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<title>Anwendung von &sect; 315 BGB auf Gaspreise</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 070 vom 13.06.07">
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<meta name="LfdNr" content="070">
<meta name="Jahr" content="2007">
<meta name="Senat" content="VIII. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="VIII ZR 36/06">
<meta name="Datum" content="13.06.07">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 70/2007 </p>
<p><div align="center"><b><font size="+2">Anwendung von &sect; 315 BGB auf Gaspreise </font></b></div></p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hatte dar&uuml;ber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen Gaspreiserh&ouml;hungen einer Billigkeitskontrolle nach &sect; 315 BGB unterliegen. </p>
<p align="justify">Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer von der Beklagten vorgenommenen Erh&ouml;hung der Gaspreise zum 1. Oktober 2004. Die Beklagte versorgt Endverbraucher im Bereich der Stadt Heilbronn mit Erdgas. Der Kl&auml;ger ist Tarifgaskunde. Am 30. September 2004 gab die Beklagte ihren Tarifkunden durch Ver&ouml;ffentlichung in der &quot;Heilbronner Stadtzeitung&quot; die Erh&ouml;hung der Gastarife bekannt. Der Arbeitspreis des Grundpreistarifs 3 des Kl&auml;gers wurde von netto 3,47 Cent/kWh auf netto 3,84 Cent/kWh erh&ouml;ht; der monatliche Grundpreis blieb unver&auml;ndert. Zur Begr&uuml;ndung f&uuml;hrte die Beklagte aus, dass &quot;aufgrund einer Kostensteigerung beim Bezug von Erdgas sich die Abgabepreise f&uuml;r Erdgas&quot; erh&ouml;hen. </p>
<p align="justify">Mit seiner Klage begehrte der Kl&auml;ger die Feststellung, dass die Gaspreiserh&ouml;hung durch die Beklagte zum 1. Oktober 2004 unbillig und daher unwirksam sei. Das Amtsgericht hat die Unbilligkeit der Preiserh&ouml;hung festgestellt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die Beklagte nur die gestiegenen Bezugspreise weitergegeben habe und die Preiserh&ouml;hung daher der Billigkeit entsprechen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebte der Kl&auml;ger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. </p>
<p align="justify">Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Kl&auml;gers zur&uuml;ckgewiesen. Er hat entschieden, dass &sect; 315 BGB auf die streitgegenst&auml;ndliche Preiserh&ouml;hung Anwendung findet und die vom Berufungsgericht gem&auml;&szlig; &sect; 315 BGB vorgenommene Billigkeits&uuml;berpr&uuml;fung keinen Fehler aufweist. Das den Gasversorgungsunternehmen gem&auml;&szlig; &sect; 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung &uuml;ber Allgemeine Bedingungen f&uuml;r die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (AVBGasV) einger&auml;umte Recht, die allgemeinen Tarife durch &ouml;ffentliche Bekanntmachung einseitig zu &auml;ndern, stellt ein gesetzliches Leistungs&auml;nderungsrecht dar, auf das &sect; 315 BGB Anwendung findet. Erfolgen solche Preiserh&ouml;hungen wegen gestiegener Bezugskosten, nimmt das Gasversorgungsunternehmen sein berechtigtes Interesse wahr, Kostensteigerungen w&auml;hrend der Vertragslaufzeit an die Kunden weiterzugeben. So verhielt es sich auch im vorliegenden Fall. Es konnte deshalb offen bleiben, ob eine Billigkeitskontrolle auch auf der Basis eines Vergleichs mit den Gaspreisen anderer Gasversorgungsunternehmen vorgenommen werden kann. </p>
<p align="justify">Eine &Uuml;berpr&uuml;fung der Billigkeit der von der Beklagten mit ihrer Lieferantin vereinbarten Bezugspreise, die der Kl&auml;ger wegen der so genannten &Ouml;lpreisbindung der Erdgaspreise beanstandet hatte, war im Rahmen der Billigkeits&uuml;berpr&uuml;fung der Tariferh&ouml;hung nicht vorzunehmen. </p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hatte nicht dar&uuml;ber zu entscheiden, ob die bereits vor der Preiserh&ouml;hung geforderten Tarife unbillig &uuml;berh&ouml;ht waren und die Beklagte eine etwaige Unbilligkeit im Rahmen der von ihr nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung &uuml;ber die Weitergabe der gestiegenen Bezugskosten h&auml;tte ber&uuml;cksichtigen m&uuml;ssen. Eine &Uuml;berpr&uuml;fung der vor der Preiserh&ouml;hung geltenden Tarife der Beklagten auf ihre Billigkeit kam nicht in Betracht, weil es sich um zwischen den Parteien vereinbarte Preise handelte. Dabei konnte dahingestellt bleiben, ob die vor der streitgegenst&auml;ndlichen Preiserh&ouml;hung vom 1. Oktober 2004 geltenden Tarife bereits bei Abschluss des Gaslieferungsvertrags zwischen den Parteien galten oder ihrerseits wiederum durch in der Vergangenheit erfolgte Preiserh&ouml;hungen gem&auml;&szlig; &sect; 4 Abs. 1, 2 AVBGasV zustande gekommen sind. </p>
<p align="justify">Handelte es sich bei den vor der streitgegenst&auml;ndlichen Preiserh&ouml;hung geltenden Tarifen um die bereits bei Abschluss des Versorgungsvertrages zwischen dem Kl&auml;ger und der Beklagten geltenden (Anfangs-)preise, unterlagen sie keiner Billigkeitskontrolle gem&auml;&szlig; &sect; 315 Abs. 3 BGB. &sect; 315 Abs. 3 BGB findet auf einen zwischen den Parteien eines Gaslieferungsvertrags vereinbarten Anfangspreis weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung. Die unmittelbare Anwendung des &sect; 315 Abs. 3 BGB kam nicht in Betracht, weil der bei Abschluss des Gaslieferungsvertrages bestehende Tarif mit Abschluss des Vertrages zum vereinbarten Preis geworden ist. </p>
<p align="justify">Auch eine entsprechende Anwendung des &sect; 315 Abs. 3 BGB auf den zwischen den Parteien vereinbarten Anfangspreis schied vorliegend aus. Der Bundesgerichtshof geht zwar in st&auml;ndiger Rechtsprechung davon aus, dass Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverh&auml;ltnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden m&uuml;ssen und einer Billigkeitskontrolle entsprechend &sect; 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind. Diese Rechtsprechung war hier indessen nicht einschl&auml;gig. Es fehlte an einer Monopolstellung der Beklagten als Grundlage einer entsprechenden Anwendung des &sect;&nbsp;315 BGB. Die Beklagte war im Jahr 2004 zwar einzige Anbieterin leitungsgebundener Gasversorgung im Versorgungsgebiet Heilbronn. Auf dem W&auml;rmemarkt stand und steht sie aber – wie alle Gasversorger - in einem (Substitutions-)Wettbewerb mit Anbietern konkurrierender Heizenergietr&auml;ger wie Heiz&ouml;l, Strom, Kohle und Fernw&auml;rme, zwischen denen Neukunden frei w&auml;hlen k&ouml;nnen. Der von diesem Konkurrenzverh&auml;ltnis ausgehende Wettbewerbsdruck, der den Preisgestaltungsspielraum der Gasanbieter begrenzt, kommt wegen der Einheitlichkeit der Versorgungstarife auch &quot;alten&quot; Tarifkunden wie dem Kl&auml;ger des vorliegenden Verfahrens zugute. </p>
<p align="justify">Handelte es sich dagegen bei den vor der streitgegenst&auml;ndlichen Preiserh&ouml;hung zum 1. Oktober 2004 geltenden Tarifen der Beklagten um Tarife, die in der Vergangenheit durch von der Beklagten gem&auml;&szlig; &sect; 4 Abs. 1, 2 AVBGasV vorgenommene Preiserh&ouml;hungen zustande gekommen waren, war &sect; 315 BGB auf diese Preiserh&ouml;hungen zwar zun&auml;chst unmittelbar anwendbar. Der Kl&auml;ger h&auml;tte diese – wie auch die streitgegenst&auml;ndliche Preiserh&ouml;hung – auf ihre Billigkeit &uuml;berpr&uuml;fen lassen k&ouml;nnen. Der Ber&uuml;cksichtigung der etwaigen Unbilligkeit vergangener Preiserh&ouml;hungen im Rahmen der &Uuml;berpr&uuml;fung der hier streitgegenst&auml;ndlichen Preiserh&ouml;hung zum 1. Oktober 2004 stand aber entgegen, dass der Kl&auml;ger die auf diesen Tarifen basierenden Jahresabrechnungen unbeanstandet hingenommen hatte. </p>
<p align="justify">Urteil vom 13. Juni 2007 – VIII ZR 36/06 </p>
<p align="justify">AG Heilbronn – Urteil vom 15. April 2005 – 15 C 4394/04 ./. LG Heilbronn - Urteil vom 19. Januar 2006 – 6 S 16/05 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 13. Juni 2007 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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