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<title>Bundesgerichtshof zur &Uuml;berpr&uuml;fung von Preisen f&uuml;r die Durchleitung elektrischer Energie durch fremde Stromnetze</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 144 vom 18.10.05">
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<meta name="LfdNr" content="144">
<meta name="Jahr" content="2005">
<meta name="Senat" content="Kartellsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="KZR 36/04">
<meta name="Datum" content="18.10.05">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 144/2005 </p>
<p><div align="center"><b><font size="+2">Bundesgerichtshof zur &Uuml;berpr&uuml;fung von Preisen f&uuml;r die </font></b></div></p>
<p><div align="center"><b><font size="+2"> Durchleitung elektrischer Energie durch fremde Stromnetze </font></b></div></p>
<p align="justify">Ein Stromversorgungsunternehmen, das das Netz eines anderen zur Durchleitung elektrischer Energie nutzt, kann eine zivilgerichtliche &Uuml;berpr&uuml;fung der H&ouml;he des vertraglich vereinbarten Netznutzungsentgelts am Ma&szlig;stab &quot;guter fachlicher Praxis&quot; (&sect; 6 Abs. 1 EnWG) verlangen, wenn sich dieses Entgelt nach der vertraglichen Vereinbarung nach den jeweils aktuellen Preisen des Netzbetreibers richten soll. Dies hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs heute entschieden. </p>
<p align="justify">In dem entschiedenen Fall hatte das klagende Stromversorgungsunternehmen, das bundesweit Strom anbietet, aber &uuml;ber kein eigenes Netz verf&uuml;gt, mit dem Betreiber des Stromnetzes in der Stadt Mannheim einen Rahmenvertrag &uuml;ber die Nutzung dieses Stromnetzes geschlossen. Darin war vorgesehen, dass sich das Durchleitungsentgelt nach dem jeweils geltenden Preisblatt des Netzbetreibers bestimmt. Das Stromversorgungsunternehmen hatte sich bei Vertragsschluss vorbehalten, „die … in Rechnung gestellten Entgelte im ganzen und in ihren einzelnen Bestandteilen energie- und kartellrechtlich &uuml;berpr&uuml;fen zu lassen“. </p>
<p align="justify">Das Landgericht Mannheim hat die mit dem Ziel einer solchen &Uuml;berpr&uuml;fung erhobene Klage abgewiesen. Die Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Voraussetzungen f&uuml;r eine &Uuml;berpr&uuml;fung der H&ouml;he der Netznutzungsentgelte am Ma&szlig;stab &quot;billigen Ermessens&quot; (&sect; 315 Abs. 3 BGB) oder auf der Grundlage der einschl&auml;gigen energiewirtschafts- und kartellrechtlichen Normen (&sect; 6 Abs. 1 EnWG a.F.; &sect; 19 Abs. 4, &sect; 20 Abs. 1 GWB) l&auml;gen nicht vor. </p>
<p align="justify">Dem ist der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs nicht gefolgt. Er sieht in der vertraglich vorgesehenen dynamischen Verweisung auf die jeweils geltenden Preisbl&auml;tter des Netzbetreibers ein einseitiges Preisbestimmungsrecht im Sinne des &sect; 315 Abs. 1 BGB. Seine Aus&uuml;bung ist gem&auml;&szlig; &sect;&nbsp;315 Abs. 3 BGB daraufhin zu &uuml;berpr&uuml;fen, ob sie billigem Ermessen entspricht. Der Anwendung des &sect; 315 Abs. 1 BGB steht nicht entgegen, dass &sect;&nbsp;6 Abs. 1 EnWG (i.d.F. vom 26.8.1998 bzw. vom 20.5.2003) die Bedingungen der Netz&uuml;berlassung gesetzlich festlegt. Durch den vom Energiewirtschaftsgesetz vorgesehenen Ma&szlig;stab &quot;guter fachlicher Praxis&quot; wird der allgemeine Ma&szlig;stab des &quot;billigen Ermessens&quot; vielmehr konkretisiert. Eine gute fachliche Praxis soll dabei auch der Gew&auml;hrleistung wirksamen Wettbewerbs dienen (&sect; 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG a.F.) und muss sich an diesem Ziel messen lassen. </p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass dem Netzbetreiber die Darlegungslast f&uuml;r die Billigkeit seiner Preisbestimmung obliegt. Daran &auml;ndert auch der Umstand nichts, dass die Tarife des beklagten Netzbetreibers von der f&uuml;r die Preisgenehmigung nach &sect;&nbsp;12 BTOElt zust&auml;ndigen Beh&ouml;rde nicht beanstandet worden sind. Die &ouml;ffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschr&auml;nkt sich auf das Verh&auml;ltnis der Beh&ouml;rde zum Genehmigungsempf&auml;nger und ist f&uuml;r die privatrechtliche &Uuml;berpr&uuml;fung eines einseitig festgesetzten Entgelts am Ma&szlig;stab des &sect; 315 Abs. 3 BGB nicht vorgreiflich. </p>
<p align="justify">Um dem beklagten Netzbetreiber Gelegenheit zu geben, zur Angemessenheit seiner Tarife vorzutragen, hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Aufkl&auml;rung an das Berufungsgericht zur&uuml;ckverwiesen. Der Bundesgerichtshof tritt dabei der Auffassung entgegen, bei Beachtung der Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur Verb&auml;ndevereinbarung Strom II plus k&ouml;nne auch f&uuml;r die Zeit nach dem 31. Dezember 2003 die Erf&uuml;llung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet werden. Eine solche Vermutung sieht &sect; 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a. F. nur f&uuml;r den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2003 vor. Die Erw&auml;gung, der Gesetzgeber habe f&uuml;r eine &Uuml;bergangszeit Rechtssicherheit schaffen wollen, verbietet es, die Vermutungswirkung entgegen dem Wortlaut des Gesetzes &uuml;ber das Jahr 2003 hinaus auszudehnen. </p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof best&auml;tigt ferner seine Rechtsprechung, dass die Vermutung der Einhaltung guter fachlicher Praxis auch f&uuml;r ihren zeitlichen Geltungsbereich den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des &sect; 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB oder eine Diskriminierung gem&auml;&szlig; &sect; 20 Abs. 1 GWB nicht ausschlie&szlig;t. Die kartellrechtliche Pr&uuml;fung ist vielmehr von der energiewirtschaftsrechtlichen grunds&auml;tzlich unabh&auml;ngig. </p>
<p align="justify">Urteil vom 18. Oktober 2005 – KZR 36/04 </p>
<p align="justify">LG Mannheim – Entscheidung vom 30.12.2003 – 22 O 64/02 (Kart) ./. Oberlandesgericht Karlsruhe – Entscheidung vom 27.10.2004 – 6 U 22/04 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 18. Oktober 2005 </p>
<p align="justify">&sect; 315 BGB hat folgenden Inhalt: </p>
<p align="justify">Bestimmung der Leistung durch eine Partei </p>
<p align="justify">Soll die Leistung durch einen der Vertragsschlie&szlig;enden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. </p>
<p align="justify">Die Bestimmung erfolgt durch Erkl&auml;rung gegen&uuml;ber dem anderen Teil. </p>
<p align="justify">Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung f&uuml;r den anderen Teil nur dann verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verz&ouml;gert wird. </p>
<p align="justify">&sect; 6 Abs. 1 EnWG a. F. hat folgenden Inhalt: </p>
<p align="justify">1Betreiber von Elektrizit&auml;tsversorgungsnetzen haben anderen Unternehmen das Versorgungsnetz f&uuml;r Durchleitungen zu Bedingungen zur Verf&uuml;gung zu stellen, die guter fachlicher Praxis entsprechen und nicht ung&uuml;nstiger sind, als sie von ihnen in vergleichbaren F&auml;llen f&uuml;r Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegen&uuml;ber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tats&auml;chlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden. 2Dies gilt nicht, soweit der Betreiber nachweist, dass ihm die Durchleitung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gr&uuml;nden unter Ber&uuml;cksichtigung der Ziele des &sect; 1 nicht m&ouml;glich oder nicht zumutbar ist. 3Die Ablehnung ist schriftlich zu begr&uuml;nden. 4Die Bedingungen guter fachlicher Praxis im Sinne des Satzes 1 dienen der Erreichung der Ziele des &sect; 1 und der Gew&auml;hrleistung wirksamen Wettbewerbs. 5Bei Einhaltung der Verb&auml;ndevereinbarung &uuml;ber Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten f&uuml;r elektrische Energie und &uuml;ber Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 (BAnz. Nr. 85 b vom 8. Mai 2002) wird bis zum 31. Dezember 2003 die Erf&uuml;llung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet, es sei denn, dass die Anwendung der Vereinbarung insgesamt oder die Anwendung einzelner Regelungen der Vereinbarung nicht geeignet ist, wirksamen Wettbewerb zu gew&auml;hrleisten. 6&sect; 19 Abs. 4 und &sect; 20 Abs. 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschr&auml;nkungen bleibt unber&uuml;hrt. </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshof <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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