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<title>Verhandlungstermin am 28. September 2018, um 9.45 Uhr, in Sachen V ZR 143/17 (Trompetenspiel in einem Reihenhaus) </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 128 vom 31.07.18">
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<meta name="LfdNr" content="128">
<meta name="Jahr" content="2018">
<meta name="Senat" content="V. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="V ZR 143/17">
<meta name="Datum" content="31.07.18">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 128/2018 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Verhandlungstermin am 28. September 2018, um 9.45 Uhr, in Sachen V ZR 143/17 (Trompetenspiel in einem Reihenhaus) </b></font></div></p>
<p align="justify">Der unter anderem f&uuml;r das Nachbarrecht zust&auml;ndige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt &uuml;ber ein Verfahren, in dem die klagenden Bewohner eines Reihenhauses erreichen wollen, dass sie das als L&auml;rmbel&auml;stigung empfundene Trompetenspiel aus dem benachbarten Reihenhaus nicht mehr h&ouml;ren. </p>
<p align="justify"><b>Sachverhalt: </b></p>
<p align="justify">Der Kl&auml;ger und die Kl&auml;gerin bewohnen als Nie&szlig;braucher ein Reihenhaus in einem Wohngebiet. Die Beklagten sind Eigent&uuml;mer und Bewohner des benachbarten Reihenhauses. Der Beklagte ist Berufsmusiker (Trompeter). Er &uuml;bt im Erdgeschoss und in einem Probenraum im Dachgeschoss Trompete, nach eigenen Angaben maximal 180 Minuten am Tag und regelm&auml;&szlig;ig nicht mehr als an zwei Tagen pro Woche unter Ber&uuml;cksichtigung der Mittags- und Nachtruhe. Zudem unterrichtet er zwei Stunden w&ouml;chentlich externe Sch&uuml;ler. Die Beklagte spielt nicht Trompete. </p>
<p align="justify"><b>Bisheriger Prozessverlauf: </b></p>
<p align="justify">Die Kl&auml;ger verlangen von beiden Beklagten das Ergreifen geeigneter Ma&szlig;nahmen, damit das Spielen von Musikinstrumenten auf dem Anwesen der Kl&auml;ger nicht wahrgenommen werden kann. Diesem Antrag hat das Amtsgericht stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil ge&auml;ndert und die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, </p>
<p align="justify">- die Erteilung von Musikunterricht an Dritte insgesamt zu unterlassen </p>
<p align="justify">- es zu unterlassen, in dem Anwesen der Beklagten Instrumentalmusik zu spielen; davon ausgenommen ist nur das Dachgeschoss. Dort darf f&uuml;r maximal zehn Stunden pro Woche werktags zwischen 10 und 12 Uhr und 15 und 19 Uhr musiziert werden, und der Beklagte darf an maximal acht Samstagen oder Sonntagen im Jahr zwischen 15 und 18 Uhr jeweils maximal eine Stunde Trompete &uuml;ben. </p>
<p align="justify">Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision wollen die Beklagten erreichen, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird; die Kl&auml;ger wollen im Wege der Anschlussrevision das Urteil des Amtsgerichts wiederherstellen lassen. </p>
<p align="justify">Das Landgericht st&uuml;tzt die Verurteilung der Beklagten auf &sect;&sect; 1065, 1004 i.V.m. &sect; 906 BGB. Ob die Kl&auml;ger wesentlich in der Benutzung ihres Hauses beeintr&auml;chtigt w&uuml;rden und deshalb Unterlassung verlangen k&ouml;nnten, richte sich nach dem Empfinden eines normalen Durchschnittsmenschen. Ein richterlicher Ortstermin habe ergeben, dass die Trompete, sofern sie im Dachgeschoss der Beklagten gespielt werde, von einem Durchschnittsmenschen mit gutem Geh&ouml;r im Wohnzimmer der Kl&auml;ger nicht und in deren Dachgeschoss nur leise zu h&ouml;ren sei. Erfolge das Trompetenspiel dagegen im Wohnzimmer der Beklagten, h&ouml;re man es im benachbarten kl&auml;gerischen Wohnzimmer in schwacher Zimmerlautst&auml;rke. Das Musizieren mit der Trompete k&ouml;nne nicht generell verboten werden, da es eine orts&uuml;bliche Nutzung des Hauseigentums darstelle. Nachdem aber das Trompetenspiel im Schlafzimmer der Kl&auml;ger – wenn auch leise - zu h&ouml;ren sei, m&uuml;sse die Spieldauer im Dachgeschoss auf zehn Stunden w&ouml;chentlich beschr&auml;nkt werden. &Uuml;ber diese Zeitspanne hinaus sei das Mith&ouml;ren nicht selbst gew&auml;hlter Trompetenmusik nicht zumutbar. Die begrenzten Ausnahmen an Wochenenden tr&uuml;gen dem Umstand Rechnung, dass der Beklagte vor bestimmten schwierigen Konzerten an Sonn- oder Montagen zus&auml;tzlichen &Uuml;bungsbedarf habe. </p>
<p align="justify">Die Beklagten verweisen mit ihrer Revision auf andere Gerichtsurteile, in denen das h&auml;usliche Musizieren in weitergehendem Umfang und zu ausgedehnteren Tageszeiten als zul&auml;ssig angesehen worden ist. Keinesfalls sei es zul&auml;ssig, &quot;den Musiker in den Dachboden zu sperren&quot;, indem ihm das Musizieren nur dort gestattet werde; dies sei mit dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Pers&ouml;nlichkeit unvereinbar. </p>
<p align="justify">Die Kl&auml;ger machen mit der Anschlussrevision unter anderem geltend, zu einer Duldung des besonders ger&auml;uschintensiven Trompetenspiels nicht verpflichtet zu sein; der Kl&auml;ger werde hierdurch auch deshalb besonders belastet, weil er einen Geh&ouml;rsturz erlitten habe. Es gehe nicht um sozialad&auml;quate Hausmusik, da der Beklagte als Berufsmusiker intensiv Trompete &uuml;be und zudem Unterricht erteile. Auch ein in Zimmerlautst&auml;rke zu vernehmendes Trompetenspiel stelle bei einer Dauer von durchschnittlich drei Stunden eine nicht hinzunehmende Bel&auml;stigung dar. </p>
<p align="justify"><b>Vorinstanzen: </b></p>
<p align="justify">AG Augsburg – Urteil vom 11. Dezember 2015 – 82 C 3280/15 </p>
<p align="justify">LG Augsburg – Urteil vom 13. April 2017 – 72 S 4608/15 </p>
<p align="justify"><b>Die ma&szlig;geblichen Vorschriften lauten: </b></p>
<p align="justify"><b>&sect; 1065 Beeintr&auml;chtigung des Nie&szlig;brauchsrechts </b></p>
<p align="justify">Wird das Recht des Nie&szlig;brauchers beeintr&auml;chtigt, so finden auf die Anspr&uuml;che des Nie&szlig;brauchers die f&uuml;r die Anspr&uuml;che aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. </p>
<p align="justify"><b>&sect; 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch </b></p>
<p align="justify">(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeintr&auml;chtigt, so kann der Eigent&uuml;mer von dem St&ouml;rer die Beseitigung der Beeintr&auml;chtigung verlangen. Sind weitere Beeintr&auml;chtigungen zu besorgen, so kann der Eigent&uuml;mer auf Unterlassung klagen. </p>
<p align="justify">(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigent&uuml;mer zur Duldung verpflichtet ist. </p>
<p align="justify"><b>&sect; 906 BGB Zuf&uuml;hrung unw&auml;gbarer Stoffe </b></p>
<p align="justify">(1) Der Eigent&uuml;mer eines Grundst&uuml;cks kann die Zuf&uuml;hrung von Gasen, D&auml;mpfen, Ger&uuml;chen, Rauch, Ru&szlig;, W&auml;rme, Ger&auml;usch, Ersch&uuml;tterungen und &auml;hnliche von einem anderen Grundst&uuml;ck ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundst&uuml;cks nicht oder nur unwesentlich beeintr&auml;chtigt. (…) </p>
<p align="justify">(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeintr&auml;chtigung durch eine orts&uuml;bliche Benutzung des anderen Grundst&uuml;cks herbeigef&uuml;hrt wird und nicht durch Ma&szlig;nahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. (…) </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 31. Juli 2018 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
</body>
</html>