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<title>Ausgleichszahlung f&uuml;r verpassten Anschlussflug</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 083 vom 07.05.13">
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<meta name="LfdNr" content="083">
<meta name="Jahr" content="2013">
<meta name="Senat" content="X. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="X ZR 127/11">
<meta name="Datum" content="07.05.13">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 83/2013 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Ausgleichszahlung f&uuml;r verpassten Anschlussflug </b></font></div></p>
<p align="justify">Die Kl&auml;gerin nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht eines Mitreisenden auf eine Ausgleichszahlung in H&ouml;he von jeweils 600 € nach der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) in Anspruch. </p>
<p align="justify">Die Reisenden buchten bei der beklagten Iberia S.A. f&uuml;r den 20.&nbsp;Januar 2010 eine Flugreise von Berlin-Tegel &uuml;ber Madrid nach San Jos&eacute; (Costa Rica). Der Start des von der Beklagten durchgef&uuml;hrten Fluges von Berlin nach Madrid erfolgte mit einer Versp&auml;tung von eineinhalb Stunden, was dazu f&uuml;hrte, dass die Reisenden den Anschlussflug nach San Jos&eacute; nicht mehr erreichten, weil der Einsteigevorgang bereits beendet war, als sie an dem betreffenden Ausgang ankamen. Sie wurden erst am folgenden Tag nach San Jos&eacute; bef&ouml;rdert. </p>
<p align="justify">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl&auml;gerin ist erfolglos geblieben. Auf ihre Revision hat der Bundesgerichtshof die Beklagte nunmehr antragsgem&auml;&szlig; zur Zahlung verurteilt. </p>
<p align="justify">Zwar haben die Vorinstanzen zu Recht angenommen, dass der Beklagten die von der Kl&auml;gerin geltend gemachte Bef&ouml;rderungsverweigerung (&quot;Nichtbef&ouml;rderung&quot; nach Art. 4 der Fluggastrechteverordnung*) nicht zur Last f&auml;llt, weil der Einsteigevorgang (Boarding) bereits beendet war, als die Reisenden den Ausgang erreichten. Die Klageforderung ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der gro&szlig;en Versp&auml;tung begr&uuml;ndet. </p>
<p align="justify">Wie der Gerichtshof der Europ&auml;ischen Union (EuGH) in dem Urteil &quot;Sturgeon&quot; vom 19.&nbsp;November 2009 auf die Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden und im Fall &quot;Nelson&quot; mit Urteil vom 23. Oktober 2012 best&auml;tigt hat, haben nicht nur, wie in Art. 5 der Verordnung** bestimmt, die Flugg&auml;ste annullierter Fl&uuml;ge, sondern auch die Flugg&auml;ste versp&auml;teter Fl&uuml;ge den in Art.&nbsp;7 der Verordnung*** vorgesehenen Ausgleichsanspruch, wenn sie infolge der Versp&auml;tung ihr Endziel erst drei Stunden nach der vorgesehenen Ankunftszeit oder noch sp&auml;ter erreichen. Nach dem EuGH-Urteil vom 23. Februar 2013 in der Sache &quot;Air France/Folkerts&quot; (in der die gleichfalls f&uuml;r den 7. Mai 2013 zur Verhandlung terminierte Revision [s. Pressemitteilung 80/2013] von Air France zur&uuml;ckgenommen worden ist) setzt dieser Anspruch nicht voraus, dass die versp&auml;tete Erreichung des Endziels darauf beruht, dass sich der Abflug des versp&auml;teten Flugs um die in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung**** genannten Zeiten verz&ouml;gert hat. Es gen&uuml;gt daher, dass der versp&auml;tete Abflug in Berlin daf&uuml;r urs&auml;chlich war, dass die Reisenden den Anschlussflug von Madrid nach San Jos&eacute; nicht mehr erreichen konnten und infolgedessen ihr Endziel erst mit eint&auml;giger Versp&auml;tung erreicht haben. </p>
<p align="justify">In einem solchen Fall ist, wie der f&uuml;r das Reise- und Personenbef&ouml;rderungsrecht zust&auml;ndige X. Zivilsenat klarstellt, unerheblich, ob der Anschlussflug selbst versp&auml;tet ist oder &uuml;berhaupt in den Anwendungsbereich der Verordnung f&auml;llt. Die Auffassung des beklagten Luftverkehrsunternehmens, der EuGH habe mit der Anerkennung eines Ausgleichsanspruchs f&uuml;r einen solchen Fall seine Kompetenzen &uuml;berschritten, teilt der X. Zivilsenat nicht. </p>
<p align="justify"><b>Urteil vom 7. Mai 2013 – X ZR 127/11 </b></p>
<p align="justify">LG Berlin – Urteil vom 20.&nbsp;September&nbsp;2011 – 85 S 113/11 </p>
<p align="justify">AG Wedding – Urteil vom 31.&nbsp;M&auml;rz&nbsp;2011 – 8a C 10/10 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 7. Mai 2013 </p>
<p align="justify"><b>*Art. 4 der Verordnung [Nichtbef&ouml;rderung] </b></p>
<p align="justify"><i>(3) Wird Flugg&auml;sten gegen ihren Willen die Bef&ouml;rderung verweigert, so erbringt das ausf&uuml;hrende Luftfahrtunternehmen diesen unverz&uuml;glich die Ausgleichsleistungen gem&auml;&szlig; Artikel 7 und die Unterst&uuml;tzungsleistungen gem&auml;&szlig; den Artikeln 8 und 9. </i></p>
<p align="justify"><b>**Art. 5 der Verordnung [Annullierung] </b></p>
<p align="justify"><i>(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Flugg&auml;sten … </i> </p>
<p align="justify"><i>c) vom ausf&uuml;hrenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gem&auml;&szlig; Artikel 7 einger&auml;umt … </i></p>
<p align="justify"><b>***Art. 7 der Verordnung [Ausgleichsanspruch] </b></p>
<p align="justify"><i>(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Flugg&auml;ste Ausgleichszahlungen in folgender H&ouml;he: … </i> </p>
<p align="justify"><i>c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a oder b fallenden Fl&uuml;gen. … </i></p>
<p align="justify"><b>****Art. 6 der Verordnung [Versp&auml;tung] </b></p>
<p align="justify"><i>(1) Ist f&uuml;r ein ausf&uuml;hrendes Luftfahrtunternehmen nach vern&uuml;nftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug </i></p>
<p align="justify"><i>a) bei allen Fl&uuml;gen &uuml;ber eine Entfernung von 1 500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr oder </i></p>
<p align="justify"><i>b) bei allen innergemeinschaftlichen Fl&uuml;gen &uuml;ber eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Fl&uuml;gen &uuml;ber eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km um drei Stunden oder mehr oder </i></p>
<p align="justify"><i>c) bei allen nicht unter Buchstabe a oder b fallenden Fl&uuml;gen um vier Stunden oder mehr </i></p>
<p align="justify"><i>gegen&uuml;ber der planm&auml;&szlig;igen Abflugzeit verz&ouml;gert, so werden den Flugg&auml;sten vom ausf&uuml;hrenden Luftfahrtunternehmen </i></p>
<p align="justify"><i>i) die Unterst&uuml;tzungsleistungen gem&auml;&szlig; Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 2 angeboten, </i></p>
<p align="justify"><i>ii) wenn die nach vern&uuml;nftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit erst am Tag nach der zuvor angek&uuml;ndigten Abflugzeit liegt, die Unterst&uuml;tzungsleistungen gem&auml;&szlig; Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b und c angeboten und, </i></p>
<p align="justify"><i>iii) wenn die Versp&auml;tung mindestens f&uuml;nf Stunden betr&auml;gt, die Unterst&uuml;tzungsleistungen gem&auml;&szlig; Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a angeboten. </i></p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
</body>
</html>