Unser Kaufrecht ist eine tolle Erfindung. Wenn Sie zu Recht unzufrieden mit etwas sind, das sie gekauft haben, dürfen sie es einfach zurückbringen.
Nur einmal zum Vergleich: Wenn Sie zu Recht unzufrieden mit etwas sind, das Sie geheiratet, gezeugt oder sich angefuttert haben, werden sie es nicht so einfach wieder los! Unser Kaufrecht ist also eine echte Errungenschaft. Und obendrein ist es gar nicht schwierig zu verstehen. Im Prinzip funktioniert es immer so:
Die Vorgeschichte
Sie kaufen etwas.
Das ist kaputt.
Sie bringen es zurück.
Die Rechtslage
Sie dürfen wählen: Verkäufer repariert die kaputte Ware oder gibt Ihnen neue Ware – diesmal nicht kaputt.
Hat nicht geklappt? – O.K., einen Versuch hat der Verkäufer noch.
Hat immer noch nicht geklappt?
Sie dürfen wählen: Sie behalten das kaputte Ding, bekommen es aber billiger oder Sie geben es zurück und kriegen Ihr Geld wieder.
Haben Sie sich die Schritte 4 bis 7 gemerkt? Gratulation! Dann wissen Sie jetzt schon ungefähr 300-mal mehr über Ihre Rechte beim Kauf als der zappelige dürre Verkäufer im Klamottengeschäft, dem Sie die Hose mit dem klemmenden Reißverschluss zurückbringen und der immer neue Ausreden erfindet, um sich vor der Reklamation zu drücken.
Bisher standen Sie diesen Ausreden immer hilflos gegenüber?
Sie wollen den Kerl bei der nächsten Reklamation endlich mal in Grund und Boden reden?
Sie haben aber nicht jedes Mal einen Anwalt dabei, wenn Sie shoppen gehen?
Kein Problem bei Reklamationen mit unserer
TOP 5der Verkäuferausreden
Hier finden Sie die beliebtesten Verkäuferausreden bei Reklamationen – und die juristisch korrekten Antworten, die Ihr Anwalt darauf geben würde – wenn er dabei wäre.
TOP 1:Kein Kassenbon
Verkäufer sagt:
Sorry, aber ohne Kassenbon können wir da leider echt gar nichts machen. Ohne den können wir ja nicht wissen, ob Sie die Hose wirklich in unserem Geschäft gekauft haben.
Verkäufer meint:
Das behaupte ich jedenfalls einfach mal. Und meistens komme ich mit dieser Nummer auch durch. Schließlich hebt kein normaler Mensch alle seine Kassenbons auf.
Anwalt antwortet:
Ich trete für meinen Mandanten gemäß §§ 371, 373 der Zivilprozessordnung den Augenscheins- und Zeugenbeweis für den Erwerb der Ware in Ihrem Geschäft an.
Anwalt meint:
Guck mal: Hier klebt noch euer Preisschild, hier ist der EC-Kartenbeleg für den Kauf, und die Ehefrau war auch dabei, als die Hose hier gekauft wurde. Also musst du sie zurücknehmen!
In der Zivilprozessordnung steht natürlich nicht, dass Kassenbons das einzig zulässige Beweismittel in einer Mängelklage sind. Verkäufer halten diese verblichenen kleinen Siffzettel aber offenbar für die bedeutsamsten Beweisdokumente unserer Rechtsordnung. Eine notarielle Urkunde mit Unterschrift, Wappen und Siegel ist ja auch im Grunde ein Dreck gegen solch einen Registrierkassenwisch! Und deshalb gilt in fast jedem Geschäft die eiserne Regel: Ohne Kassenbon keine Reklamation!
Dass man mit einem EC-Kartenbeleg oder einem Preisschild genauso rechtswirksam beweisen kann, dass man den kaputten DVD-Player in seinem Geschäft gekauft hat, auf diese Idee kommt kaum ein Verkäufer.
Oder vielleicht war ja die Gattin beim Einkauf dabei und kann den Kauf bezeugen. Ja, auch das reicht! Frauen sind in der Regel mindestens so glaubwürdig wie ein Kassenzettel! Und, liebe Männer, eine Frau verlieren Sie auch nicht so schnell! Der durchschnittliche deutsche Mann verliert im Laufe seines Lebens ca. 500 Kassenzettel, aber nur 3-5 Frauen!
Merke: Vergessen Sie die Kassenbons, vertrauen Sie ruhig auf die Beweiskraft Ihres Partners und gehen Sie öfters mal zu zweit einkaufen!
TOP 2:Reduzierte Ware
Verkäufer sagt:
Oh, das tut mir echt total leid, aber reduzierte Ware können wir wirklich nicht zurücknehmen. Steht auch extra da oben auf dem Schild: Reduzierte Ware ist vom Umtausch ausgeschlossen.
Verkäufer meint:
Klingt doch logisch, oder? Wenn wir die Ware schon so billig verkaufen, kannst du nicht auch noch erwarten, dass sie in Ordnung ist. Und wenn’s da oben steht, muss es ja wohl stimmen.
Anwalt antwortet:
Die gesetzliche Sachmängel-Haftung des Verkäufers kann Verbrauchern gegenüber gemäß § 475 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) auch für preisreduzierte Ware nicht rechtswirksam ausgeschlossen werden. Mein Mandant hat daher einen Gewährleistungsanspruch.
Anwalt meint:
Ist mir egal, was auf deinen Schildern und im Kleingedruckten steht. Bei kaputter Ware musst du haften, egal wie viel sie gekostet hat.
Reduzierte Ware ist bekanntlich „vom Umtausch ausgeschlossen“ und deshalb kann man sie auch nicht reklamieren. Ach tatsächlich? Reduziert sind vor allem die Rechtskenntnisse von Verkäufern, die solch einen Stuss erzählen. Gucken Sie noch mal auf Seite 84 unter Rechtslage, Punkt 4 bis 7. Steht da etwa, dass das Gewährleistungsrecht nur für Waren gilt, die immer schon genauso viel gekostet haben, wie Sie dafür bezahlt haben? – Nein! Es kann Ihnen doch völlig wurscht sein, ob und wann der Verkäufer seine Preise anhebt oder senkt. Was kaputt ist, ist kaputt und kann reklamiert werden, egal wie billig es war. Das gilt natürlich nicht, wenn von Anfang an klar war, dass die Sache kaputt war. Kommen Sie jetzt also bitte nicht auf die Idee, ein Pfund Schweinehack aus dem Sonderangebot zurück in den Supermarkt zu bringen und sich zu beschweren: »Das grunzt ja gar nicht mehr!« Wenn hingegen Sie nach dem Verzehr anfangen zu grunzen, sehen Ihre Chancen vor Gericht schon wieder besser aus.
Und wie ist es, wenn die Ware völlig in Ordnung ist? Dann spielt es ebenfalls keine Rolle, ob sie reduziert war oder nicht. Denn in beiden Fällen haben Sie gar keine Rechte und müssen auf die Kulanz des Verkäufers hoffen.
Merke: Wer billig einkauft, wird nicht rechtlos. Auch Sonderangebote kann man reklamieren. Manchmal sogar Schweinehack.
TOP 3: Garantie statt Gewährleistung
Verkäufer sagt:
Wir schicken den DVD-Player erst mal zum Hersteller, denn da ist ja noch Garantie drauf. Der guckt sich das an und wir melden uns, wenn das Gerät zurück ist. Kann aber ’n paar Wochen dauern.
Verkäufer meint:
Nerv mich nicht mit deiner Reklamation. Geh lieber dem Hersteller auf den Wecker. Auf den versuche ich so etwas immer abzuwälzen!
Anwalt antwortet:
Vielen Dank, dass Sie meinen Mandanten auf den vertraglichen Garantieanspruch gegen den Hersteller hinweisen. Er möchte diesen derzeit jedoch nicht geltend machen, sondern beruft sich auf seine Ihnen als dem Verkäufer gegenüber zustehenden Sachmängelgewährleistungsrechte gemäß §§ 437ff. BGB.
Anwalt meint:
Der Hersteller interessiert uns nicht, für die kaputte Ware haftet der Verkäufer, also du. Hier wird jetzt nichts eingeschickt: Du gibst uns sofort einen neuen DVD-Player mit.
Garantie und Gewährleistung – das ist doch irgendwie dasselbe, oder? Manche sprechen deshalb auch gleich von „Gewährleistungsgarantie“. Autsch! Jeder Anwalt wird augenblicklich Zahnschmerzen bekommen, wenn er dieses Wort hört. Ihrer nicht? Dann hat er entweder keine Ahnung oder keine Zähne. Woran es liegt, müssen Sie aber nicht näher ergründen. Denn über einen Anwaltswechsel sollten Sie in beiden Fällen mal nachdenken …
Es ist eigentlich ganz einfach:
Gewährleistung ist das, was der Verkäufer Ihnen gesetzlich schuldet, also das, was auf S. 84 zur Rechtslage steht.
Garantie ist das, was der Hersteller, manchmal auch der Verkäufer, Ihnen darüber hinaus freiwillig gewährt.
Vermischen darf man die beiden Begriffe nicht. Wenn der Verkäufer Ihnen also beim nächsten Mal erzählt:
»Das tut mir jetzt leid für Sie, das fällt leider nicht unter die Herstellergarantie.«
… dann sagen Sie einfach:
»Das tut mir jetzt leid für Sie, denn ich will gar nichts vom Hersteller, sondern vom Verkäufer – also von Ihnen! Und Sie müssen haften!«
Merke: Ansprechpartner ist immer der Verkäufer. An den Hersteller muss man sich nicht verweisen lassen.
TOP 4: Reklamation kommt zu spät
Verkäufer sagt:
Was, vor fünf Monaten haben Sie das gekauft? Dann können wir das leider nicht zurücknehmen. Das geht nur innerhalb von zwei Wochen nach dem Kauf.
Verkäufer meint:
Bestimmt ist der auch so blöd wie alle anderen und fällt darauf rein, wenn ich Kulanzumtausch und Reklamation durcheinanderbringe.
Anwalt antwortet:
Im Gegensatz zum Kulanzumtausch, bei dem der Verkäufer eigene Fristen festsetzen kann, hat mein Mandant in diesem berechtigten Reklamationsfall gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB eine zweijährige Gewährleistungsfrist.
Anwalt meint:
Wenn mein Mandant zu Hause merkt, dass ihm die Farbe der Hose doch nicht gefällt, kannst du dich nach zwei Wochen von mir aus weigern, sie zurückzunehmen. Wenn sie aber nach dreimal waschen gar keine Farbe mehr hat, tauschst du sie bitte schön auch noch nach zwei Jahren gegen eine neue um.
Ihr Volksempfänger scheppert in letzter Zeit ein bisschen und Sie haben auch schon länger keinen Wehrmachtsbericht mehr reingekriegt? Da wird Ihnen auch der beste Anwalt nicht mehr helfen können – und vermutlich auch sonst niemand.
Wenn Ihnen der Verkäufer aber weismachen will, dass Sie das gute Stück innerhalb von zwei Wochen nach dem Kauf hätten zurückbringen müssen, dürfen Sie ihm trotzdem vehement widersprechen. Denn zwei stimmt zwar, aber es sind nicht zwei Wochen, sondern zwei Jahre!
Sie können defekte Ware tatsächlich noch zwei Jahre nach dem Kauf ins Geschäft zurückbringen und Reparatur oder Ersatz verlangen.
In den ersten sechs Monaten haben Sie es sogar besonders leicht. Denn wenn Sie innerhalb dieser Frist etwas reklamieren, muss der Verkäufer Ihnen beweisen, dass die Ware ursprünglich völlig in Ordnung war. Das kann er natürlich in der Regel nicht.
Nur wenn Sie mit der Reklamation länger als sechs Monate warten, müssen umgekehrt Sie dem Verkäufer beweisen, dass der Fehler von Anfang an angelegt war. Die Beweislast dreht sich nach sechs Monaten also zu Ihren Lasten.
Merke: Verkäufer haften länger, als sie es wahrhaben wollen – mehr als zwei Jahre waren es allerdings auch im Tausendjährigen Reich nicht.
TOP 5: Gutschrift statt Geld zurück
Verkäufer sagt:
Geld zurück geht leider nicht, aber Sie bekommen eine Gutschrift. Suchen Sie sich einfach was anderes Hübsches aus!
Verkäufer meint:
Reparieren oder ersetzen kann ich das Ding nicht und das Geld will ich nicht wieder rausrücken. Also drehe ich dir eine Gutschrift an, damit die Kohle wenigstens im Laden bleibt.
Anwalt antwortet:
Gemäß § 437 Ziffer 2 BGB steht meinem Mandanten im Falle einer fehlgeschlagenen Nacherfüllung wahlweise das Recht auf Rücktritt vom Kaufvertrag oder auf Minderung des Kaufpreises zu.
Anwalt meint:
Du kriegst es nicht hin, dass mein Mandant eine fehlerfreie Ware bekommt? Dann kann er entscheiden, ob du das Ding zurücknimmst und das Geld zurückzahlst oder ob er es behält und du ihm einen Teil des Kaufpreises zurückgibst.
Verkäufer mögen Gutscheine. Denn Gutscheine liegen im Allgemeinen so lange in irgendwelchen Schubladen herum, bis auch der renitenteste Kunde einsieht, dass er „Joh. Meyer & Cie. Kolonialwaren en gros“ nicht mehr zumuten kann, auf einen 25-Billionen-Papiermark-Gutschein das Wechselgeld passend herauszugeben.
»Bei uns gibt es nur Gutschriften«, verkünden Verkäufer daher gerne im Brustton der Überzeugung, wenn man etwas reklamieren und vom Kauf zurücktreten will. »Sie spekulieren bloß auf die nächste Währungsreform, behalten Sie Ihre Gutschrift!«, wäre die passende Antwort. Denn natürlich muss sich niemand eine Gutschrift andrehen lassen, wenn er eine berechtigte Reklamation vorträgt. Wer keine Lust mehr hat, in dem Geschäft etwas anderes zu kaufen, kann in jedem Fall sein Geld zurückverlangen, falls alle Reparatur- und Neulieferungsversuche des Verkäufers fehlgeschlagen sind.