Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 42/2010

Bundesgerichtshof zu Eigentum und Pfandrecht an

25 früher in der Bundesrepublik gelagerten

Zylindern mit angereichertem Uran

In zwei von dem II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes heute entschiedenen Prozessen ging es um die Frage, wer Eigentümer bzw. Pfandrechtsinhaber an 25 Zylindern mit Uranbrennstoff ist, welche früher in der Bundesrepublik Deutschland gelagert worden waren. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Annahme des Oberlandesgerichts, die jeweiligen Klägerinnen hätten diese Rechte erworben, von den getroffenen Feststellungen nicht getragen wird, die schon viele Jahre geführten Rechtsstreitigkeiten vielmehr weiterer tatsächlicher Aufklärung durch das Berufungsgericht bedürfen.

Klägerinnen in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahren sind eine US-amerikanische Energieversorgerin und eine Schweizer Bank. Beklagte sind ein südamerikanisches gemischt-wirtschaftliches Unternehmen, das für heimische Kernreaktoren Kernbrennstoffe beschafft (Einlagererin), und ein deutsches Unternehmen, bei dem das südamerikanische Unternehmen 25 mit Uran angereicherte Zylinder eingelagert hatte (Lagerhalterin). Die Zylinder befinden sich inzwischen im Ausland.

Im Verfahren II ZR 286/07 verlangt die US-amerikanische Energieversorgerin von der Lagerhalterin die Herausgabe von 11 Zylindern mit der Behauptung, sie sei Eigentümerin. Im Verfahren II ZR 287/07 verlangt die Schweizer Bank Herausgabe der restlichen 14 Zylinder mit der Behauptung, sie habe an den Zylindern ein Pfandrecht erworben.

Das Landgericht hat die Lagerhalterin (Beklagte zu 2) zur Herausgabe der Zylinder an die Klägerinnen verurteilt und zugleich festgestellt, dass die Einlagererin keinen Herausgabeanspruch gegen die Lagerhalterin habe. Das Berufungsgericht hat nach Durchführung eines Fragen der Auslegung des EURATOM-Vertrages betreffenden Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH die Entscheidungen des Landgerichts bestätigt.

Die dagegen gerichtete Revision der Einlagererin, die sie zugleich als Streithelferin auch für die Lagerhalterin betrieben hat, führte zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der Sachen an das Berufungsgericht.

Für den Erwerb des Eigentums und des Pfandrechts kam es nach der Entscheidung des II. Zivilsenats darauf an, ob die Einlagererin das Besitzmittlungsverhältnis zu der Lagerhalterin endgültig beendet hatte oder ob sie etwa noch mittelbare Besitzerin der eingelagerten Zylinder geblieben war. Dies und das Schicksal des vertraglichen Herausgabeanspruchs der Einlagererin gegen die Lagerhalterin hat das Berufungsgericht nicht hinreichend aufgeklärt und dabei auch wesentliches Parteivorbringen außer Betracht gelassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den Besitzverhältnissen konnten weder die Verurteilung der Lagerhalterin zur Herausgabe der Zylinder an die Klägerinnen noch der Ausspruch Bestand haben, die Einlagererin habe gegen die Lagerhalterin keinen (vertraglichen) Herausgabeanspruch.

Aufgrund der bisher ungeklärten Sachlage hatte der II. Zivilsenat derzeit auch keine Veranlassung, seinerseits den EuGH mit Fragen zur Auslegung des EURATOM-Vertrages zu befassen; diese Frage kann u.U. relevant werden, wenn es um die sog. Versorgungsbilanzneutralität der eingelagerten Kernbrennstoffe geht, weil diese vor der Einlagerung in Großbritannien angereichert worden sind. Das Berufungsgericht wird über beide Klagen nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes neu zu verhandeln und zu entscheiden haben.

Urteil vom 22. Februar 2010 – II ZR 286/07

LG Osnabrück – 3 HO 154/96 – Urteil vom 17. März 2000

OLG Oldenburg – 4 U 65/00 – Urteil vom 13. Juni 2007

Und

Urteil vom 22. Februar 2010 – II ZR 287/07

LG Osnabrück – 3 HO 127/96 – Urteil vom 17. März 2000

OLG Oldenburg – 4 U 64/00 – Urteil vom 13. Juni 2007

Karlsruhe, den 22. Februar 2010

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