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<title>Bundesgerichtshof entscheidet &uuml;ber die Zul&auml;ssigkeit pers&ouml;nlichkeitsrechtsverletzender Sucherg&auml;nzungsvorschl&auml;ge bei &quot;Google&quot; </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 087 vom 14.05.13">
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<meta name="LfdNr" content="087">
<meta name="Jahr" content="2013">
<meta name="Senat" content="VI. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="VI ZR 269/12">
<meta name="Datum" content="14.05.13">
<meta name="" content="14.06.13">
</head>
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 87/2013 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Bundesgerichtshof entscheidet &uuml;ber die </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Zul&auml;ssigkeit pers&ouml;nlichkeitsrechtsverletzender </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Sucherg&auml;nzungsvorschl&auml;ge bei &quot;Google&quot; </b></font></div></p>
<p align="justify">Die Kl&auml;gerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet Nahrungserg&auml;nzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kl&auml;ger zu 2, ihr Gr&uuml;nder und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse &quot;www.google.de&quot; eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentsch&auml;digungsanspr&uuml;che geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten k&ouml;nnen Nutzer &uuml;ber eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine &quot;Autocomplete&quot;-Funktion in ihre Suchmaschine integriert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer w&auml;hrend der Eingabe seiner Suchbegriffe in einem sich daraufhin &ouml;ffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschl&auml;ge (&quot;predictions&quot;) in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Sucherg&auml;nzungsfunktion angezeigten Suchvorschl&auml;ge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht. </p>
<p align="justify">Der Kl&auml;ger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der &quot;Autocomplete&quot;-Funktion &ouml;ffnenden Fenster als Suchvorschl&auml;ge die Wortkombinationen &quot;R.S. (voller Name) Scientology&quot; und &quot;R.S. (voller Name) Betrug&quot; erschienen. Dadurch sehen sich die Kl&auml;ger in ihrem Pers&ouml;nlichkeitsrecht und gesch&auml;ftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kl&auml;ger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kl&auml;ger und &quot;Scientology&quot; bzw. &quot;Betrug&quot; ersichtlich. </p>
<p align="justify">Die Kl&auml;ger verlangen von der Beklagten, es zu unterlassen, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Kl&auml;gers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der &quot;Autocomplete&quot;-Funktion die erg&auml;nzenden Kombinationsbegriffe &quot;Scientology&quot; und &quot;Betrug&quot; vorzuschlagen. Dar&uuml;ber hinaus begehren sie Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kl&auml;ger zu 2 zus&auml;tzlich die Zahlung einer Geldentsch&auml;digung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kl&auml;ger hat das Oberlandesgericht zur&uuml;ckgewiesen. </p>
<p align="justify">Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kl&auml;ger hatte Erfolg. Der u. a. f&uuml;r Pers&ouml;nlichkeitsrechtsverletzungen zust&auml;ndige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zur&uuml;ckverwiesen. </p>
<p align="justify">Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kl&auml;ger entsprechend &sect;&sect; 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint. </p>
<p align="justify">Die Suchworterg&auml;nzungsvorschl&auml;ge &quot;Scientology&quot; und &quot;Betrug&quot; bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Kl&auml;gers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten beinhalten eine Beeintr&auml;chtigung des Pers&ouml;nlichkeitsrechts der Kl&auml;ger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohnt, zwischen dem Kl&auml;ger zu 2 und den negativ belegten Begriffen &quot;Scientology&quot; und/oder &quot;Betrug&quot; besteht ein sachlicher Zusammenhang. </p>
<p align="justify">Die Kl&auml;ger w&uuml;rden hierdurch in ihrem Pers&ouml;nlichkeitsrecht verletzt, wenn diese Aussage – wie sie vorgetragen haben – unwahr w&auml;re und deshalb in der Abw&auml;gung ihrer grundrechtlich gesch&uuml;tzten Position gegen&uuml;ber derjenigen der Beklagten das &Uuml;bergewicht zuk&auml;me. </p>
<p align="justify">Diese Beeintr&auml;chtigung des Pers&ouml;nlichkeitsrechts der Kl&auml;ger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschl&auml;ge unterbreitet. </p>
<p align="justify">Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte f&uuml;r jede Pers&ouml;nlichkeitsrechtsbeeintr&auml;chtigung durch Suchvorschl&auml;ge haftet. Der Beklagten ist n&auml;mlich nicht vorzuwerfen, dass sie eine Suchvorschl&auml;ge erarbeitende Software entwickelt und verwendet hat, sondern lediglich, dass sie keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschl&auml;ge Rechte Dritter verletzen. </p>
<p align="justify">Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchworterg&auml;nzungsfunktion auf Unterlassung der Erg&auml;nzung pers&ouml;nlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Pr&uuml;fpflichten voraus. Der Betreiber einer Suchmaschine ist regelm&auml;&szlig;ig nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Sucherg&auml;nzungsvorschl&auml;ge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu &uuml;berpr&uuml;fen. Der Betreiber ist grunds&auml;tzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Pers&ouml;nlichkeitsrechts erlangt. </p>
<p align="justify">Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines Pers&ouml;nlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zuk&uuml;nftig derartige Verletzungen zu verhindern. </p>
<p align="justify">Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche W&uuml;rdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Pr&uuml;fungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gew&auml;hrenden - Anspruchs auf Geldentsch&auml;digung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben. </p>
<p align="justify"><b>Urteil vom 14. Mai 2013 – VI ZR 269/12 </b></p>
<p align="justify">LG K&ouml;ln - Urteil vom 19. Oktober 2011 - 28 O 116/11 </p>
<p align="justify">OLG K&ouml;ln - Urteil vom 10. Mai 2012 - 15 U 199/11 </p>
<p align="justify">abgedruckt in GRUR-RR 2012, 486 und ZUM 2012, 987 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 14. Mai 2013 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
</body>
</html>