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<title>Widerruf von Fernabsatzvertr&auml;gen von Gesetzes wegen ohne R&uuml;cksicht auf die Beweggr&uuml;nde des Verbrauchers m&ouml;glich </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 057 vom 16.03.16">
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<meta name="LfdNr" content="057">
<meta name="Jahr" content="2016">
<meta name="Senat" content="VIII. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="VIII ZR 146/15">
<meta name="Datum" content="16.03.16">
<meta name="" content="16.03.16">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 57/2016 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Widerruf von Fernabsatzvertr&auml;gen von Gesetzes wegen </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>ohne R&uuml;cksicht auf die Beweggr&uuml;nde des </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Verbrauchers m&ouml;glich </b></font></div></p>
<p align="justify"><b>Urteil vom 16. M&auml;rz 2016 - VIII ZR 146/15 </b></p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hat sich heute mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Verbraucher unter dem Gesichtspunkt rechtsmissbr&auml;uchlichen Verhaltens am Widerruf eines Fernabsatzvertrages gehindert ist. </p>
<p align="justify">Der Kl&auml;ger hatte bei der Beklagten &uuml;ber das Internet zwei Matratzen bestellt, die im Januar 2014 ausgeliefert und vom Kl&auml;ger zun&auml;chst auch bezahlt worden waren. Unter Hinweis auf ein g&uuml;nstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine &quot;Tiefpreisgarantie&quot; des Verk&auml;ufers bat der Kl&auml;ger um Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe. Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kl&auml;ger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zur&uuml;ck. </p>
<p align="justify">Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kl&auml;ger sich rechtsmissbr&auml;uchlich verhalten habe und der Widerruf deshalb unwirksam sei. Denn das Widerrufsrecht beim Fernabsatzgesch&auml;ft bestehe, damit der Verbraucher die Ware pr&uuml;fen k&ouml;nne. Aus diesem Grund habe der Kl&auml;ger aber nicht widerrufen, sondern vielmehr um (unberechtigt) Forderungen aus der &quot;Tiefpreisgarantie&quot; durchzusetzen. </p>
<p align="justify">Die auf R&uuml;ckzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der unter anderem f&uuml;r das Kaufrecht zust&auml;ndige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Kl&auml;ger ein Anspruch auf R&uuml;ckzahlung des Kaufpreises zusteht, da er den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Kl&auml;ger darum ging, einen g&uuml;nstigeren Preis f&uuml;r die Matratzen zu erzielen. F&uuml;r die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags gen&uuml;gt allein, dass der Widerruf fristgerecht erkl&auml;rt wird. Die Vorschriften &uuml;ber den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur L&ouml;sung vom Vertrag geben. Einer Begr&uuml;ndung des Widerrufs bedarf es nach der ausdr&uuml;cklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grunds&auml;tzlich ohne Belang, aus welchen Gr&uuml;nden der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. </p>
<p align="justify">Ein Ausschluss dieses von keinen weiteren Voraussetzungen abh&auml;ngenden Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbr&auml;uchlichen Verhaltens des Verbrauchers kommt nur in Ausnahmef&auml;llen in Betracht, in denen der Unternehmer besonders schutzbed&uuml;rftig ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt, etwa indem er eine Sch&auml;digung des Verk&auml;ufers beabsichtigt oder schikan&ouml;s handelt. Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Dass der Kl&auml;ger Preise verglichen und der Beklagten angeboten hat, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stellt kein rechtsmissbr&auml;uchliches Verhalten dar. Das ist vielmehr Folge der sich aus dem grunds&auml;tzlich einschr&auml;nkungslos gew&auml;hrten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, die der Verbraucher zu seinem Vorteil nutzen darf. </p>
<p align="justify"><b>Vorinstanzen: </b> </p>
<p align="justify">AG Rottweil – Urteil vom 30. Oktober 2014 (1 C 194/14) </p>
<p align="justify">LG Rottweil – Urteil vom 10. Juni 2015 (1 S 124/14) </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 16. M&auml;rz 2016 </p>
<p align="justify"><b>&sect; 312b BGB aF Fernabsatzvertr&auml;ge </b></p>
<p align="justify">(1) Fernabsatzvertr&auml;ge sind Vertr&auml;ge &uuml;ber die Leistung von Waren oder &uuml;ber die Erbringung von Dienstleistungen, einschlie&szlig;lich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschlie&szlig;licher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines f&uuml;r den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. […] </p>
<p align="justify">(2) Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige k&ouml;rperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden k&ouml;nnen, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste. </p>
<p align="justify">[…] </p>
<p align="justify"><b>&sect; 312d BGB aF Widerrufs- und R&uuml;ckgaberecht bei Fernabsatzvertr&auml;gen </b></p>
<p align="justify">(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach &sect; 355 zu. […] </p>
<p align="justify">(2) Die Widerrufsfrist beginnt abweichend von &sect; 355 Abs. 3 Satz 1 nicht vor Erf&uuml;llung der Informationspflichten gem&auml;&szlig; Artikel 246 &sect; 2 in Verbindung mit &sect; 1 Abs. 1 und 2 des Einf&uuml;hrungsgesetzes zum B&uuml;rgerlichen Gesetzbuche, bei der Lieferung von Waren nicht vor deren Eingang beim Empf&auml;nger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor Vertragsschluss. </p>
<p align="justify">[…] </p>
<p align="justify"><b>&sect; 355 BGB aF Widerrufsrecht bei Verbrauchervertr&auml;gen </b></p>
<p align="justify">(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift einger&auml;umt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserkl&auml;rung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begr&uuml;ndung enthalten und ist in Textform oder durch R&uuml;cksendung der Sache innerhalb der Widerrufsfrist gegen&uuml;ber dem Unternehmer zu erkl&auml;ren; zur Fristwahrung gen&uuml;gt die rechtzeitige Absendung. </p>
<p align="justify">[…] </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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</html>