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<title>Bundesgerichtshof zu Mehrkosten bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 170 vom 27.09.16">
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<meta name="LfdNr" content="170">
<meta name="Jahr" content="2016">
<meta name="Senat" content="X. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="X ZR 107/15">
<meta name="Datum" content="27.09.16">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 170/2016 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Bundesgerichtshof zu Mehrkosten bei Eintritt eines </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b> Dritten in den Reisevertrag </b></font></div></p>
<p align="justify"><b>Urteile vom 27. September 2016 - X ZR 107/15 und X ZR 141/15 </b></p>
<p align="justify">Die Parteien streiten um die Frage, ob der Reiseveranstalter bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag den Kunden mit denjenigen Mehrkosten belasten darf, die sich daraus ergeben, dass die Tarifbedingungen der Luftverkehrsunternehmen typischerweise nach best&auml;tigter Buchung keinen Wechsel in der Person des Fluggastes <i>(&quot;name change&quot;) </i>zulassen und deshalb eine neue Flugbuchung erfordern. </p>
<p align="justify">Der Kl&auml;ger in der Sache X ZR 107/15 buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin f&uuml;r seine Eltern eine einw&ouml;chige Reise von Hamburg nach Dubai zu einem Gesamtpreis von 1.398 €. Die Luftbef&ouml;rderung zum Reiseziel sollte nach dem Vertrag mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung seiner Mutter erkundigte sich der Kl&auml;ger zwei Tage vor Abflug nach den Bedingungen eines Eintritts zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihm am n&auml;chsten Tag mit, dass eine Umbuchung entweder den Erwerb von Business-Class-Tickets mit Mehrkosten in H&ouml;he von 1.850 € pro Person oder neuer Economy-Class-Tickets mit einer anderen Abflugzeit und Mehrkosten in H&ouml;he von 725 € pro Person erfordere. Der Kl&auml;ger trat daraufhin vom Reisevertrag zur&uuml;ck. </p>
<p align="justify">In der Sache X ZR 141/15 buchten die Kl&auml;gerin und ein vorgesehener Mitreisender, der der Kl&auml;gerin seine Anspr&uuml;che abgetreten hat, bei der beklagten Reiseveranstalterin eine zehnt&auml;gige Reise von Berlin nach Phuket (Thailand) zu einem Gesamtpreis von 2.470 €. Die Luftbef&ouml;rderung zum Reiseziel sollte wiederum mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung des Mitreisenden bat die Kl&auml;gerin zwei Tage vor Abflug um den Eintritt zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihr am n&auml;chsten Tag mit, dass eine Umbuchung den Erwerb neuer Flugtickets mit Mehrkosten in H&ouml;he von 1.648 € pro Person erfordere. Die Kl&auml;gerin und ihr Mitreisender traten daraufhin vom Reisevertrag zur&uuml;ck. </p>
<p align="justify">In beiden F&auml;llen stellte der Reiseveranstalter den Kunden eine R&uuml;cktrittsentsch&auml;digung in H&ouml;he von 85 bzw. 90 % des Reisepreises in Rechnung und zahlte nur den restlichen Reisepreis zur&uuml;ck. Die Kl&auml;ger verlangen jeweils R&uuml;ckzahlung des vollen Reisepreises. Sie waren damit beim Amtsgericht erfolglos, das Berufungsgericht hat hingegen den Klagen stattgegeben. </p>
<p align="justify">Es hat angenommen, dem Reiseveranstalter sei ein Anspruch auf angemessene Entsch&auml;digung f&uuml;r den Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis infolge des vom Kl&auml;ger erkl&auml;rten R&uuml;cktritts nach &sect; 651i Abs. 2 und 3 BGB* zu versagen, da die Beklagte den R&uuml;cktritt durch eine schuldhafte Verletzung ihrer Vertragspflichten verursacht habe. Mit dem Angebot, den Vertrag nur gegen erhebliche Mehrkosten auf andere Reisende zu &uuml;bertragen, sei die Beklagte ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach &sect; 651b Abs. 1 BGB** nicht nachgekommen, dem Reisenden eine solche &Uuml;bertragung zu erm&ouml;glichen. Weder die - auf den von der Beklagten mit den Luftverkehrsunternehmen getroffenen Vereinbarungen beruhenden - h&ouml;heren Kosten einer Bef&ouml;rderung in der Business Class noch die Kosten f&uuml;r den Erwerb neuer Economy-Class-Tickets geh&ouml;rten zu den Mehrkosten, die der Reiseveranstalter nach &sect;&nbsp;651b Abs. 2 BGB** bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag verlangen k&ouml;nne. </p>
<p align="justify">Auf die Revision der beklagten Reiseveranstalter hat der f&uuml;r das Reiserecht zust&auml;ndigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile wiederhergestellt. </p>
<p align="justify">Der Reiseveranstalter muss dem Kunden zwar nach &sect; 651b Abs. 1 BGB** die &Uuml;bertragung des Anspruchs auf die Reiseleistungen auf einen Dritten erm&ouml;glichen. Hierdurch entstehende Mehrkosten muss er jedoch nicht selbst tragen, sondern kann den Kunden und den Dritten damit belasten, die hierf&uuml;r als Gesamtschuldner haften. Er ist auch nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie f&uuml;r den Kunden m&ouml;glichst kosteng&uuml;nstig auf einen Dritten &uuml;bertragbar sind. F&uuml;r den Streitfall bedeutet dies, dass der Reiseveranstalter den Anspruch des Kunden auf Flugbef&ouml;rderung im Rahmen der gebuchten Pauschalreise auch dadurch erf&uuml;llen kann, dass er f&uuml;r diesen bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug zu einem Tarif bucht, der einen nachtr&auml;glichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zul&auml;sst und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erh&auml;ltlich ist als Tarife, die eine gr&ouml;&szlig;ere Flexibilit&auml;t gestatten. Der Reiseveranstalter bleibt gleichwohl verpflichtet, dem Dritten auch in einem solchen Fall den Eintritt in den Reisevertrag zu erm&ouml;glichen. Die Kosten f&uuml;r den notwendigen Erwerb eines neuen Flugscheins sind dann jedoch Mehrkosten im Sinne des &sect; 651b Abs. 2 BGB**. Auch wenn sie insbesondere den Eintritt eines Dritten kurz vor Reisebeginn, wie er in den Streitf&auml;llen in Rede stand, wirtschaftlich unattraktiv machen k&ouml;nnen, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten den Reiseveranstalter tragen zu lassen. </p>
<p align="justify">AG M&uuml;nchen – Urteil vom 21. November 2014 – 121 C 25717/13 </p>
<p align="justify">LG M&uuml;nchen I – Urteil vom 25. August 2015 – 30 S 25399/14 </p>
<p align="justify"><b>und </b></p>
<p align="justify">AG M&uuml;nchen – Urteil vom 20. Februar 2015 – 281 C 9715/14 </p>
<p align="justify">LG M&uuml;nchen I – Urteil vom 27. Oktober 2015 – 13 S 5113/15 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 27. September 2016 </p>
<p align="justify"><b>* &sect; 651i BGB - R&uuml;cktritt vor Reisebeginn </b></p>
<p align="justify">(1) Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zur&uuml;cktreten. </p>
<p align="justify">(2) Tritt der Reisende vom Vertrag zur&uuml;ck, so verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbaren Reisepreis. Er kann jedoch eine angemessene Entsch&auml;digung verlangen. Die H&ouml;he der Entsch&auml;digung bestimmt sich nach dem Reisepreis unter Abzug des Wertes der vom Reiseveranstalter ersparten Aufwendungen sowie dessen, was er durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erwerben kann. </p>
<p align="justify">(3) Im Vertrag kann f&uuml;r jede Reiseart unter Ber&uuml;cksichtigung der gew&ouml;hnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gew&ouml;hnlich m&ouml;glichen Erwerbs ein Vomhundertsatz des Reisepreises als Entsch&auml;digung festgesetzt werden. </p>
<p align="justify"><b>** &sect; 651b BGB – Vertrags&uuml;bertragung </b></p>
<p align="justify">(1) Bis zum Reisebeginn kann der Reisende verlangen, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Reisevertrag eintritt. Der Reiseveranstalter kann dem Eintritt des Dritten widersprechen, wenn dieser den besonderen Reiseerfordernissen nicht gen&uuml;gt oder seiner Teilnahme gesetzliche Vorschriften oder beh&ouml;rdliche Anordnungen entgegenstehen. </p>
<p align="justify">(2) Tritt ein Dritter in den Vertrag ein, so haften er und der Reisende dem Reiseveranstalter als Gesamtschuldner f&uuml;r den Reisepreis und die durch den Eintritt des Dritten entstehenden Mehrkosten. </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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