You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.
 
 

36 lines
4.3 KiB

<!doctype html public "-//W3C//DTD HTML 4.0 //EN">
<html>
<head>
<title>Ist der Vertragsarzt Amtstr&auml;ger?</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
<meta name="generator" content="PMzuHTML v2">
<meta name="subject" content="Nr. 076 vom 05.05.11">
<meta name="" content="">
<meta name="LfdNr" content="076">
<meta name="Jahr" content="2011">
<meta name="Senat" content="3. Strafsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="3 StR 458/10">
<meta name="Datum" content="05.05.11">
<meta name="" content="05.05.11">
</head>
<body text="#000000" bgcolor="#FFFFFF" link="#FF0000" alink="#FF0000" vlink="#FF0000">
<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 76/2011 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Ist der Vertragsarzt Amtstr&auml;ger? </b></font></div></p>
<p align="justify">Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Frage dem Gro&szlig;en Senat f&uuml;r Strafsachen vorgelegt, der nach &sect; 132 Abs. 4 GVG f&uuml;r die Beantwortung grunds&auml;tzlicher Rechtsfragen u. a. dann zust&auml;ndig ist, wenn dies zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist. Das zugrunde liegende Revisionsverfahren betrifft die Strafbarkeit von Beteiligten am sog. Pharmamarketing. </p>
<p align="justify">Die Staatsanwaltschaft Verden (Aller) hatte gegen den Gesch&auml;ftsf&uuml;hrer eines Unternehmens ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechung bzw. der Bestechung im gesch&auml;ftlichen Verkehr gef&uuml;hrt. Das Unternehmen vertreibt Ger&auml;te, die zur elektromedizinischen Reizstromtherapie bestimmt sind. Nach Einstellung dieses Ermittlungsverfahrens, hat die Staatsanwaltschaft in einem selbstst&auml;ndigen Verfallsverfahren beantragt, gegen das Unternehmen Wertersatz in H&ouml;he von 350.225 Euro f&uuml;r verfallen zu erkl&auml;ren. </p>
<p align="justify">Das Landgericht Stade hat diesen Antrag als unzul&auml;ssig verworfen. Nach seinen Feststellungen schloss das Unternehmen mit der AOK N. Vertr&auml;ge &uuml;ber die Abgabe der Reizstromtherapieger&auml;te an Patienten zur h&auml;uslichen Eigenanwendung. Es stellte zudem niedergelassenen &Auml;rzten hochwertige Apparaturen f&uuml;r deren Praxis zur Verf&uuml;gung und erlie&szlig; das hierf&uuml;r zu zahlende Entgelt vollst&auml;ndig oder teilweise, wenn der Arzt Verordnungen &uuml;ber den Bezug eines Reizstromtherapieger&auml;ts ausstellte und diese dem Unternehmen zukommen lie&szlig;. Zwischen September 2004 und November 2008 gingen dem Unternehmen mehr als 70.000 Verordnungen zu. Es rechnete seine Leistungen sodann auch gegen&uuml;ber der AOK N. ab. </p>
<p align="justify">Das Landgericht hat diesen Sachverhalt rechtlich dahin gew&uuml;rdigt, dass weder die Voraussetzungen einer Bestechung im gesch&auml;ftlichen Verkehr nach &sect; 299 Abs.&nbsp;2 StGB noch diejenigen einer Vorteilsgew&auml;hrung nach &sect; 333 StGB oder Bestechung nach &sect; 334 StGB gegeben seien. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision. </p>
<p align="justify">F&uuml;r die Entscheidung erheblich ist danach vorrangig, ob ein niedergelassener Vertragsarzt bei der Behandlung gesetzlich Versicherter - hier: Verordnung von Hilfsmitteln - als Amtstr&auml;ger nach &sect; 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB anzusehen ist mit der Folge, dass die Beteiligten ein Amtsdelikt (Vorteilsannahme bzw. -gew&auml;hrung, Bestechlichkeit bzw. Bestechung, &sect;&sect; 331 ff. StGB) begehen k&ouml;nnen. Ist dies zu verneinen, h&auml;ngt der Ausgang der Revision davon ab, ob der Vertragsarzt Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des &sect; 299 StGB ist. Diese Fragen sind in der Literatur umstritten. H&ouml;chstrichterliche Entscheidungen hierzu sind bisher nicht ergangen. Ihre Beantwortung hat &uuml;ber den vorliegenden Einzelfall hinaus erhebliche Auswirkungen auf die Strafverfolgungspraxis im weit verbreiteten Bereich des sog. Pharmamarketing. </p>
<p align="justify">3 StR 458/10 - Beschluss vom 5. Mai 2011 </p>
<p align="justify">Landgericht Stade, Urteil vom 4. August 2010, 12 KLs 170 Js 18207/09 (19/09) </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 5. Mai 2011 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
</body>
</html>