Anwaltstitel
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„Kriegsbemalung“ nennen Anwälte die mal mehr, mal weniger beeindruckende Titelsammlung vor und hinter ihrem Namen, mit der sie aus der Masse der Anwälte hervorstechen und als besonders kompetent erscheinen wollen.
Doch was bedeuten all diese hübschen Titel eigentlich? Wen oder was darf man sich unter einem
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vorstellen? Die Antwort gibt Ihnen unsere kleine Übersicht zum Thema Juristentitel:
Jurist
Gar kein Titel, sondern auf Visitenkarten genauso aussagekräftig wie Direktor, General Manager, Häuptling oder Chef.
Juist
Auch kein Titel, aber dennoch sehr reizvoll.
Dipl. iur./Mag. iur.
Der Diplomjurist oder Magister Iuris hat das Jurastudium und das erste Staatsexamen geschafft. Volljurist ist er noch nicht, dazu fehlt ihm noch das zweite Staatsexamen. Weil „Halbjurist“ aber sehr unschön klänge und andere Akademiker auch schon nach der Uni einen hübschen Titel verliehen bekommen, kriegen fertig studierte Juristen seit Kurzem halt auch einen – den Dipl. iur. oder Mag. iur.
Ref. iur.
Der Rechtsreferendar macht das Gleiche wie die Referendare, die wir aus der Schulzeit kennen: Er muss zwei Jahre lang alten Praktikerhasen über die Schulter gucken und dabei möglichst schnell den ganzen Quatsch vergessen, den er auf der Uni gelernt hat. Natürlich nicht an einer Schule, sondern bei Richtern, Staatsanwälten, Verwaltungsbeamten und Rechtsanwälten.
Ass. iur.
Kenner der US-amerikanischen Gossensprache mögen diesen Titel als Abkürzung für „Juristenar…“ missverstehen. In Wahrheit ist er jedoch eine echte Auszeichnung: Der Rechtsassessor ist endlich Volljurist, hat nach dem Studium also das Referendariat absolviert und auch das zweite Staatsexamen bestanden. Er kann nun Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt werden.
LL.M.
Vor allem bei Großkanzlei-Anwälten sehr beliebtes Namensanhängsel. Es steht für Master of Laws und soll signalisieren, dass man ein Jahr lang an angloamerikanischen Elitehochschulen ein Masterstudium absolviert hat, seine Rechnungen jetzt also auch in fehlerfreiem Englisch schreiben kann. Vor allem aber signalisiert es, dass man ein Jahr lang an angloamerikanischen Elitehochschulen die Sau rausgelassen hat – in dem sicheren Wissen, dass jeder, der einen LL.M.-Studienplatz ergattert und die monströsen Studiengebühren bezahlt hat, nur noch dann eine vage Chance hat, durch die Prüfung zu rasseln, wenn er dort unbekleidet und voll wie eine Strandhaubitze erscheint.
Hinter dem LL.M.-Titel steht manchmal noch der Studienort oder ein Kürzel für das belegte Spezialgebiet (z. B. Tax für Steuerrecht oder IP für Intellectual Property).
Rechtsanwalt
Volljuristen, die eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung haben und ein paar 100 € Anmeldegebühr zahlen, werden vereidigt und als Anwalt zugelassen.
Fachanwalt
Spezial-Anwälte, die eine größere Zahl von Fällen bearbeitet und wöchentliche Kurse besucht haben, bei denen erwachsene Menschen noch einmal Hausaufgaben machen und unter Aufsicht Klausuren schreiben müssen, dürfen sich mit dem Ehrentitel Fachanwalt schmücken.
Attorney-at-law
Wenn die Visitenkarte nach dem LL.M. immer noch nicht voll ist, kann man in den USA noch das amerikanische Rechtsanwaltsexamen Bar Exam ablegen. Nach circa drei Monaten ist man in einem US-Staat als Anwalt zugelassen und darf sich Attorney-at-law nennen – sehr chic und sehr anspruchsvoll!
Solicitor (England & Wales)
Das britische Gegenstück zum Attorney-at-law. Den Titel bekommt man, wenn man entweder eine Prüfung für ausländische Anwälte abgelegt oder zwei Jahre lang in England als Jurist gearbeitet hat. Auch sehr chic!
Dr. iur.
Wer anderthalb Jahre lang eine 350-seitige Dissertation über den „Leumundsbegriff im Bamberger Stadtrecht des frühen 14. Jahrhunderts“ geschrieben hat, darf sich Herr oder Frau Doktor nennen. Die selbstständige Durchführung von Blinddarmoperationen bleibt ihm oder ihr allerdings auch weiterhin untersagt, auch wenn sie von nun an immer mal wieder angefragt wird.
PD Dr. iur habil.
Noch toller als ein ordinärer Doktor ist ein Privatdozent bzw. ein Dr. habil., denn ein Privatdozent hat sogar fünf (!) Jahre lang 800 (!) Seiten Habilitationsschrift über den „Leumundsbegriff im Bamberger Stadtrecht des frühen und des späten (!) 14. Jahrhunderts“ verfasst – der erste Schritt zur Professur ist damit getan.
Prof.
Der Professor schließlich ist unbestritten der Rolls-Royce unter den Titeln. Aber Vorsicht! Hier lohnt es sich, sehr genau hinzugucken, denn Professor ist nicht gleich Professor! Handelt es sich um einen habilitierten, ordentlichen Universitätsprofessor, der nach der jahrelangen Ochsentour als wissenschaftlicher Assistent endlich seinen Ruf auf einen juristischen Lehrstuhl bekommen hat? Oder handelt es sich um einen mittelmäßigen Anwalt, der neben seinem eigentlichen Job irgendwann einmal zwei Jahre lang Kurse im Sanitätsrecht für Krankenschwestern an der Fachhochschule Brunzdorf hätte halten sollen (sich aber immer von einem jungen Kanzleikollegen hat vertreten lassen) und der nach einer großzügigen Spende an den dortigen Förderverein zum Honorarprofessor (also zum Professor ehrenhalber) ernannt wurde? Dem Briefkopf sieht man diesen Unterschied nicht an, denn beide dürfen sich ohne jeden Zusatz Prof. nennen.