You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.
 
 

53 lines
8.5 KiB

<!doctype html public "-//W3C//DTD HTML 4.0 //EN">
<html>
<head>
<title>&quot;Bundesgerichtshof zur Unzul&auml;ssigkeit der Unk&uuml;ndbarkeit einer zusammen mit einer Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossenen Kostenausgleichsvereinbarung (sog. Nettopolice)&quot; </title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
<meta name="generator" content="PMzuHTML v2">
<meta name="subject" content="Nr. 048 vom 12.03.14">
<meta name="" content="">
<meta name="LfdNr" content="048">
<meta name="Jahr" content="2014">
<meta name="Senat" content="IV. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="IV ZR 295/13">
<meta name="Datum" content="12.03.14">
<meta name="" content="12.03.14">
</head>
<body text="#000000" bgcolor="#FFFFFF" link="#FF0000" alink="#FF0000" vlink="#FF0000">
<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 48/2014 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>&quot;Bundesgerichtshof zur Unzul&auml;ssigkeit der Unk&uuml;ndbarkeit einer zusammen mit einer Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossenen Kostenausgleichsvereinbarung </b></font></div></p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>(sog. Nettopolice)&quot; </b></font></div></p>
<p align="justify">Der f&uuml;r das Versicherungsvertragsrecht zust&auml;ndige IV.&nbsp;Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die vereinbarte Unk&uuml;ndbarkeit gesonderter Kostenausgleichsvereinbarungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bei Abschluss eines Vertrages &uuml;ber eine fondsgebundene Renten- oder Lebensversicherung unzul&auml;ssig ist. </p>
<p align="justify">In den zur Beurteilung anstehenden F&auml;llen bot die Kl&auml;gerin, ein in Liechtenstein ans&auml;ssiger Lebensversicherer, in Deutschland wohnenden Kunden den Abschluss von (fondsgebundenen) Rentenversicherungen an. Die auf einem einheitlichen Formular aufgenommenen Antr&auml;ge beinhalteten zum einen den Versicherungsvertrag sowie zum anderen eine sogenannte Kostenausgleichsvereinbarung. In dieser verpflichtete sich der Versicherungsnehmer, einen bestimmten Betrag f&uuml;r Abschluss- und Einrichtungskosten in 48 monatlichen Raten an den Versicherer zu zahlen. Im Antrag ist bestimmt, dass die Aufl&ouml;sung des Versicherungsvertrages grunds&auml;tzlich nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung f&uuml;hrt und dass diese auch nicht k&uuml;ndbar ist. Die beklagten Versicherungsnehmer k&uuml;ndigten den Versicherungsvertrag, stellten die Zahlung auf die Kostenausgleichsvereinbarung ein und widerriefen ihre Vertragserkl&auml;rungen. Die Parteien streiten jeweils mit Klage und Widerklage um die Zahlungsanspr&uuml;che aus den Vertr&auml;gen. Die Kl&auml;gerin verlangt mit ihren Klagen die Zahlung restlicher Abschluss- und Einrichtungskosten gem&auml;&szlig; der Kostenausgleichsvereinbarung. Die Versicherungsnehmer begehren im Wege der Widerklage die R&uuml;ckzahlung der auf die Kostenausgleichsvereinbarung bereits geleisteten Betr&auml;ge zuz&uuml;glich des R&uuml;ckkaufswertes des Versicherungsvertrages. </p>
<p align="justify">In der Sache IV ZR 295/13 haben die Vorinstanzen der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, in der Sache IV ZR 255/13 haben sie die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit ihren von den Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien jeweils ihr Begehren weiter, soweit sie in den Vorinstanzen unterlegen sind. </p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass dem Versicherer kein Zahlungsanspruch aus der jeweiligen Kostenausgleichsvereinbarung mehr zusteht, die Klagen des Versicherers also keinen Erfolg haben. Zwar ist der Abschluss einer Kostenausgleichsvereinbarung, die rechtlich selbst&auml;ndig neben dem Versicherungsvertrag steht, nicht wegen Versto&szlig;es gegen &sect; 169 Abs. 3 Satz 1, &sect; 169 Abs. 5 Satz 2 VVG unwirksam und es liegt auch keine unzul&auml;ssige Umgehung vor. </p>
<p align="justify">Die Versicherungsnehmer waren aber berechtigt, die Kostenausgleichsvereinbarung zu k&uuml;ndigen. Der vereinbarte K&uuml;ndigungsausschluss der Kostenausgleichsvereinbarung ist unwirksam. Eine Regelung in Allgemeinen Gesch&auml;ftsbedingungen, nach der die Kostenausgleichsvereinbarung unk&uuml;ndbar ist und der Versicherungsnehmer die Abschlusskosten unabh&auml;ngig vom Fortbestand des Versicherungsvertrages zu zahlen hat, verst&ouml;&szlig;t wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gegen &sect; 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. W&auml;hrend ein Abzug bei der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Pr&auml;mien allenfalls dazu f&uuml;hren kann, dass der Versicherungsnehmer keinen oder einen nur ganz geringf&uuml;gigen R&uuml;ckkaufswert erh&auml;lt, aber in keinem Fall mit weiteren noch nicht getilgten Abschlusskosten belastet wird, kann die gesonderte Kostenausgleichsvereinbarung, wenn sie als unk&uuml;ndbar ausgestaltet wird, dazu f&uuml;hren, dass der Versicherungsnehmer mit Verbindlichkeiten belastet wird, die &uuml;ber dem R&uuml;ckkaufswert liegen. Er erh&auml;lt dann trotz K&uuml;ndigung der Versicherung wirtschaftlich nicht nur keinen R&uuml;ckkaufswert, sondern muss weitere Zahlungen an den Versicherer leisten. </p>
<p align="justify">Ob in den von den Versicherungsnehmern abgegebenen Erkl&auml;rungen jeweils eine K&uuml;ndigung der Kostenausgleichsvereinbarung zu sehen ist, konnte in beiden zur Entscheidung anstehenden F&auml;llen im Ergebnis offen bleiben. Dem Zahlungsanspruch der Kl&auml;gerin steht jedenfalls der von den Beklagten erkl&auml;rte Widerruf ihrer auf Abschluss des Versicherungsvertrages gerichteten Willenserkl&auml;rungen entgegen. Die Beklagten konnten den Vertrag noch widerrufen, da die drei&szlig;igt&auml;gige Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen hatte. Der Beginn der Widerrufsfrist setzt nach &sect; 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG eine deutlich gestaltete Belehrung &uuml;ber das Widerrufsrecht und die Rechtsfolgen des Widerrufs voraus. Dies h&auml;tte in der Widerrufsbelehrung zum Versicherungsvertrag einen Hinweis erfordert, dass im Falle eines Widerrufs auch der Vertrag &uuml;ber die Kostenausgleichsvereinbarung nicht zustande kommt. Daran fehlte es. Da der wirksame Widerruf auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur&uuml;ckwirkt, waren die Widerklagen der Versicherungsnehmer erfolgreich. </p>
<p align="justify"><b>&sect; 169 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) </b></p>
<p align="justify">… </p>
<p align="justify">(3) Der R&uuml;ckkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Pr&auml;mienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer K&uuml;ndigung des Versicherungsverh&auml;ltnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichm&auml;&szlig;iger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten f&uuml;nf Vertragsjahre ergibt; … </p>
<p align="justify">… </p>
<p align="justify">(5) Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs f&uuml;r noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten ist unwirksam. </p>
<p align="justify"><b>&sect; 307 B&uuml;rgerliches Gesetzbuch (BGB) </b></p>
<p align="justify">Bestimmungen in Allgemeinen Gesch&auml;ftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verst&auml;ndlich ist. </p>
<p align="justify">Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung </p>
<p align="justify">… </p>
<p align="justify">wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschr&auml;nkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gef&auml;hrdet ist. </p>
<p align="justify"><b>Urteil vom 12. M&auml;rz 2014 - IV ZR 295/13 </b></p>
<p align="justify">AG Leipzig vom 6. Dezember 2012 – 105 C 7742/11 </p>
<p align="justify">LG Leipzig vom 11. Juli 2013 – 03 S 49/13 </p>
<p align="justify">und </p>
<p align="justify"><b>Urteil vom 12. M&auml;rz 2014 - IV ZR 255/13 </b></p>
<p align="justify">AG Kamenz vom 21. Dezember 2012 – 2 C 365/12 </p>
<p align="justify">LG G&ouml;rlitz vom 26. Juni 2013 – 2 S 15/13 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 12. M&auml;rz 2014 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
</body>
</html>