Nr. 18/2013
Verhandlungstermin: 5. Februar 2013
II ZR 134/11
LG München I - Urteil vom 3. Dezember 2010 – 6 O 7299/10
OLG München - Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 190/11
und
II ZR 136/11
LG München I - Urteil vom 23. November 2010 – 16 HKO 14213/10
OLG München - Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 5642/10
und
II ZR 149/11
LG München I - Urteil vom 22. September 2010 – 29 O 20084/09
OLG München - Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 4847/10
und
II ZR 166/12
LG München I - Urteil vom 15. September 2011 – 10 O 3874/11
OLG München - Urteil vom 12. März 2012 – 19 U 4227/11
In den vier zur Verhandlung anstehenden – und ebenso in einer Vielzahl weiterer bei dem II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs und bei Landgerichten und Oberlandesgerichten anhängigen - Verfahren streiten Anleger von Publikumsgesellschaften in der Form von Kommanditgesellschaften mit den jeweiligen Gesellschaften, teils auch mit deren geschäftsführenden Gesellschaftern oder mit der Treuhandkommanditistin über die Frage, ob sie ein Recht auf Auskunftserteilung über Namen, Anschriften und (in einem Fall) die Beteiligungshöhe der übrigen an den Gesellschaften beteiligten Anleger haben.
An den Fondsgesellschaften konnten sich Anleger entweder als Kommanditisten (= unmittelbare Gesellschafter) beteiligen mit der Folge, dass sie mit Namen, Wohnort und Haftsumme in das Handelsregister eingetragen wurden, oder sie beteiligten sich als Treugeber (= mittelbare Gesellschafter) über eine Treuhänderin an dem Fonds, wobei in diesem Fall nur die Treuhänderin als (Treuhand-)Kommanditistin mit Name, Wohnort und Haftsumme im Handelsregister eingetragen ist. Namen, Anschriften sowie die Beteiligungshöhe der Treugeber sind in diesen Fällen nur der Treuhänderin und/oder der Fondsgesellschaft bekannt. Die Beteiligungs- und Treuhandverträge enthalten Regelungen, nach denen die Anleger keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen vom Treuhänder und/oder der Gesellschaft die dort bekannten Daten der anderen Anleger mitgeteilt werden.
Die klagenden Anleger sind der Ansicht, ihnen stünde ein Recht auf Kenntnis der Identität der anderen an dem jeweiligen Fonds beteiligten Anleger zu, da sie ohne diese Kenntnis ihre Gesellschafter- oder Treugeberrechte nicht ordnungsgemäß ausüben könnten. Die Beklagten verweigern die verlangten Auskünfte u.a. unter Hinweis auf ein schützenswertes Anonymitätsinteresse der nur über einen Treuhänder beteiligten Anleger.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 21. September 2009 (II ZR 264/08, ZIP 2010, 27 f.) einen Anspruch eines Anlegers, der sich an einer Publikumsgesellschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt hatte, auf Auskunft über die Namen und Anschriften seiner Mitgesellschafter bejaht. Die im dortigen Gesellschaftsvertrag enthaltene Regelung, die eine solche Auskunftserteilung ausschloss, hat der II. Zivilsenat für unwirksam gehalten. Mit Urteil vom 11. Januar 2011(II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 ff.) hat der II. Zivilsenat auf die Klage von Anlegern, die sich als Treugeber über eine Treuhandkommanditistin an einer Publikumsgesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft beteiligt hatten und die aufgrund der im konkreten Fall getroffenen vertraglichen Vereinbarungen im Innenverhältnis eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bildeten, die Treuhandkommanditistin zur Auskunft über die Namen und Anschriften der Mitanleger verurteilt, obwohl der Treuhandvertrag eine solche Auskunft ausschloss.
Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung hat das OLG München den Auskunftsklagen in den zur Verhandlung anstehenden Verfahren stattgegeben. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird nunmehr darüber zu befinden haben, inwieweit die von ihm in den genannten Entscheidungen entwickelten Grundsätze auf die Auskunftsansprüche der Anleger zu übertragen, fortzuentwickeln oder zu begrenzen sind.
Verhandlungstermin: 5. Februar 2013
XI ZR 85/12
LG Halle - Urteil vom 19. Mai 2011 - 6 O 1226/10
OLG Naumburg - Urteil vom 31. Januar 2012 - 9 U 128/11
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Sparkasse.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, an Verbraucher, mit denen sie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag geschlossen hat, Schreiben zu versenden, in denen die Fortsetzung des Vertrages davon abhängig gemacht wird, dass eine Erhöhung des Kontoführungsentgeltes erfolgt, und in denen zugleich für den Fall der Verweigerung der Zustimmung zu dieser Vertragsänderung die Kündigung des Kontoführungsvertrages erklärt wird.
Der Kläger ist der Ansicht, diese Geschäftspraxis der Beklagten sei verbraucherschutzwidrig und irreführend. Die Beklagte versuche durch die Änderungskündigungen insbesondere, die Kosten für die Bearbeitung von Pfändungsmaßnahmen auf davon betroffene Kunden abzuwälzen und sich auf diese Weise über die vertraglich vereinbarte Preisgestaltung hinwegzusetzen. Das sei schon deshalb unzulässig, weil eine Sparkasse mit natürlichen Personen geschlossene Giroverträge nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen dürfe. Ein solcher liege aber bei einem - insbesondere durch Pfändungsmaßnahmen verursachten - Mehraufwand bei der Kontoführung nicht vor.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte wegen des aus § 5 SpkVO LSA* (Sparkassenverordnung Sachsen-Anhalt) folgenden Kontrahierungszwangs auf Guthabenbasis geführte Girokonten nur aus wichtigem Grund kündigen könne. Das gelte selbst dann, wenn eine ordentliche (Änderungs-)Kündigung nur der Anpassung der Kontoentgelte dienen solle. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagte ausschließlich solche Kunden angeschrieben habe, bei denen eine Pfändung ausgebracht worden sei, oder ob es sich auch um Kunden gehandelt habe, deren Konten aus anderen Gründen einen höheren Bearbeitungsaufwand erforderten, könne dabei offen bleiben. Die der Durchsetzung eines höheren Entgelts dienenden Änderungskündigungen seien in jedem Falle unzulässig gewesen, da die in § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SpkVO LSA vorgesehenen Ausnahmen vom Kontrahierungszwang offensichtlich nicht vorgelegen hätten. Die Giroverträge hätten auch nicht nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 SpkVO LSA beendet werden dürfen, weil die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung für die Beklagte weder wegen eines etwaigen Mehraufwandes für die Bearbeitung von Pfändungen noch aus sonstigen Gründen bereits im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 4 SpkVO LSA unzumutbar gewesen sei.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil eine § 5 SpkVO LSA entsprechende Regelung in den meisten Bundesländern bestehe und höchstrichterlich nicht geklärt sei, ob sich aus diesen Vorschriften eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechtes bei Girokonten natürlicher Personen ergebe. Im Revisionsverfahren verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
* § 5 SpkVO LSA
Verpflichtung zur Führung von Girokonten
(1) Die Sparkasse ist verpflichtet, für natürliche Personen mit Wohnsitz im Trägergebiet auf Antrag Girokonten zur Entgegennahme von Einlagen zu führen.
(2) Eine Verpflichtung zur Führung eines Girokontos besteht nicht, wenn
1.
der Kontoinhaber Leistungen bei Kreditinstituten missbraucht hat,
2.
das Konto ein Jahr lang umsatzlos geführt wurde,
3.
das Konto keine Guthaben aufweist und der Kontoinhaber trotz Aufforderung nicht für Guthaben sorgt,
4.
aus anderen wichtigen Gründen die Aufnahme oder Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit der Sparkasse nicht zumutbar ist.
Verhandlungstermin: 5. Februar 2013
XI ZR 431/11
LG Itzehoe – Urteil vom 1. Dezember 2010 – 2 O 319/10
OLG Schleswig – Urteil vom 5. September 2011 – 5 U 145/10
Die Klägerin nimmt die beklagte Direktbank auf Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung durch Mitarbeiter der früheren Mitbeklagten in Anspruch.
Die Klägerin eröffnete im Januar 2005 über die Rechtsvorgängerin der früheren Mitbeklagten (Accessio Wertpapierhandelshaus AG) bei der Beklagten ein sog. Zins-Plus-Konto. Dabei handelte es sich um ein Tagesgeldkonto mit einer jährlichen Verzinsung von 4,5%, das zwingend mit einem Depotvertrag zur etwaigen Einbuchung von Wertpapieren verbunden war (sogenanntes "Depotkonto"). Diese 4,5 % lagen deutlich über dem Marktzins. Zwischen der Accessio und der Beklagten war vereinbart, dass in ihrem Verhältnis die Beklagte lediglich den Marktzins zu zahlen hatte und die Acccessio die Differenz zu den an die Kunden zu zahlenden 4,5 % an die Beklagte zahlen musste. Ziel der Accessio war es, die Tagesgeldkunden möglichst schnell aus diesem für sie verlustreichen Geschäft in komplexere Finanzinstrumente zu überführen und dafür Provisionen zu erzielen. Zwischen der Accessio und der Beklagten gab es eine Rahmenvereinbarung, durch die unter anderem die Teilung von Provisionen, die für die Vermittlung von Finanzinstrumenten an die Tagesgeldkunden anfielen, verabredet war.
Auf Beratung eines Mitarbeiters der Accessio tätigte die Klägerin in der Zeit von 29. Januar 2007 bis 1. Dezember 2008 zahlreiche Käufe von Inhaber-Teilschuldverschreibungen, Inhaber-Aktien und Genussscheinen im Nennwert von insgesamt 49.898 €. Nach zwischenzeitlichem Verkauf der Genussscheine sowie der Inhaber-Aktien verlangt die Klägerin unter Anrechnung erhaltener Ausschüttungen im Wege des Schadensersatzes Zahlung von 46.059,78 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Inhaber-Teilschuldverschreibungen. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 278 BGB* wegen fehlerhafter Anlageberatung. Eine solche sei schon wegen der entgegenstehenden ausdrücklichen vertraglichen Regelungen zu verneinen, denen zufolge die Beklagte ein beratungsfreies Geschäft betreibe und die Anlageberatung allein durch die Accessio als weiterem Finanzdienstleister erfolge. Vor dem Hintergrund der nunmehr in § 31e Nr. 2 WpHG** zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung gebiete auch die Interessenlage der Parteien nichts anderes.
Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB* wegen Verletzung vertraglicher Warn- oder Hinweispflichten aus dem Depotvertrag scheide ebenfalls aus. Zwar könne eine Depotbank auch im Falle des beratungsfreien Geschäfts (sog. execution-only business) Warn- und Hinweispflichten unterliegen. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe eine die Aufklärungspflichten auslösende positive Kenntnis der Beklagten von der behaupteten systematischen Falschberatung der Anleger durch die Accessio, von einer arglistigen Täuschung der Klägerin im Einzelfall oder einer tiefgreifenden allgemeinen Unseriosität der Accessio jedoch nicht nachgewiesen. Es sei weder etwas dafür ersichtlich, dass der benannte und nicht vernommene Zeuge - Prokurist der Beklagten und Aufsichtsratsmitglied der Accessio - über den näheren Inhalt und Verlauf der Beratungsgespräche sowie einzelne Vertragsverhältnisse der Accessio mit ihren Kunden informiert gewesen sei, noch lasse sich die vom Bundesgerichtshof im Rahmen der Bankenhaftung bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen entwickelte Beweiserleichterung im Falle eines institutionalisierten Zusammenwirkens auf Fälle wie den vorliegenden übertragen.
Die Beklagte hafte schließlich auch nicht nach §§ 826, 830 Abs. 2*** BGB. Selbst bei Vorliegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Klägerin durch die Accessio fehle es jedenfalls an den subjektiven Voraussetzungen für eine haftungsbegründende Teilnahme der Beklagten, da eine Kenntnis der Beklagten weder hinsichtlich einer arglistigen Täuschung der Klägerin im Einzelfall noch einer systematischen Falschberatung von Anlegern durch die Accessio im Allgemeinen feststellbar sei.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich voraussichtlich mit der grundsätzlichen und von den Oberlandesgerichten in drei Parallelfällen unterschiedlich beantworteten Frage der Haftung des Direkt-Brokers bei Vorschaltung eines selbständigen Beratungsunternehmens (bejahend: OLG München, Urteile vom 10. Juli 2012 – 5 U 3242/11 und 5 U 3672/11, Revisionen anhängig unter XI ZR 312/12 und XI ZR 313/12; wie im Ausgangsfall verneinend: OLG Schleswig, Urteil vom 26. März 20120, 5 U 25/11, Revision anhängig unter XI ZR 178/12) befassen. In diesem Rahmen wird er gegebenenfalls auch zur Übertragbarkeit der von ihm entwickelten Rechtsfigur des institutionalisierten Zusammenwirkens (dazu Senatsurteil vom 16. Mai 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 ff.) auf Fälle der vorliegenden Art Stellung nehmen.
* § 280 BGB
(1) 1Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. 2Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
§ 278 BGB
1Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. 2Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
** § 31e WpHG
Erhält ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen über ein anderes Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen Auftrag, Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen für einen Kunden zu erbringen, ist das entgegennehmende Unternehmen mit folgenden Maßgaben verantwortlich für die Durchführung der Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung im Einklang mit den Bestimmungen dieses Abschnitts:
1. (…)
2. das entgegennehmende Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf sich darauf verlassen, dass Empfehlungen in Bezug auf die Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung dem Kunden von dem anderen Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften gegeben wurden.
***§ 826 BGB
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
§ 830 BGB
(1) …
(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.
Verhandlungstermin: 6. Februar 2013
I ZR 124/11 (Spielekonsole)
LG München I – Urteil vom 14. Oktober 2009 – 21 O 22196/08
MMR 2010, 341
OLG München – Urteil vom 9. Juni 2011 – 6 U 5037/09
Die Kläger produzieren und vertreiben Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Spielekonsole "Nintendo DS" sowie zahlreiche dafür passende urheberrechtlich geschützte Spiele. Für die Konsole "Nintendo DS" bieten die Klägerinnen über eine verbundene Firma mehrere hundert Spiele an, an denen die Klägerinnen die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte haben. Die Spiele werden ausschließlich auf speziellen, nur für die Nintendo DS Konsole passenden Speichermedien angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole eingesteckt werden. Die Karten verfügen über einen Speicher, auf dem die Spielsoftware sowie die dazugehörigen Grafik- und Audiodateien gespeichert sind. Ohne eine eingesteckte Karte können Spiele auf der Konsole nicht geladen und abgespielt werden. Die Beklagten boten im Internet Adapter für die Spielkonsole "Nintendo DS" an. Diese Karten sind den Originalkarten in Form und Größe exakt nachgebildet, so dass sie in den Kartenschacht der Konsole passen. Sie verfügen zusätzlich über einen wiederbeschreibbaren Speicher. Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Raubkopien der Spiele auf der Konsole verwenden. Dazu müssen sie die Kopien der Spiele aus dem Internet herunterladen und auf den Speicher der nachgebildeten Karte übertragen.
Die Klägerinnen sehen in dem Vertrieb der Adapter-Karten einen Verstoß gegen die Vorschriften zum Schutz wirksamer technischer Maßnahmen nach § 95a UrhG. Sie haben die Beklagten daher auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage durch Teilurteil stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägerinnen stehe gegen die Beklagten neben den Ansprüchen auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die von den Beklagten vertriebenen Adapter zur Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen hergestellt und entworfen worden seien. Das Format der Karten diene als technische Maßnahme in erster Linie dem Schutz vor einer unberechtigten Nutzung der auf den Videospielen vorhandenen urheberrechtlich geschützten Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerke. Aus diesem Grund finde § 95a Abs. 3 UrhG Anwendung, obwohl auf den Karten auch Computerprogramme enthalten seien, denen der Schutz des § 95a UrhG nach § 69a Abs. 5 UrhG nicht zugutekomme. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
§ 95a UrhG
(1) Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines nach diesem Gesetz geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes dürfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden, soweit dem Handelnden bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass die Umgehung erfolgt, um den Zugang zu einem solchen Werk oder Schutzgegenstand oder deren Nutzung zu ermöglichen.
(2) Technische Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken. Technische Maßnahmen sind wirksam, soweit durch sie die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes von dem Rechtsinhaber durch eine Zugangskontrolle, einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.
(3) Verboten sind die Herstellung, die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf, die Vermietung, die Werbung im Hinblick auf Verkauf oder Vermietung und der gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteilen sowie die Erbringung von Dienstleistungen, die
1. Gegenstand einer Verkaufsförderung, Werbung oder Vermarktung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen sind oder
2. abgesehen von der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen nur einen begrenzten wirtschaftlichen Zweck oder Nutzen haben oder
3. hauptsächlich entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern.
…
Verkündungstermin: 6. Februar 2013
(Verhandlungstermin: 25. Oktober 2012)
I ZR 62/11 (Werbung für Diabetesmedikament)
LG Berlin - Urteil vom 9. Juni 2009 - 15 O 704/07
Kammergericht - Urteil vom 22. Februar 2011 - 5 U 87/09
Die Parteien vertreiben Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus, die auf unterschiedlichen Wirkstoffen beruhen. Das Präparat der Klägerin enthält den Wirkstoff Insulin-Glargin, das Präparat der Beklagten den Wirkstoff Insulin-Detemir. Die Klägerin wendet sich im Kern gegen die in einem Faltblatt der Beklagten enthaltene Werbeaussage, wonach das von der Beklagten vertriebene Mittel gegenüber dem Mittel, das den von der Klägerin verwandten Wirkstoff enthält, zu einer geringeren Gewichtszunahme führe.
Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die Studienergebnisse, auf die sich die Beklagte stützt, seien wissenschaftlich nicht hinreichend abgesichert. Die Werbung sei daher irreführend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Die Werbung, so das Oberlandesgericht, verstoße nicht gegen das Wettbewerbsrecht, weil die Studienergebnisse, auf die sich die Werbeaussagen der Beklagten stützten, Eingang in die beim Zulassungsverfahren geprüfte Fachinformation gefunden hätten. Deshalb sei zu vermuten, dass der beworbene Gewichtsvorteil dem wissenschaftlich gesicherten Stand entspreche. Diese Vermutung habe die Klägerin nicht widerlegt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision will die Klägerin die Verurteilung der Beklagten erreichen.
Verhandlungstermin: 6. Februar 2013
VIII ZR 374/11
LG Bochum - Urteil vom 23. Februar 2011 – 6 O 151/10
OLG Hamm - Urteil vom 10. November 2011 – I-2 U 68/11
Der Kläger bestellte im November 2009 bei der Beklagten, einer BMW-Vertragshändlerin, zu einem Preis von 39.000 € einen BMW 320d als Neuwagen. Im Dezember 2009 verweigerte er die Annahme des Fahrzeugs wegen Beschädigungen im Bereich der linken hinteren Seitenwand und des Kofferraumdeckels und verlangte unter Fristsetzung Nachbesserung. Gestützt auf ein Sachverständigengutachten, das die vorgenommene Nachbesserung für nicht ordnungsgemäß erachtete, lehnte der Kläger Mitte Januar 2010 eine Übernahme des Fahrzeugs erneut ab. Nachdem die Beklagte sich unter Hinweis auf ein von ihr eingeholtes Sachverständigengutachten auf die Mangelfreiheit des Fahrzeugs berufen hatte, trat der Kläger vom Vertrag zurück.
Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Anzahlung in Höhe von 10.000 €, Freistellung von den zur Fahrzeugfinanzierung eingegangenen Bankverbindlichkeiten sowie Ersatz der Sachverständigenkosten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Fahrzeug zwar mangelbehaftet und daher die vereinbarte Beschaffenheit der Fabrikneuheit aufgehoben sei. Es bestünden auch nach wie vor Mängel an dem Fahrzeug. Der Kläger könne sich aber auf die fehlende Neuwagenqualität nicht berufen, da er die Beklagte in Kenntnis der Tatsache, dass umfängliche Arbeiten erforderlich seien, zur Nachbesserung aufgefordert habe. Deshalb könne er nicht nachträglich geltend machen, dass die von ihm verlangte Reparatur die Neuwagenqualität beseitigt habe. Auf die bestehenden Mängel könne der Kläger keinen Rücktritt stützen, da diese lediglich optischer Natur und auch für den sorgfältigen Betrachter kaum wahrnehmbar seien. Auch wenn zu deren Beseitigung Nachbesserungskosten von bis zu 3.000 € anfallen könnten, verbleibe es dabei, dass die Mängel bei einer Gesamtbetrachtung nicht derart unzuträglich seien, dass sie eine Rücktrittsreife begründen könnten.
Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision erstrebt der Kläger – der im März 2012 aus im Einzelnen streitigen Gründen das Fahrzeug nach vorheriger Ablösung des hierfür aufgenommenen Kredits von der Beklagten ausgehändigt erhielt – eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
Verhandlungstermin: 14. Februar 2013
RiZ 3/12 und 4/12
Zwei Richter des Bundesgerichtshofs haben beim Dienstgericht des Bundes die Feststellung beantragt, dass Maßnahmen des Präsidenten des Bundesgerichtshofs ihre richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt hätten und daher unzulässig gewesen seien. Nach § 26 Abs. 3 DRiG entscheidet ein Gericht, wenn ein Richter behauptet, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige. Für Richter im Bundesdienst ist gemäß § 61 Abs. 1 DRiG als Dienstgericht des Bundes ein besonderer Senat des Bundesgerichtshofs gebildet. Das Dienstgericht des Bundes entscheidet bei Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht aus den Gründen des § 26 Abs. 3 DRiG durch einen Richter im Bundesdienst in erster und letzter Instanz.
§ 26 DRiG lautet:
(1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.
(2) Die Dienstaufsicht umfasst vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.
(3) Behauptet der Richter, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes.
§ 61 Abs. 1 DRiG lautet:
(1) Für die Richter im Bundesdienst wird als Dienstgericht des Bundes ein besonderer Senat des Bundesgerichtshofs gebildet.
§ 62 Abs. 1 Nr. 4 e) DRiG lautet:
Das Dienstgericht des Bundes entscheidet endgültig
…
4. bei Anfechtung
…
e) einer Maßnahme der Dienstaufsicht aus den Gründen des § 26 Abs. 3,
…
Verhandlungstermin: 19. Februar 2013
II ZR 56/12
OLG Düsseldorf – Urteil vom 20. Januar 2012 – 6 U 168/10
LG Düsseldorf – Urteil vom 27. Mai 2010 – 32 O 107/08
Der Kläger ist Aktionär der Beklagten, der IKB Deutsche Industriebank AG. Auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 28. August 2008 wurden sechs Aufsichtsratsmitglieder gewählt, von denen vier bereits zuvor dem Aufsichtsrat angehört hatten. Zwischen dem 1. Oktober 2008 und dem 5. Februar 2009 legten alle diese Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt nacheinander nieder.
Der Kläger hat mit seiner am 29. September 2008 beim Landgericht eingegangenen Klage beantragt, die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 28. August 2008 zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder für nichtig zu erklären.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers ohne Prüfung der vom Kläger vorgebrachten Anfechtungsgründe zurückgewiesen. Der Kläger habe das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Wahlbeschlüsse mit der Beendigung des Amtes der Aufsichtsräte durch die Amtsniederlegung verloren. Für die Vergangenheit bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis allenfalls dann, wenn die in anfechtbarer Weise gewählten Aufsichtsratsmitglieder in der Zeit bis zur Beendigung des Amtes rechtlich relevante Beschlüsse gefasst hätten, zu denen es ohne ihre Mitwirkung nicht oder jedenfalls nicht mit dem gleichen Inhalt gekommen wäre. Dazu hätte der Kläger – was er nicht getan habe - zumindest vortragen müssen, welche Beschlüsse in welchen Sitzungen des Aufsichtsrats gefasst worden seien.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger weiter die Nichtigerklärung der Wahlbeschlüsse.
Verhandlungstermin: 19. Februar 2013
XI ZR 215/11
LG Baden-Baden - Urteil vom 18. Mai 2010 - 3 O 290/09
OLG Karlsruhe - Urteil vom 30. März 2011 - 17 U 133/10
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Ersatz des durch Wertpapiergeschäft entstandenen Schadens in Anspruch.
Die Klägerin, die mit der beklagten Bank eine jahrelange Geschäftsbeziehung verbindet, erwarb im November 2007, im Juli 2008 und im Oktober 2008 auf Empfehlung von Mitarbeitern der Beklagten Zertifikate und Investmentfondsanteile. Nach erheblichen Kursverlusten veräußerte sie die Papiere. Sie verlangt Ersatz des ihr und dem Zedenten entstandenen Schadens einschließlich entgangener Zinsen in Höhe von zuletzt insgesamt 12.770,79 €.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Eine solche sei nicht darin zu sehen, dass die Beklagte über ihre mit den Anlagegeschäften verbundenen Vergütungsinteressen nicht informiert habe. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da es sich ausschließlich um Festpreisgeschäfte gehandelt habe. Die dort erzielte Marge zwischen Einstands- und Verkaufspreis betreffe das aufklärungsfreie wirtschaftliche Eigeninteresse der Bank.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat wird sich gegebenenfalls mit der Frage zu befassen haben, welchen Einfluss der seit 1. November 2007 geltende § 31d WpHG* bzw. Art. 19 und Art. 26 der ihm zugrundeliegenden europäischen Richtlinien (2004/39/EG** und 2006/73/EG***) auf die Aufklärungsbedürftigkeit von Gewinnmargen bei Geschäften haben, die nach dem genannten Zeitpunkt geschlossen wurden (vgl. dazu Senatsurteile vom 27. September 2011 – XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 45 ff. und vom 26. Juni 2012 – XI ZR 316/11, WM 2012, 1520 Rn. 23 ff.).
§ 31d WpHG
(1) 1Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen keine Zuwendungen von Dritten annehmen oder an Dritte gewähren, die nicht Kunden dieser Dienstleistung sind, es sei denn,
1.die Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern und steht der ordnungsgemäßen Erbringung der Dienstleistung im Interesse des Kunden im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 nicht entgegen und
2.Existenz, Art und Umfang der Zuwendung oder, soweit sich der Umfang noch nicht bestimmen lässt, die Art und Weise seiner Berechnung, wird dem Kunden vor der Erbringung der Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise deutlich offen gelegt.
2Eine Zuwendung im Sinne des Satzes 1 liegt nicht vor, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen diese von einem Dritten, der dazu von dem Kunden beauftragt worden ist, annimmt oder sie einem solchen Dritten gewährt.
(2) Zuwendungen im Sinne dieser Vorschrift sind Provisionen, Gebühren oder sonstige Geldleistungen sowie alle geldwerten Vorteile.
(3) Die Offenlegung nach Absatz 1 Nr. 2 kann in Form einer Zusammenfassung der wesentlichen Bestandteile der Vereinbarungen über Zuwendungen erfolgen, sofern das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kunden die Offenlegung näherer Einzelheiten anbietet und auf Nachfrage gewährt.
(4) [aufgehoben]
(5) Gebühren und Entgelte, die die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erst ermöglichen oder dafür notwendig sind, und die ihrer Art nach nicht geeignet sind, die Erfüllung der Pflicht nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zu gefährden, sind von dem Verbot nach Absatz 1 ausgenommen.
Artikel 19 RL 2004/39/EG
(1) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass eine Wertpapierfirma bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt und insbesondere den Grundsätzen der Absätze 2 bis 8 genügt.
(2) Alle Informationen, einschließlich Marketing-Mitteilungen, die die Wertpapierfirma an Kunden oder potenzielle Kunden richtet, müssen redlich, eindeutig und nicht irreführend sein. Marketing- Mitteilungen müssen eindeutig als solche erkennbar sein.
(3) Kunden und potenziellen Kunden sind in verständlicher Form angemessene Informationen zur Verfügung zu stellen über
— die Wertpapierfirma und ihre Dienstleistungen,
— Finanzinstrumente und vorgeschlagene Anlagestrategien; dies sollte
auch geeignete Leitlinien und Warnhinweise zu den mit einer
Anlage in diese Finanzinstrumente oder mit diesen Anlagestrategien
verbundenen Risiken umfassen,
— Ausführungsplätze und
— Kosten und Nebenkosten,
so dass sie nach vernünftigem Ermessen die genaue Art und die Risiken der Wertpapierdienstleistungen und des speziellen Typs von Finanzinstrument, der ihnen angeboten wird, verstehen können und somit auf informierter Grundlage Anlageentscheidungen treffen können. Diese Informationen können in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden.
(4)… (10)
Artikel 26 RL 2006/73/EG
Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Wertpapierfirmen nicht als ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse eines Kunden handelnd gelten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen, es sei denn,
a) es handelt sich um eine Gebühr, eine Provision oder eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung, die dem Kunden oder einer in seinem Auftrag handelnden Person oder von einer dieser Personen gezahlt bzw. gewährt wird;
b) es handelt sich um eine Gebühr, eine Provision oder eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung, die einem Dritten oder einer in seinem Auftrag handelnden Person oder von einer dieser Personen gezahlt bzw. gewährt wird, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
i) Die Existenz, die Art und der Betrag der Gebühr, Provision oder Zuwendung oder — wenn der Betrag nicht feststellbar ist — die Art und Weise der Berechnung dieses Betrages müssen dem Kunden vor Erbringung der betreffenden Wertpapier- oder Nebendienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise unmissverständlich offen gelegt werden;
ii) die Zahlung der Gebühr oder der Provision oder die Gewährung der nicht in Geldform angebotenen Zuwendung muss darauf ausgelegt sein, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern, und darf die Wertpapierfirma nicht dabei behindern, pflichtgemäß im besten Interesse des Kunden zu handeln;
c) es handelt sich um Gebühren, die die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen ermöglichen oder dafür notwendig sind — wie Verwahrungsgebühren, Abwicklungs- und Handelsplatzgebühren, Verwaltungsabgaben oder gesetzliche Gebühren — und die wesensbedingt keine Konflikte mit der Verpflichtung der Firma hervorrufen können, im besten Interesse ihrer Kunden ehrlich, redlich und professionell zu handeln.
Die Mitgliedstaaten gestatten einer Wertpapierfirma für die Zwecke von Buchstabe b Ziffer i, die wesentlichen Bestimmungen der Vereinbarungen über Gebühren, Provisionen und nicht in Geldform angebotene Zuwendungen in zusammengefasster Form offen zu legen, sofern sich die Wertpapierfirma verpflichtet, auf Wunsch des Kunden weitere Einzelheiten offen zu legen und dieser Verpflichtung auch nachkommt.
Verhandlungstermin: 19. Februar 2013
1 StR 465/12
LG München I – Urteil vom 7. Mai 2012 – 20 KLs 455 Js 148790/11
Das Landgericht hat den 64jährigen Angeklagten wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in Tatmehrheit mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 9 Monaten verurteilt. Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung hat das Landgericht abgesehen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts lud der bereits vielfach wegen Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern vorbestrafte Angeklagte am 25. Mai 2011 an einem See die damals vierjährige Geschädigte zu einer Fahrt mit seinem Schlauchboot ein. Das Mädchen bestieg mit Erlaubnis ihrer Mutter das Boot. Auf der Mitte des Sees stellte der Angeklagte das Rudern ein und entblößte sein Geschlechtsteil. Auf seine Aufforderung hin umfasste die Geschädigte das erigierte Glied des Angeklagten und nahm daran für kurze Zeit Auf- und Ab-Bewegungen vor. Zum Tatzeitpunkt stand der Angeklagte wegen vorausgegangener Sexualstraftaten unter Führungsaufsicht; ihm war durch gerichtlichen Beschluss für die Dauer von fünf Jahren die Weisung erteilt worden, sich nicht an Orten, die erfahrungsgemäß von Kindern frequentiert werden, insbesondere nicht an Spiel- und Sportplätzen, Kindergärten und Schulen sowie im Umkreis davon von 50 Metern, sowie in Badeanstalten und auf Volksfesten, aufzuhalten.
Die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung hat das Landgericht damit begründet, dass bei dem Angeklagten zwar ein Hang bestehe, Sexualstraftaten gegen Kinder zu begehen, und dass von ihm auch in Zukunft weitere derartige Taten zu erwarten seien. Eine hochgradige Gefahr bestehe jedoch nur für weniger schwere, der verfahrensgegenständlichen Tat vergleichbare Sexualdelikte; die Gefahr schwerer Sexualdelikte sei bei dem Angeklagten deutlich geringer ausgeprägt. Dies genüge nicht den strengen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht für die bis zu einer Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung vorübergehende weitere Anwendung der gesetzlichen Regelungen zur Anordnung der Sicherungsverwahrung aufgestellt habe.
Mit ihrer auf die Rechtsfolgen beschränkten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision rügt die Staatsanwaltschaft, dass das Landgericht von der Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten abgesehen hat. Das Landgericht habe die Schwere der von dem Angeklagten mit hochgradiger Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Straftaten falsch beurteilt, weil es dabei die bestehenden Vorstrafen und die wiederholten Verstöße des Angeklagten gegen Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht außer Acht gelassen habe.
*§ 66 Abs. 1 StGB
Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b) unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c) den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2. der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.
Verhandlungstermin: 12. März 2013
II ZR 73/11 und II ZR 74/11
LG Dortmund - Urteile vom 22. Juli 2010 – 18 O 162/09 und 18 O 163/09
OLG Hamm - Urteile vom 9. März 2011 – I-8 U 132/10 und I-8 U 133/10
In den zur Entscheidung stehenden Verfahren verlangen zwei Beteiligungsgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co KG, deren Gesellschaftszweck jeweils der Betrieb eines Containerschiffs war, die Rückzahlung von Ausschüttungen von der Beklagten, die von ihrem Ehemann dessen Kommanditanteile an den Klägerinnen mit deren Zustimmung erworben hat.
§ 11 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerinnen lautet:
"Unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust schüttet die Gesellschaft für den Fall, dass die Liquiditätslage es zulässt, ab 1995 einen Betrag in Höhe von voraussichtlich
7,0% in den Jahren 1995 bis 2000
7,5% 2001
8,0% 2002
9,0% 2003
10,0% 2004
des Kommanditkapitals p.a. an die Gesellschafter aus, der auf Darlehenskonto gebucht wird. Sofern ein Gesellschafter im Hinblick auf das Wiederaufleben der Haftung auf diese Entnahmen verzichtet, entfällt für ihn insoweit die Bildung der Darlehensverbindlichkeit."
Nachdem die Beteiligungsgesellschaften in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, beschlossen die Gesellschafterversammlungen im Rahmen eines Restrukturierungskonzepts die Rückforderung der an die Kommanditisten auf der Grundlage dieser Satzungsregelung ausgezahlten Beträge.
Die Klagen hatten in beiden Instanzen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die gesellschaftsvertragliche Regelung dahin ausgelegt, dass die gewinnunabhängigen Ausschüttungen den Gesellschaftern im Verhältnis zur Klägerin nicht unentziehbar verbleiben sollten.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der Beklagten gegen die Berufungsurteile zugelassen.
Verhandlungstermin: 13. März 2013
VIII ZR 186/12
LG Duisburg - Urteil vom 14. Oktober 2011 – 13 O 29/11
OLG Düsseldorf - Urteil vom 6. Juni 2012 – I-3 U 63/11
Die Klägerin kaufte von dem Beklagten am 25. Januar 2011 ein gebrauchtes Wohnmobil zu einem Preis von 7.500 €. Im Kaufvertrag heißt es u.a.: "Für das Fahrzeug besteht keine Garantie."
An der Windschutzscheibe des Wohnmobils befand sich eine gelbe Umweltplakette (Feinstaubplakette Schadstoffgruppe 3). Über diese sprachen die Parteien bei den Kaufverhandlungen. Der Beklagte räumt ein, dass die Klägerin wegen der Plakette nachgefragt habe. Er habe gesagt, dass die Plakette bei seinem Erwerb des Fahrzeugs vorhanden gewesen sei und er deshalb nicht wisse, warum das Fahrzeug diese Plakette nicht wieder bekommen solle. Bei einem zweiten Besuch der Klägerin habe er gesagt, er gehe davon aus, dass das Fahrzeug die gelbe Plakette wiederbekomme, weil es bereits diese gelbe Plakette habe.
Bei der Ummeldung des Fahrzeugs erhielt die Klägerin keine neue gelbe Plakette. Die Herstellerfirma des Wohnmobils teilte ihr auf Nachfrage mit, dass der Motor des Fahrzeugs keine Euronorm erfülle, dieses deshalb als "nicht schadstoffarm" eingestuft werde, eine Plakette nicht zugeteilt werden könne und auch eine Umrüstung nicht möglich sei.
Die Klägerin erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 11. März 2011 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten unter Fristsetzung zum 21. März 2011 zur Rückabwicklung auf, was dieser ablehnte.
Die Klage der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages hatte in den Instanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Parteien keine Beschaffenheit des Fahrzeugs in dem Sinne vereinbart hätten, dass dieses berechtigt sei, die gelbe Plakette zu führen. Der Umstand, dass die Klägerin für das Fahrzeug keine gelbe Schadstoffplakette erhalten könne, stelle zwar einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB* dar; auf diesen könne die Klägerin ihren Rücktritt aber nicht stützen, da die Haftung für Sachmängel im Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen sei.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
*§ 434 BGB: Sachmangel
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,
1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
…
Verhandlungstermin: 13. März 2013
VIII ZR 172/12
LG Bochum - Urteil vom 4. September 2009 – I-4 O 73/08
OLG Hamm - Urteil vom 24. April 2012 – I-28 U 197/09
Der Kläger erwarb von der Beklagten, einer gewerblichen Autohändlerin, am 6. Dezember 2005 zu einem Preis von 17.900 € einen Oldtimer Daimler Benz 280 SE, der ihm am 10. Dezember 2005 übergeben wurde. In der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden "Verbindlichen Bestellung" ist unter der Rubrik "Ausstattung" ausgeführt "positive Begutachtung nach § 21c StVZO (Oldtimer) im Original".
Am 12. Oktober 2005 hatte die Beklagte das Fahrzeug zum Zweck der Begutachtung nach § 21c StVZO ("Oldtimerzulassung") beim TÜV vorführen lassen. Dieser hatte zunächst eine erneute Vorführung des Fahrzeugs nach Behebung beanstandeter Mängel (Korrosionsschäden an Rahmen und tragenden Teilen) angeordnet. Bei der erneuten Vorführung am 14. Oktober hatte die Beklagte sodann eine gemäß § 21c Abs. 1 Satz 5 StVZO* die Hauptuntersuchung ersetzende positive Begutachtung erhalten.
Im September 2007 wurde der Kläger anlässlich verschiedener durchzuführender Arbeiten auf erhebliche Durchrostungsschäden aufmerksam. Ein von ihm eingeschalteter Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass massive Korrosionsschäden nicht fachgemäß repariert und durch starken Auftrag von Unterbodenschutz kaschiert worden seien.
Der Kläger hat Zahlung der (nach seiner Behauptung) für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Oldtimers erforderlichen Kosten in Höhe von 34.344,75 € nebst Zinsen verlangt.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 33.300 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Parteien keine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB** mit dem Inhalt getroffen hätten, dass das Fahrzeug in einem Zustand sei, der die Erteilung der TÜV-Bescheinigung rechtfertige. Die in die Rubrik "Ausstattung" der "Verbindlichen Bestellung" aufgenommene Bestimmung beziehe sich lediglich auf die Aushändigung des Dokuments zur TÜV-Begutachtung vom 14. Oktober 2005. Dieses habe der Kläger erhalten. Ein weitergehender Inhalt sei der Vereinbarung nicht beizumessen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
*§ 21c StVZO: Gutachten für die Erteilung einer Betriebserlaubnis als Oldtimer [bis zum 28. Februar 2007 geltende Fassung]
(1) Für die Erteilung einer Betriebserlaubnis als Oldtimer gelten die §§ 20 und 21. Zusätzlich ist das Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen erforderlich. Dieses Gutachten muss mindestens folgende Angaben enthalten:
-die Feststellung, dass dem Fahrzeug ein Oldtimerkennzeichen nach § 23 Abs. 1c zugeteilt werden kann,
-den Hersteller des Fahrzeugs einschließlich seiner Schlüsselnummer,
-die Fahrzeugidentifizierungsnummer,
-das Jahr der Erstzulassung,
-den Ort und das Datum des Gutachtens,
-die Unterschrift mit Stempel und Kennnummer des amtlich anerkannten Sachverständigen.
Die Begutachtung ist nach einer im Verkehrsblatt nach Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden bekanntgemachten Richtlinie durchzuführen und das Gutachten nach einem in der Richtlinie festgelegten Muster auszufertigen. Im Rahmen der Begutachtung ist auch eine Untersuchung im Umfang einer Hauptuntersuchung nach § 29 durchzuführen, es sei denn, daß mit der Begutachtung gleichzeitig ein Gutachten nach § 21 erstellt wird.
…
**§ 434 BGB: Sachmangel
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. …
Verhandlungstermin: 19. März 2013
VI ZR 56/12
LG Landau in der Pfalz - Urteil vom 28. April 2011 - 4 O 32/10
Pfälzisches OLG Zweibrücken - Urteil vom 12. Januar 2012 - 4 U 75/11
Der Kläger ist Mitglied einer Winzergemeinschaft. Er nimmt die Beklagten als ehemalige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der zwischenzeitlich insolventen L. GmbH & Co. KG wegen des von ihm bei der Schuldnerin eingezahlten und aufgrund der Insolvenz nicht zurückerhaltenen "Winzergelds" auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Winzergemeinschaft verpflichtete sich mit Liefer- und Abnahmevertrag vom 1. September 1983 zur Lieferung von Weintrauben an die Schuldnerin. Der Vertrag wurde mit Vereinbarung vom 6. Oktober 1989 unter anderem um die Regelung ergänzt, dass für den Fall, dass ein Mitglied der Winzergemeinschaft (Erzeuger) einen Teil oder den Gesamterlös seiner Ernte bei der Schuldnerin stehen lässt, dieser Betrag mit 5 % verzinst wird und der Zinssatz mit steigendem und fallendem Kreditzins gleitend sein soll.
Bei der Schuldnerin war es bereits seit den 1970er Jahren ständige Geschäftspraxis, dass eine Vielzahl von Erzeugern aus der Winzergemeinschaft (im Durchschnitt 160 bis 300 Winzer) jeweils einen Teil des Entgelts für die Ablieferung ihrer Trauben als jederzeit abrufbare "Einlage" gegen Verzinsung stehen ließen, damit die Schuldnerin mit dem Kapital wirtschaften konnte. Noch im Jahre 2007 hatten mindestens 50 Erzeuger "Winzergelder" in Höhe von insgesamt etwa 2.500.000 € ohne bankübliche Sicherheiten bei der Schuldnerin einbezahlt. Eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz besaßen die Schuldnerin beziehungsweise ihre Komplementär-GmbH nicht.
Nachdem der Kläger auf seine ursprünglich getätigten Einzahlungen in Höhe von zuletzt 81.447,67 € nach der Insolvenz der Schuldnerin teilweise Entschädigungsleistungen von dritter Seite erhalten hat, verlangt er von den Beklagten Ersatz des Restbetrags von 51.085,75 € Zug um Zug gegen Abtretung seiner im Insolvenzverfahren der Schuldnerin festgestellten Ansprüche. In diesem Umfang hatte die Klage in den Vorinstanzen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei den vom Kläger eingezahlten Geldern um Einlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, so dass die Beklagten durch die Annahme der Gelder ohne die dafür erforderliche Erlaubnis gegen § 32 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, Abs. 2 KWG verstoßen hätten und dem Kläger deswegen deliktisch zum Schadensersatz verpflichtet seien.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klagabweisungsantrag weiter. Der für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird nunmehr darüber zu befinden haben, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts zutreffend ist.
Verhandlungstermin 19. März 2013
VI ZR 93/12
Landgericht Köln - Urteil vom 22. Juni 2011 – 28 O 956/10
OLG Köln - Urteil vom 14. Februar 2012 – 15 U 123/11
(veröffentlicht in ZUM 2012, 330 und in MMR 2012, 768)
Der Kläger war bis zu seiner Verhaftung im März 2010 wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer damaligen Freundin als Fernsehmoderator und Journalist tätig. Er betrieb außerdem ein Unternehmen, das meteorologische Daten erfasst und vertreibt.
Kurz nach seiner Verhaftung begann eine intensive Medienberichterstattung über das gegen ihn wegen schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung geführte Ermittlungsverfahren und den anschließenden Strafprozess sowie über sein bis zu diesem Zeitpunkt der breiten Öffentlichkeit unbekanntes Privatleben, insbesondere seine Beziehungen mit Frauen. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil wurde er von den Tatvorwürfen freigesprochen.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Beklagte auf Unterlassung wegen Äußerungen in einem am 13. Juni 2010 auf der von der Beklagten betriebenen Internetseite aufrufbar gestellten Artikel mit der Überschrift "Magazin "Focus" veröffentlicht intime Details - Der K. Krimi: Neue Indizien aus der Tatnacht" in Anspruch genommen. Anlass des Artikels waren bekannt gewordene Passagen der Beschuldigtenvernehmung des Klägers vor dem Ermittlungsrichter am 24. März 2010.
Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Schutz des Persönlichkeitsrechtes des Klägers vor Indiskretionen aus seinem Intimbereich sei höher zu bewerten als das Berichterstattungsinteresse der Beklagten. Es hat die Revision zugelassen, weil höchstrichterlich noch nicht entschieden sei, ob und in welchem Umfang die Erörterung von privaten, das Persönlichkeitsrecht des an einem Gerichtsverfahren Beteiligten berührenden Umständen in öffentlicher Verhandlung, insbesondere in einer Strafverhandlung, eine Berichterstattung unter dem Gesichtspunkt der Presse- und Informationsfreiheit erlaubt.
Verhandlungstermin: 19. März 2013
X ZR 105/12
LG Frankfurt am Main – Urteil vom 28. Juni 2012 – 2-24 S 48/12
AG Frankfurt am Main – Urteil vom 3. Februar 2012 – 32 C 1418/11 (18)
Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat hat über Ausgleichszahlungen einer Flugreisenden nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c*, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c** der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) wegen einer Flugverspätung zu entscheiden.
Die Klägerin buchte bei der Beklagten mit Sitz in der Schweiz einen Flug ab Frankfurt am Main über Zürich nach Yaundé in Kamerun mit Umstieg in Duala. Der Flug von Frankfurt am Main zum Abflughafen des ersten Anschlussflugs war planmäßig, jedoch verspätete sich der Abflug in Zürich um etwas mehr als sechs Stunden. Die Klägerin erreichte den Flug in Duala nicht mehr und wurde mit dem Bus weiterbefördert, der erst gegen Abend des Folgetags in Yaundé eintraf.
Die Klägerin hat eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 € nach der Verordnung geltend gemacht, da sie wegen der Ankunftsverspätung am Endziel nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bei der Anwendung des Ausgleichsanspruchs den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden müsste. Es liege ein einheitlicher Flug von Frankfurt am Main zum jeweiligen Endziel vor. Daher sei das Amtsgericht Frankfurt am Main als Gericht des maßgeblichen Abflugorts international zuständig und die Verordnung gemäß Art. 3 Abs. 1a der Verordnung*** anwendbar. Soweit man annähme, dass der Anspruch eine Abflugverspätung voraussetze, sei die Abflugverspätung bei dem Anschlussflug ausreichend. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es handele sich um selbständige Flüge, so dass ausschließlich auf den verspäteten Abflug bei dem Anschlussflug ab Zürich abzustellen und die Verordnung nicht anwendbar sei.
Das Amtsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil mit der Maßgabe abgeändert, dass die zulässige Klage in der Sache keinen Erfolg hat.
Das Landgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Bei der Beförderung von Personen im Luftverkehr, bei der der Abflugort für die Zuständigkeit maßgebender Erfüllungsort sein könne, könne auf den ersten vertragsgemäßen Abflugort, hier Frankfurt am Main, als maßgebenden Erfüllungsort auch dann abgestellt werden, wenn sich die Flugverspätung im Rahmen eines Anschlussfluges an einem anderen Ort ereigne. Doch bestehe der geltend gemachte Ausgleichsanspruch nicht, da die Fluggastrechteverordnung nicht anwendbar sei. Denn die Verspätung sei bei dem Anschlussflug und somit nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union eingetreten. Es handele sich nicht um einen einheitlichen Flug von Frankfurt am Main zum Endziel, vielmehr seien drei separate Flüge hintereinandergeschaltet worden, um letztlich das gewünschte Endziel zu erreichen. Ein Anspruch ergäbe sich aber auch dann nicht, wenn man von einem einheitlichen Flug ab Frankfurt ausginge, da eine Abflugverspätung in Frankfurt nicht vorgelegen habe.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung weiter. Sie meint, die Fluggastrechteverordnung sei auch bei einem Abflugort in der Schweiz anwendbar.
*Art. 7 der Verordnung [Ausgleichsanspruch]
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:…
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen. …
**Art. 5 der Verordnung [Annullierung]
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen …
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt …
*** Artikel 3 der Verordnung [Anwendungsbereich]
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten. ...
Verhandlungstermin: 20. März 2013
I ZR 188/11 (Hard Rock Cafe)
LG Mannheim – Urteil vom 7. Mai 2010 – 7 O 275/09
OLG Karlsruhe – Urteil vom 14. September 2011 – 6 U 94/10
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Vernichtung sowie Verzicht auf bestimmte Domainnamen im Zusammenhang mit der Bezeichnung und dem Logo "Hard Rock Cafe" sowie dem Slogan "HELP THE PLANET". Die Klägerinnen, die der weltweit tätigen Hard Rock-Gruppe angehören, betreiben die drei deutschen Hard Rock Cafes in Berlin, München und Köln. Die Klägerin zu 2 ist Inhaberin der Gemeinschaftswortmarke "SAVE THE PLANET" sowie zahlreicher Wort- und Wort/Bildmarken "Hard Rock Cafe" unter anderem der folgenden Wort-/Bildmarke: (hier ist die Bildmarke abgebildet)
Die Klägerin zu 3 hat geltend gemacht, sie sei Inhaberin aller Nutzungsrechte hinsichtlich des im Jahr 1970 von A. A. geschaffenen Logos, das der Wort-/Bildmarke entspricht. Die Beklagten betreiben in Heidelberg ein Restaurant unter der Bezeichnung "Hard Rock Cafe Heidelberg". Sie bewerben es im Internet auf den Seiten www.topausgehen.de und www.hard-rockcafe.de. Die Beklagte zu 2 ist bei der Denic als Inhaberin dieser beiden Domainnamen, der Beklagte zu 3 als Inhaber der Domainnamen www.hardrockcafe-heidelberg.de, www.hardrockcafe-online.de, www.hardrockcafeonline.de und www.hardrockcafe-shop.de registriert. Die Beklagte zu 1 benutzt die Wortfolge "Hard Rock Cafe" sowie das Logo im und an ihrem Restaurant, insbesondere als Eingangsschild, auf der Eingangstür und in den Fenstern und bietet Merchandising-Artikel mit Logo und/oder Wortfolge zum Verkauf an. Jedenfalls verwendet die Beklagte zu 1 das kreisrunde Logo seit ihrer Gründung im Jahr 1978 in Speise- und Getränkekarten sowie auf Gläsern. Die Klägerinnen haben im Jahr 1993 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich ihrer Marken zurückgenommen.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung u.a. gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Ansprüche aus Urheberrecht bestünden nicht, weil das Logo kein schutzfähiges Werk sei. Markenrechtlichen Ansprüchen der Klägerin zu 2 wegen Verletzung der Marken "Hard Rock" und "Hard Rock Cafe" stehe jedenfalls der Einwand der Verwirkung entgegen. Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin zu 1 kämen nicht in Betracht. Die Klageanträge seien teilweise zu weit gefasst, weil mit ihnen den Beklagten auch eindeutig erlaubte Handlungen wie der Betrieb eines China-Restaurants oder einer im bayerischen Stil gehaltenen, rustikal ausgestatteten Ausflugsgaststätte für Sportkletterer unter der Bezeichnung "Hard Rock" verboten werden solle. Hinsichtlich eines Klageantrags sei fraglich, ob er im Hinblick auf die Verwendung der Worte "Merchandising-Artikel oder Souvenirs" hinreichend bestimmt sei. Jedenfalls sei der Antrag aber zu weit und damit unbegründet, weil er jede denkbare Gestaltung des Aufdrucks "Hard Rock Cafe" umfasse. Der auf das Verbot des Vertriebs der Merchandising-Artikel gerichtete Antrag sei auch nicht aus §§ 3, 5 Abs. 1, 2 UWG begründet. Mit ihrer Revision verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.
Verhandlungstermin: 20. März 2013
I ZR 84/11 (Gesamtvertrag mit Einzelabrechnung)
OLG München – Urteil vom 24. März 2011 – 6 WG 12/09
ZUM-RD 2011, 603
Die Klägerin, die VG Wort, nimmt in ihrer Funktion als Verwertungsgesellschaft die Beklagten Bundesländer als Träger diverser Hochschuleinrichtungen auf Abschluss eines Gesamtvertrages zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG für die öffentliche Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken in Anspruch. Die Klägerin hat einen Tarif erlassen, der eine Einzelabrechnung vorsieht. Nach diesem Tarif sollten die Beklagten eine Vergütung in Höhe von 0,125 € pro Seite und Unterrichtsteilnehmer zahlen, die öffentlich zugänglich gemacht wurde. Auch sollten die Beklagten jeweils Auskunft über den Umfang der Nutzungen erteilen. Die beklagten Bundesländer wenden sich insbesondere gegen die individuelle Abrechnung nach Seite und Unterrichtsteilnehmer und favorisieren eine Pauschalabgeltung der Ansprüche der Klägerin.
Das Oberlandesgericht hat auf Antrag der Klägerin einen Gesamtvertrag mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 festgesetzt. Darin sieht es eine Einzelvergütung vor, weil dies angemessen sei. Hinsichtlich weitergehender Ansprüche der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Klage teilweise abgewiesen. Mit ihren Revisionen wenden sich beide Parteien gegen das Urteil und verfolgen ihre jeweiligen Klageziele weiter.
§ 52a UrhG
(1) Zulässig ist,
1.veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern oder
2.veröffentlichte Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften ausschließlich für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung
öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.
…
(4) Für die öffentliche Zugänglichmachung nach Absatz 1 ist eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.
Verhandlungstermin: 20. März 2013
IV ZR 162/12
LG Leipzig vom 19. April 2012 – 3 S 571/11
AG Oschatz vom 22. September 2011 – 2 C 390/10
und
IV ZR 265/12
LG Cottbus vom 20. Juni 2012 – 1 S 142/11
AG Lübben vom 28. Juli 2011 – 20 C 226/10
Der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich mit der Frage zu befassen haben, ob gesonderte Kostenausgleichsvereinbarungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bei Abschluss eines Vertrages über eine fondsgebundene Renten- oder Lebensversicherung zulässig sind.
In den zur Beurteilung anstehenden Fällen bot der in Liechtenstein ansässige Lebensversicherer in Deutschland wohnenden Kunden den Abschluss von (fondsgebundenen) Rentenversicherungen an. Die auf einem einheitlichen Formular aufgenommenen Anträge beinhalteten zum einen den Versicherungsvertrag sowie zum anderen eine sogenannte Kostenausgleichsvereinbarung. In dieser verpflichtete sich der Versicherungsnehmer, einen bestimmten Betrag für Abschluss- und Einrichtungskosten in 48 monatlichen Raten an den Versicherer zu zahlen. Bereits im Antrag ist hinsichtlich der Kostenausgleichsvereinbarung bestimmt, dass die Auflösung des Versicherungsvertrages grundsätzlich nicht zu deren Beendigung führt und diese auch nicht kündbar ist.
Die Versicherungsnehmer erklärten jeweils bereits nach wenigen Monaten die Kündigung, teilweise widerriefen sie auch ihre Vertragserklärungen. Die Klägerin hat daraufhin die restlichen Raten aus der Kostenausgleichsvereinbarung fällig gestellt, abgezinst und den Restwert eingeklagt. Zwischen den Parteien ist im wesentlichen streitig, ob die Kostenausgleichsvereinbarung mit der gesetzlichen Regelung zum Rückkaufswert in § 169 VVG zu vereinbaren, der Ausschluss des Kündigungsrechts zulässig und die Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit inhaltlich zutreffend ist.
Im Verfahren IV ZR 162/12 haben die Vorinstanzen der Klage stattgegeben, im Verfahren IV ZR 265/12 ist sie vor dem Berufungsgericht erfolglos geblieben. Mit ihren von den Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihr Begehren, soweit sie in den Vorinstanz unterlegen sind, weiter.
§ 169 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
…
(3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; …
…
(5) Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten ist unwirksam.
Verhandlungstermin: 21. März 2013
VII ZR 230/11
LG Schweinfurt - Urteil vom 3. Mai 2011 - 24 O 134/00
OLG Bamberg - Urteil vom 2. November 2011 - 3 U 100/11
Der Beklagte beauftragte 1998 einen Architekten schriftlich mit der Genehmigungsplanung für ein Wohnhaus. Die vom Architekten vorgelegte Planung wurde nicht realisiert. Nach der Behauptung des Beklagten war sie für ihn unbrauchbar, weil sie mit Baukosten von ca. 1,6 Mio. DM weit über seinen Kostenvorstellungen gelegen habe und dieser Betrag für ihn nicht finanzierbar gewesen sei. Der Architekt stellte dem Beklagten die erbrachten Planungsleistungen in Rechnung und erhob gegen ihn schließlich Klage. Da der Architekt im Laufe des Rechtsstreits verstorben ist, verfolgt seine Ehefrau die Klage auf Zahlung von Architektenhonorar von zuletzt 27.887,89 € als seine Rechtsnachfolgerin weiter.
Das Landgericht hat der Honorarklage in Höhe von 27.887,89 € stattgegeben. Das Berufungsgericht hat der Klägerin schließlich 25.940,56 € zugesprochen. Es hat den Einwand des Beklagten, die Planung sei für ihn unbrauchbar gewesen, nicht gelten lassen. Eine vom Architekten bei seiner Planung einzuhaltende Bausummenobergrenze von 800.000 DM sei nicht vereinbart worden. Die Revision macht u.a. geltend, eine mangelhafte Planung liege nicht nur dann vor, wenn eine vereinbarte Bausummenobergrenze nicht eingehalten sei, sondern auch dann, wenn die bekannt gewordenen Kostenvorstellungen des Bauherrn nicht beachtet worden seien. Diese Kostenvorstellungen hätte der Beklagte in Gesprächen mit dem Architekten in Höhe von 800.000 DM zum Ausdruck gebracht.
Verhandlungstermin: 27. März 2013
I ZR 222/11 (focus hören)
LG Augsburg – Urteil vom 31. März 2011 – 1 HKO 3514/09
OLG München – Urteil vom 10. November 2011 – 29 U 1614/11
WRP 2012, 579
Die Klägerin und die Beklagten sind im zulassungspflichtigen Hörgeräteakustikerhandwerk tätig. Im Jahr 2009 war für die jeweils von 9 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr geöffneten Geschäften der Beklagten in Dillingen und im 26 Straßenkilometer entfernten Günzburg derselbe Hörgeräteakustik-Meister eingesetzt. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das "Teilen" eines Meisters für zwei Geschäfte stelle einen Verstoß gegen die Handwerksordnung dar und sei irreführend, weil die Beklagte verpflichtet sei, während ihrer Öffnungszeiten ständig einen Meister präsent zu haben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, die angegriffene Verhaltensweise der Beklagten sei irreführend. Der verständige Durchschnittsverbraucher gehe, wenn er das geöffnete Ladengeschäft eines Hörgeräteakustikerbetriebes sehe, davon aus, dass er dort alle normalen Hörgeräteakustikerleistungen fachgerecht erhalten kann, wenn er das Geschäft betritt. Er erwarte, dass derjenige, der zur Ausübung des Hörgeräteakustikerhandwerks berechtigt sei, grundsätzlich vor Ort verfügbar sei. Diese Erwartung werde regelmäßig enttäuscht, weil der entsprechende Meister jeweils nur in einem der beiden Ladengeschäfte anwesend sein könne. Ob auch ein Rechtsbruch im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen die Handwerksordnung vorliege, könne offen bleiben. Die Beklagten verfolgen im Rahmen der vom Senat zugelassenen Revision ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Verhandlungstermin: 9. April 2013
II ZR 273/11
OLG Düsseldorf – Urteil vom 24. November 2011 – 14 U 27/11
LG Düsseldorf – Urteil vom 2. November 2010 – 35 O 28/09
Der Kläger war zunächst Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Stadtsparkasse Düsseldorf, dann Geschäftsführer der beklagten GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Tochtergesellschaft ist. Gegen Ende des Jahres 2000 legte der Kläger dem Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse einen später vom Kläger unterzeichneten Beratervertrag der Tochtergesellschaft mit einem Kölner Kommunalpolitiker für die beabsichtigte Auflage eines Fonds unter Beteiligung der Stadtsparkasse Düsseldorf, ihrer Tochtergesellschaft und der Stadtsparkasse Köln vor. Der Kommunalpolitiker erhielt ein jährliches Honorar von 200.000 DM, das vereinbarungsgemäß von der Stadtsparkasse Köln erstattet wurde. Im Jahr 2004 wurde der Beratervertrag mit teilweiser Rückwirkung aufgehoben.
Nach der Veröffentlichung von Presseberichten, nach denen es sich um einen Scheinberatervertrag gehandelt habe und die zum Rücktritt des Kommunalpolitikers als Bürgermeister führten, wurde der Kläger am 16. Februar 2009 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen und sein Anstellungsvertrag fristlos gekündigt.
Der Kläger verlangt die Feststellung, dass die Kündigung seines Dienstverhältnisses unwirksam sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass die Kündigung des Dienstvertrages unwirksam sei. Unter anderem hat es ausgeführt, die fristlose Kündigung sei nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet, soweit sie auf den Abschluss eines Scheinberatervertrages gestützt sei. Die für eine fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses mit dem Kläger zuständigen neuen Geschäftsführer der Tochtergesellschaft hätten in einem Schreiben vom 12. Februar 2004 gegenüber dem Kommunalpolitiker der Aufhebung des Beratervertrags zugestimmt und sich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bedankt. Durch dieses Schreiben sei dokumentiert, dass sie die Hintergründe gekannt und sogar gebilligt hätten. Jedenfalls hätten sie bereits damals Ermittlungen durchführen müssen. Verfehlungen bei der Aufdeckung der Vorgänge im Jahr 2009 seien dem Kläger nicht anzulasten.
Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
§ 626 BGB lautet:
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt…
Verhandlungstermin 11. April 2013
VII ZR 355/12
Amtsgericht Wedding - Urteil vom 18. August 2011 – 17 C 433/10
LG Berlin – Urteil vom 27. April 2012 – 50 S 53/11
Die Klägerin verfolgt gegenüber der Beklagten einen Restanspruch auf das vereinbarte Reinigungsentgelt aus einem Vertrag über den Winterdienst für den Gehsteig, den Hofeingang und den Weg zum Fahrradständer für ein Grundstück in Berlin. Der Vertragsinhalt richtete sich darauf,
"gemäß den Pflichten des Straßenreinigungsgesetzes bzw. der jeweiligen kommunalen Satzung von Schnee- und Eisglätte freizuhalten und bei Winterglätte mit abstumpfenden Stoffen zu bestreuen…"
Nr. 4 der von der Klägerin verwendeten "Vertragsbedingungen für die Ausführung von Winterdienstarbeiten" sieht vor:
"Der Auftragnehmer erklärt, dass er aufgrund des jeweils gültigen Straßengesetzes über die Schneereinigung die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Schnee-, Eisglätte und Eisglättebekämpfung auf den vertraglich vereinbarten Reinigungsflächen übernimmt und gegen Haftbarmachung versichert ist."
Nr. 14 Satz 3 der Vertragsbedingungen bestimmt:
"Die Gewährleistungsansprüche der Auftraggeber werden dahingehend beschränkt, dass sie zunächst nur Nachbesserung verlangen können. Lediglich im Fall wiederholten Fehlschlagens der Nachbesserung kann der Auftraggeber nach seiner Wahl Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages verlangen."
Der Beklagte hat gegen die Vergütungsforderung eingewandt, dass die Klägerin an näher bezeichneten Tagen die vereinbarte Leistung nicht erbracht habe.
Das Amtsgericht hat der Vergütungsklage stattgegeben. Es hat in erster Linie darauf abgestellt, dass es sich bei dem Winterdienstvertrag um einen Dienstvertrag handele. Außerdem sei ein pauschales Entgelt vereinbart worden, welches nicht von der tatsächlichen Räumung abhängig sei. Eine Minderung des Entgelts scheide daher aus. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird nunmehr darüber zu befinden haben, ob die Beurteilung der Instanzgerichte zutreffend ist.
Verhandlungstermin: 11. April 2013
5 StR 261/12
Landgericht Potsdam – Urteil vom 8. Dezember 2011 – 25 KLs 4/10 456 Js 47221/05
Revisionshauptverhandlung nach Freispruch eines Richters und eines Staatsanwalts vom Vorwurf der Rechtsbeugung
Das Landgericht Potsdam hat einen 45 Jahre alten Richter und einen 55 Jahre alten Oberstaatsanwalt vom Vorwurf der Rechtsbeugung in Tateinheit mit schwerer Freiheitsberaubung freigesprochen. Eine zunächst ergangene Verurteilung beider zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren bzw. einem Jahr und acht Monaten hatte der Senat wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 – 5 StR 555/09; Pressemitteilung Nr. 158/2010).
In dem nunmehr ergangenen Urteil hat das Landgericht zum Teil abweichende tatsächliche Feststellungen getroffen. Auf deren Grundlage ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Angeklagten zwar erhebliche Verfahrensverstöße begangen, den Rechtsbeugungstatbestand aber gleichwohl nicht verwirklicht hätten, da ausreichende Anhaltspunkte für eine den Verfahrensfehlern zugrunde liegende sachwidrige Motivation und die Gefahr einer falschen Entscheidung zum Nachteil der Betroffenen nicht gegeben seien. Bei dieser Bewertung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die in erster Linie in Frage stehenden Entscheidungen – die Beantragung bzw. der Erlass von Haftbefehlen durch die Angeklagten – inhaltlich zumindest vertretbar gewesen seien.
Die Hauptverhandlung über die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger, zweier von den damaligen Verhaftungen betroffener Beteiligter, findet am 11. April 2013 um 11.00 Uhr vor dem 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig statt.
Verhandlungstermin: 11. April 2013
I ZR 214/11 (Volks.Inspektion)
LG München I – Urteil vom 22. Februar 2011 – 33 O 5562/10
OLG München – Urteil vom 20. Oktober 2011 – 29 U 1499/11
GRUR-RR 2011, 449 = WRP 2012, 354
Die Klägerin ist die Volkswagen AG. Sie ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarken und der deutschen Marken "Volkswagen", die für die Dienstleistungen "Reparaturwesen, insbesondere Reparatur, Wartung und Pflege von Fahrzeugen" sowie "Kraftfahrzeugteile" eingetragen sind. Die Beklagte zu 1 betreibt den Internetauftritt der BILD-Zeitung. Die Beklagte zu 2 betreibt ein Filialnetz markenunabhängiger Kraftfahrzeugwerkstätten mit angeschlossenen Fachmärkten und einem Onlineshop für Automobilzubehör. Die Beklagte zu 1 ist Inhaberin der Wort-/Bildmarke "Volks.Inspektion" und der Wort-/Bildmarke "Volks.Reifen". Im Frühjahr 2009 führte die Beklagte zu 1 unter der Bezeichnung "Volks-Inspektion" zusammen mit der Beklagten zu 2 eine Aktion durch, in deren Rahmen Verbraucher Wertgutscheine über 49 € für die Durchführung einer Inspektion an ihrem Kraftfahrzeug erwerben konnten, die die Beklagte zu 2 einlöste. In der Aktion wurde die Beklagte zu 2 als "Volks-Werkstatt" bezeichnet. Die Beklagte zu 1 ließ den Domainnamen "volks-werkstatt.de" auf sich registrieren. Eine weitere Aktion führten die Beklagten im Mai 2009 durch, bei der sie die Bezeichnung "Volks-Reifen" verwendeten.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Bezeichnungen "Volks-Inspektion", "Volks-Reifen" und "Volks-Werkstatt" mit und ohne graphische Gestaltung verletzten ihre Kennzeichenrechte an der Bezeichnung "Volkswagen". Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Vernichtung und Schadensersatz in Anspruch genommen und die Einwilligung in die Löschung der Marken der Beklagten zu 1 begehrt.
Das Landgericht hat die Beklagten im Wesentlichen verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil eine markenmäßige Benutzung der angegriffenen Bezeichnungen zwar vorliege, aber davon auszugehen sei, dass zwischen den Klagemarken und den angegriffenen Bezeichnungen keine Verwechslungsgefahr bestehe. Die Klägerin verfolgt ihre Anträge im Rahmen der vom Senat zugelassenen Revision weiter.
Verkündungstermin: 11. April 2013
(Verhandlungstermin: 10. Januar 2013)
I ZR 152/11 (Internet-Videorecorder)
LG Leipzig - Urteil vom 12. Mai 2006 - 5 O 4391/05
ZUM 2006, 763 = CR 2006, 784
OLG Dresden - Urteil vom 12. Juli 2011 - 14 U 1071/06
Die Klägerin strahlt das Fernsehprogramm "RTL" aus. Die Beklagte bietet seit März 2005 auf ihrer Internetseite unter der Bezeichnung "Shift.TV" einen "internetbasierten Persönlichen Videorecorder" zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an. Damit kann ein Kunde aus den über Antennen frei empfangbaren Fernsehprogrammen - auch dem der Klägerin - Sendungen auswählen, abspeichern lassen und über das Internet beliebig oft ansehen oder herunterladen.
Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten u. a. eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 1 UrhG zustehenden Rechts, ihre Funksendungen weiterzusenden und auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und - zur Vorbereitung einer Schadensersatzklage - auf Auskunft in Anspruch.
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage weitgehend stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder). Das Berufungsgericht hat die Beklagten daraufhin verurteilt, es zu unterlassen, das Fernsehprogramm der Klägerin weiterzusenden. Das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen aufzunehmen, werde durch das Angebot der Beklagten allerdings nicht verletzt, weil - so das Berufungsgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - der private Nutzer Hersteller der Aufzeichnung sei. Dieser löse durch seine Programmierung der Aufzeichnung einen rein technischen Vorgang aus, der - wie die Beweisaufnahme ergeben habe - vollständig automatisiert ablaufe. Diese Vervielfältigung sei daher von der Privatkopieschranke (§ 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG) gedeckt. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagten jedoch das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, verletzt hat. Eine Weitersendung durch die Beklagten liege vor, weil die Sendesignale der Funksendungen von der Beklagten empfangen und an den Online-Videorecorder, der dem Bereich des Kunden als Hersteller der vollautomatischen Aufzeichnung zuzuordnen sei, zeitgleich weitergeleitet würden. Diese Werkübermittlung entspreche einer Werknutzung durch öffentliche Wiedergabe.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Mit ihrer Anschlussrevision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
§ 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG
Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.
§ 87 Abs. 1 UrhG
Das Sendeunternehmen hat das ausschließliche Recht,
1.seine Funksendung weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen,
2.seine Funksendung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, Lichtbilder von seiner Funksendung herzustellen sowie die Bild- oder Tonträger oder Lichtbilder zu vervielfältigen und zu verbreiten, ausgenommen das Vermietrecht,
…
Verhandlungstermin: 23. April 2013
II ZR 74/12
OLG Hamburg – Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 U 10/10
LG Hamburg – Urteil vom 10. Juli 2009 – 315 O 258/08
Der Kläger ist ein deutscher Berufsboxsportverband. Der Beklagte ist Mitglied des Klägers, verfügte seit 1999 über eine Lizenz als aktiver Berufsboxer und war Deutscher Meister im Schwergewicht. Nachdem er sich nach einer K.-o.-Niederlage in einem Kampf am 27. April 2007 einer vertrauensärztlichen Untersuchung unterzogen hatte, entzog ihm der Vorstand des Klägers durch Beschluss vom 13. August 2007 unter Berufung auf § 3 Abs. 1 seiner sportlichen Regeln mit sofortiger Wirkung die Lizenz.
§ 3 Abs. 1 der sportlichen Regeln des Klägers lautet:
"Berufsboxer, deren Fähigkeiten nicht mehr den Leistungsanforderungen entsprechen, die man billigerweise an einen Berufsboxer stellt, und bei denen aufgrund dessen eine gesundheitliche Gefährdung zu befürchten ist, haben sich … einer vertrauensärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Ergeben sich in dieser Untersuchung medizinische Bedenken, kann die Lizenz des Boxers für gewisse Zeit oder auf Dauer entzogen werden."
Der Berufungsausschuss des Klägers hob am 13. November 2007 auf Antrag des Beklagten den Vorstandsbeschluss auf. Trotz dieser Entscheidung verweigerte der Kläger dem Beklagten in zwei Fällen eine Erlaubnis für die Teilnahme an einer Boxveranstaltung und erteilte sie erst nach Erlass einstweiliger Verfügungen.
Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass er dem Beklagten mit Vorstandsbeschluss vom 13. August 2007 die Lizenz zu Recht entzogen habe. Der Beklagte hat widerklagend Schadensersatz in Höhe von 256.999,57 Euro, Feststellung der Ersatzpflicht des Klägers für weitere Schäden und wegen der Leugnung der Tatsache, dass der Beklagte amtierender Deutscher Meister im Schwergewicht sei, Ersatz eines immateriellen Schadens in Höhe von mindestens 50.000 Euro verlangt.
Das Landgericht hat durch Teilurteil den Feststellungsantrag des Klägers abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass das Lizenzverhältnis zwischen den Parteien seit dem 13. August 2007 nicht mehr bestehe.
Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte den Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Verhandlungstermin: 14. Mai 2013
X ZR 15/11
OLG Bremen – 3 U 13/10 – Urteil vom 24. Januar 2011
LG Bremen – 7 O 1674/08 – Urteil vom 28. Januar 2010
Der Kläger betreibt ein Touristikunternehmen, die Beklagte veranstaltet Fluss- und Seekreuzfahrten. Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Kreuzfahrt "Sommer in Grönland", die vom 3. bis 16. August 2007 stattgefunden hat. Während der Kreuzfahrt kam es zu Abweichungen von der ursprünglichen Reiseplanung, z.B. wurden andere Fahrtrouten gewählt als vorgesehen oder geplante Landgänge entfielen. Die Parteien streiten über die Gründe, die zu den Änderungen führten sowie deren Bewertung als Reisemängel. Der Kläger, der sich die Ansprüche seiner Kunden abtreten ließ, macht u.a. eine Minderung nach § 651d BGB** von 80 % des gezahlten Reisepreises, Kosten, die einzelnen Reisenden durch Kündigung und Abbruch der Reise entstanden sind, und Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geltend. Von der Haftpflichtversicherung der Beklagten sind außergerichtlich 40 % des Reisepreises erstattet worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Reise sei zwar mangelhaft im Sinne des § 651c Abs. 1 BGB* gewesen, die Mängel seien aber durch die geleisteten Zahlungen abgegolten. Bei wertender Betrachtung der einzelnen Programmpunkte und des insgesamt mit der Reise verbundenen Urlaubserlebnisses sei der grundlegende Charakter der Reise als "Grönland-Kreuzfahrt" nicht in Frage gestellt gewesen. Eine objektiv erhebliche Beeinträchtigung der gesamten Reise, die diese als Ganzes entwertet hätte, liege nicht vor, so dass Schadensersatzansprüche und Ansprüche wegen vertaner Urlaubszeit nicht gegeben seien. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.
*§ 651c Abs. 1 BGB lautet:
Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
**§ 651d Abs. 1 Satz 1 BGB lautet:
Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3.
Verhandlungstermin: 16. Mai 2013
I ZR 129/08 (UsedSoft)
LG München I - Urteil vom 15. März 2007 – 7 O 7061/06
ZUM 2007, 409 = CR 2007, 356
OLG München - Urteil vom 3. Juli 2008 – 6 U 2759/07
ZUM 2009, 70 = CR 2008, 551
Die Klägerin entwickelt Computersoftware, die sie ganz überwiegend in der Weise vertreibt, dass die Kunden keinen Datenträger erhalten, sondern die Software von der Internetseite der Klägerin auf ihren Computer herunterladen. In den Lizenzverträgen der Klägerin ist bestimmt, dass das Nutzungsrecht, das die Klägerin ihren Kunden an den Computerprogrammen einräumt, nicht abtretbar ist.
Die Beklagte handelt mit "gebrauchten" Softwarelizenzen. Im Oktober 2005 bot sie "bereits benutzte" Lizenzen für Programme der Klägerin an. Dabei verwies sie auf ein Notartestat, in dem auf eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers verwiesen wird, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe. Kunden der Beklagten laden nach dem Erwerb einer "gebrauchten" Lizenz die entsprechende Software von der Internetseite der Klägerin auf einen Datenträger herunter.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze dadurch, dass sie die Erwerber "gebrauchter" Lizenzen dazu veranlasse, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen, das Urheberrecht an diesen Programmen. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vorgelegt, weil die Kunden der Beklagten, die Programme der Klägerin vervielfältigten, sich möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen könnten, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Vorlagefragen dahin beantwortet, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen dahin auszulegen sei, dass das Recht auf die Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms erschöpft ist, wenn der Inhaber des Urheberrechts, der dem möglicherweise auch gebührenfreien Herunterladen dieser Kopie aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt hat, gegen Zahlung eines Entgelts, das es ihm ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen, auch ein Recht, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen, eingeräumt hat. Die Art. 4 Abs. 2 und 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24 seien dahin auszulegen, dass sich der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie berufen können und somit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie anzusehen sind, die vom Vervielfältigungsrecht nach dieser Vorschrift Gebrauch machen dürfen, wenn der Weiterverkauf dieser Lizenz mit dem Weiterverkauf einer von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist und die Lizenz dem Ersterwerber ursprünglich vom Rechtsinhaber ohne zeitliche Begrenzung und gegen Zahlung eines Entgelts überlassen wurde, das es diesem ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Verhandlungstermin: 28. Mai 2013
5 StR 551/11
LG Berlin - Urteil vom 14. Februar 2011 – 2 St B Js 1173/01 KLs (4/05)
Revisionshauptverhandlung nach Freispruch von Berliner Bank-Verantwortlichen vom Vorwurf der Untreue
Die Angeklagten waren Geschäftsführer bzw. Aufsichtsräte der Immobilien- und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH (IBG). Gesellschafterinnen der IBG waren die Landesbank Berlin (LBB), die Bankgesellschaft Berlin AG, die Berliner Bank und die Berlin Hannoversche Hypothekenbank (BerlinHyp). Einige Vorstände der Gesellschafterbanken waren Aufsichtsräte der IBG. Die IBG legte Immobilienfonds auf, für die sie in erheblichem Umfang bis zu 25 Jahre gültige Mietgarantien übernahm.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, zwei Immobilienfonds in den Jahren 1997 bis 1999 unter Verstoß gegen die ihnen obliegenden Treuepflichten aufgelegt zu haben. Durch die nicht ausreichende Absicherung der Mietgarantien sei die Existenz der IBG bedroht gewesen und den einstandspflichtigen Gesellschafterbanken ein Gesamtschaden von über 60 Mio. € entstanden; weitere Verluste drohten.
Das Landgericht hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Auf der Basis des damaligen Prognosematerials sei nicht absehbar gewesen, dass sich die Mietgarantien zu einem existenzbedrohenden Risiko entwickeln würden. Jedenfalls habe den Angeklagten, die nicht eigennützig gehandelt hätten, das Bewusstsein gefehlt, dem Vermögen der IBG einen Nachteil zuzufügen. Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wurde Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, die im Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts durchgeführt wird.
Verhandlungstermin: 6. Juni 2013
VII ZR 249/12
LG Köln - Urteil vom 8. Februar 2012 - 26 O 70/11
OLG Köln - Urteil vom 10. August 2012 - 6 U 54/12
Der beklagte Textilreinigungsverband verfasste sog. "Lieferungsbedingungen des deutschen Textilreinigungsgewerbes" (im Folgenden: Bedingungen), die eine Empfehlung an Textilreinigungsbetriebe für die Formulierung bzw. Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darstellen. Diese Bedingungen meldete der Beklagte als sog. "Konditionenempfehlung" beim Bundeskartellamt an, sie wurden noch im selben Jahr im Amtsblatt veröffentlicht. In Nr. 5 der Bedingungen sind folgende Regelungen zur Haftungsgrenze enthalten:
"Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgutes unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes.
Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes.
Ansonsten ist die Haftung auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt.
Achtung:
Unsere Haftung kann auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt sein (siehe Nr. 5 AGB).
Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes, z.B. durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren."
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hält diese Regelungen gemäß §§ 307 ff. BGB für unwirksam und nimmt den Beklagten deshalb gemäß § 1 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)* auf Unterlassung der Empfehlung dieser Bedingungen für die Einbeziehung in Verträge über die Reinigung von Textilien mit Verbrauchern (§ 13 BGB**) in Anspruch.
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt: Die in Satz 1 der Bedingungen enthaltene Klausel sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB*** unwirksam, weil nicht sichergestellt sei, dass der "Zeitwert" von den Verwendern zutreffend berechnet werde. Gleiches gelte wegen der Verwendung des Begriffs "Zeitwert" auch für die Klausel in Satz 2 der Bedingungen. Die in den Sätzen 3 ff. enthaltene Klausel zur Haftungsbeschränkung auf das 15fache des Bearbeitungspreises stelle eine im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB**** unangemessene Benachteiligung der Kunden dar und sei deshalb ebenfalls unwirksam. Die Berechnungsmethode vernachlässige den teilweise sehr unterschiedlichen Wert der einzelnen Reinigungsgüter. Der Verweis des Kunden auf eine Versicherung sei unzulässig. Außerdem werde wieder der unklare Begriff "Zeitwert" verwendet.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
* § 1 UKlaG
Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.
** § 13 BGB
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
*** § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB
Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
**** § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Verhandlungstermin: 11. Juni 2013
X ZR 111/12 und 112/12
LG Potsdam - Urteil vom 15. August 2012 – 13 S 24/11
AG Königs Wusterhausen - Urteil vom 8. Dezember 2010 – 9 C 274/10
und
LG Potsdam - Urteil vom 29. August 2012 – 13 S 25/11
AG Königs Wusterhausen - Urteil vom 3. Januar 2011 – 20 C 267/10
Die Parteien streiten in beiden Fällen darüber, ob die Kläger nach Annullierung eines Flugs neben dem Ersatz des hierdurch entstanden Schadens eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a*, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c** der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) verlangen können.
In beiden Fällen annullierte die Beklagte, ein Luftfahrtunternehmen, den von den Klägern zuvor gebuchten Flug, wovon die Kläger jeweils erst bei Ankunft am Flughafen erfuhren. Die Kläger verlangen von der Beklagten jeweils aus eigenem und abgetretenem Recht ihrer Mitreisenden die Erstattung von Kosten für einen Ersatzflug, im Verfahren X ZR 111/12 daneben Mehraufwendungen für Unterkunft und Verpflegung sowie Kosten einer Anschlussbeförderung, im Verfahren X ZR 113/12 daneben Erstattung nutzlos gewordener Übernachtungskosten im vorgebuchten Hotel und Portokosten. Außerdem machen die Kläger wegen der Annullierung jeweils für sich und ihre Miteisenden eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250,- Euro pro Reisendem gemäß Art. 7 Abs. 1a, Art. 5 Abs. 1c der Verordnung geltend. Die Beklagte hat eingewandt, der Ausgleichsanspruch nach der Verordnung und der Anspruch auf Ersatz der konkret entstandenen Schäden könnten nicht nebeneinander geltend gemacht werden, sondern seien gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung*** aufeinander anzurechnen. Die Kläger meinen, einer Anrechnung stehe insbesondere der zwölfte Erwägungsgrund der Verordnung**** entgegen.
Das Amtsgericht hat im Verfahren X ZR 111/12 die Beklagte entsprechend ihrem Anerkenntnis zum Schadenersatz verurteilt und die Klage auf Ausgleichszahlung nach der Verordnung abgewiesen. Im Verfahren X ZR 113/12 leistete die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits in Höhe des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs an die Klägerin eine Zahlung. In Höhe dieser Zahlung hat das Amtsgericht die Klage auf Schadenersatz abgewiesen und im Übrigen die Beklagte entsprechend ihrem Anerkenntnis zum Schadenersatz verurteilt. Die gegen die jeweilige Teilabweisung gerichteten Berufungen der Kläger hatten keinen Erfolg. Nach erfolgter Regulierung oder Titulierung eines konkret berechneten Schadensersatzanspruchs infolge der Annullierung des Flugs stehe dem Fluggast darüber hinaus kein Ausgleichsanspruch nach der Verordnung zu. Der Fluggast könne zwischen der pauschalen Ausgleichszahlung nach der Verordnung als Mindestanspruch und der konkreten Schadensberechnung wählen, aber nicht beide Leistungen nebeneinander verlangen. Dies stehe im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung, der den Fluggesellschaften die Möglichkeit eröffne, einen regulierten oder titulierten konkret berechneten Schadenersatzanspruch auf die pauschalierte Ausgleichszahlung der Verordnung anzurechnen und umgekehrt.
Mit der von dem Berufungsgericht jeweils zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.
*Art. 7 der Verordnung [Ausgleichsanspruch]
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:…
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
**Art. 5 der Verordnung [Annullierung]
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen …
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt …
***Art. 12 der Verordnung [Weitergehender Schadensersatz]
Diese Verordnung gilt unbeschadet eines weiter gehenden Schadensersatzanspruchs des Fluggastes. Die nach dieser Verordnung gewährte Ausgleichsleistung kann auf einen solchen Schadensersatzanspruch angerechnet werden.
****Erwägungsgrund 12 der Verordnung
Das Ärgernis und die Unannehmlichkeiten, die den Fluggästen durch die Annullierung von Flügen entstehen, sollten ebenfalls verringert werden. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass die Luftfahrtunternehmen veranlasst werden, die Fluggäste vor der planmäßigen Abflugzeit über Annullierungen zu unterrichten und ihnen darüber hinaus eine zumutbare anderweitige Beförderung anzubieten, so dass die Fluggäste umdisponieren können. Andernfalls sollten die Luftfahrtunternehmen den Fluggästen einen Ausgleich leisten und auch eine angemessene Betreuung anbieten, es sei denn, die Annullierung geht auf außergewöhnliche Umstände zurück, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
….
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt:
(Verhandlungstermin: 19. Oktober 2011 = EuGH-Vorlage, dort noch anhängig: C-12/12)
I ZR 206/10 (rotes Stofffähnchen an Jeans-Hosen)
LG Hamburg – Urteil vom 22. Juni 2004 – 312 O 482/03
OLG Hamburg – Urteil vom 18. November 2010 – 3 U 130/04
Die Klägerin, die Levi Strauss & Co., ist die älteste Jeans-Herstellerin der Welt. Sie ist Inhaberin verschiedener nationaler und internationaler Marken, u.a. der für Hosen eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 2 292 373, die nach der Beschreibung im Register eine Positionsmarke ist und aus einem roten rechteckigen Label aus textilem Material besteht, das oben links in die Gesäßtasche von Hosen, Shorts oder Röcken eingenäht ist und aus der Naht hervorsteht.
Die Beklagte betreibt einen Einzelhandel mit Oberbekleidung. Sie brachte seit November 2001 Jeanshosen auf den Markt, die an der rechten Gesäßtasche mit roten, rechteckigen Stofffähnchen versehen sind, die an der rechten Außennaht im oberen Drittel der Tasche angenäht sind. Die Klägerin betrachtet dies als Verletzung ihrer Marken.
Das Landgericht hat der u.a. auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht mit Urteil vom 2. Februar 2006 zurückgewiesen (OLG Hamburg, OLGR 2007, 372). Der Senat hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 5. November 2008 – I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 = WRP 2009, 821 – Stofffähnchen). Das Berufungsgericht hat die Berufung daraufhin erneut zurückgewiesen und ausgeführt, dass der (einzige) Unterschied, wonach das Fähnchen bei der Marke der Klägerin an der Gesäßtasche links und bei den Kennzeichen der Beklagten an der Gesäßtasche rechts angebracht sei, der Verwechslungsgefahr nicht entgegenstehe. Denn der Verbraucher, der die Waren nicht nebeneinander sehe, werde sich in seiner Erinnerung über die Position des Fähnchens rechts oder links nicht sicher sein. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Der BGH hat durch Beschluss vom 24. November 2011 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) 40/1994 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG Nr. L 11 vom 14. Januar 1994, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
II. Ist Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) 40/94 dahin auszulegen,
1. dass eine Marke, die Teil einer zusammengesetzten Marke ist und nur infolge der Benutzung der zusammengesetzten Marke Unterscheidungskraft erlangt hat, rechtserhaltend benutzt sein kann, wenn nur die zusammengesetzte Marke Verwendung findet;
2. dass eine Marke rechtserhaltend benutzt wird, wenn sie nur zusammen mit einer weiteren Marke verwendet wird, das Publikum in den zwei Marken selbständige Kennzeichen sieht und beide Marken zusammen zusätzlich als Marke eingetragen sind?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verkündungstermin: 7. Juli 2011 = Verfahren wurde ausgesetzt)
(Verhandlungstermin: 17. März 2011)
I ZR 89/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden – Urteil vom 28. März 2007 – 11 O 56/06
OLG Frankfurt – Urteil vom 4. Juni 2009 – 6 U 93/07
siehe auch:
(Verkündungstermin: 28. September 2011)
(Verkündungstermin: 7. Juli 2011)
(Verhandlungstermin: 17. März 2011)
I ZR 189/08 – Wettbewerbsrecht
LG München I – Urteil vom 16. Dezember 2007 – 4 HK O 11552/06
OLG München – Urteil vom 16. Oktober 2008 – 29 U 1669/08
I ZR 92/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden – Urteil vom 29. November 2007 – 13 O 119/06
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 4. Juni 2009 – 6 U 261/06
I ZR 30/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen – Urteil vom 20. Dezember 2007 – 12 O 379/06
OLG Bremen – Urteil vom 29.Januar 2010 – 2 U 4/08
I ZR 43/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen – Urteil vom 31. Juli 2008 – 12 O 333/07
OLG Bremen – Urteil vom 12. Februar 2010 – 2 U 96/08
I ZR 93/10 – Wettbewerbsrecht
LG – Urteil vom 9. Juli 2009 - Köln – 31 O 599/08
OLG Köln – Urteil vom 12. Mai 2010 – 6 U 142/09
Der Senat hat erneut über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit des privaten Angebots von Sportwetten und anderen Wetten (Kasinospielen) im Internet zu befinden. Im Kern der Rechtsstreitigkeiten stehen nunmehr sowohl das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen als auch das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel unter der Geltung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags. Die von den klagenden Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommenen in- und ausländischen Wettunternehmen präsentierten und bewarben ihr Sportwettenangebot unter ihrem jeweiligen Domainnamen im Internet, welches von Spielern jedenfalls in Deutschland angenommen werden konnte. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und des Glücksspielstaatsvertrags vorgeworfen (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV).
Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (OLG Köln, ZfWG 2010, 359; OLG Bremen, ZfWG 2010, 105) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (OLG Frankfurt am Main, ZfWG 2009, 268; OLG Frankfurt am Main, MMR 2009, 577). Hingegen haben das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München die Klage vollumfänglich abgewiesen (I ZR 189/08).
Die Berufungsgerichte - mit Ausnahme des Oberlandesgerichts München (Revision wurde durch den Bundesgerichtshof zugelassen) - haben die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, ob die Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist. Dabei wird er insbesondere darüber zu befinden haben, inwieweit die in Rede stehenden privaten Wettangebote und ihr Bewerben im Internet wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Glücksspielsstaatsvertrags unlauter sind und ob mögliche Verbote mit der höherrangigen unionsrechtlichen Dienst- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 AEUV) im Einklang stehen.
Verhandlungstermin: noch nicht terminiert = EuGH-Vorlage
(Verhandlungstermin: 20. September 2012)
I ZR 69/11 (Digitaler Buchverleih)
LG Frankfurt/Main - Urteil vom 16. März 2011 - 2/06 O 378/10
Die Klägerin ist ein Lehrbuchverlag. Die Beklagte ist eine Universität. In ihrer öffentlich zugänglichen Bibliothek hat sie elektronische Leseplätze eingerichtet, an denen die Bibliotheksnutzer elektronischen Zugang zu bestimmten Lehrbüchern aus dem Bibliotheksbestand haben. Zu diesem Zweck digitalisiert die Beklagte die Bücher. Die Beklagte gestattet es den Bibliotheksnutzern auch, das Buch ganz oder teilweise auf Papier auszudrucken oder auf USB-Sticks abzuspeichern und in dieser Form aus der Bibliothek mitzunehmen. Davon betroffen ist auch ein Buch aus dem Verlag der Klägerin. Auf deren Angebot, Lehrbücher als E-Books zu erwerben und zu nutzen, ist die Beklagte nicht eingegangen.
Die Klägerin ist der Ansicht, eine solche Nutzung der in ihrem Verlag erschienenen Werke durch die Beklagte sei nicht von der Schrankenregelung des
§ 52b UrhG gedeckt. Mit ihrer Klage möchte es die Klägerin der Beklagten untersagen, Bücher aus ihrem Verlag zu digitalisieren, solange sie selbst bereit ist, der Beklagten zu angemessenen Bedingungen eine Lizenz für die digitale Nutzung einzuräumen. Zudem wendet sie sich uneingeschränkt gegen die von der Beklagten gewährte Möglichkeit, die Bücher an den elektronischen Leseplätzen auszudrucken oder auf einem USB-Stick abzuspeichern.
Die Klage hatte in erster Instanz nur teilweise Erfolg (ZUM 2011, 582). Das Landgericht hat es der Beklagten verboten, ihren Nutzern das Ausdrucken sowie das Speichern des Buches auf USB-Sticks oder anderen Datenträgern zu gestatten. Im Hinblick auf das beantragte Verbot der Digitalisierung von Büchern hat es die Klage jedoch abgewiesen. Die Schrankenbestimmung des § 52b UrhG erlaube es den Bibliotheken, so das Landgericht, urheberrechtlich geschützte Werke zu digitalisieren und sie in dieser Form den Nutzern an Leseplätzen zur Verfügung zu stellen. Dies gelte unabhängig davon, ob der Verlag ein Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreite habe. Es sei allerdings nicht zulässig, das Ausdrucken oder das Kopieren auf einen USB-Stick zu gestatten. Beide Parteien haben gegen das Urteil des Landgerichts Sprungrevisionen zum BGH eingelegt. Die Klägerin begehrt die vollumfängliche Verurteilung der Beklagten, die Beklagte will die Abweisung der Klage erreichen.
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 20. September 2012 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Gelten Regelungen über Verkauf und Lizenzen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG, wenn der Rechtsinhaber den dort genannten Einrichtungen den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung im Sinne dieser Vorschrift zu angemessenen Bedingungen anbietet?
2. Berechtigt Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG die Mitgliedstaaten, den Einrichtungen das Recht einzuräumen, die in ihren Sammlungen enthaltenen Werke zu digitalisieren, wenn dies erforderlich ist, um diese Werke auf den Terminals zugänglich zu machen?
3. Dürfen die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Rechte so weit reichen, dass Nutzer der Terminals dort zugänglich gemachte Werke auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern können?
Verkündungstermin: 5. Dezember 2012
(Verkündungstermin: 20. September 2012)
(Verhandlungstermin: 12. Juli 2012)
I ZR 36/11 (So wichtig wie das tägliche Glas Milch!)
LG Stuttgart – Urteil vom 31. Mai 2010 – 34 O 19/10 KfH
OLG Stuttgart – Urteil vom 3. Februar 2011 – 2 U 61/10
Die Beklagte stellt Milcherzeugnisse her und vertreibt einen Früchtequark mit der Bezeichnung "Monsterbacke". Auf dessen Verpackungsoberseite verwendet die Beklagte den Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Die Klägerin hält dies für irreführend im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG* in Verbindung mit Art. 9 und 10** Health-Claim-Verordnung, weil der Werbeslogan sowohl nährwert- als auch gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel enthalte, weiter erforderliche Angaben aber fehlten. Im Übrigen sei der Slogan irreführend im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG* in Verbindung mit § 11 Abs. 1 LFBG***, weil nicht auf den gegenüber Milch erheblich erhöhten Zuckergehalt hingewiesen werde. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht (ZLR 2011, 352) hat die Beklagte zur Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten verurteilt, weil der Verkehr annehme, der Verzehr des Früchtequarks weise ähnliche Vorteile und keine anderen Nachteile für die Ernährung auf wie ein Glas Milch. Andere Nachteile würden sich jedoch aus der größeren Zuckermenge in dem Produkt der Beklagten ergeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
§ 4 UWG - Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen
Unlauter handelt insbesondere, wer
1.
geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen;
2.
geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, geistige oder körperliche Gebrechen, das Alter, die geschäftliche Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen;
3.
den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert;
4.
bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt;
5.
bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt;
6.
die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden;
7.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
8.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
9.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
10.
Mitbewerber gezielt behindert;
11.
einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Art. 9 und 10 Health-Claim-Verordnung:
9) Es gibt eine Vielzahl von Nährstoffen und anderen Substanzen — unter anderem Vitamine, Mineralstoffe einschließlich Spurenelementen, Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Ballaststoffe, verschiedene Pflanzen- und Kräuterextrakte und andere — mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung, die in Lebensmitteln vorhanden und Gegenstand entsprechender Angaben sein können.
Daher sollten allgemeine Grundsätze für alle Angaben über Lebensmittel festgesetzt werden, um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, dem Verbraucher
die notwendigen Informationen für eine sachkundige Entscheidung zu liefern und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Lebensmittelindustrie zu schaffen.
(10) Lebensmittel, die mit entsprechenden Angaben beworben werden, können vom Verbraucher als Produkte wahrgenommen werden, die gegenüber ähnlichen oder anderen Produkten, denen solche Nährstoffe oder andere Stoffe nicht zugesetzt sind, einen nährwertbezogenen, physiologischen oder anderweitigen gesundheitlichen Vorteil bieten. Dies kann den Verbraucher zu Entscheidungen veranlassen, die die Gesamtaufnahme einzelner Nährstoffe oder anderer Substanzen unmittelbar in einer Weise beeinflussen, die den einschlägigen wissenschaftlichen Empfehlungen widersprechen könnte. Um diesem potenziellen unerwünschten Effekt entgegenzuwirken, wird es für angemessen erachtet, gewisse Einschränkungen für Produkte, die solche Angaben tragen, festzulegen. In diesem Zusammenhang sind Faktoren wie das Vorhandensein von bestimmten Substanzen in einem Produkt oder das Nährwertprofil eines Produkts ein geeignetes Kriterium für die Entscheidung, ob das Produkt Angaben tragen darf. Die Verwendung solcher Kriterien auf nationaler Ebene ist zwar für den Zweck gerechtfertigt, dem Verbraucher sachkundige Entscheidungen über seine Ernährung zu ermöglichen, könnte jedoch zu Behinderungen des innergemeinschaftlichen Handels führen und sollte daher auf Gemeinschaftsebene harmonisiert werden. Gesundheitsbezogene Information und Kommunikation zur Unterstützung von Botschaften der nationalen Behörden oder der Gemeinschaft über die Gefahren des Alkoholmissbrauchs sollten nicht von dieser Verordnung erfasst werden.
§ 11 LFBG (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuch) - Vorschriften zum Schutz vor Täuschung
Es ist verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn
1.
bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden,
2.
einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind,
3.
zu verstehen gegeben wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften hat, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften haben,
4.
einem Lebensmittel der Anschein eines Arzneimittels gegeben wird.
….
Verkündungstermin: 24. Januar 2013 = EuGH-Vorlage
Verhandlungstermin: 22. November 2012
I ZR 171/10 (Internetglücksspiele aus Gibraltar)
LG Köln - Urteil vom 22. Oktober 2009 - 31 O 552/08
OLG Köln - Urteil vom 3. September 2010 - 6 U 196/09
Die Klägerin ist die staatliche Lotteriegesellschaft Nordrhein-Westfalens. Die Beklagte bietet über das Internet Spiele gegen Geldeinsatz an. Ihren Sitz hat die Beklagte in Gibraltar. Sie verfügt auch über eine Lizenz der Regierung von Gibraltar zur Veranstaltung von Spielen und Glücksspielen. Die Klägerin sieht in dem deutschsprachigen Angebot der Beklagten einen Verstoß gegen Vorschriften des Glückspielstaatsvertrags alter Fassung (a.F.). Mit ihrer Klage will die Klägerin das Angebot der Beklagten gerichtlich verbieten lassen.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung blieb weitgehend ohne Erfolg. Die Beklagte, so das Oberlandesgericht, habe gegen das Verbot nach § 4 Abs. 5, § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. verstoßen, indem sie in verbotener Weise Glücksspiele und Sportwetten im Internet angeboten habe. Dies gelte auch für das Pokerspiel "Texas hold"em", das als Glücksspiel zu bewerten sei. Ebenfalls von dem Verbot seien Glückspiele erfasst, bei denen der Einsatz für ein einzelnes Spiel nur wenige Cent betrage. Die Regelung des GlüStV a.F. stehe auch im Einklang mit dem Europarecht. Die Beklagte will mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Berufung die Abweisung der Klage erreichen.
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 20. September 2012 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 56 AEUV folgende Fragen vorgelegt:
1. Stellt es eine inkohärente Beschränkung des Glücksspielsektors dar,
wenn einerseits in einem als Bundesstaat verfassten Mitgliedstaat die Veranstaltung und die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet nach dem in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer geltenden Recht grundsätzlich verboten ist und - ohne Rechtsanspruch - nur für Lotterien und Sportwetten ausnahmsweise erlaubt werden kann, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken,
wenn andererseits in einem Bundesland dieses Mitgliedstaats nach dem dort geltenden Recht unter näher bestimmten objektiven Voraussetzungen jedem Unionsbürger und jeder diesem gleichgestellten juristischen Person eine Genehmigung für den Vertrieb von Sportwetten im Internet erteilt werden muss und dadurch die Eignung der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkung des Glücksspielvertriebs im Internet zur Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls beeinträchtigt werden kann?
2. Kommt es für die Antwort auf die erste Frage darauf an, ob die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls aufhebt oder erheblich beeinträchtigt?
Falls die erste Frage bejaht wird:
3. Wird die Inkohärenz dadurch beseitigt, dass das Bundesland mit der abweichenden Regelung die in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels übernimmt, auch wenn die bisherigen großzügigeren Regelungen des Internetglücksspiels in diesem Bundesland hinsichtlich der dort bereits erteilten Konzessionen noch für eine mehrjährige Übergangszeit fortgelten, weil diese Genehmigungen nicht oder nur gegen für das Bundesland schwer tragbare Entschädigungszahlungen widerrufen werden könnten?
4. Kommt es für die Antwort auf die dritte Frage darauf an, ob während der mehrjährigen Übergangszeit die Eignung der in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt wird?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
XI ZR 355/12
LG Frankfurt am Main - Urteil vom 1. April 2011 - 2-10 O 369/10
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 10. August 2012 - 10 U 85/11
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Privatbank.
Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer im Formular "Rahmenvereinbarung für Wertpapiergeschäft" der Beklagten verwendeten Klausel geltend, in der es auszugsweise heißt:
"Der Kunde erklärt sich damit einverstanden, dass die Bank die von den Emittenten an sie geleisteten Vertriebsvergütungen behält, vorausgesetzt, dass die Bank die Vertriebsvergütungen nach den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (insbesondere § 31 d WpHG) annehmen darf. Insoweit treffen der Kunde und die Bank die von der gesetzlichen Regelung des Rechts der Geschäftsbesorgung (§§ 675, 667 BGB, 384 HGB) abweichende Vereinbarung, dass ein Anspruch des Kunden gegen die Bank auf Herausgabe der Vertriebsvergütungen nicht entsteht."
Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Zur Begründung führt er unter anderem an, die Klausel benachteilige die Kunden der Beklagten unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte damit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Geschäftsbesorgungsvertrages und des Kommissionsgeschäftes abweiche. Zudem verstoße die Klausel gegen das Transparenzgebot.
Das Landgericht hat der Klage - bis auf einen vom Kläger nicht weiterverfolgten geringen Zahlungsantrag - stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klausel sei nicht zu beanstanden. Satz 1 der Klausel verstoße nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil weder der enthaltene Verweis auf § 31d WpHG** noch derjenige auf die Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes im Allgemeinen zu Unklarheiten führe. Zudem fehle es an einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners. Satz 2 der Klausel halte § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenfalls stand, da für den Kunden kein Zweifel daran bestehe, auf welche Rechtsposition er verzichte. Soweit dort darauf hingewiesen werde, dass die gewünschte Vereinbarung des Nichtentstehens eines Anspruchs auf Herausgabe von Vertriebsvergütungen von der gesetzlichen Regelung der §§ 675, 667 BGB, § 384 HGB *** abweiche, sei dieser Hinweis zutreffend. Eine andere Frage sei, ob die dort geregelten Vertriebsvergütungen überhaupt unter die genannten Vorschriften fielen. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass die beanstandete Klausel eine unzutreffende Rechtslage suggeriere, trage sie jedenfalls nicht zur Verunsicherung der Kunden bei, da die Rechtsstellung des Kunden unmissverständlich beschrieben werde. Der weiter erhobene Einwand, der Kunde gebe die gewünschte Erklärung in der Erwartung ab, im Gegenzug entsprechend großzügig behandelt zu werden, finde schon im Text der Regelung keine Stütze.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
* § 307 BGB
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** 31d WpHG
(1) 1Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen keine Zuwendungen von Dritten annehmen oder an Dritte gewähren, die nicht Kunden dieser Dienstleistung sind, es sei denn,
1.die Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern und steht der ordnungsgemäßen Erbringung der Dienstleistung im Interesse des Kunden im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 nicht entgegen und
2.Existenz, Art und Umfang der Zuwendung oder, soweit sich der Umfang noch nicht bestimmen lässt, die Art und Weise seiner Berechnung, wird dem Kunden vor der Erbringung der Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise deutlich offen gelegt.
2Eine Zuwendung im Sinne des Satzes 1 liegt nicht vor, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen diese von einem Dritten, der dazu von dem Kunden beauftragt worden ist, annimmt oder sie einem solchen Dritten gewährt.
(2) Zuwendungen im Sinne dieser Vorschrift sind Provisionen, Gebühren oder sonstige Geldleistungen sowie alle geldwerten Vorteile.
(3) Die Offenlegung nach Absatz 1 Nr. 2 kann in Form einer Zusammenfassung der wesentlichen Bestandteile der Vereinbarungen über Zuwendungen erfolgen, sofern das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kunden die Offenlegung näherer Einzelheiten anbietet und auf Nachfrage gewährt.
(4) [aufgehoben]
(5) Gebühren und Entgelte, die die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erst ermöglichen oder dafür notwendig sind, und die ihrer Art nach nicht geeignet sind, die Erfüllung der Pflicht nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zu gefährden, sind von dem Verbot nach Absatz 1 ausgenommen.
*** § 667 BGB
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
§ 384 HGB
(1) Der Kommissionär ist verpflichtet, das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen; er hat hierbei das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen.
(2) Er hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben, insbesondere von der Ausführung der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen; er ist verpflichtet, dem Kommittenten über das Geschäft Rechenschaft abzulegen und ihm dasjenige herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat.
(3) Der Kommissionär haftet dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den Dritten namhaft macht, mit dem er das Geschäft abgeschlossen hat.
Termin: noch nicht bestimmt:
1 StR 232/12
und
1 StR 233/12
und
1 StR 234/12
Landgericht Augsburg – Urteile vom 5. Oktober 2011, vom 17. Oktober 2011 und vom 9. November 2011 – 9 KLs 501 Js 143356/09
Im Zusammenhang mit einem umfangreichen Verfahren gegen den Angeklagten Dr. Pfahls wegen Bankrotts (§ 283 StGB) und Betruges (§ 263 StGB) hat das Landgericht seine jetzige Ehefrau, die Angeklagte Sava, wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und den Angeklagten Holzer wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitiger rechtskräftiger Freiheitsstrafen zu drei Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt (1 StR 234/12). Den Angeklagten B (Rechtsanwalt aus Nürnberg), den Angeklagten Kl (seinerzeit Rechtsanwalt in Saarbrücken) und die geschiedene Ehefrau des Angeklagten Dr. Pfahls, die Angeklagte K, hat es wegen Beihilfe zum Bankrott jeweils zu Bewährungsstrafen verurteilt (1 StR 233/12). Den Angeklagten Z, einen iranischen Kaufmann, hat es wegen Nötigung (§ 240 StGB) zu einer neunmonatigen zu vollstreckenden Freiheitsstrafe verurteilt (1 StR 232/12).
Dem liegt folgendes vom Landgericht festgestellte Geschehen zu Grunde:
Zurückgehend auf einen Sachverhalt, der Gegenstand einer Verurteilung des Angeklagten Dr. Pfahls wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung aus dem Jahr 2005 war (Zahlungen des Waffenlobbyisten Karl-Heinz Schreiber für die Förderung des Verkaufs von Panzern der Bundeswehr nach Saudi-Arabien), machten verschiedene Gläubiger, darunter die zuständigen Finanzbehörden, das Bundesverteidigungsministerium und die Staatsanwaltschaft Augsburg gegenüber dem Angeklagten Dr. Pfahls erhebliche Forderungen geltend. Da der Angeklagte Dr. Pfahls ins Kalkül zog, die Gläubiger könnten mit ihren Forderungen – jedenfalls im Ergebnis – durchdringen, beschloss er, seine nicht unbeträchtlichen Vermögenswerte für den Fall einer Zwangsvollstreckung oder eines Insolvenzverfahrens dauerhaft dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Hierzu bediente er sich zahlreicher Helfer und ging u. a. wie folgt vor:
Die Angeklagte K hatte auf Betreiben ihres Ehemannes im März 1996 eine in Luxemburg ansässige Briefkastenfirma panamesischen Rechts gegründet, die nur den Zweck hatte, die Vermögenswerte des Angeklagten Dr. Pfahls zu verschleiern. Auf das Konto dieser Firma hatte der Angeklagte bis 1998 rund 3,9 Mio. € eingezahlt. Die Ehe des Angeklagten Dr. Pfahls mit der Angeklagten K wurde 2006 geschieden. Zur Vermögensauseinandersetzung wurde unter Mitwirkung des den Angeklagten Dr. Pfahls vertretenden Rechtsanwalts, des Angeklagten B, vereinbart, dass die Angeklagte K einen Betrag von rund 1 Mio. € auf ein Anderkonto des Angeklagten B transferieren soll, damit dieser (nach Abzug seiner Provision in Höhe von etwa 34.000 €) den Geldbetrag auf das Geschäftskonto einer in Herzogenaurach ansässigen GmbH weiterleitet. Mit deren Geschäftsführer hatte der Angeklagte Dr. Pfahls zur Umsetzung seines Tatplans vereinbart, dass er seine Forderung gegenüber der Briefkastenfirma zum Schein an die GmbH abtritt und sich über eine Geschäftsführerstellung einerseits und den über seine jetzige Ehefrau, die Angeklagte S, abgewickelten Erwerb von 50% der Geschäftsanteile an der GmbH die Kontrolle über sein Kapital sichert. Dies wurde Mitte des Jahres 2006 vollständig umgesetzt.
In der ersten Hälfte des Jahres 2008 verkaufte der Angeklagte Dr. Pfahls sein in Südfrankreich gelegenes Villengrundstück, dessen formeller Eigentümer zur Verschleierung der wahren Verhältnisse ein südafrikanischer Politiker war. Dem Angeklagten Kl war der Auftrag zum Verkauf erteilt worden. Nach Vermittlung durch diesen und den Angeklagten Holzer gelang es, einen russischen Käufer zu finden, der das Anwesen für 2,25 Mio. € erwerben wollte. Im notariellen Vertrag, bei dessen Erstellung der Angeklagte Kl half, wurde ein Kaufpreis in Höhe von 1,5 Mio. € verbrieft, den der Angeklagte Dr. Pfahls auf ein zum Schein auf seine jetzige Ehefrau lautendes Schweizer Bankkonto zahlen ließ. Der restliche Kaufpreis wurde "inoffiziell" bezahlt. Bei der Vertragsanbahnung, dessen Abwicklung und der Zahlungsabwicklung waren der Angeklagte Holzer und der Angeklagte Kl fortlaufend behilflich.
Für seine Mitwirkung beim Verkauf forderte der Angeklagte Kl ein Resthonorar in Höhe von 10.000 €. Um sich diesen Gläubiger vom Leib zu halten, beauftragte der Angeklagte Dr. Pfahls den Angeklagten Z, den Angeklagten Kl einzuschüchtern. Hierzu begleitete der Angeklagte Z den Angeklagten Dr. Pfahls im Dezember 2010 zu einem mit dem Angeklagten Kl vereinbarten Treffpunkt in Nürnberg und drohte dort dem Angeklagten Kl nach Übergabe von 5.000 €, er werde "richtig Ärger" bekommen, wenn er weiterhin mehr fordere. Der Angeklagte Kl. nahm die Drohung ernst und verzichtete auf die Restzahlung.
Bei ihren Unterstützungshandlungen rechneten die Mitangeklagten damit und nahmen es in Kauf, dass der Angeklagte Dr. Pfahls durch die Vorgehensweise sein Vermögen verbergen und seine Gläubiger schädigen könnte. Die von den Angeklagten B und Kl empfangenen Zahlungen hat das Landgericht für verfallen erklärt.
Während das Urteil gegen den Angeklagten Dr. Pfahls und seine jetzige Ehefrau rechtskräftig geworden ist, haben die Angeklagten Holzer, B, Kl, Z und die Angeklagte K gegen ihre Verurteilung Revision eingelegt. Sie machen Verfahrensfehler und die Verletzung materiellen Rechts geltend.
Der Generalbundesanwalt hat die Verwerfung der Rechtsmittel beantragt. Hierüber wird der Bundesgerichtshof zu entscheiden haben.
Termin: noch nicht bestimmt
1 StR 633/12
LG Potsdam - Urteil vom 14. Mai 2012 – 25 KLs 31480/06 Wi
Das Landgericht Potsdam hat den Angeklagten, einen ehemaligen Staatssekretär im Bundesinnenministerium und früheren Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg, wegen Betruges in fünf Fällen, Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie wegen falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe gelten wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt.
Nach den landgerichtlichen Feststellungen erhielt der Angeklagte seit dem Jahr 1998 Versorgungsbezüge nach dem Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (BeamtVG) sowie nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt im Juli 2002 Übergangsgeld nach den Vorschriften des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Landesregierung Brandenburg (Brandenburgisches Ministergesetz - BbgMinG).
Im Zeitraum Februar 2003 bis Dezember 2006 unterließ es der Angeklagte pflichtwidrig, von ihm erzieltes Erwerbseinkommen, das aufgrund seiner Höhe zu einer Kürzung der Versorgungsbezüge sowie des Übergangsgeldes geführt hätte, gegenüber den Versorgungsträgern des Bundes und des Landes Brandenburg anzuzeigen. Aufgrund dessen wurden ihm Beträge in Höhe von insgesamt etwa 122.000 € zu Unrecht ausgezahlt.
Zudem reichte der Angeklagte für die Jahre 2003 bis 2005 innerhalb der Abgabefristen keine Umsatzsteuerjahreserklärungen beim zuständigen Finanzamt München V ein, wodurch es zu einer Umsatzsteuerverkürzung in Höhe von insgesamt etwa 29.000 € kam.
Weiterhin gab der Angeklagte im Jahr 2005 in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen eine Verlagsgesellschaft, deren Geschäftsführer der Angeklagte gewesen war, vor dem Landgericht Hamburg eine falsche Versicherung an Eides Statt ab.
Neben der Verletzung materiellen Rechts rügt der Angeklagte mit seiner Revision, die Strafkammer habe entgegen ihrer Verpflichtung aus § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO nicht auf das Scheitern der getroffenen Verständigung hingewiesen bzw. die Strafkammer habe an der Verständigung zwar festgehalten, aber unter Verletzung des Rechts des Angeklagten auf ein faires Verfahren nicht mitgeteilt, dass eine Strafe in Höhe der vereinbarten Strafuntergrenze nicht mehr in Betracht komme. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revision durch Beschluss zu verwerfen.
§ 257c StPO lautet:
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.
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