisen </b></font></div></p>
<p align="justify">Die Kl&auml;ger buchten Anfang 2009 &uuml;ber einen Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt, die Anfang 2010 h&auml;tte stattfinden sollen. Sie &uuml;berwiesen, nachdem sie einen &quot;Sicherungsschein f&uuml;r Pauschalreisen gem&auml;&szlig; &sect; 651k des B&uuml;rgerlichen Gesetzbuches&quot; des nunmehr verklagten Hamburger Versicherers erhalten hatten, jeweils &uuml;ber 7.400 EUR an den Reiseveranstalter. Anfang August 2009 teilte der Reiseveranstalter den Kl&auml;gern mit, dass die Reise mangels Nachfrage nicht stattfinde. Bereits einen Monat sp&auml;ter wurde durch das Insolvenzgericht die vorl&auml;ufige Verwaltung des Verm&ouml;gens des Reiseveranstalters angeordnet, Anfang Dezember 2009 das Insolvenzverfahren er&ouml;ffnet. Zur R&uuml;ckzahlung des Reisepreises durch den Reiseveranstalter kam es nicht mehr. Der beklagte Versicherer lehnte eine Erstattung jedoch ab. Die Reise sei nicht aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters ausgefallen, sondern weil sie von diesem mangels Nachfrage abgesagt worden sei. Das Risiko, dass der dadurch ausgel&ouml;ste R&uuml;ckzahlungsanspruch wegen Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden k&ouml;nne, werde vom Wortlaut des Sicherungsscheins, der der gesetzlichen Formulierung in &sect; 651k BGB folge, nicht erfasst. Ferner treffe die Kl&auml;ger ein Mitverschulden, weil sie den Reisepreis bereits ein Jahr vor Beginn der Reise beglichen h&auml;tten, ohne dass sie hierzu verpflichtet gewesen seien. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Versicherung hatte keinen Erfolg. </p>
<p align="justify">Der unter anderem f&uuml;r das Reiserecht zust&auml;ndige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Entscheidungen heute best&auml;tigt. Ein Reisender, zu dessen Gunsten ein Reisepreisversicherungsvertrag gem&auml;&szlig; &sect; 651k des B&uuml;rgerlichen Gesetzbuches abgeschlossen worden ist, ist damit – so der BGH - auch gegen das Risiko absichert, dass nach einer Absage der Reise durch den Reiseveranstalter sein Anspruch auf R&uuml;ckzahlung des vorausbezahlten Reisepreises aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters nicht mehr realisiert werden kann. </p>
<p align="justify">&sect; 651k BGB ist auch auf diese Fallgestaltung anzuwenden, weil der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben aus Art. 7 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 &uuml;ber Pauschalreisen vollst&auml;ndig umsetzen wollte. Art. 7 der Richtlinie erfasst eindeutig auch den vorliegenden Fall, weil die Richtlinie vorschreibt, dass der Reiseveranstalter f&uuml;r den Fall seiner Zahlungsunf&auml;higkeit oder Insolvenz die Erstattung gezahlter Betr&auml;ge und die R&uuml;ckreise des Verbrauchers sicherzustellen hat. Eine Kausalit&auml;t der Insolvenz f&uuml;r den Reiseausfall muss daher weder nach europ&auml;ischen noch nach deutschem Recht bestehen, es reicht vielmehr aus, dass infolge der Insolvenz dem Reisenden vom Veranstalter der vorausgezahlte Preis f&uuml;r die ausgefallene Reise nicht erstattet werden kann und der insolvente Reiseveranstalter naturgem&auml;&szlig; auch zur Durchf&uuml;hrung der Reise nicht mehr in der Lage ist. In diesem Sinne sind auch die zu Gunsten der Kl&auml;ger abgeschlossenen Reisepreisversicherungsvertr&auml;ge zwischen dem Reiseveranstalter und dem beklagten Versicherer auszulegen, weil sie in ihren allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die gesetzliche Regelung Bezug nehmen. </p>
<p align="justify">Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europ&auml;ischen Union zur Auslegung der Pauschalreise-Richtlinie hat der Senat wegen des klaren Wortlauts des Art. 7 und der bereits ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht f&uuml;r notwendig erachtet. </p>
<p align="justify"><b>&sect; 651 k BGB lautet (auszugsweise): </b></p>
<p align="justify">&quot;(1)Der Reiseveranstalter hat sicherzustellen, dass dem Reisenden erstattet werden </p>
<p align="justify">1.der gezahlte Reisepreis, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunf&auml;higkeit oder Er&ouml;ffnung des Insolvenzverfahrens &uuml;ber das Verm&ouml;gen des Reiseveranstalters ausfallen, und </p>
<p align="justify">2.notwendige Aufwendungen, die dem Reisenden infolge Zahlungsunf&auml;higkeit oder Er&ouml;ffnung des Insolvenzverfahrens &uuml;ber das Verm&ouml;gen des Reiseveranstalters f&uuml;r die R&uuml;ckreise entstehen. </p>
<p align="justify">Die Verpflichtungen nach Satz 1 kann der Reiseveranstalter nur erf&uuml;llen </p>
<p align="justify">1. durch eine Versicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Gesch&auml;ftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder </p>
<p align="justify">2. durch ein Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Gesch&auml;ftsbetrieb befugten Kreditinstituts. </p>
<p align="justify">(2) … </p>
<p align="justify">(3) Zur Erf&uuml;llung seiner Verpflichtung nach Absatz 1 hat der Reiseveranstalter dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer zu verschaffen und durch &Uuml;bergabe einer von diesem oder auf dessen Veranlassung ausgestellten Best&auml;tigung (Sicherungsschein) nachzuweisen. … </p>
<p align="justify">(4) Reiseveranstalter und Reisevermittler d&uuml;rfen Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein &uuml;bergeben wurde. …&quot; </p>
<p align="justify"><b>Art. 7 der Richtlinie lautet: </b></p>
<p align="justify">&quot;Der Veranstalter und/oder Vermittler, der Vertragspartei ist, weist nach, dass im Fall der Zahlungsunf&auml;higkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Betr&auml;ge und die R&uuml;ckreise des Verbrauchers sichergestellt sind.&quot; </p>
<p align="justify">Urteil vom 2. November 2011 – X ZR 43/11 </p>
<p align="justify">LG Hamburg – 334 O 249/09 – Urteil vom 19. August 2010 </p>
<p align="justify">OLG Hamburg – 9 U 154/10 – Urteil vom 29. M&auml;rz 2011 </p>
<p align="justify">und </p>
<p align="justify">Urteil vom 2. November 2011 – X ZR 44/11 </p>
<p align="justify">LG Hamburg – 334 O 250/09 – Urteil vom 19. August 2010 </p>
<p align="justify">OLG Hamburg – 9 U 155/10 – Urteil vom 29. M&auml;rz 2011 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 2. November 2011 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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</html>