BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZA 14/16 vom 31. Mai 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:310516BVIZA14.16.0 -2- Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner, Stöhr, die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler beschlossen: Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bewilligt und Rechtsanwalt Dr. Mennemeyer beigeordnet. Der Kläger hat keine Raten und keine Beträge aus dem Vermögen zu leisten. Gründe: 1 Dem Kläger war auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Er kann die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen. Darüber hinaus bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, die Mutter des Klägers nach dem Blasensprung in der Nacht vom 8./9. Februar 2005 nicht noch einmal über die Schnittentbindung aufgeklärt zu haben, könnte durchgreifenden zulassungsrechtlichen Bedenken begegnen. -3- 2 Der Senat hat die Beurteilung des Berufungsgerichts im ersten Berufungsurteil in dieser Sache, wonach die Ärzte der Beklagten die Mutter des Klägers trotz der bereits am 27. Januar 2005 erfolgten Aufklärung über die Möglichkeit der Schnittentbindung am 8. Februar 2005 nochmals über diese Behandlungsalternative hätten unterrichten müssen, beanstandet, weil sie von den getroffenen Feststellungen nicht getragen wurde (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 125/13, VersR 2015, 579 Rn. 5). Der Senat hat in diesem Urteil entschieden, dass eine nochmalige Aufklärung der Schwangeren über die Möglichkeit der Schnittentbindung nur dann geboten ist, wenn sich nachträglich - sei es aufgrund einer Veränderung der Situation, sei es aufgrund neuer Erkenntnisse - Umstände ergeben, die zu einer entscheidenden Veränderung der Einschätzung der mit den verschiedenen Entbindungsmethoden verbundenen Risiken und Vorteile führen und die unterschiedlichen Entbindungsmethoden deshalb in neuem Licht erscheinen lassen. In einem solchen Fall hat der Arzt die Schwangere zur Wahrung ihres Selbstbestimmungsrechts und ihres Rechts auf körperliche Unversehrtheit über das veränderte Nutzen-Risiko-Verhältnis - beispielsweise über nachträglich eingetretene oder erkannte Risiken der von ihr gewählten Entbindungsmethode - zu informieren und ihr eine erneute Abwägung der für und gegen die jeweilige Behandlungsalternativen sprechenden Gründe zu ermöglichen (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 125/13, VersR 2015, 579 Rn. 8). Der Senat hatte das angefochtene Urteil aufgehoben, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zu diesen Voraussetzungen getroffen hatte. Es hatte insbesondere nicht festgestellt, dass die mit einer vaginalen Entbindung verbundenen Risiken für den Kläger aufgrund nachträglich eingetretener Umstände oder Erkenntnisse höher einzuschätzen waren als am 27. Januar 2005 (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 125/13, VersR 2015, 579 Rn. 10). -4- 3 Die Beurteilung des Berufungsgerichts im nunmehr angefochtenen Urteil, die Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob eine Sectio oder eine vaginale Entbindung durchgeführt werden solle, habe sich nachträglich nicht entscheidend verändert, an den Gefahren des vaginalen Geburtswegs habe sich durch den Blasensprung nichts wesentlich geändert, könnte auf einer unzureichenden Berücksichtigung der Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2015 beruhen. Galke Wellner von Pentz Stöhr Oehler Vorinstanzen: LG Mannheim, Entscheidung vom 22.09.2010 - 6 O 107/08 OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.02.2016 - 7 U 205/10 (15) -