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<title>Bundesgerichtshof zum Ersatz der Mehrkosten wegen eines an Stelle des gebuchten in Eigenregie durchgef&uuml;hrten Ersatzflugs </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 111 vom 03.07.18">
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<meta name="LfdNr" content="111">
<meta name="Jahr" content="2018">
<meta name="Senat" content="X. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="X ZR 96/17">
<meta name="Datum" content="03.07.18">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 111/2018 </p>
<p align="justify"><font size="+2"><b>Bundesgerichtshof zum Ersatz der Mehrkosten wegen eines an Stelle des gebuchten in Eigenregie durchgef&uuml;hrten Ersatzflugs </b></font></p>
<p align="justify"><b>Urteil vom 3. Juli 2018 – X ZR 96/17 </b></p>
<p align="justify">Die Kl&auml;gerin verlangt von der beklagten Reiseveranstalterin Ersatz der Mehrkosten f&uuml;r einen Ersatzflug, den sie nach der Verschiebung des urspr&uuml;nglich vorgesehenen Flugs in Eigenregie gebucht hat. </p>
<p align="justify"><b>Sachverhalt</b>: </p>
<p align="justify">Die Kl&auml;gerin buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin f&uuml;r sich, ihren Ehemann und ihre zwei Kinder f&uuml;r die Zeit vom 1. bis 7. Oktober 2014 eine Pauschalreise in die T&uuml;rkei zu einem Gesamtreisepreis von 4.874 €. </p>
<p align="justify">Der R&uuml;ckflug von Antalya nach Frankfurt war f&uuml;r den 7. Oktober 2014 um 20:05 Uhr vorgesehen. Am Abreisetag wurde der Kl&auml;gerin am Flughafen mitgeteilt, dass sich der R&uuml;ckflug aufgrund eines technischen Problems auf 22:40 Uhr verschiebt. Als neuer Zielort des R&uuml;ckflugs wurde K&ouml;ln angegeben; von dort wurde ein Bustransfer nach Frankfurt angeboten. Die Ankunftsversp&auml;tung betrug ca. 6,5 Stunden. </p>
<p align="justify">Die Kl&auml;gerin buchte daraufhin in Eigenregie und ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Beklagten bei einer anderen Fluggesellschaft einen Ersatzflug f&uuml;r denselben Abend nach Frankfurt. </p>
<p align="justify">Am 18. M&auml;rz 2015 meldete die Kl&auml;gerin ihre Ersatzanspr&uuml;che bei der Beklagten an. Sie begehrt Zahlung der durch den Ersatzflug entstandenen Mehrkosten in H&ouml;he von 1.235 €. </p>
<p align="justify"><b>Bisheriger Prozessverlauf: </b></p>
<p align="justify">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl&auml;gerin ist erfolglos geblieben. Das Landgericht hat es zwar als unsch&auml;dlich angesehen, dass die Kl&auml;gerin ihre Anspr&uuml;che erst nach Ablauf der einmonatigen Ausschlussfrist (&sect;&nbsp;651g BGB) geltend gemacht habe, weil die Beklagte insoweit ihrer Hinweispflicht nach &sect;&nbsp;6 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;7 der BGB-Informationsverordnung (im Folgenden BGB-InfoV) nicht gen&uuml;gt habe. Ersatz der Aufwendungen k&ouml;nne die Kl&auml;gerin gleichwohl nicht geltend machen, da sie die Beklagte weder zur Abhilfe aufgefordert noch eine Frist daf&uuml;r gesetzt habe. Der Reiseveranstalter habe auf diese Obliegenheiten nicht gesondert hinzuweisen. Ein Abhilfeverlangen und eine Fristsetzung seien auch nicht entbehrlich gewesen. Die Kl&auml;gerin habe die Beklagte vor der Selbstabhilfe telefonisch kontaktieren k&ouml;nnen und m&uuml;ssen. Besondere Umst&auml;nde, die sie von dieser Verpflichtung befreiten, l&auml;gen im Streitfall nicht vor. </p>
<p align="justify"><b>Entscheidung des Bundesgerichtshofs: </b></p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hat die Beklagte, die in der m&uuml;ndlichen Verhandlung nicht vertreten war, zur Zahlung des begehrten Ersatzbetrags verurteilt. Er hat offen gelassen, ob die Beklagte &uuml;ber den Wortlaut von &sect;&nbsp;6 Abs. 2 Nr.&nbsp;7 BGB-InfoV hinaus verpflichtet war, die Kl&auml;gerin darauf hinzuweisen, dass sie die Kosten eines von ihr selbst gebuchten R&uuml;ckflugs grunds&auml;tzlich nur dann ersetzt verlangen kann, wenn sie zuvor eine Frist zur Abhilfe gesetzt hat. </p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hat eine relevante Pflichtverletzung schon darin gesehen, dass die Beklagte die Kl&auml;gerin entgegen &sect;&nbsp;6 Abs. 2 Nr.&nbsp;7 BGB-InfoV nicht darauf hingewiesen hat, dass sie einen Mangel grunds&auml;tzlich anzeigen muss. Diese Pflichtverletzung hat zur Folge, dass sich die Beklagte gegen&uuml;ber dem geltend gemachten Ersatzanspruch weder auf das Fehlen einer Mangelanzeige noch auf das Unterbleiben einer Fristsetzung berufen darf. Die Frage, ob die Kl&auml;gerin unter den gegebenen Umst&auml;nden &uuml;berhaupt verpflichtet war, ein Abhilfeverlangen an die Beklagte zu richten, hatte der Bundesgerichtshof demgem&auml;&szlig; nicht zu entscheiden. </p>
<p align="justify">Weil die Beklagte in der m&uuml;ndlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof nicht vertreten war, erging die Entscheidung durch Vers&auml;umnisurteil. Die Beklagte kann dagegen noch einen Rechtsbehelf einlegen. Inhaltlich beruht die Entscheidung auf einer vollst&auml;ndigen rechtlichen Pr&uuml;fung. </p>
<p align="justify"><b>Vorinstanzen</b>: </p>
<p align="justify">AG K&ouml;ln – Urteil vom 14. M&auml;rz 2016 – 142 C 393/15 </p>
<p align="justify">LG K&ouml;ln – Urteil vom 1. August 2017 – 11 S 158/16 </p>
<p align="justify"><b>Die ma&szlig;geblichen Vorschriften (in der bis 30. Juni 2018 geltenden Fassung) lauten: </b></p>
<p align="justify">&sect; 651c Abs. 1 BGB </p>
<p align="justify">(1) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gew&ouml;hnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. </p>
<p align="justify">(2) Ist die Reise nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Reisende Abhilfe verlangen. Der Reiseveranstalter kann die Abhilfe verweigern, wenn sie einen unverh&auml;ltnism&auml;&szlig;igen Aufwand erfordert. </p>
<p align="justify">(3) Leistet der Reiseveranstalter nicht innerhalb einer vom Reisenden bestimmten angemessenen Frist Abhilfe, so kann der Reisende selbst Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Abhilfe von dem Reiseveranstalter verweigert wird oder wenn die sofortige Abhilfe durch ein besonderes Interesse des Reisenden geboten wird. </p>
<p align="justify">&sect; 651g BGB </p>
<p align="justify">(1) Anspr&uuml;che nach den &sect;&sect; 651c bis 651f hat der Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegen&uuml;ber dem Reiseveranstalter geltend zu machen. &sect; 174 ist nicht anzuwenden. Nach Ablauf der Frist kann der Reisende Anspr&uuml;che nur geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist. </p>
<p align="justify">(…) </p>
<p align="justify">&sect; 6 BGB-InfoV </p>
<p align="justify">(1) Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden bei oder unverz&uuml;glich nach Vertragsschluss eine Urkunde &uuml;ber den Reisevertrag (Reisebest&auml;tigung) auszuh&auml;ndigen. </p>
<p align="justify">(2) Die Reisebest&auml;tigung muss, sofern nach der Art der Reise von Bedeutung, au&szlig;er den in &sect; 4 Abs. 1 genannten Angaben &uuml;ber Reisepreis und Zahlungsmodalit&auml;ten sowie &uuml;ber die Merkmale der Reise nach &sect; 4 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4, 5 und 7 folgende Angaben enthalten: </p>
<p align="justify">(…) </p>
<p align="justify">7. &uuml;ber die Obliegenheit des Reisenden, dem Reiseveranstalter einen aufgetretenen Mangel anzuzeigen, sowie dar&uuml;ber, dass vor der K&uuml;ndigung des Reisevertrags (&sect; 651e des B&uuml;rgerlichen Gesetzbuchs) dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist zur Abhilfeleistung zu setzen ist, wenn nicht die Abhilfe unm&ouml;glich ist oder vom Reiseveranstalter verweigert wird oder wenn die sofortige K&uuml;ndigung des Vertrags durch ein besonderes Interesse des Reisenden gerechtfertigt wird, </p>
<p align="justify">(…) </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 3. Juli 2018 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
</body>
</html>