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<title>Bundesgerichtshof zum Merkmal der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis als Voraussetzung f&uuml;r die Zul&auml;ssigkeit einer Heilmittelwerbung</title>
<meta name="author" content="Pressestelle des BGH">
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<meta name="subject" content="Nr. 022 vom 06.02.13">
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<meta name="LfdNr" content="022">
<meta name="Jahr" content="2013">
<meta name="Senat" content="I. Zivilsenat">
<meta name="Aktenzeichen" content="I ZR 62/11">
<meta name="Datum" content="06.02.13">
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<h1>Bundesgerichtshof</h1>
<h2>Mitteilung der Pressestelle</h2>
<hr noshade size="1">
<p align="justify">Nr. 22/2013 </p>
<p><div align="center"><font size="+2"><b>Bundesgerichtshof zum Merkmal der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis als Voraussetzung f&uuml;r die Zul&auml;ssigkeit einer Heilmittelwerbung </b></font></div></p>
<p align="justify">Die Parteien vertreiben Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus, die auf unterschiedlichen Wirkstoffen beruhen. Das Pr&auml;parat der Kl&auml;gerin enth&auml;lt den Wirkstoff Insulinglargin, das Pr&auml;parat der Beklagten den Wirkstoff Insulindetemir. Die Kl&auml;gerin wendet sich im Kern gegen die in einem Faltblatt der Beklagten enthaltene Werbeaussage, wonach das von der Beklagten vertriebene Mittel gegen&uuml;ber dem Mittel, das den von der Kl&auml;gerin verwandten Wirkstoff enth&auml;lt, zu einer geringeren Gewichtszunahme f&uuml;hre. Dabei wendet sich ein Teil der Klageantr&auml;ge dagegen, dass sich die Beklagte zum Beleg ihrer Werbeaussage konkret auf eine Studie gest&uuml;tzt hat. Ein anderer Teil der Antr&auml;ge richtet sich gegen die Werbeaussage ohne Bezugnahme auf eine Studie. </p>
<p align="justify">Die Kl&auml;gerin steht auf dem Standpunkt, die Studienergebnisse, auf die sich die Beklagte st&uuml;tzt, seien wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. Die Werbung sei daher irref&uuml;hrend. </p>
<p align="justify">Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Die Werbung, so das Kammergericht, versto&szlig;e nicht gegen das Wettbewerbsrecht, weil die Studienergebnisse, auf die sich die Werbeaussagen der Beklagten st&uuml;tzten, Eingang in die beim Zulassungsverfahren gepr&uuml;fte Fachinformation gefunden h&auml;tten. Deshalb sei zu vermuten, dass der Gewichtsvorteil, mit dem die Beklagte geworben hatte, dem wissenschaftlich gesicherten Stand entspreche. Diese Vermutung habe die Kl&auml;gerin nicht widerlegt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision will die Kl&auml;gerin die Verurteilung der Beklagten erreichen. </p>
<p align="justify">Auf die Revision des Kl&auml;gers hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zur&uuml;ckverwiesen. Von der Aufhebung betroffen sind diejenigen Antr&auml;ge, die sich gegen die durch Bezugnahme auf eine Studie belegte Werbung mit einem Gewichtsvorteil richten. </p>
<p align="justify">Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass insoweit eine Irref&uuml;hrung unter dem Gesichtspunkt des Versto&szlig;es gegen den Grundsatz der &quot;Zitatwahrheit&quot; in Betracht kommt. Danach sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angef&uuml;hrt werden, grunds&auml;tzlich nur dann hinreichend aussagekr&auml;ftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grunds&auml;tzen wissenschaftlicher Forschung durchgef&uuml;hrt und ausgewertet wurden. Daf&uuml;r ist im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer ad&auml;quaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch die Ver&ouml;ffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist. Ob auch - wie im Streitfall - nachtr&auml;glich anhand vorliegender Studiendaten im Rahmen einer sogenannten Subgruppenanalyse oder im Wege der Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlichen Untersuchungen (Metaanalyse) erstellten Studien eine Werbeaussage tragen k&ouml;nnen, h&auml;ngt von den Umst&auml;nden des Einzelfalls ab. Dabei kommt es f&uuml;r die Frage der Irref&uuml;hrung neben der Einhaltung der f&uuml;r diese Studien geltenden wissenschaftlichen Regeln vor allem darauf an, ob der Verkehr in der Werbung hinreichend deutlich auf die Besonderheiten der Art, Durchf&uuml;hrung oder Auswertung dieser Studie und gegebenenfalls die in der Studie selbst gemachten Einschr&auml;nkungen im Hinblick auf die Validit&auml;t und Bedeutung der gefundenen Ergebnisse hingewiesen und ihm damit die nur eingeschr&auml;nkte wissenschaftliche Aussagekraft der Studie vor Augen gef&uuml;hrt wird. Solche aufkl&auml;renden Hinweise enth&auml;lt die beanstandete Werbung nicht, obwohl die in Bezug genommene Studie Anlass dazu gegeben hat. </p>
<p align="justify">Dagegen ist die ohne konkreten Bezug zu der Studie aufgestellte Behauptung eines Gewichtsvorteils im Streitfall rechtlich nicht zu beanstanden, weil sich ein solcher Vorteil - genauer: eine geringere Gewichtszunahme - nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Kammergerichts im Streitfall aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung und der Fachinformation entnehmen l&auml;sst. Zwar gilt f&uuml;r Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung nach dem im Heilmittelwerberecht ma&szlig;gebenden Strengeprinzip generell, dass die Werbung nur zul&auml;ssig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Grunds&auml;tzlich kann sich aber - so der Bundesgerichtshof - ein Werbender zum wissenschaftlichen Nachweis der Richtigkeit seiner Werbebehauptung auf den Inhalt der Zulassung und der Fachinformation berufen, weil diese Unterlagen Gegenstand der &Uuml;berpr&uuml;fung durch die Zulassungsbeh&ouml;rde sind. Eine Irref&uuml;hrung kommt aber dann in Betracht, wenn der Kl&auml;ger darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekanntgewordene oder der Zulassungsbeh&ouml;rde bei der Zulassungsentscheidung sonst nicht zug&auml;ngliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die gegen die wissenschaftliche Tragf&auml;higkeit der durch die Zulassung belegten Aussagen sprechen. Da die Kl&auml;gerin nichts zu solchen Erkenntnissen vorgetragen hatte, war die Klageabweisung insofern zu Recht erfolgt. </p>
<p align="justify">Urteil vom 6.&nbsp;Februar 2013 - I&nbsp;ZR&nbsp;62/11 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil </p>
<p align="justify">LG Berlin - Urteil vom 9. Juni 2009 - 15&nbsp;O&nbsp;704/07 </p>
<p align="justify">KG Berlin - Urteil vom 22. Februar 2011 - 5&nbsp;U&nbsp;87/09 </p>
<p align="justify">Karlsruhe, den 6. Februar 2013 </p>
<p><font size="-1">
Pressestelle des Bundesgerichtshofs <br>
76125 Karlsruhe<br>
Telefon (0721) 159-5013<br>
Telefax (0721) 159-5501</font></p>
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